T 2009/13 () of 12.9.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T200913.20170912
Datum der Entscheidung: 12 September 2017
Aktenzeichen: T 2009/13
Anmeldenummer: 04027340.1
IPC-Klasse: A61K 7/48
A61K 35/78
A61P 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kosmetische Zubereitung enthaltend Licochalcon A oder einen Extrakt aus Radix Glycyrrhizae inflatae Licochalcon A enthaltend und einen organischen Verdicker
Name des Anmelders: Beiersdorf AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Hauptantrag: Änderungen - zulässig (ja)
Neuheit - nach Änderung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 15. April 2013, mit welcher die europäische Patentanmeldung Nr. 04 027 340.1 zurückgewiesen wurde.

II. In ihrer Entscheidung verwies die Prüfungsabteilung u.a. auf die Druckschriften

(4) WO 03/101414 A,

(5) EP 1 541 152 A und

(6) EP 1 541 164 A.

Die Prüfungsabteilung ließ einen neuen Hauptantrag, sowie einen Hilfsantrag 1, die von der Anmelderin während der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden, nicht in das Prüfungsverfahren zu. Stattdessen entschied sie über einen Satz von Ansprüchen, die mit Schriftsatz vom 30. September 2009 eingereicht worden waren. In ihrer Begründung stellte die Prüfungsabteilung fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Version vom 30. September 2009 von der Offenbarung der Druckschriften (4), (5) und (6) neuheitsschädlich getroffen sei. Darüber hinaus enthalte der Anspruch mehrere Disclaimer, die im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ nicht zulässig seien.

III. Im Beschwerdeverfahren legte die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung am 12. September 2017 vor der Kammer einen neuen Hauptantrag vor. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Kosmetische oder dermatologische Zubereitungen mit einem wirksamen Gehalt an

a) Licochalcon A oder einem Extrakt aus Radix Glycyrrhizae inflatae, enthaltend Licochalcon A und

b) einem oder mehreren Hydrocolloiden,

dadurch gekennzeichnet, dass das oder die organischen Hydrocolloide gewählt werden aus der Gruppe

Cellulose und/oder mikrokristalline Cellulose sowie besonders bevorzugt Cellulose-Derivate umfassend alkylmodifizierte Cellulose-Derivate (wie Methylcellulose) sowie Alkylhydroxycellulose (wie Hydroxymethylcellulose, Hydroxyethylcellulose) und beliebige Mischungen daraus."

IV. Sie brachte vor, dass der Gegenstand der Ansprüche gemäß des neuen Hauptantrages keine Disclaimer mehr enthalte. Die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen gingen nicht über die Offenbarung der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus. Durch die Beschränkung auf spezifische in der Streitanmeldung offenbarte Hydrocolloide sei der beanspruchte Gegenstand von der Offenbarung der Druckschriften (4), (5) und (6) abgegrenzt, so dass auch die Neuheit anerkannt werden müsse.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 3 gemäß Hauptantrag, eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 12. September 2017 vor der Kammer.

VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 basiert auf dem Wortlaut des ursprünglich eingereichten Anspruchs , wobei das ursprüngliche Merkmal b) dahingehend spezifiziert wurde, dass "das oder die organischen Hydrocolloide gewählt werden aus der Gruppe Cellulose und/oder mikrokristalline Cellulose sowie besonders bevorzugt Cellulose-Derivate umfassend alkylmodifizierte Cellulose-Derivate (wie Methylcellulose) sowie Alkylhydroxycellulose (wie Hydroxymethylcellulose, Hydroxyethylcellulose) und beliebige Mischungen daraus" (siehe Paragraph III supra). Dieses Merkmal findet seine Grundlage im ursprünglich eingereichten Anspruch 4, welcher sich auf die Ansprüche 1 bis 3 bezieht. Im ursprünglichen Anspruch 4 werden verschiedene Gruppen von möglichen Vertretern der in Anspruch 1 b) genannten Hydrocolloide definiert. Das nunmehr in Anspruch 1 aufgenommene Merkmal findet sich als Merkmal f) im ursprünglichen Anspruch 4.

Die Ansprüche 2 und 3 des Hauptantrages entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 3.

Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügen.

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Im Prüfungsverfahren waren die Druckschriften (4), (5) und (6) als neuheitsschädlich für die beanspruchten Zubereitungen herangezogen worden.

3.1 Druckschrift (4) offenbart die Verwendung von Licochalcon A in kosmetischen Zubereitungen, wobei die Zubereitungen einen oder mehrere ethoxylierte oder propoxylierte Rohstoffen enthalten (Ansprüche). Keines der in der Beschreibung angeführten Beispiele 1 bis 20 offenbart kosmetische Zubereitungen, welche neben Licochalcon A auch Cellulose oder ein Cellulosederivat entsprechend des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Streitanmeldung enthält.

3.2 Druckschrift (5) offenbart Wirkstoffkombinationen aus einem oder mehreren Vertretern der Gruppe der Phytosterole und/oder Cholesterin und Licochalcon A oder einem wässrigen Extrakt aus Radix Glycyrrhizae inflatae, enthaltend Licochalcon A (Anspruch 1). Keines der Beispiele 1 bis 21 offenbart eine Wirkstoffkombination, die neben Licochalcon A auch Cellulose oder ein Cellulosederivat entsprechend des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Streitanmeldung enthält.

3.3 Druckschrift (6) offenbart Wirkstoffkombinationen aus Licochalcon A oder einem Extrakt aus Radix Glycyrrhizae inflatae, enthaltend Licochalcon A, Phenoxyethanol und gewünschtenfalls Glycerin (Anspruch 1). In keinem der Beispiele der Druckschrift (6) wird eine Wirkstoffkombination offenbart, die neben Licochalcon A auch Cellulose oder ein Cellulosederivat entsprechend des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Streitanmeldung enthält.

4. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist gegenüber den von der Prüfungsabteilung als neuheitsschädlich herangezogenen Druckschriften (4), (5) und (6).

5. Zurückverweisung (Artikel 111(1) EPÜ)

Aus den oben getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer mit dem geänderten Anspruch 1 die in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwände, nämlich des Artikels 123(2) EPÜ und der mangelnden Neuheit gegenüber den Druckschriften (4), (5) und (6) ausgeräumt hat. Dennoch hat die Kammer keine Entscheidung in der ganzen Angelegenheit getroffen, da der nunmehr vorliegende Anspruch 1 einen Gegenstand betrifft, der bis zum jetzigen Zeitpunkt noch niemals Gegenstand der Prüfung vor der Prüfungsabteilung gewesen ist. Da die Prüfungsabteilung zu den weiteren Fragen der Patentierbarkeit bisher keine beschwerdefähige Entscheidung getroffen hat, verweist die Kammer in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111 (1) EPÜ die Angelegenheit zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an die Prüfungsabteilung zurück.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Behandlung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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