T 2383/13 () of 14.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T238313.20190314
Datum der Entscheidung: 14 März 2019
Aktenzeichen: T 2383/13
Anmeldenummer: 06806568.9
IPC-Klasse: B21B 37/58
B21B 37/68
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 332 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN UND WALZSTRASSE ZUM VERBESSERN DES AUSFÄDELNS EINES METALLWALZBANDES, DESSEN WALZBAND-ENDE MIT WALZGESCHWINDIGKEIT AUSLÄUFT
Name des Anmelders: SMS group GmbH
Name des Einsprechenden: Siemens Aktiengesellschaft
GE Power Conversion Brazil Holdings Limited
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät eingereichte Tatsachen - eingereicht mit der Beschwerdebegründung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1958/19

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent EP-B1-1 819 456 betrifft ein Verfahren und eine Walzstraße zur Verbesserung des Ausfädelns eines Metallwalzbandes.

II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass das Patent in geändertem Umfang gemäß dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 9 den Anforderungen des EPÜ genügt.

III. Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende 1 Beschwerde eingelegt. Nachdem beide Parteien Beschwerdeführerinnen und Beschwerdegegnerinnen sind, werden sie im Folgenden der Einfachheit halber als Patentinhaberin und Einsprechende 1 adressiert. Die Einsprechende 2 hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

IV. Stand der Technik

Das folgende, im Rahmen des Einspruchsverfahren bereits diskutierte Dokument, ist für diese Entscheidung relevant:

D8: P. Smith et al.: "The Upgrade of the Rouge Steel Hot Strip Mill", in AISE Steel Technology Magazine, publiziert von der Association of Iron and Steel Engineers (AISE), Juni 2003, Seiten 1 bis 15.

Mit der Beschwerdebegründung bzw. mit Schreiben vom 2. Juni 2014 reichte die Einsprechende 1 zusätzlich folgende Dokumente ein:

D10: US 2003/0024293;

D11: V. B. Ginzburg: "High Quality Steel Rolling", Verlag Marcel Dekker, 1993, Seiten 195 und 196;

D12': A. J. Carlton et al.: "Automation of the LTV Steel Hennepin tandem cold mill", Iron and Steel Engineer, Juni 1992, Seiten 1 bis 13;

D12: Seiten 1, 2 und 5 der D12'.

V. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrunde liegenden Sachverhalts mit.

VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 18. März 2019 statt.

Die vorliegende Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.

VII. Anträge

Am Schluss der mündlichen Verhandlung bestand folgende Antragslage:

Die Patentinhaberin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1819456 auf der Grundlage entweder des mit Eingabe vom 24. Juli 2014 eingereichten Hauptantrags oder des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags. Sie beantragte weiterhin, die Dokumente D10 - D12 und D12' nicht in das Verfahren zuzulassen.

Die Einsprechende 1 beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, den Widerruf des europäischen Patents und die Zulassung in das Verfahren der Dokumente D10 - D12 und D12'.

VIII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, inklusive der von der Einsprechenden 1 vorgeschlagenen Merkmalsnummerierung, lautet:

1 Verfahren zum Verbessern des Ausfädelns eines

Metallwalzbandes,

2 dessen Walzband-Ende mit Walzgeschwindigkeit aus

einem sich jeweils als letztem ergebenden Walzgerüst

einer mehrgerüstigen Walzstraße ausläuft,

3 wobei während des Walzens zwischen aufeinander-

folgenden Walzgerüsten zur Stabilisierung des

Bandlaufes der Bandzug eingestellt wird,

4 wobei kurz vor dem Verlassen des Walzband-Endes aus

einem Gerüst die erzeugten Differenzwalzkräfte

zwischen der Antriebsseite und der Bedienerseite

separat für jedes Walzgerüst mittels

Kraftmessgeräten gemessen werden,

5 wobei die Kraftmessgeräte für die Differenzwalzkraft

des Walzband-Endes jeweils unterhalb der Stützwalze

angeordnet sind,

6 daraus Schwenkwert und Schwenkrichtung der

Differenzwalzkraft zur Bildung eines Korrektur

wertes für die Anstellung der Walzen abgeleitet

werden und die Anstellung korrigiert wird und

7 wobei der Schwenkwert in einer Rechnereinheit

ermittelt und

8 über eine Verzweigung an eine Automatik und/oder

eine Anzeige einer Schwenkempfehlung für einen

Steuermann weitergeleitet wird und

9 ein automatischer Schwenksollwert oder ein

Schwenksollwert des Steuermanns an eine

Positionsregelung der hydraulischen Anstellung auf

der Antriebsseite und an eine Positionsregelung der

hydraulischen Anstellung auf der Bedienseite geführt

werden und

10 wobei die Schwenksollwerte zu einem absoluten

Positionssollwert addiert oder subtrahiert werden

und die Positionsregelungen mit diesen

Positionssollwerten arbeiten sowie

11 jeweils an eine Zylinderkraft-Regelung für die

Antriebsseite und eine Zylinderkraft-Regelung für

die Bedienseite angeschlossen sind,

12 wobei die Ergebnisse des jeweiligen Messschrittes

adaptiv von Metallwalzband zu Metallwalzband

verwertet werden und

13 wobei nach dem Ausfädeln des Walzband-Endes für eine

ausgewählte Bandlänge ein Mittelwert der

Differenzwalzkraft zwischen der Antriebsseite und

der Bedienerseite gebildet und im folgenden

Metallwalzband verwertet wird.

Anspruch 2 gemäß Hauptantrag lautet:

"Walzstraße zum Warmwalzen eines Metallwalzbandes (1), insbesondere eines dünnen Stahlbandes (1b), mit mehreren auf Walzlinie arbeitenden Walzgerüsten (2), deren Arbeitswalzen (10) und Stützwalzen (11) jeweils auf der Antriebsseite (4) für die Aufrechterhaltung eines Bandzugs zur Stabilisierung des Bandlaufs und für eine hohe Walzgeschwindigkeit angetrieben und jeweils Messvorrichtungen für die Messung der Walzkraft auf der Antriebsseite (4) und auf der Bedienerseite (5) vorgesehen sind, wobei das Walzbandende (1a) beim Walzen des Metallbandes (1) mit Walzgeschwindigkeit aus einem sich jeweils als letztem ergebenden Walzgerüst (2) der mehrgerüstigen Walzstraße (3) ausläuft und die Walzkräfte auf der Antriebsseite (4) und auf der Bedienerseite (5) mittels Kraftmessgeräten (12, 13) für die Differenzwalzkraft des Walzband-Endes (1a), die jeweils unterhalb der unteren Stützwalze (11) angeordnet sind, kurz vor dem Verlassen des Metallband-Endes (1a) als Differenzwalzkraft ermittelbar sind, wobei eine Auswerte-Einheit (14) für die Differenzwalzkraft des Metallband-Endes (1a) und eine Rechnereinheit (15) für die Berechnung eines sog. Schwenkwertes (16) für die Anstellung der Walzen (10, 11) während des Durchlaufs des Walzband-Endes (1a) vorgesehen sind wobei an die Rechner-Einheit (15) eine Verzweigung (19) für die Weiterleitung des Schwenkwertes (16) entweder an eine Automatik (20) für die Berücksichtigung beim nächsten Metallwalzband (1) und/oder eine Anzeige (21) einer Schwenkempfehlung für den Steuermann angeschlossen ist und wobei die Automatik (20) und/oder die Anzeige (21) an einen Schwenk-Sollwertvergleicher (22, 23) angeschlossen ist/sind und beide an eine Positionsregelung (25) der hydraulischen Anstellung auf der Antriebsseite (4) und an eine Positionsregelung (26) der hydraulischen Anstellung auf der Bedienerseite (5) angeschlossen sind und wobei die Positionsregelungen (25, 26) unter Einbeziehung einer Positions-Regelung für den absoluten Positions-Sollwert (27), zu welchem die Schwenksollwerte (22, 23) addiert oder subtrahiert werden, mit diesen Positionssollwerten arbeiten und jeweils an eine Zylinderkraft-Regelung (29, 30) für die Antriebsseite (4) und die Bedienerseite (5) angeschlossen sind, und wobei die Ergebnisse des jeweiligen Mess-Schrittes adaptiv von Metallwalzband (1) zu Metallwalzband (1) verwertet werden und wobei nach dem Ausfädeln des Walzband-Endes (1a) für eine ausgewählte Bandlänge ein Mittelwert der Differenzwalzkraft zwischen der Antriebsseite (4) und der Bedienerseite (5) gebildet und im folgenden Metallwalzband (1) verwertet wird.

Der abhängige Anspruch 3 gemäß Hauptantrag betrifft eine bevorzugte Ausführungsform der in Anspruch 2 definierten Walzstraße.

Der alleinige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag entspricht dem Anspruch 1 des Hauptantrags.

IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Patentinhaberin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

a) Zulassung der Dokumente D10 bis D12 und D12'

Diese Dokumente wurden erst im Beschwerdeverfahren und damit verspätet vorgebracht und seien zudem für den beanspruchten Gegenstand irrelevant. Sie sollten daher nicht im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden.

b) Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

Ausgehend von dem in D8 beschriebenen dynamisch geregelten Verfahren sei es zur Vermeidung von Problemen beim Ausfädeln des Walzgutes nicht naheliegend, nach dem Ausfädeln des Walzbandendes für eine ausgewählte Bandlänge einen Mittelwert der Differenzwalzkraft zwischen der Antriebsseite und der Bedienerseite zu bilden und im folgenden Metallwalzband zu verwerten.

Die Dokumente D1 und D9 seien hinsichtlich ihrer technischen Lehre weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt als D8. Daher sei der Gegenstand ausgehend von D1 oder D9 ebenfalls nicht naheliegend.

X. Das entsprechende schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Einsprechenden 1 lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Zulassung der Dokumente D10 bis D12 und D12'

Die Einreichung dieser Dokumente stelle die früheste mögliche Reaktion auf die Vorkommnisse während der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung dar. Die Dokumente stützten die bereits im Einspruchsverfahren vorgebrachte Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit.

b) Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 stelle eine bloße Aneinanderreihung von bekannten und üblichen Merkmalen dar, die im Rahmen des handwerklichen Rüstzeugs des Fachmanns liege und ausgehend von einem der Dokumente D1, D8 und D9 naheliegend sei.

Merkmal 5 sei eine von zwei möglichen Varianten, da Kraftmessgeräte entweder oberhalb oder unterhalb einer Stützwalze angeordnet sein können. Es sei diesbezüglich üblich, Kraftmessgeräte unterhalb einer Stützwalze anzuordnen, siehe Seite 3, Absatz [0034] der D10.

Im allgemeinen wiesen bei einem Walzgerüst die Hydraulikzylinder auf der Antriebsseite und Bedienerseite jeweils eine eigene Positionsregelung auf. Jede dieser Regelungen benötige einen eigenen Sollwert. Zu diesem Zweck müsse der Schwenksoll-wert zu einem absoluten Positionssollwert je einmal addiert oder subtrahiert werden. Die sich dadurch ergebenden Werte entsprächen den beiden resultierenden Positionssollwerten für die beiden Positionsregelungen. Daher sei das Merkmal 10 für den Fachmann trivial.

Merkmal 11 definiere, dass ein Kraftregelkreis dem Positionsregelkreis unterlagert sei. Eine derartige Unterlagerung einer Zylinderkraftregelung sei allgemein bekannt, siehe D11 Kapitel 9.16.

Eine Adaption von Band zu Band gemäß Merkmal 12 werde von D8 bereits auf Seite 6, dritter Absatz nahegelegt ("Model adaptation compensates for effects that are repeatable from coil to coil") und spiegele zudem die allgemeine Praxis wider, siehe D12, Seite 4.

Ferner sei es jedem Fachmann bekannt, dass Messgrößen in Walzwerken ein deutliches Rauschen aufwiesen. Dies werde auch in den graphischen Darstellungen auf Seite 7 der D8 bestätigt. Eine Mittelwertbildung gemäß Merkmal 13 sei daher naheliegend.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung der Dokument D10, D11, D12 und D12' (Artikel 12(4) VOBK)

Die Offenlegungsschrift D10 und die Auszüge aus Standardwerken D11 und D12 wurden mit der Beschwerdebegründung der Einsprechenden 1 eingereicht.

Sie beschreiben unter anderem einzelne Verfahrensschritte des in Anspruch 1 definierten Verfahrens.

Es kann als das normale Verhalten einer im Einspruchsverfahren unterlegenen Partei angesehen werden, zusammen mit der Beschwerdebegründung neue Dokumente einzureichen, um einen von ihr geltend gemachten Einspruchsgrund zu bekräftigen und die zugehörige Argumentation zu vervollständigen.

Ein Verfahrensmissbrauch wird im Vorgehen der Einsprechenden 1 nicht erkennbar. Die Einreichung dieser Dokumente stellt vielmehr einen Versuch seitens der Einsprechenden 1 dar, Lücken in ihrer vor der Einspruchsabteilung vorgebrachten Argumentation zu füllen.

D12' ist die vollständige Kopie des Artikels der D12 und ändert im Wesentlichen nichts am Vorbringen der Einsprechenden 1 bezüglich der D12.

Die Beschwerdekammer hat daher keinerlei Veranlassung, ihr Ermessen nach Artikel 12(4) VOBK zu Lasten der Einsprechenden 1 auszuüben.

2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Die Ansprüche 1 und 2 betreffen ein Verfahren und eine Walzstrasse, die im Wesentlichen durch die gleichen Merkmale definiert werden.

Die folgende Argumentation in Hinblick auf Anspruch 1 gilt daher in Analogie zum Vortrag der Verfahrensbeteiligten auch für den Gegenstand des Anspruchs 2.

2.2 Dokument D8 offenbart eine Warmwalzstrasse mit sieben Fertigwalzgerüsten (siehe Figur auf Seite 2) und adressiert im 3. Absatz auf Seite 8 Probleme, die durch den Verlust der Bandzugspannung beim Auslauf aus dem letzten Walzgerüst auftreten.

D8 betrifft daher wie das Streitpatent ein Verfahren, bei dem das Ausfädeln des Walzbandes verbessert wird und stellt daher einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dar.

2.3 D8 beschreibt auf Seite 8, 3. Absatz, drittletzter und vorletzter Satz, dass die Erfassung der Differenzwalzkräfte und der Walzspaltpositionen über das Walzgerüst hin und somit zwischen Antriebs- und Bedienseite erfolgt. Auf Grundlage der erfassten Werte wird dann ein Verschwenken der Walzen durchgeführt, um so ein Verlaufen des Bandes beim Auslauf des Bandendes aus dem jeweiligen letzten Walzgerüst zu vermeiden. Sowohl die Erfassung der Differenzkräfte als auch das Verschwenken der Walzen erfolgen bereits während der Auslaufphase und somit kurz vor dem Verlassen des Walzbandendes aus dem jeweiligen letzten Walzgerüst.

Aus der Offenbarung auf Seite 8 folgt auch unaus-weichlich, dass die Bestimmung der Differenzwalzkräfte dazu dient, sowohl den Schwenkwert als auch die Schwenkrichtung der Differenzwalzkraft zu bestimmen. Erst in Kenntnis des Betrages der Differenzwalzkraft sowie deren Wirkrichtung kann die Anstellung im Walzspalt korrigiert werden, um ein seitliches Ausscheren des Walzbandes zu verhindern.

Bei dem in D8 beschriebenen Verfahren handelt es sich um einen automatisch ablaufenden Walzprozess, siehe Figur auf Seite 9. Daher liest der Fachmann in D8 mit, dass der ermittelte Schwenkwert an eine Automatik zur Regelung der gesamten Anlage weitergeleitet wird. D8 offenbart ferner, dass Prozessgrößen auf einem Bildschirm dargestellt werden (Figur auf Seite 11).

2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich daher von der Offenbarung der D8 durch folgende Merkmale:

5 die Kraftmessgeräte sind für die Differenzwalzkraft

des Walzband-Endes jeweils unterhalb der Stützwalze

angeordnet,

10 die Schwenksollwerte werden zu einem absoluten

Positionssollwert addiert oder subtrahiert und die

Positionsregelungen arbeiten mit diesen

Positionssollwerten und sind

11 jeweils an eine Zylinderkraft-Regelung für die

Antriebsseite und eine Zylinderkraft-Regelung für

die Bedienseite angeschlossen,

12 die Ergebnisse des jeweiligen Messschrittes werden

adaptiv von Metallwalzband zu Metallwalzband

verwertet,

13 nach dem Ausfädeln des Walzband-Endes für eine

ausgewählte Bandlänge wird ein Mittelwert der

Differenzwalzkraft zwischen der Antriebsseite und

der Bedienerseite gebildet und im folgenden

Metallwalzband verwertet.

2.5 Die Einsprechende 1 argumentiert, dass Anspruch 1 eine bloße Aneinanderreihung von bekannten und üblichen Merkmalen darstelle, die im Rahmen des handwerklichen Rüstzeugs des Fachmanns liegen.

2.6 Diese Einschätzung wird von der Kammer allerdings aus den folgenden Gründen nicht geteilt.

2.6.1 D8 beschreibt ein Verfahren, bei dem während des Ausfädelns des Walzbandes dynamisch Adaptionen vorgenommen werden, um ein seitliches Ausscheren des Walzbandendes zu vermeiden ("During the tail out sequence the controllers attenuate strip drift by dynamically adjusting the stand gap tilt"), siehe Seite 6, dritter Absatz.

Bei einem dynamischen Prozess erfolgt eine Anpassung des Anstellwinkels der Walzen üblicherweise in einem Zeitrahmen von Millisekunden auf Grundlage der aktuell vorliegenden Prozessparameter für das aktuell auslaufende Walzband.

Die Bildung eines Mittelwertes der Differenzwalzkraft sowie das anschließende Verwerten dessen erst beim Walzen des nächsten Walzbandes stellt dagegen ein weiteres Konzept dar, bei dem nicht das Ausfädeln des aktuell vorliegenden Walzbandes geregelt wird, sondern die Bedingungen für das nachfolgende Walzband optimiert werden.

Weder D8 selbst noch ein weiteres im Verfahren befindliches Dokument beschreibt eine derartige Vorgehensweise. Daher erhält der Fachmann darin auch keinen Anreiz dafür, das in D8 beschriebene Verfahren entsprechend umzugestalten.

Auch ist der Hinweis auf die allgemein übliche Mittelwertbildung von schwankenden Prozessparametern kein Beleg dafür, dass es zur gängigen Vorgehensweise des Fachmanns gehört, gerade nach dem Ausfädeln des Walzbandendes für eine ausgewählte Bandlänge einen Mittelwert der Differenzwalzkraft zwischen der Antriebsseite und der Bedienerseite zu bilden und im folgenden Metallwalzband zu verwerten.

Der Verfahrensschritt gemäß Merkmal 13 ist daher ausgehend von D8 nicht naheliegend. Somit kann dahingestellt bleiben, ob die übrigen Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 naheliegend sind oder nicht.

2.7 D1 und D9 als Ausgangspunkt

Es ist unstrittig, dass der Gegenstand gemäß Anspruch 1 von der Offenbarung der D1 und D9 jeweils zumindest durch die gleichen Unterscheidungsmerkmale abgegrenzt ist wie von der Offenbarung der D8. In der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK hat die Kammer die Beteiligten entsprechend darauf hingewiesen, dass die Dokumente D1 und D9 als Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit nicht erfolgversprechender sind als D8 (Punkt 5.2.5 der Mitteilung).

Insbesondere eine Mittelwertbildung der Differenzwalzkraft und dessen Verwertung im folgenden Metallwalzband gemäß Merkmal 13 wird auch in keinem dieser Dokumente beschrieben.

2.8 Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt wird und daher die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ erfüllt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Beschreibung: Seiten 2, 2a, 3 und 4 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2019;

- Ansprüche: 1 - 3 des mit Schreiben vom 24. Juli 2014 eingereichten Hauptantrags und

- Figuren: 1 - 3 der Patentschrift.

Quick Navigation