European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T201513.20180515 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Mai 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2015/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08716450.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65G 59/04 B65G 61/00 B21D 43/24 B65H 3/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VORRICHTUNG UND VERFAHREN ZUM ENTSTAPELN VON PLATTENFÖRMIGEN TEILEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Schuler Automation GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | KUKA Systems GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung über den Widerruf des Patents Nr. 2 195 267 frist- und formgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und im Hinblick auf Artikel 100 b) EPÜ (unzureichende Offenbarung) angegriffen worden.
III. Die Einspruchsabteilung befand, dass der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ im vorliegenden Fall nicht greift und dass der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags, bzw. eines der damaligen Hilfsanträge 1 bis 4 keine erfinderische Tätigkeit aufweist.
IV. Die Einsprechende nahm mit ihrer Eingabe vom 21 November 2013 ihren Einspruch zurück und ist daher keine Partei mehr im vorliegenden Beschwerdeverfahren.
V. Mit ihren auf den 14. Januar 2018 und auf den 11. Mai 2018 datierten Eingaben beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis folgender Unterlagen:
Ansprüche 1 und 2: eingereicht mit der auf den 11. Mai 2018 datierten Eingabe;
Beschreibungsabsätze 1 bis 16: eingereicht mit der auf den 14. Januar 2018 datierten Eingabe;
Beschreibungsabsätze 17 bis 30: der Patentschrift;
Figuren 1 und 2: der Patentschrift.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem einzigen geltenden Antrag der Beschwerdeführerin, welcher dem von der Einspruchsabteilung wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber einer Kombination der D4 (WO 2006/128393 A1) mit dem fachmännischen Wissen und Können abgelehnten Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrags 3 entspricht (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 8), lautet wie folgt (Änderungen gegenüber den unabhängigen Anspruch 5 des Patents in der erteilten Fassung sind durch Fettschrift gekennzeichnet):
"Verfahren zum Entstapeln von plattenförmigen Teilen (12), insbesondere Metallblechplatinen, das Verfahren mit folgenden Schritten
- Bereitstellen wenigstens eines Teilestapels (14) an plattenförmigen Teilen (12),
- Entnehmen wenigstens eines plattenförmigen Teiles (12) aus dem Teilestapel (14) durch einen ersten Roboter (18a) während gleichzeitig wenigstens ein anderes, bereits aufgenommenes Teil (12) durch einen unabhängig vom ersten Roboter (18a) arbeitenden zweiten Roboter (18b) an einer Ablegestelle abgelegt wird,
- Überführen des durch den ersten Roboter (18a) aufgenommen wenigstens einen Teiles (12) an die Ablegestelle durch eine Überführungsbewegung, die ein Verschwenken des ersten Roboters (18a) umfasst, wobei der erste Roboter (18) beim Überführen zusätzlich zur Schwenkbewegung linear zwischen dem zugeordneten Teilestapel (14) und der Ablegestelle verfahren wird, während gleichzeitig der zweite Roboter (18b) unbestückt von der Ablegestelle an den Teilestapel (14), aus dem zuvor schon der erste Roboter (18a) entnommen hat, mittels einer ein Verschwenken des zweiten Roboters (18b) umfassenden Rückführbewegung rückgeführt wird, wobei der zweite Roboter (18b) zusätzlich zur Schwenkbewegung linear zwischen dem zugeordneten Teilestapel (14) und der Ablegestelle verfahren wird,
- Ablegen des vom ersten Roboter (18a) aufgenommenen wenigstens einen Teiles (12) an der Ablegestelle, während gleichzeitig ein plattenförmiges Teil (12) aus dem Teilestapel durch den zweiten Roboter (18b) entnommen wird".
VII. Die entscheidungsrelevante Argumente der Beschwerdeführerin beziehen sich im Kern darauf, dass die Einspruchsabteilung die Lehre der D4 nicht richtig gewürdigt habe.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen, Artikel 123 (2) und (3) EPÜ
1.1 Anspruch 1 entspricht einer Kombination der Ansprüche 5 und 6 des Patents in der erteilten Fassung, bzw. wie ursprünglich eingereicht. Anspruch 2 entspricht Anspruch 7 des Patents in der erteilten Fassung, bzw. wie ursprünglich eingereicht. Die Beschreibung wurde entsprechend angepasst und eine Würdigung der D4 wurde darin aufgenommen.
1.2 Die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ sind somit erfüllt.
2. Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ
2.1 D4 lehrt auf Seite 3, Zeilen 21 bis 26, ein Konzept für Platinenlader unter Verwendung von Teiletransportvorrichtungen, bei der sich die Ausbringung dadurch erhöhen lässt, dass die Teiletransportvorrichtungen nur kürzeste Transportwege ausführen.
2.2 Unter Teiletransportvorrichtungen werden im Sinne der D4 gleichbedeutend Industrieroboter, Gelenkarmtransfervorrichtungen, Teleskoptransfervorrichtungen und Feeder verstanden.Im Ausführungsbeispiel sind dann als erste und zweite Teiletransportvorrichtung Roboter 8, 9, 18, 19 gezeigt und beschrieben. Der Einsatz der Roboter als Teiletransportvorrichtungen ist jedoch nicht deshalb gewählt, weil sich dadurch eine hohe Ausbringung erzielen lässt, auf Seite 2, Zeilen 22 bis 23 werden sogar Knickarmroboter wegen zu geringer Ausbringung als unwirtschaftlich bezeichnet, sondern weil sie bei der Integration von optischen Zentrierstationen von besonderem Vorteil sind, siehe Seite 2, Zeile 27.
2.3 Um die Roboter dennoch wirtschaftlich einsetzen zu können, lehrt die D4 insbesondere auf Seite 7, Zeilen 12 bis 15 in Zusammenhang mit den Lageausrichtungsrobotern kürzeste Transportwege in Form von sehr kurzen Schwenkbewegungen.
2.4 Die D4 lehrt daher, die Ausbringung dadurch zu erhöhen, dass die Entstapelroboter auf eine optimale Position zwischen der Entstapelstelle und der Ablage angeordnet werden, so dass lediglich eine sehr kurze Schwenkbewegung zwischen Entstapelstelle und Ablage durchzuführen ist, siehe die Seite 3, Zeile 21 bis Seite 4, Zeile 2.
2.5 Ist dies der Fall, eignet sich ein einzelner Entstapelroboter zur Teileentstapelung bei automatisierten Pressenstrassen, siehe Seite 7, Zeilen 20 bis 23. Im Ausführungsbeispiel sind jedoch zwei Roboter erwähnt, die im Wechsel auf einen Teilstapel zugreifen.
2.6 D4 offenbart daher nicht, dass ein erster oder zweiter Roboter wenigstens ein plattenförmiges Teil aus dem Teilestapel entnimmt, während gleichzeitig der zweite oder der erste Roboter wenigstens ein aufgenommenes, plattenförmiges Teil an der Ablegestation ablegt. Dies wird durch eine in besonderer Weise eingerichtete Steuereinrichtung zur Ansteuerung der Roboter in vorstehend erwähnter Weise erreicht. Ferner unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem aus D4 bekannten Verfahren dadurch, dass für beide Roboter eine kombinierte Schwenk- und Linearbewegung beim Entstapeln und Ablegen vorgesehen ist.
2.7 Die o.g. Unterscheidungsmerkmale bewirken eine zeitliche Überlagerung der Enstapelungsbewegungen der Roboter bei gleichzeitiger Optimierung der Bewegungsfreiheitsgrade beider Roboter.
2.8 Die durch die o.g. Merkmale zu lösende Aufgabe ist daher darin zu sehen, eine hohe Ausbringung an plattenförmigen Teilen zu ermöglichen.
2.9 Dem Fachmann, der sich ausgehend von der D4 mit dieser Aufgabe beschäftigt, wird durch die D4 gelehrt, auf eine andere Teiletransportvorrichtung überzugehen, die ja in der D4 gleichbedeutend nebeneinander stehen, beispielweise einen Feeder, der deutlich höhere Taktzeiten ermöglicht.
2.10 Es widerspricht außerdem der Lehre der D4, das Portal, auf dem die Roboter stehend angeordnet sind, für eine kombinierte Schwenk- und Linearbewegung der Roboter beim Entstapeln und Ablegen der Platinen einzurichten, da die D4 explizit lehrt, die Roboter so nahe an der Entstapelungsstelle anzuordnen, dass nur sehr kurze Schwenkbewegungen durchzuführen sind.
2.11 Unter Punkt 8.4.1 der angefochtenen Entscheidung folgte die Einspruchsabteilung der Argumentation der Patentinhaberin nicht, wonach "der Fachmann, der D4 folgend, ausschließlich eine optimale Position einstellen würde". Sie argumentierte, ohne dabei einen diesbezüglichen Beleg vorzulegen, dass die D4 zwar nur die Möglichkeit des Einstellens der Position offenbart, sie "verbietet" aber dadurch "keine der für den Fachmann offensichtlichen Alternativen dazu".
2.12 Die Kammer merkt diesbezüglich an, dass, wenn gegenüber einer Patentschrift, der D4 im vorliegenden Fall, welche als nächstliegender Stand der Technik bestimmt wird, eine Lösung angeboten wird, siehe Punkt 2.6 oben, welche sich an dem Grundgedanken dieses Standes der Technik, im vorliegenden Fall die Ausführung von nur kürzesten Transportwegen und im Falle von Robotern die Ausführung von nur kurzen Schwenkbewegungen, siehe Seite 3, Zeilen 21 bis 26 und Seite 7, Zeilen 12 bis 15, nicht hält, sondern sich in eine ganz andere Richtung entwickelt, diese Lösung dem Fachmann weder durch die D4 noch durch sein fachmännisches Wissen und Können nahegelegt werden kann. Außerdem kann eine Lösung, welche sich nicht an den o.g. Grundgedanken der D4 hält, nicht, insbesondere in Abwesenheit eines Belegs für einen Hinweis in D4 oder im fachmännischen Wissen und Können in Richtung dieser Lösung, nicht als eine "offensichtliche" Alternative erachtet werden.
2.13 Aus den o.g. Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Basis folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 und 2: eingereicht mit der auf den 11. Mai 2018 datierten Eingabe;
Beschreibungsabsätze 1 bis 16: eingereicht mit der auf den 14. Januar 2018 datierten Eingabe;
Beschreibungsabsätze 17 bis 30: der Patentschrift;
Figuren 1 und 2: der Patentschrift.