T 2066/13 () of 8.2.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T206613.20190208
Datum der Entscheidung: 08 Februar 2019
Aktenzeichen: T 2066/13
Anmeldenummer: 07803248.9
IPC-Klasse: H03H 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Dämpfungselement
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - Hauptantrag und Hilfsanträge 2, 3, und 4 (nein)
Spät eingereichter Hilfsantrag 6 - Verfahrensökonomie
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentanmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 07 803 248.9 aufgrund mangelnder Klarheit und mangelnder Neuheit zurückgewiesen worden ist.

II. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK hatte die Kammer die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie dazu neige die Beschwerde zurückzuweisen, da sämtliche mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträge unzureichend offenbart im Sinne des Artikels 83 EPÜ seien. Insbesondere führte die Kammer aus, dass ein Widerspruch zwischen dem Wortlaut der unabhängigen Ansprüche und der Offenbarung der Figur 6 nebst zugehöriger Beschreibung vorliege, da die unabhängigen Ansprüche eine parallele Anordnung von Schienenstücken verlangten, wohingegen die Schienenstücke laut Figur 6 in Reihe geschaltet seien.

III. Mit Schreiben vom 8. Januar 2019 hatte die Beschwerdeführerin auch geänderte Beschreibungsseiten 1 bis 5 eingereicht und deren Zulassung beantragt. Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer argumentierte die Beschwerdeführerin jedoch ausschließlich auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Beschreibung.

IV. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 8. Februar 2019 statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 2, oder auf der Grundlage des mit Schreiben vom 8. Januar 2019 eingereichten Hilfsantrags 3 (als Hilfsantrag A eingereicht), oder auf der Grundlage eines der in der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2019 eingereichten Hilfsanträge 4 (als Hilfsantrag A2 eingereicht) und 6 zu erteilen.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

"Dämpfungselement mit zwei Schienenstücken (46, 48) und zwei Leitungsstücken (50, 52), wobei jeweils ein Schienenstück (46, 48) und ein Leitungsstück (50, 52) elektrisch parallel geschaltet sind, wobei diese Schienenstücke (46, 48) räumlich beabstandet zueinander parallel angeordnet sind, und wobei die Leitungsstücke (50, 52) jeweils aus einem elektrisch gut leitenden und die Schienenstücke (46, 48) jeweils aus einem elektrisch nicht gut leitendem Material bestehen."

VII. Die unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge 2, 3 und 4 enthalten ebenfalls das Merkmal, wonach die Schienenstücke räumlich beabstandet zueinander parallel angeordnet sind.

VIII. Im Hilfsantrag 6 wurde im Vergleich zu Hilfsantrag 4 hinter "Dämpfungselement" die Zweckangabe "zur Integration in die Verschienung eines Spannungszwischenkreises eines Spannungszwischenkreisumrichters mit verteilten Spannungszwischenkreisen" eingefügt.

IX. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Ausgehend von der Figur 5 sei für den Fachmann klar, wie er das beanspruchte Dämpfungselement zu gestalten habe. Auch der Einbau desselben in die aus Figur 6 ersichtliche Schaltung sei dem Fachmann möglich. Figur 6 zeige zwar eine Reihenschaltung von Dämpfungselementen. Der Fachmann wisse jedoch, dass die in Figur 6 gezeigte Reihenschaltung von Dämpfungselementen im positiven Zweig des Spannungszwischenkreises durch zwei parallel geschaltete Dämpfungselemente ersetzt werden könne, von denen eines im positiven Zweig und das andere im negativen Zweig des Spannungszwischenkreises angeordnet sei. Der Gegenstand des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 2, 3 und 4 sei daher ausreichend offenbart im Sinne des Artikels 83 EPÜ.

Der Hilfsantrag 6 schränke das beanspruchte Dämpfungselement entsprechend der hinzugefügten Zweckangabe ein, da das Dämpfungselement nunmehr für den angegebenen Zweck geeignet sein müsse. Figur 5 zeige die vier erforderlichen Anschlüsse des Dämpfungselements an den Spannungszwischenkreis. Durch die Zweckangabe seien diese Anschlüsse implizit mitbeansprucht. Hierdurch sei herausgestellt worden, wie das Dämpfungselement in dem Zwischenkreis anzuordnen sei. Folglich sei Hilfsantrag 6 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ist folglich zulässig. Sie ist jedoch aus den folgenden Gründen in der Sache unbegründet.

2. Hauptantrag (Artikel 83 EPÜ)

In der Anmeldung besteht ein Widerspruch zwischen dem Wortlaut der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 2, 3 und 4 und der Offenbarung der Figur 6 nebst zugehöriger Beschreibung.

Laut der Figurenbeschreibung ist in Figur 6 ein Ersatzschaltbild des Stromrichters nach Figur 1 mit einem Dämpfungselement nach Figur 5 gezeigt, d.h. mit einem erfindungsgemäßen Dämpfungselement. Dies trifft jedoch nicht zu. Figur 5 zeigt zwei räumlich parallel angeordnete Schienenstücke 46 und 48, jeweils mit einem parallel geschalteten Leitungsstück 50 bzw. 52. In Figur 6 jedoch befindet sich eines der Schienenstücke 64 mit einem Leitungsstück 62 links des Abzweigs für den Hilfsbetriebe-Umrichter 18 und das andere Schienenstück 64 mit Leitungsstück 62 befindet sich rechts des Abzweigs des Saugkreises 26, 28. Die beiden Schienenstücke sind somit gemäß Figur 6 räumlich nicht parallel zueinander angeordnet und sind folglich nicht in Einklang mit dem Wortlaut des Anspruchs 1.

Die von der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebrachte angebliche Äquivalenz der beiden laut Figur 6 im positiven Spannungszweig des Zwischenkreises in Reihe geschalteten Dämpfungselemente mit zwei hypothetischen parallel geschalteten Dämpfungselementen, von denen eines im positiven und eines im negativen Spannungszweig des Zwischenkreises angeordnet ist, überzeugt die Kammer nicht. Sie stellt verglichen mit der ursprünglichen Offenbarung sogar einen neuen Gegenstand dar. Diese Argumentation der Beschwerdeführerin geht folglich über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus und kann bereits deswegen nicht berücksichtigt werden.

Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ nicht erfüllt.

3. Hilfsanträge 2, 3 und 4 (Artikel 83 EPÜ)

Die unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2, 3 und 4 beinhalten ebenfalls das Anspruchsmerkmal, wonach die Schienenstücke räumlich beabstandet zueinander parallel angeordnet sind. Daher gelten die zum Hauptantrag vorgebrachten Einwände unter Artikel 83 EPÜ sinngemäß auch für die Gegenstände der Hilfsanträge 2, 3 und 4.

Folglich erfüllen auch die Gegenstände der Hilfsanträge 2, 3 und 4 das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ nicht.

4. Hilfsantrag 6 (Artikel 13 (1) VOBK)

Hilfsantrag 6 wurde während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht und enthält im Vergleich zu Hilfsantrag 4 eine auf einen Spannungszwischenkreisumrichter gerichtete Zweckangabe ("zur Integration in die Verschienung....").

Da Hilfsantrag 6 geändertes Vorbringen betrifft, ist bezüglich seiner Zulassung Artikel 13 (1) VOBK einschlägig.

Bei der Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13 (1) VOBK hält es die Kammer für angebracht, die in Artikel 12 (4) VOBK verankerten Kriterien für die Zulassung oder Berücksichtigung von Vorbringen anzuwenden. Andernfalls könnte durch das Zurückhalten von unter die in Artikel 12 (4) VOBK genannten Ausnahmen fallenden Anträgen bis zu einem späteren Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens der Artikel 12 (4) VOBK umgangen werden. Daher ist auch der Hilfsantrag 6 dahingehend zu prüfen, ob er bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgebracht werden können.

Während des Prüfungsverfahrens und auch in der angefochtenen Entscheidung wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass gegen die jeweils anhängigen Anträge neuheitsschädlicher Stand der Technik vorliegt. Dabei musste es der Beschwerdeführerin klar gewesen sein, dass der entgegengehaltene Stand der Technik nicht denselben Einsatzzweck betrifft, wie er durchgängig in der Beschreibung als Ausgangspunkt der angeblichen Erfindung dargestellt ist, nämlich jenen der Traktionsumrichter. Nach wie vor betrifft laut beschreibungsgemäßer Aufgabe die Erfindung explizit die Weiterbildung eines bekannten Stromrichters. Trotzdem hat es die Beschwerdeführerin bisher unterlassen, ihre Anträge entsprechend einzuschränken. Alle Anträge sind ganz allgemein auf ein "Dämpfungselement" gerichtet. Erst zum Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hatte die Beschwerdeführerin erstmals mit dem Hilfsantrag 6 einen, wenn auch nur durch eine Zweckangabe, in Richtung Stromrichter eingeschränkten Antrag vorgelegt.

Wie sich unzweifelhaft aus dem Verfahren vor der Prüfungsabteilung ergibt hätte der Gegenstand des Hilfsantrags 6 im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können und angesichts des entgegengehaltenen Stands der Technik auch müssen.

Die Kammer übt daher ihr Ermessen unter Artikel 13 (1) VOBK dahingehend aus, den Hilfsantrag 6 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

5. Da kein gewährbarer Antrag der Beschwerdeführerin vorliegt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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