T 2105/13 () of 17.5.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T210513.20180517
Datum der Entscheidung: 17 Mai 2018
Aktenzeichen: T 2105/13
Anmeldenummer: 05013247.1
IPC-Klasse: G01F 23/284
G01B 15/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Messung des Füllstands eines in einem Behälter vorgesehenen Mediums auf der Grundlage des Radar-Prinzips
Name des Anmelders: Krohne S.A.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 05013247.1 zurückzuweisen. Die Prüfungsabteilung hatte die Zurückweisung insbesondere damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu sei gegenüber dem Dokument

D2: US 2004/0031335 A1

und der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ausgehend von Dokument

D1: DE 101 49 851 A1

in Verbindung mit Dokument D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte mit der Beschwerdebegründung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf Grundlage der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüche gemäß Hauptantrag, die bereits in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung am 23. April 2013 als Hilfsantrag überreicht wurden, oder aufgrund der Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag, eingereicht mit der Beschwerdebegründung. Weitere Anmeldeunterlagen wurden gemäß diesen Anträgen nicht spezifiziert oder eingereicht.

Weiter hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

III. In einem Bescheid gemäß Artikel 15(1) VOBK vertrat die Kammer die vorläufige Meinung, dass die Ansprüche gemäß Hauptantrag nicht zuzulassen seien, da sie im erstinstanzlichen Verfahren bereits eingereicht jedoch dann nicht weiterverfolgt, sondern durch geänderte Ansprüche eines weiteren Hilfsantrags ersetzt und damit letztlich zurückgenommen worden waren, und dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag das Erfordernis der Klarheit nicht erfülle.

IV. Mit Schreiben vom 2. Mai 2018 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Unterlagen (Ansprüche 1 und 2, Beschreibungsseiten 1 - 8) gemäß Hauptantrag auf Basis des vorhergehenden Hilfsantrags ein. Gemäß diesem Hauptantrag wurden Zeichnungen nicht spezifiziert. Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträge wurden nicht aufrechterhalten. Die Beschwerdeführerin beantragte damit die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents basierend auf diesem neuen und nunmehr einzigen Antrag.

V. In telefonischen Rücksprachen mit der Vertreterin am 7. Mai 2018 und 17. Mai 2018 wurde die Beschwerdeführerin gebeten zu spezifizieren, welche Zeichnungen dem Hauptantrag zugrunde liegen.

VI. Mit Schreiben vom 16. Mai 2018 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Beschreibungsseiten 1 - 8 ein, die die zuvor eingereichten Beschreibungsseiten gemäß Hauptantrag ersetzen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2018 ergänzte die Beschwerdeführerin, dass dem Hauptantrag die ursprünglich eingereichten Figuren 1 - 7 (Zeichnungsblätter 1 - 3) zugrunde liegen.

VII. Das folgende Dokument ist noch für die vorliegende Entscheidung relevant:

D6: US 5 115 242 A.

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag, eingereicht am 2. Mai 2018, lautet wie folgt:

"Verfahren zur Messung des Füllstands eines in einem Behälter (1) vorgesehenen Mediums (2) auf der Grundlage des Radar-Prinzips, wobei ein Meßsignal erzeugt und mittels einer Sendeantenne (6) in Richtung des Mediums (2) ausgesandt wird, ein zurückreflektierter Anteil des Meßsignals mittels einer Empfangsantenne (7) erfaßt wird und mittels der Laufzeit des Meßsignals ein Füllstand ermittelt wird, wobei das Meßsignal in eine Mehrzahl von voneinander verschiedenen Bereichen ausgesandt wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass die zurückreflektierten Anteile des Meßsignals jeweils an einer Mehrzahl von voneinander verschiedenen Empfangsstellen empfangen werden, daß eine Mehrzahl von fest installierten Sendeantennen (6) und eine Mehrzahl von fest installierten Empfangsantennen (7) vorgesehen sind, wobei die Sendeantennen (6) und die Empfangsantennen (7) nicht als Sende- und Empfangsantennen wirken, wobei an jeder Empfangsstelle eine Empfangsantenne angeordnet ist, wobei nacheinander jeweils eine Sendeantenne (6) und eine Empfangsantenne (7) gleichzeitig aktiviert werden, so daß mehrere, vorzugsweise alle Kombinationen einer Sendeantenne (6) mit einer Empfangsantenne (7) verwendet werden, und daß für wenigstens zwei Empfangsstellen die jeweilige Amplitude und Phase des zurückreflektierten Anteils des Meßsignals ermittelt werden und mit diesen Amplituden- und Phaseninformationen auf der Grundlage eines geometrischen Modells für die Oberflächenform des in dem Behälter (1) vorgesehenen Mediums (2) die Oberflächenstruktur des Mediums (2) näherungsweise bestimmt wird."

Entscheidungsgründe

1. Anspruch 1 - Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Der Anspruch umfasst eine Kombination der Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2 und 7, sowie Seite 7, Zeilen 32 - 36, wo offenbart ist, dass die Antennen entweder als Sendeantenne oder als Empfangsantenne wirken, sowie Seite 3, Zeilen 20 - 31, wo hervorgeht, dass an jeder Empfangsstelle eine Empfangsantenne angeordnet ist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt daher die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

2. Anspruch 1 - Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)

Im Anspruch werden eine Mehrzahl von voneinander verschiedenen Empfangsstellen, eine Mehrzahl von fest installierten Sendeantennen, und eine Mehrzahl von fest installieren Empfangsantennen genannt. Der Anspruch definiert klar, dass an jeder Empfangsstelle eine Empfangsantenne angeordnet ist. Da die Sendeantennen und die Empfangsantennen laut Anspruch nicht als Sende- und Empfangsantennen wirken, wird deutlich, dass Sendeantennen und Empfangsantennen nicht an derselben Stelle angeordnet sind.

3. Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

3.1 Das Dokument D2 wird als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Es offenbart ein Verfahren zur Messung des Füllstands eines in einem Behälter vorgesehenen Mediums (vgl. Absatz [0002]) auf der Grundlage des Radar-Prinzips, wobei ein Messsignal erzeugt und mittels einer Sendeantenne 2001 in Richtung des Mediums 2002 ausgesandt wird (vgl. Figur 20), ein zurückreflektierter Anteil des Messsignals mittels einer Empfangsantenne erfasst wird und mittels der Laufzeit des Messsignals ein Füllstand ermittelt wird, wobei das Messsignal in eine Mehrzahl von voneinander verschiedenen Bereichen ausgesandt wird (vgl. Absatz 329),

wobei die jeweils zurückreflektierten Anteile des Messsignals jeweils an einer Mehrzahl von voneinander verschiedenen Empfangsstellen empfangen werden, wobei eine Vielzahl von Radarantennen vorgesehen ist, um an der jeweiligen Empfangsstelle einen zurückreflektierten Anteil des von einer Sendeantenne ausgesandten Messsignals zu empfangen (vgl. Absatz 328), und wobei für wenigstens zwei Empfangsstellen die jeweilige Amplitude und Phase des zurückreflektierten Anteils des Messsignals ermittelt werden und mit diesen Amplituden- und Phaseninformationen auf der Grundlage eines geometrischen Modells für die Oberflächenform des in dem Behälter vorgesehenen Mediums die Oberflächenstruktur des Mediums näherungsweise bestimmt wird (vgl. Absatz 118).

3.2 Dokument D2 offenbart eine Reihe fester Radarantennen, die jedoch alle sowohl als Sende- als auch als Empfangsantennen wirken. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung des Dokuments D2 dadurch, dass die Sendeantennen und die Empfangsantennen entweder als Sende- oder als Empfangsantennen wirken, und dass mehrere Kombinationen einer Sendeantenne mit einer Empfangsantenne verwendet werden. Durch die Kombination der Antennen lässt sich die Auflösung der gemessenen Oberfläche erhöhen (vgl. Seite 7, Zeilen 32 - 36 der ursprünglichen Anmeldung). Ausgehend von Dokument D2 stellt sich dem Fachmann daher die Aufgabe, den Oberflächenverlauf des Schüttguts genauer zu bestimmen.

3.3 Dokument D6 offenbart, eine Sendeantenne und eine separate Empfangsantenne zu verwenden (vgl. Figur 1). Diese Lösung wird als äquivalente Ausführung zu einer Sende- und Empfangsantenne dargestellt (vgl. Spalte 16, Zeilen 38 - 48). Die Lehre aus Dokument D6 auf das Beispiel der Figur 20 in Dokument D2 zu übertragen und statt einer Antenne jeweils eine Sendeantenne und eine separate Empfangsantenne zu verwenden, wäre somit naheliegend. Nacheinander jeweils eine Sendeantenne und eine Empfangsantenne gleichzeitig zu aktivieren und so mehrere Kombinationen einer Sendeantenne mit einer Empfangsantenne zu verwenden, wird dadurch jedoch nicht nahegelegt.

Dokument D1 offenbart Patch-Antennen, die so zusammengeschaltet werden (digital beam forming), dass die Radarwellen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden und verschiedene Bereiche des Schüttguts abgetastet werden (vgl. Absätze 11 und 12). Aber es wird gleichzeitig nicht nur jeweils eine Sende- und eine Empfangsantenne aktiviert.

3.4 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass das beanspruchte Verfahren durch den verfügbaren Stand der Technik nicht nahegelegt wird.

4. Anspruch 2 ist abhängig von Anspruch 1 und erfüllt daher ebenso das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit.

5. Die Beschreibung stellt die Erfindung so dar, wie sie im Anspruch 1 definiert ist, und zitiert den relevanten Stand der Technik (Regel 27 (1) EPÜ 1973).

6. Die Kammer stellt somit fest, dass die Unterlagen gemäß einzigem Antrag den Erfordernissen des EPÜ genügen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung:

Seiten: 1 - 8 eingereicht mit Schreiben vom 16. Mai 2018.

Ansprüche:

Nr.: 1 und 2 eingereicht mit Schreiben vom 2. Mai 2018.

Zeichnungen:

Blatt: 1/3 - 3/3 wie ursprünglich eingereicht.

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