T 1943/13 () of 14.2.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T194313.20180214
Datum der Entscheidung: 14 Februar 2018
Aktenzeichen: T 1943/13
Anmeldenummer: 07847010.1
IPC-Klasse: A61B 17/34
A61J 15/00
A61L 29/16
A61L 31/10
A61L 29/08
A61L 31/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SCHLAUCH FÜR DIE ENTERALE ERNÄHRUNG
Name des Anmelders: N.V. Nutricia
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 24. April 2013, mit welcher die europäische Patentanmeldung Nr. 07 847 010.1 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen wurde.

II. In der angefochtenen Entscheidung bezog sich die Prüfungsabteilung u.a. auf die Druckschrift

(5) US-A-6,060,000.

III. In ihrer Begründung hatte die Prüfungsabteilung festgestellt, dass der Gegenstand der damaligen Ansprüche ausgehend von Druckschrift (5) als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhe. Insbesondere habe die Verwendung Silber in Form von Nanopartikeln bereits im Stand der Technik nahegelegen.

IV. Zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung vom 25. Juli 2013 reichte die Beschwerdeführerin die neuen Ansprüche 1 bis 10 ein, der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 lautet wie folgt:

"1. PEG-Schlauch mit einer antiseptisch oder antibakteriell wirkenden, Metallionen oder kolloidales Metall freisetzenden Verbindung, dadurch gekennzeichnet, dass die genannte Verbindung in Form von Nanopartikeln vorliegt und in Bereichen des Schlauches (10) homogen im Material des Schlauches (10) über dessen Stärke verteilt ist."

V. Sie brachte vor, dass ausgehend von Druckschrift (5) als nächstliegendem Stand der Technik die Aufgabe in einer verbesserten Langzeitwirkung bestanden habe, d.h. in einer über längere Zeiträume konstante Abgabe von Metallionen oder kolloiden Metallteilchen aus dem PEG-Schlauch. Zum Beleg dafür, dass diese Verbesserung auch tatsächlich zu beobachten sei, verwies sie u.a. auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichte Druckschrift

(14) A. Schwenke, et al.: "Laserbasierte Generierung matrixbinderfreier Nanopartikel-Polymerkomposite für bioaktive Medizinprodukte", Chemie Ingenieur Technik 2013, 85 No. 5, Seiten 740 bis 746.

Da keine der zitierten Druckschriften eine homogene Verteilung von Metallionen freisetzenden Nanopartikeln nahelege, beruhe der Gegenstand der Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 10, wie eingereicht mit Schriftsatz vom 25. Juli 2013.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

2.1 Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung neue Ansprüche 1 bis 10 eingereicht.

2.2 Im Vergleich zum Wortlaut des Anspruchs 1, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht, betrifft der neue Anspruch 1 nun einen PEG-Schlauch, bei dem die antimikrobiell wirkende, Metallionen oder kolloidales Metall freisetzende Verbindung "in Bereichen des Schlauches (10) homogen im Material des Schlauches (10) über dessen Stärke verteilt ist".

2.3 Die in diesen Ansprüchen vorgenommenen Änderungen finden eine Basis in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 12. Daher genügen sie den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1 Die im Beschwerdeverfahren eingereichten Ansprüche betreffen einen PEG-Schlauch zur medizinischen Anwendung, der antiseptisch oder antimikrobiell wirkende Metallionen freisetzt. Ein derartiger Gegenstand wird bereits in Druckschrift (5) offenbart. Da sowohl die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung, als auch die Beschwerdeführerin von dieser Druckschrift als nächstliegendem Stand der Technik ausgingen, sieht die Kammer keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.

3.2 Druckschrift (5) offenbart einen medizinischen Schlauch, z.B. einen Katheter, zur Einführung von Flüssigkeiten in den Körper. Der Schlauch enthält ein Material, welches in Elektrolytlösungen antiseptisch oder antimikrobiell wirkende Metallionen freisetzt und welches z.B. in Form von Streifen auf einer der außen oder innen liegenden Oberflächen angeordnet ist (Spalte 8, Zeilen 54 bis 58; Fig. 10, 11).

3.3 Ausgehend von diesem Stand der Technik formuliert die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift als Aufgabe die Bereitstellung eines Schlauches für die enterale Ernährung, der eine verbesserte funktionale Wirkung über lange Zeiträume aufweist.

3.4 Zur Lösung dieser technischen Aufgabe bietet die Streitanmeldung den PEG-Schlauch mit einer antiseptischen oder antimikrobiellen, Metallionen oder kolloidales Metall freisetzenden Verbindung gemäß Anspruch 1 an, der dadurch gekennzeichnet ist, dass Nanopartikel der antimikrobiellen Verbindung in Bereichen des Schlauches homogen im Material des Schlauches über dessen Stärke verteilt sind.

3.5 Als Beleg dafür, dass die behauptete Verbesserung tatsächlich vorliegt, verwies die Beschwerdeführerin u.a. auf die Druckschrift (14).

3.5.1 Diese Druckschrift betrifft einen wissenschaftliche Artikel, der erst 2013, also ca. 6 Jahre nach dem Anmeldedatum der Streitanmeldung veröffentlicht wurde. In diesem Artikel wird die langfristige antibakterielle Wirkung von Nanokompositen untersucht (siehe Druckschrift (14), Abstract). Dabei werden Silbernanopartikel homogen in eine Polymermatrix eingearbeitet, die dann zu medizinischen Artikeln, wie z.B. Kathetern, verarbeitet wird (Seite 741, linke Spalte, Zeilen 9 bis 13; Seite 743, linke Spalte, Zeilen 33 bis 42). Es wurde gefunden, dass bei homogener Verteilung der Silbernanopartikel im gesamten Kunststoffvolumen eine längere gleichmäßige Abgabe von Silberionen zu beobachten ist, als dies bei einer Oberflächenbeschichtung mit Silbernanopartikeln der Fall ist (Siehe Seite 744, rechte Spalte Zeilen 24 bis 29).

3.5.2 Daher erscheint es für die Kammer glaubhaft, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Verbesserung (siehe Paragraph 3.3 supra) tatsächlich erreicht wird.

3.6 Da die übrigen im Verfahren als Stand der Technik zitierten Druckschriften keine Verbesserung der Langzeitwirkung der Silberionenfreisetzung durch homogene Verteilung der Metallionen freisetzenden Verbindung über die Stärke des Schlauches nahelegen, hatte der Fachmann auch keine Veranlassung, zur Verbesserung der Langzeitwirksamkeit eine homogene Verteilung der Nanopartikel im Material des Schlauches zu wählen.

3.7 Daher kann dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag eine erfinderische Tätigkeit zugrundegelegt werden.

3.8 Der Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 10 betrifft bevorzugte Ausführungsformen des in Anspruch 1 beanspruchten PEG-Schlauches und wird von dessen Patentfähigkeit getragen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen zur Erteilung eines Patentes auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 10, wie eingereicht mit Schriftsatz vom 25. Juli 2013, und einer daran anzupassenden Beschreibung.

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