T 2459/13 () of 28.8.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T245913.20180828
Datum der Entscheidung: 28 August 2018
Aktenzeichen: T 2459/13
Anmeldenummer: 01982175.0
IPC-Klasse: H01L 23/31
H01L 23/00
H01L 23/485
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUM SCHUTZ ELEKTRONISCHER ODER MIKROMECHANISCHER BAUTEILE
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Spät eingereichter Antrag - Antrag hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
R 0006/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung mit der Nummer 01982175 auf der Basis eines Haupt- und eines Hilfsantrags zurückzuweisen. Die Prüfungsabteilung brachte diesbezüglich hauptsächlich Argumente nach Artikel 56 EPÜ 1973 vor.

Nach dem Wortlaut der Niederschrift und der Entscheidung ersetzte die Anmelderin im Laufe der mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2013 zwei Hilfsanträge, die die Prüfungsabteilung nach Regel 137 (3) EPÜ nicht zugelassen hatte, durch einen anderen Hilfsantrag.

II. Die Anmelderin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent in der Fassung des Hauptantrags oder eines der fünf Hilfsanträge, alle eingereicht mit der Beschwerdebegründung, zu erteilen.

In der Sache zweifelt die Anmelderin darüber hinaus die Richtigkeit des Protokolls und der angefochtenen Entscheidung an und macht weiterhin einen Verstoß gegen das Begründungserfordernis geltend.

III. Die von der Anmelderin beantragte mündliche Verhandlung fand am 28. August 2018 in Abwesenheit der Anmelderin (wie von ihr mit Schreiben vom 4. Mai 2018 angekündigt) statt. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

IV. In dieser Entscheidung wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D1: US-5646439-A

D8: EP-0120981-A1

V. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut (die Merkmalskennzeichnungen (a), (b), ... wurden von der Kammer hinzugefügt):

(a) Verfahren zum Schutz elektronischer oder mikromechanischer Bauteile, die mindestens eine Kontaktfläche (12) zur elektrischen Kontaktierung aufweisen,

(b) wobei eine organische Schutzschicht (14) zumindest auf die Kontaktflächen (12) der Bauteile aufgebracht wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

(c) die Schutzschicht (14) als Schutzkomponente einen Phosphonsäureester, einen Phosphorsäureester und/oder deren fluorierte Derivate enthält.

VI. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er an seinem Ende das zusätzliche Merkmal (d) enthält (die Merkmalskennzeichnungen (a), (b), ... wurden von der Kammer hinzugefügt):

(d) und dass bei der Verschweißung von Anschlussdrähten (16) mit den Kontaktflächen (12) der Bauteile die Schutzschicht (14) durchkontaktiert wird.

Damit entspricht dieser Anspruch dem Anspruch 1 des in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung zuletzt gestellten Hilfsantrags.

VII. Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal (c) des kennzeichnenden Teils durch die Merkmale (e1) und (e2) ersetzt ist (die Merkmalskennzeichnungen (a), (b), ... wurden von der Kammer hinzugefügt):

(e1) eine Vereinzelung des Verbundes der Bauteile auf mechanischem Wege, insbesondere durch Sägen erfolgt

(e2) und dass die Schutzschicht während eines Sägevorgangs auf die elektronischen oder mikromechanischen Bauteile aufgebracht wird.

Damit entspricht dieser Anspruch bis auf optionale Merkmale dem Anspruch 1 des in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung nicht zugelassenen und danach zurückgezogenen Hilfsantrags 2.

VIII. Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal (c) des kennzeichnenden Teils durch das Merkmal (f) ersetzt ist (die Merkmalskennzeichnungen (a), (b), ... wurden von der Kammer hinzugefügt):

(f) vor dem Aufbringen der Schutzschicht (14) eine chemische Aktivierung der Kontaktfläche (12) mittels einer Spülung mit einer alkalischen und/oder wasserstoffperoxidhaltigen Lösung durchgeführt wird.

Damit entspricht dieser Anspruch bis auf optionale Merkmale dem Anspruch 1 des in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung nicht zugelassenen und danach zurückgezogenen Hilfsantrags 1.

IX. Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass sein kennzeichnender Teil zusätzlich zum Merkmal (c) das Merkmal (f) enthält.

X. Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass sein kennzeichnender Teil zusätzlich zum Merkmal (c) die Merkmale (e1) und (e2) enthält.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensangelegenheiten

1.1 Richtigkeit der Sachverhaltsfeststellungen im Protokoll und in der angegriffenen Entscheidung

Das Protokoll der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung enthält folgende Feststellungen (siehe Seite 1, viertletzter Absatz, und Seite 2, zweiter Absatz):

,,Der Vorsitzende erklärt dann, dass der erste und der zweite Hilfsantrag nach Regel 137(3) EPÜ nicht ins Verfahren zugelassen werden, [...]"

,,Der Vertreter Herr Ramseger reicht einen neuen Hilfsantrag 1 ein (Annex II), der die vorherigen Hilfsanträge ersetzt. [...]"

In der angegriffenen Entscheidung ist unter "I. Sachverhalt und Anträge" in Ziffer 8.1 folgendes festgehalten:

,,[...] Die Hilfsanträge vom 28.05.2013 wurden von der Prüfungsabteilung nicht in das Prüfungsverfahren zugelassen (Regel 137(3) EPÜ) und daraufhin von der Anmelderin durch einen Hilfsantrag ersetzt, [...]"

Auf Grundlage dieser Feststellungen hat die Anmelderin ihre ursprünglich gestellten Hilfsanträge durch einen neuen Hilfsantrag ersetzt.

Die Anmelderin brachte jedoch vor, dass die Ersetzung der Hilfsanträge in der mündlichen Verhandlung weder auf ihren Wunsch noch mit ihrer Zustimmung erfolgt sei (Beschwerdebegründung, Seite 3, zweiter Absatz).

In der Sache bestreitet die Anmelderin daher die Richtigkeit der oben genannten Feststellungen des Protokolls und der angefochtenen Entscheidung.

Nach der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer (siehe R 6/14, Ziffer 7 der Gründe) kommt für die Frage, was sich in der mündlichen Verhandlung tatsächlich zugetragen hat, dem Verhandlungsprotokoll und der Sachverhaltsdarstellung in der zu überprüfenden Entscheidung maßgebliche Bedeutung zu. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Anmelderin die Richtigkeit des Protokolls, das ihr bereits durch Mitteilung vom 16. Juli 2013 übermittelt wurde, nicht durch einen Berichtigungsantrag angegriffen hat. Von den Parteien ist aber zu erwarten, dass der Inhalt eines Protokolls zeitnah nach seinem Erhalt geprüft und - bei Vorliegen einer Unrichtigkeit - bemängelt wird. Die Kammer kann daher im vorliegenden Fall nur den Sachverhalt zugrunde legen, der sich aus dem Protokoll und der schriftlichen Entscheidungsbegründung ergibt.

Vor diesem Hintergrund muss die Kammer davon ausgehen, dass die Anmelderin ihre vor der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung gestellten Hilfsanträge 1 und 2 im Wege der Ersetzung durch den neuen Hilfsantrag in der erstinstanzlichen Verhandlung zurückgenommen hat.

1.2 Begründungserfordernis/wesentlicher Verfahrensmangel

Die Anmelderin brachte weiter vor, dass die Nichtzulassung der Hilfsanträge in der Entscheidung nicht ausreichend begründet sei (Beschwerdebegründung, Seite 1 und Seite 3, erster Absatz). In der Sache macht die Anmelderin damit einen Verstoß gegen das Begründungserfordernis gemäß Regel 111 (2) EPÜ und damit einen wesentlichen Verfahrensmangel geltend.

Nach den oben aufgeführten Feststellungen des Protokolls und der Entscheidung hatte die Anmelderin die vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 1 und 2 zurückgezogen.

Unter dieser Voraussetzung bestand für die Prüfungsabteilung keine Veranlassung mehr, in der abschließenden Entscheidung zu diesen Hilfsanträgen und deren Nichtzulassung gemäß Regel 137 (3) EPÜ Stellung zu nehmen. Die Kammer kann daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel erkennen.

2. Stand der Technik

2.1 D1

D1 betrifft eine Anordnung mit einem elektronischen Bauteil 6 (electronic chip component) mit mindestens einer Kontaktfläche 2 (electrode) auf einem Wafer 1. Zum Schutz wird die Anordnung mit einer organischen Schicht 4 (organic protective film) bedeckt (siehe Zusammenfassung). Dabei wird die organische Schutzschicht 4 (auch) auf die Kontaktflächen 2 aufgebracht (siehe Figuren 1 und 7).

2.2 D8

D8 (siehe Seite 1, Zeilen 2 bis 12) betrifft den Schutz von Halbleiterbausteinen (semiconductor devices) durch die Bauteile einschließende Schutzschichten (resin encapsulation).

3. Hauptantrag

3.1 In der Beschwerdebegründung betrachtete die Anmelderin D1 als nächstliegenden Stand der Technik für Anspruch 1 des Hauptantrags (siehe Beschwerdebegründung, Seite 3, letzter Absatz). Die Kammer sieht keinen Anlass, von dieser Einschätzung abzuweichen.

Aus dem oben zu D1 Gesagten folgt, dass D1 die Merkmale (a) und (b) und damit den Oberbegriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags offenbart.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich daher von D1 durch das Merkmal (c), also durch den kennzeichnenden Teil.

Dieses unterscheidende Merkmal löst die objektive technische Aufgabe, Materialien zu finden, die für eine Schutzschicht gut geeignet sind.

3.2 Die Druckschrift D8 schlägt Materialien für solche Schutzschichten vor (siehe Seite 4, Zeilen 9 bis 18).

Die Anmelderin argumentierte in Bezug auf D8, dass der Zweck der in diesem Dokument adressierten Methode eine feuchtigkeitsunempfindliche Harzverkapselung von fertigen, vereinzelten Halbleiterbauteilen sei, während die gestellte Aufgabe den Schutz elektronischer Bauteile vor der Vereinzelung beträfe. Ferner sei in D8 keine Kontaktierung vorgesehen. Der Fachmann würde daher zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe D8 nicht in Betracht ziehen (Beschwerdebegründung, Seite 4, Absatz 3 und Seite 5, Absatz 2).

D1 schlägt jedoch vor, eine Schutzschicht aus Epoxydharz (Spalte 3, Zeilen 48 bis 54) zum Feuchtigkeitsschutz und zur Verhinderung der Korrosion von Kontaktflächen (electrode) zu verwenden (Spalte 4, Zeilen 12 bis 17 und Spalte 2, Zeilen 10 bis 14).

D8 wiederum beschäftigt sich damit, wie die Eigenschaften von Epoxydharz so verändert werden können, dass gerade der Feuchtigkeitsschutz und der Schutz von Kontaktflächen (aluminum electrodes) vor Korrosion verbessert werden (siehe Seite 2, Zeile 2 bis Seite 3, Zeile 28 und Seite 4, Zeilen 4 bis 8).

Ob die Bauteile mit den zu schützenden Kontaktflächen vereinzelt vorliegen oder nicht, ist dabei ohne Belang, da sich D8 mit der Verbesserung der Eigenschaften des Epoxydharzmaterials an sich beschäftigt. Darüber hinaus werden eine Vereinzelung oder vereinzelte Bauteile ganz allgemein in Anspruch 1 auch nicht erwähnt.

Auch dass die Kontaktierung der Kontaktflächen/aluminum electrodes in D8 nicht ausdrücklich genannt wird, würde den Fachmann nicht davon abhalten, D8 zu berücksichtigen, da der Hauptzweck von Kontaktflächen eben gerade die Kontaktierung ist.

Aus diesen Gründen ist die Kammer der Ansicht, dass der Fachmann, ausgehend von D1, D8 sehr wohl berücksichtigen würde.

3.3 Zur Verbesserung des Feuchtigkeitsschutzes (Seite 4, Zeilen 5 bis 8) schlägt D8 dabei vor, als Materialien für die Schutzschicht Expoxydharze zu verwenden, die Phosphorsäureester und/oder Phosphonsäureester enthalten (Seite 4, Zeilen 9 bis 18 in Verbindung mit Seite 7, Zeilen 16 bis 21 und Seite 7, Zeile 22 bis Seite 9, Zeile 24; siehe insbesondere Seite 7, Zeile 30 organic phosphorus acid esters und Seite 9, Zeile 11 phosphonic acid ester compounds). D8 offenbart daher das Merkmal (c).

3.4 Die Anmelderin brachte weiter vor, dass der Fachmann ausgehend von D1 die in D8 offenbarten Materialien nicht verwenden würde, da das in D1 offenbarte Durchkontaktieren thermoplastische Eigenschaften der Schutzschicht erfordere und Expoxydharz nicht thermoplastisch sei (siehe Beschwerdebegründung, Seite 5, Absätze 3 und 4).

D1 schlägt jedoch nicht nur die Verwendung von Epoxydharz (welches nach dem Verständnis der Kammer thermisch aushärtend ist) vor, sondern offenbart ausdrücklich auch ganz allgemein, dass thermisch aushärtende Materialien für die organische Schutzschicht 4 geeignet sind (thermosetting organic substance, siehe Spalte 3, Zeile 49 bis 52).

Das Durchkontaktieren der organischen Schutzschicht wird dabei in D1 gänzlich unabhängig vom verwendeten Material offenbart (Spalte 4, Zeilen 18 bis 28).

Die Kammer sieht daher keinen Grund, aus dem die Offenbarung der D1 den Fachmann abhalten würde, die in D8 genannten Materialien für die Schutzschicht der D1 zu verwenden.

3.5 Der Fachmann würde daher, ausgehend von D1 und in dem Bemühen, besonders geeignete Materialien für die dort offenbarte Schutzschicht zu finden, D8 berücksichtigen und die dort genannten Materialien verwenden. Auf diese Weise würde er ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gelangen. Dieser ist daher nicht erfinderisch nach Artikel 56 EPÜ 1973.

4. Erster Hilfsantrag

Das zusätzliche Merkmal (d) des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags ist aus D1 ebenfalls bekannt (Spalte 4, Zeilen 18 bis 28), wie von der Anmelderin selbst auch vorgebracht (siehe Beschwerdebegründung, Seite 5, vorletzter Absatz).

Der unabhängige Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags ist daher aus denselben Gründen wie Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch nach Artikel 56 EPÜ 1973.

Die Kammer kommt daher in Bezug auf diesen Antrag zu demselben Schluss wie die Prüfungsabteilung (siehe Punkt 11.1 der angefochtenen Entscheidung).

5. Zweiter und dritter Hilfsantrag

Die jeweils ersten Ansprüche des zweiten und dritten Hilfsantrags entsprechen (bis auf fehlende optionale Merkmale) den ersten Ansprüchen der zwei von der Prüfungsabteilung nicht zugelassenen und, nach den oben genannten Feststellungen der Niederschrift der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung und der Entscheidung, daraufhin von der Anmelderin zurückgezogenen Anträgen (siehe Punkt 1 dieser Entscheidung).

Es handelt sich daher um Anträge, die in der ersten Instanz nicht nur hätten gestellt werden können, sondern hätten gestellt werden sollen, um eine begründete Entscheidung der Prüfungsabteilung diesbezüglich zu erhalten, welche dann von der Kammer überprüft werden hätte können. Würde die Kammer solche erstinstanzlich zurückgenommenen Anträge zulassen, würde dies dem Hauptzweck des primär auf die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung abgestellten Ex-parte-Beschwerdeverfahrens widersprechen. Die Kammer übte daher ihr Ermessen gemäß Artikel 12 (4) VOBK dahingehend aus, diese Anträge im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, IV.E.4.3.3 c)) nicht zuzulassen.

6. Vierter Hilfsantrag

Die Anmelderin machte geltend, dass Merkmal (f) eine besonders dauerhafte Haftung der Schutzschicht gewährleisten würde (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 17, Absätze 2 und 3).

Es ist jedoch vor jeder Oberflächenbehandlung üblich, wenn nicht sogar notwendig, die entsprechende Oberfläche zu reinigen. Es ist auch selbstverständlich, dass eine (Schutz-)Schicht auf einer gereinigten Oberfläche besser haftet als auf einer Oberfläche mit Verunreinigungen.

Alkalische und/oder wasserstoffperoxidhaltige Lösungen sind in diesem Zusammenhang als naheliegende Reinigungsmittel zu betrachten. Speziell im Bereich der elektronischen Bauelemente auf Halbleiterbasis ist hier die RCA-Reinigung (RCA clean) zu erwähnen, die bereits in den 1960er Jahren entwickelt wurde und bei der alkalisches Ammoniakwasser mit Wasserstoffperoxid gemeinsam zur Anwendung kommt.

Das zusätzliche Merkmal (f) des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags betrifft daher lediglich allgemein fachübliche Maßnahmen. Diese Einschätzung der Kammer stimmt mit der Bemerkung im ersten schriftlichen Bescheid der mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragten Behörde vom 25.06.2002 in Bezug auf Anspruch 9 der entsprechenden internationalen Anmeldung überein (siehe Punkt 3. des genannten Bescheids) und deckt sich auch mit der Einschätzung der Prüfungsabteilung (siehe zum Beispiel Punkt 13.1.3 der angefochtenen Entscheidung).

Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags verglichen mit D1 kombiniert mit D8 und dem allgemeinen Wissen des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ 1973.

7. Fünfter Hilfsantrag

Das zusätzliche Teilmerkmal (e1) des Anspruchs 1 des fünften Hilfsantrags beruht auf einem der ursprünglich eingereichten Ansprüche (ursprünglicher Anspruch 10, Vereinzelung durch Sägen).

Das zusätzliche Teilmerkmal (e2) jedoch, wonach die Schutzschicht während eines Sägevorgangs auf die elektronischen oder mikromechanischen Bauteile aufgebracht wird, stammt stattdessen aus der ursprünglichen Beschreibung (Seite 6, Zeilen 5 bis 14).

Teilmerkmal (e2) war dabei auch während des gesamten Prüfungsverfahrens nur in dem Anspruchssatz des zweiten Hilfsantrags enthalten, der von der Prüfungsabteilung in der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen und dann von der Anmelderin zurückgezogen wurde. Weder der Entscheidung, noch den vorangegangenen Bescheiden der Prüfungsabteilung ist daher eine inhaltliche Einschätzung der Prüfungsabteilung in Bezug auf dieses Teilmerkmal zu entnehmen.

Um eine solche Einschätzung zu erhalten, hätte ein Erteilungsantrag mit einem Anspruch mit diesem zusätzlichen Teilmerkmal im erstinstanzlichen Verfahren nicht nur eingereicht und aufrechterhalten werden können, sondern sogar sollen. Die Kammer ließ daher den fünften Hilfsantrag im Rahmen ihres Ermessens nach Artikel 12 (4) VOBK aus denselben Gründen wie oben in Ziffer 5. ausgeführt nicht zu.

8. Die Gegenstände der jeweils ersten Ansprüche des Hauptantrags sowie des ersten und des vierten Hilfsantrages sind nicht erfinderisch nach Artikel 56 EPÜ 1973. Die zweiten, dritten und fünften Hilfsanträge wurden von der Kammer im Rahmen ihres Ermessens nach Artikel 12 (4) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen. Der Beschwerde kann daher nicht stattgegeben werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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