European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T204813.20171103 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 November 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2048/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03711919.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | C07C 67/54 C07C 51/44 C07C 51/46 C07C 69/54 C07C 57/07 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR REINIGUNG VON BODENKOLONNEN, DIE ZUR REKTIFIKATIVEN BEHANDLUNG VON (METH) ACRYLSÄURE UND/ODER DEREN ESTER ENTHALTENDEN FLÜSSIGKEITEN VERWENDET WORDEN WAREN | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | The Dow Chemical Company | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) Erfinderische Tätigkeit - Verbesserung (ja) Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Lösung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher das europäische Patent Nr. 1 485 342 in geänderter Fassung auf Grundlage des damals geltenden Hilfsantrages aufrecht erhalten wurde.
II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang von der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) wegen unzureichender Offenbarung, mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden (Artikel 100 a) und b) EPÜ). Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente genannt:
(2) WO 01/51159 A1 und
(3) Stellungnahme von Dr. V. Diehl.
III. Im Beschwerdeverfahren verteidigte die Beschwerdeführerin den Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 bis 5, welcher auch als Hauptantrag der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag. Der Wortlaut des einzigen unabhängigen Anspruchs 1 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Reinigung von Bodenkolonnen, die zur rektifikativen Behandlung von (Meth)acrylsäure und/oder deren Ester enthaltenden Flüssigkeiten verwendet worden waren, bei dem man in der Bodenkolonne von oben nach unten eine basische Flüssigkeit fördert, dadurch gekennzeichnet, daß im Gegenstrom zur basischen Flüssigkeit ein Gas so durch die Bodenkolonne geführt wird, daß während der Reinigung der Unterschied zwischen dem Druck in der Gasphase unmittelbar unterhalb des untersten Bodens der Bodenkolonne und dem Druck in der Gasphase unmittelbar oberhalb des obersten Bodens der Bodenkolonne, geteilt durch die Anzahl der in der Kolonne befindlichen Böden 0,5 bis 5 mbar pro Boden beträgt."
IV. In der angefochtenen Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung festgestellt, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche neu und ausführbar sei, dass er jedoch ausgehend von Dokument (2) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Insbesondere sei nicht belegt worden, dass das gemäß Streitpatent beanspruchte Verfahren eine Verbesserung des in Dokument (2) offenbarten Verfahrens beinhalte, so dass als technische Aufgabe lediglich die Bereitstellung einer Alternative angesehen werden könne. Die Lösung dieser technischen Aufgabe, nämlich die Auswahl eines bestimmten Druckgradienten, sei jedoch willkürlich.
V. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass ausgehend von Dokument (2) als nächstliegendem Stand der Technik die Aufgabe in einer Optimierung des bekannten Reinigungsverfahrens bestanden habe. Wie in den Beispielen der Dokument (3) gezeigt werde, sei die Auswahl eines Druckgradienten von 0,5 bis 5 mbar je Boden mit einer verbesserten Reinigungswirkung verbunden. Der Fachmann habe aber nicht erwartet, dass bei einem Druckgradienten von 10 mbar pro Boden, wie in Beispiel B) der Dokument (3) gezeigt, die Reinigungswirkung wieder deutlich abnehme. Daher beruhe das beanspruchte Verfahren auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) brachte vor, dass die Beispiele der Dokument (3) nicht geeignet seien, die erfinderische Tätigkeit zu belegen, da der Fachmann wisse, dass bei zu hohem Druckgradient ein Fluten der Kolonne ("flooding") auftrete, was das Herabfließen der basischen Flüssigkeit in der Kolonne verhindere und somit insgesamt die Reinigungswirkung der basischen Flüssigkeit herabsetze. Außerdem wisse der Fachmann, dass der optimale Druckgradient auch von der Geometrie der Kolonne und der Art und der Größe der Öffnungen in den Böden abhänge. Die Ermittlung des optimalen Druckgradienten liege jedoch innerhalb der normalen Routinetätigkeit des Fachmanns und könne keine erfinderische Tätigkeit begründen.
VII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der erteilten Ansprüche 1 bis 5.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 3. November 2017 wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die im Einspruchsverfahren vorgebrachten Einwände gegen die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ), sowie der mangelnden Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 83 EPÜ) wurden von der Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren nicht mehr weiter verfolgt.
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3. Die einzige in diesem Verfahren zu entscheidende Frage ist somit die, ob dem Gegenstand der erteilten Ansprüche eine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt.
3.1 Anspruch 1 des Streitpatentes betrifft ein Verfahren zur Reinigung von Bodenkolonnen, die zur rektifikativen Behandlung von (Meth)acrylsäure und/oder deren Ester enthaltenden Flüssigkeiten verwendet worden waren. Ein derartiges Verfahren ist bereits in Dokument (2) beschrieben. Beide Parteien, sowie die Erstinstanz waren sich darin einig, dass dieses Dokument den nächstliegenden Stand der Technik darstellt. Die Kammer sieht keinen Grund, hiervon abzuweichen.
3.2 Dokument (2) offenbart in Beispiel 1 ein Verfahren zur Reinigung einer Trennkolonne, welche zur Auftrennung einer (Meth)acrylate enthaltenden Flüssigkeit verwendet worden war. Bei diesem Verfahren wurden pro Stunde 2 m**(3) Natronlauge als basische Flüssigkeit mit einer Temperatur von 85°C am Kopf der Kolonne zugesetzt und über die Regensiebböden im Inneren der Kolonne nach unten geführt. Gleichzeitig wurden am Kolonnensumpf 400 kg Wasserdampf pro Stunde mit einem Druck von 4 bar zudosiert. Nach einer Stunde wurde die Behandlung beendet und die Kolonne mit deionisiertem Wasser nachgespült. Es waren keine Verunreinigungen mehr im Inneren der Kolonne nachweisbar. Dieser Offenbarungsgehalt der Dokument (2) war zwischen den Parteien unstrittig.
3.3 Gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin bestand ausgehend von diesem nächstliegenden Stand der Technik die Aufgabe des Streitpatentes darin, ein Reinigungsverfahren für Bodenkolonnen bereit zu stellen, das gegenüber dem aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren weiter optimiert worden ist.
3.4 Als Lösung bietet das Streitpatent das Verfahren gemäß Anspruch 1 an, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass während der Reinigung der Unterschied zwischen dem Druck in der Gasphase unmittelbar unterhalb des untersten Bodens der Bodenkolonne und dem Druck in der Gasphase unmittelbar oberhalb des obersten Bodens der Bodenkolonne, geteilt durch die Anzahl der in der Kolonne befindlichen Böden, 0,5 bis 5 mbar pro Boden beträgt.
3.5 Zum Beleg dafür, dass die gemäß Streitpatent angebotene Lösung die in Paragraph 3.3 supra genannte Aufgabe tatsächlich löst, verwies die Beschwerdeführerin auf die Beispiele des Streitpatentes und die als Dokument (3) bezeichnete Stellungnahme von Dr. V. Diehl.
3.5.1 Die Beschwerdegegnerin bezweifelte, dass durch das Einstellen des Druckgradienten auf 0,5 bis 5 mbar pro Boden während der Reinigung der Kolonne, tatsächlich eine Optimierung des aus Dokument (2) bekannten Reinigungsverfahrens erreicht wird.
3.5.2 Zugunsten der Beschwerdeführerin akzeptiert die Kammer jedoch, dass durch Auswahl eines spezifischen Druckgradienten innerhalb der Kolonne während der Reinigung (siehe Paragraph 3.4 supra) eine Optimierung des aus Dokument (2) bekannten Reinigungsverfahrens erreicht wird.
3.6 Es bleibt daher zu untersuchen, ob die im Streitpatent angebotene Lösung im Stand der Technik nahegelegen hat, oder nicht.
3.7 In Dokument (2) sind keine spezifischen Werte für den Druck genannt, der innerhalb der Kolonne vorliegt. Auch aus der Angabe des Druckes, mit welchem der Wasserdampf in Beispiel 1 in die Kolonne eingespeist wird, lassen sich die tatsächlichen Druckverhältnisse im Inneren der Kolonne nicht berechnen. Allerdings weiß der Fachmann, dass er ein Gas am Kolonnensumpf mit einem Druck einspeisen muss, der höher als der Druck am Kopf der Kolonne ist, um überhaupt eine Gegenstrom-Fahrweise mit der am Kolonnenkopf aufgegebenen basischen Flüssigkeit zu ermöglichen (siehe Dokument (2), Seite 5, Zeilen 25 bis 30). Dokument (2) lehrt auch, das Reinigungsverfahren so durchzuführen, dass eine vollständige Benetzung der Oberflächen im Inneren der Kolonne erreicht wird (siehe Seite 3, Zeile 46 bis Seite 4, Zeile 4). Daher wird der Fachmann, der vor der Aufgabe steht, das aus Dokument (2) bekannte Reinigungsverfahren zu optimieren, den Druck des im Gegenstrom geführten Gases variieren. Bei der Ermittlung des optimalen Druckes wird der Fachmann daher zwangsläufig auch in dem beanspruchten Bereich von 0,5 bis 5 mbar pro Boden arbeiten, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden.
3.7.1 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass Beispiel B) in Dokument (3) zeige, dass bei größeren Druckdifferenzen pro Boden eine schlechtere Reinigungswirkung erzielt werde. Der Fachmann hätte jedoch einen gegenteiligen Effekt erwartet. Daher sei die Auswahl der Obergrenze von 5 mbar Druckdifferenz je Boden nicht naheliegend gewesen, um eine Optimierung des aus Dokument (2) bekannten Verfahrens zu erreichen.
3.7.2 Indessen ist festzustellen, dass der Fachmann bei der Ermittlung des jeweiligen optimalen Druckabfalls innerhalb der Kolonne erkennt, dass ein zu hoher Druck zu einem schlechteren Reinigungsergebnis führt. Da die Aufgabe aber die Optimierung des aus Dokument (2) bekannten Verfahrens ist, wird durch einen zu hohen Druck diese Aufgabe nicht gelöst. Die Ermittlung des oberen Grenzwertes für den Druckabfall innerhalb der Kolonne, bei dem eine Optimierung des Reinigungsverfahrens erreicht wird, liegt jedoch in der Routinetätigkeit des Fachmanns und kann keine erfinderische Tätigkeit begründen.
4. Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatentes in seiner erteilten Fassung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.