T 1919/13 () of 15.5.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T191913.20170515
Datum der Entscheidung: 15 Mai 2017
Aktenzeichen: T 1919/13
Anmeldenummer: 06706800.7
IPC-Klasse: B42D 15/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Sicherheitselement und Verfahren zu seiner Herstellung
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: Crane&Co., Inc.
Innovia Security Pty Ltd.
DE LA RUE INTERNATIONAL LIMITED
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 87(4)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Änderungen - Klarheit des geänderten Patentanspruchs (ja)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung (nein)
Änderungen - Erweiterung des Schutzumfangs des Patentanspruchs (nein)
Priorität - Grundlage im Prioritätsdokument (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die jeweiligen Beschwerden der drei Einsprechenden richten sich gegen die Zwi­schenentscheidung der Einspruchs­ab­teilung, dass das europäische Patent Nr. 1 853 763 in der Fassung des Hauptantrags den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge.

II. Die Einsprüche der Beschwerdeführerinnen I bis III (Einsprechende 1 bis 3) stützten sich auf die in Arti­kel 100(a) EPÜ 1973 genannten Einspruchsgründe der fehlenden Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973 und der man­geln­den erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973.

Die Einsprüche der Beschwerdeführerinnen I und II stüt­zten sich ferner auf den in Artikel 100(c) EPÜ genann­ten Einspruchsgrund.

Der Einspruch der Beschwerdeführerin II stützte sich zusätzlich auf den in Artikel 100(b) EPÜ 1973 genannten Einspruchsgrund.

III. Am 15. Mai 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerinnen I bis III beantragten die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerden zurückzuweisen, oder hilfsweise das Patent in geändertem Umfang aufgrund einer der mit Schreiben vom 24. März 2017 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 aufrechtzuerhalten.

VI. Im Beschwerdeverfahren wurde im Wesentlichen auf folgende Druckschrif­ten Bezug genommen:

D1: WO 2005/052650 A2;

D3: US 6,381,071 B1;

D6: WO 2005/106601 A2;

D7: "The moiré magnifier", M.C. Hutley, R. Hunt, R.F. Stevens and P. Savander, Pure Applied Optics, Band 3, Nummer 2, 1994, Seiten 133 bis 142;

D8: US 5,639,126;

D12: EP 0 319 157;

D15: WO 2006/125224;

D16: US 5,712,731;

E16: EP 0 754 126;

D19: "Design and development of an effective optical variable device based security system incorpora­ting additional synergistic security technolo­gies", Gary R. Wolpert, "Proceedings of SPIE", Band 3973, 7. April 2000, Seiten 55 bis 61;

D25: WO 03/053713;

D28: EP 0 201 323 A2.

VII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Sicherheitselement zur Absicherung von Wertgegen­ständen mit

- wenigstens einem ersten Echtheitsmerkmal, wobei das erste Echtheitsmerkmal eine erste Anordnung mit einer Vielzahl von linsenförmigen fokussierenden Elementen, die in einem ersten Raster vorliegen, und eine zweite Anordnung mit einer Vielzahl von mikroskopischen Struk­turen, die in einem zweiten Raster vorliegen, umfasst, wobei die erste und die zweite Anordnung derart ange­ordnet sind, dass sich die Ortsfrequenzen beider Raster geringfügig unterscheiden und die mikro­skopischen Strukturen der zweiten Anordnung bei Be­trachtung durch die linsenförmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung infolge des Moiré-Effekts in Vergrößerung zu sehen sind, und

- einem zweiten Echtheitsmerkmal, das maschinell und/oder visuell prüfbar und ist,

- wobei die mikroskopischen Strukturen geprägte Mikro­strukturen umfassen, die mit einer reflektierenden Metallschicht beschichtet sind, die das zweite Echt­heitsmerkmal bereitstellt und die Aussparungen in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen aufweist oder in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen ausgebildet ist, und

- wobei die Vergrößerungswirkung der linsenförmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betrifft, so dass das zweite Echtheitsmerkmal durch die erste Anordnung des ersten Echtheitsmerkmals unbeeinflusst ist."

Der unabhängige Anspruch 21 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Verfahren zum Herstellen eines Sicherheits­ele­ments nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 20, bei dem

- ein erstes Echtheitsmerkmal durch Kombination einer ersten und zweiten Anordnung gebildet wird, wobei die erste Anordnung mit einer Vielzahl von linsenförmigen fokussierenden Elementen, die in einem ersten Raster vorliegen, über einer zweiten Anordnung mit einer Viel­zahl von mikroskopischen Struk­turen, die in einem zwei­ten Raster vorliegen, derart ange­ordnet wird, dass sich die Ortsfrequenzen beider Raster geringfügig unter­schei­den und die mikro­skopischen Strukturen der zweiten Anordnung bei Be­trachtung durch die linsenförmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung infolge des Moiré-Effekts in Vergrößerung zu sehen sind,

- wobei das erste Echtheitsmerkmal mit wenigstens einem zweiten Echtheitsmerkmal kombiniert wird, das maschinell und/oder visuell prüfbar ist,

- wobei die mikroskopischen Strukturen geprägte Mikro­strukturen umfassen, die mit einer reflektierenden Metallschicht beschichtet sind, die das zweite Echt­heitsmerkmal bereitstellt und die Aussparungen in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen aufweist oder in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen ausgebildet ist, und

- wobei die Vergrößerungswirkung der linsenförmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betrifft, so dass das zweite Echtheitsmerkmal durch die erste Anordnung des ersten Echtheitsmerkmals unbeeinflusst ist."

VIII. Die Beschwerdeführerinnen haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Ver­handlung im Wesent­li­chen Folgendes vorgetragen:

Das im Einspruchsverfahren geänderte Merkmal des An­spruchs 1 (Hauptantrag), "wobei die Ver­größerungswir­kung der linsen­förmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerk­mal nicht betrifft" sei nicht klar, weil es nur funktional for­muliert sei indem es die zu erreichende Wirkung angebe ohne die dafür not­wendigen Merkmale zu definieren. Es umfasse zudem technische Lösungen, die nicht offenbart wurden, wie z.B. wenn eine Information mittels Ausspa­rungen in der Metallschicht nur innerhalb einer einzi­gen der mikro­skopischen Strukturen der zweiten Anord­nung angebracht sei.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich einge­reich­ten Fassung hinaus erweitert worden:

- Das Merkmal, dass sich die Ortsfrequenzen beider Ras­ter geringfügig unterscheiden sei im Anspruch 1 ohne die zuge­hö­rigen Angaben zur relativen Orien­tierung der Ras­ter aufgenom­men worden (veröffent­lich­te Fassung der Anmel­dung, Seite 5, Zeilen 12 bis 24). Dadurch entstehe eine nicht ursprünglich offenbarte Zwischenverall­ge­mei­ne­rung;

- Das Merkmal, dass die Vergrößerungs­wirkung der linsen­förmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betref­fe, auf Seite 21, Zeilen 12 bis 24 (veröffent­lich­te Fassung der Anmel­dung) sei nur im Zusammenhang mit den Mikrolinsen 116 offenbart worden. Im Anspruch 1 sei dies auf beliebige mikroskopische Struk­turen erweitert worden.

Das negative Merkmal des Anspruchs 1 (Hauptantrag) "das zweite Echtheitsmerkmal [ist] durch die erste Anordnung des ersten Echtheitsmerkmals unbeeinflusst" stelle einen Disclaimer dar. Dieser Disclaimer sei durch den Zusatz "wobei die Vergrößerungswirkung der linsenför­migen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betrifft, so dass..." eingeschränkt worden, was eine Erweiterung des Schutz­bereichs des Anspruchs 1 (Hauptantrag) zur Folge habe: Sicherheitsmerkmale, bei denen das zweite Echtheits­merk­mal durch lumineszierende Stoffe in den Mikrolinsen optisch beeinflusst seien (Seite 53, Zeilen 22 bis 26, veröffent­lich­te Fassung der Anmel­dung), waren vom erteilten Anspruch ausgeschlossen aber fielen unter den Schutz­bereichs des gemäß Hauptantrag geänderten An­spruchs 1.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei nicht neu gegenüber:

- dem Sicherheitselement der Druck­schrift D1, weil die Anspruchmerkmale darin in unterschiedlichen Stellen offenbart seien;

- dem Sicherheitselement der Druck­schrift D6, insbesondere, weil die darin offenbarten mikrosko­pi­schen Strukturen der zweiten Anord­nung auch mit einer Metall­schicht be­schichtet seien (Seite 16, Zeilen 14 bis 19), bzw.

- dem Sicherheitselement der Druck­schrift D15.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei nicht erfinderisch:

- Die Unterschiede zur Druckschrift D3 als nächstlie­gender Stand der Technik bestünden aus dem zweiten Echtheitsmerkmal. Der Fachmann, der die objektive Aufgabe einer weiter erhöhten Sicherheit lösen wol­le, würde die optionale reflektierende Schicht des Sicherheitselements der Druckschrift D3 aus Metall herstellen und die Aussparungen der Sicher­heits­fäden der Druckschriften D8, D12, E16, bzw. des Sicherheitselements der Druckschrift D25 bzw. die Lehre bezüglich OVDs der Druckschrift D19 darauf anwenden, um somit unmittelbar zum Gegen­stand des Anspruchs 1 zu gelangen.

- Die Unterschiede zur Druckschrift D16 als nächst­lie­gender Stand der Technik bestünden aus dem zwei­ten Echtheitsmerkmal: Die Druckschrift D16 offen­ba­re die zweite Anordnung in Tiefdruck herzustellen, was einer art Prägung gleich käme. Alternativ hier­zu könne die zweite Anordnung durch Ätzungen in einer Metallschicht hergestellt werden, wobei diese Technik oft bei Sicherheitsfäden eingesetzt werde (Spalte 11, Zeilen 28 bis 34). Der Fachmann, der die objektive Aufgabe einer weiter erhöhten Sicher­heit lösen wolle, würde deshalb die einen Sicher­heitsfaden offenbarenden Druckschrift D12 in Betracht ziehen. Auch die Druckschrift D19 lege nahe entsprechende Aussparungen in der Metall­schicht einzubringen. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) nahegelegt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Absätze [0023] und [0055] der Beschreibung stünden im Widerspruch zum Gegenstand der Ansprüche, weil die Me­tallschicht darin als semitransparent offenbart werde.

Absatz [0025] der Beschreibung stünde im Widerspruch zum Gegenstand der Ansprüche, weil nur eine der bean­spruch­ten Varianten als bevorzugt dargestellt werde.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhand­lung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Fachmann sei mit dem Prinzip der Moiré-Vergrößerung vertraut und müsse keine Überlegungen anstellen, um das funktional definierte Merkmal des Anspruchs 1 zu ver­ste­hen. Die konkrete Umsetzung dieses Merkmals sei auch auf Seite 21, Zeilen 12 bis 15 der veröf­fen­t­lich­ten Fassung der An­mel­dung offenbart. Der geänderte Anspruch 1 (Hauptantrag) sei somit klar.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich ein­ge­reichten Fassung hinaus erweitert worden:

- Das Merkmal des Anspruchs 1 (Hauptantrag), dass sich die Ortsfrequenzen beider Raster geringfügig unter­schei­den, sei auch ohne Angabe zur relativen Orientie­rung der Ras­ter in der Anmeldung ursprüng­lich offenbart worden: Seite 18, Zeile 24 bis Seite 19, Zeile 4 (veröf­fentlichte Fassung der Anmel­dung);

- Das Merkmal des Anspruchs 1 (Hauptantrag), dass die Ver­größerungs­wirkung der linsen­förmigen fokus­sieren­den Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerk­mal nicht betref­fe, sei auf Seite 25, Zeilen 4 bis 10 (veröffent­lich­te Fassung der Anmel­dung) allgemein im Zusammenhang mit mikro­sko­pischen Strukturen offenbart worden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei neu gegenüber dem Sicherheitselement der Druckschrift D6, weil die mikroskopischen Strukturen der zweiten Anord­nung in der Druckschrift D6 nicht zwingend mit einer reflektie­renden Metallschicht be­schichtet seien (Seite 16, Zeilen 14 bis 19). Die Priorität DE 10 2005 007 749.8 vom 18. Februar 2005 sei gültig, was zur Folge habe, dass die Druckschrift D1 Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ und die Druckschrift D15 nicht Stand der Technik sei. Die Frage der Neuheit gegenüber der Druckschrift D15 erübrige sich damit. Die Merkmale des Anspruchs 1 seien nicht direkt und unmittelbar in Kombination in der Druck­schrift D1 offenbart, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber dem Sicherheitselement der Druckschrift D1 sei.

Das Merkmal des erteilten Anspruchs 1, dass das zweite Echt­heits­merkmal "durch die erste Anordnung des er­sten Echtheitsmerkmals unbeeinflusst ist", bezöge sich bereits auf die Vergrößerung infolge des Moiré-Effekts, die einen wesentlicher Teil des Gegenstands der Erfin­dung sei. Die Ergän­zung "wobei die Vergrößerungswir­kung der linsenför­migen fokussie­ren­den Elemente der ersten Anordnung das zweite Echt­heitsmerkmal nicht betrifft, so dass..." diene nur der Klarstellung und verändere nicht den Schutz­umfang des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.

Der Fachmann, der von der Druckschrift D3 ausgehe um die Sicherheit weiter zu erhöhen, hat keinen Anlass die optionale reflektierende Schicht weiter mit Aussparun­gen zu versehen. Solche Aussparungen würden der Funk­tion dieser Schicht entgegenwirken. Stattdessen würde der Fachmann die in der Druckschrift D3 in den Aus­füh­rungsbeispielen der Figuren 7 bis 9 bereits offenbarten weiteren Möglich­kei­ten zur Erhöhung der Fälschungs­si­cherheit nutzen. Die Druckschriften D8, D12, E16 be­zö­gen sich auf Sicher­heitsfäden und die Druck­schriften D19 und D25 bezögen sich auf von sich aus metallisier­te Beugungsstrukturen, die durch die Aussparungen hindurch sichtbar wären. Eine derart angeordnete Metallschicht käme in dem Sicherheitselement der Druckschrift D3 nicht vor. Der Fachmann müss­te somit in einem zusätz­lichen Schritt die reflek­tie­ren­de Schicht als Metall­schicht realisieren. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei ausgehend von der Druckschrift D3 nicht nahegelegt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich zu­sätz­lich von dem Sicherheitselement der Druckschrift D16 dadurch, dass die zweite Anordnung in der Druck­schrift D16 aus der Tief­druckfarbe bestehe und somit nicht im Sinne des Streit­patents geprägt sei. Auch die andere Alternative, bei der die zweite Anordnung durch Ätzungen in einer Metall­schicht hergestellt werde, entspräche nicht dem Gegenstand des Anspruchs 1. Der Fachmann hat keine Ver­anlassung, die Metallschicht mit Aussparungen des Sicher­heitsfadens der Druckschrift D12 zusätzlich auf die zweite Anordnung anzuwenden. Selbst wenn der Fach­mann dies tun würde, so würde er nicht zum Gegen­stand des Anspruchs 1 gelangen. Somit werde der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) nicht nahege­legt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Absätze [0023], [0025] und [0055] der Beschreibung stün­den nicht im Widerspruch zum Gegenstand der An­sprüche. Das zweite Sicherheitsmerkmal könne auch mit einer semitransparenten Metallschicht ausgeführt werden und die Ansprüche könnten auch weitere Varianten zu­sätzlich zur bevorzugten Variante bean­spruchen.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen - Anspruch 1 (Hauptantrag)

1.1 Klarheit (Artikel 84 EPÜ) der Änderungen im Anspruch 1

1.1.1 Die funktionale Formulierung des im Einspruchsverfahren im Anspruch 1 aufgenommenen Merkmals "wobei die Ver­größerungswirkung der linsenförmigen fokussierenden Elemente der ersten An­ord­nung das zweite Echtheitsmerk­mal nicht betrifft" ist für den Fachmann aus folgendem Grund nicht unklar. Der Fachmann ist mit dem Moiré-Ver­größerungseffekt ver­traut (siehe z.B. Druckschrift D7) und weiß daher, dass eine Information (welche z.B. durch Aussparungen 30 in der Metall­schicht 15 erzeugt wird), die sich über eine Vielzahl von Mikro­linsen erstreckt, nicht von dem Moiré-Vergrößerungseffekt er­fasst werden kann. Dies wird auch so in der Beschrei­bung offenbart (siehe Seite 21, Zeilen 12 bis 15 der veröf­fentlichten Fassung der An­mel­dung). Die Tat­sache, dass es, wie von den Beschwerdeführerinnen vorgetragen, wohlmöglich auch weitere Möglichkeiten gibt, dieses Mer­kmal konkret umzusetzen, spricht nur dafür, dass das Merkmal breit formuliert ist, nicht aber, dass es für sich genommen un­klar ist. Es folgt, dass obgleich dieses im Anspruch funktional ausgedrückte strittige Merkmal auch hätte konkreter formuliert werden können, es dennoch für den Fachmann nicht unklar ist.

1.1.2 Die sonstigen im schriftlichen Verfahren vorgetra­genen Einwände der Beschwerdeführerinnen wurden in der münd­lichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht und wurden bereits im Zusatz zur Ladung zur mündlichen Verhandlung seitens der Kammer abgehandelt (Punkt 7). Die Kammer sieht keinen Grund von ihrer darin geäußerten vorläu­fi­gen Meinung abzuweichen.

1.1.3 Die im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vorgenommenen Änderungen genügen somit den Erforder­nis­sen des Artikels 84 EPÜ 1973.

1.2 Erweiterung des Gegenstandes über den Inhalt der Anmel­dung in der ursprünglich eingereichten Fassung (Artikel 123(2) EPÜ)

1.2.1 Das Merkmal, dass sich die Ortsfrequenzen beider Raster geringfügig unterscheiden, ist auch ohne Angabe zur re­lativen Orientierung der Ras­ter in der Anmeldung ur­sprünglich offenbart worden: "Entscheidend ist ledig­lich, dass sich die Ortsfrequenzen der beiden Raster geringfügig unterscheiden" Seite 19, Zeilen 3 und 4 (veröffentlichte Fassung der Anmel­dung).

1.2.2 Das Merkmal, dass die Vergrößerungs­wirkung der linsen­förmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betrifft, wurde auf Seite 25, Zeilen 4 bis 10 (veröffentlichte Fassung der Anmel­dung) ganz allgemein im Zusammenhang mit mikrosko­pi­schen Struk­turen offenbart: "Die durch die Aus­spa­rung 30 in der Metallschicht 15 erzeugte Information [...] erscheint dem Betrachter daher lediglich als zwei­dimen­sion­ales Bild in Originalgröße, das auf dem drei­dimen­sio­nalen, ver­größerten Bild der geprägten mikro­skopi­schen Strukturen angeordnet zu sein scheint".

1.2.3 Die sonstigen im schriftlichen Verfahren vorgetra­genen Einwände der Beschwerdeführerinnen wurden in der münd­lichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht und wurden bereits im Zusatz zur Ladung zur mündlichen Verhandlung seitens der Kammer abgehandelt (Punkt 8). Die Kammer sieht keinen Grund von ihrer darin geäußerten vorläufi­gen Meinung abzuweichen.

1.2.4 Anspruch 1 (Hauptantrag) erfüllt somit die Erfordernis­se des Artikels 123(2) EPÜ.

1.3 Erweiterung des Schutzbereich (Artikel 123(3) EPÜ)

Der Fachmann weiß, dass eine Auslegung des Begriffs "unbeeinflusst" im erteilten Anspruch 1 dahingehend, dass jegliche Beeinflussung ausgeschlossen sei, unsin­nig wäre, weil bereits die benachbarte Anwesenheit der das erste Sicherheitsmerkmal bildenden Materie zwingend einen Einfluss haben wird. Der Fachmann wird daher den Begriff "unbeeinflusst" an Hand der Beschreibung tech­nisch sinnvoll auslegen, wobei der Wille die Erfindung zu verstehen vorauszusetzen ist.

Die Beschreibung offenbart an mehreren Stellen, dass die mikroskopischen Strukturen des ersten Echtheits­merkmals durch die fokussierenden Elemente der ersten Anordnung infolge des Moiré-Effekts vergrößert werden, während diese Vergrößerungswirkung das zweite Echt­heits­merkmal nicht betrifft und dieses in Originalgröße (unvergrößert) erscheint (z.B. Seite 21, Zeilen 21 bis 24; Seite 25, Zeilen 7 bis 10; Seite 33, Zeilen 18 bis 24; Seite 40, Zeilen 2 bis 8).

Andere Arten von Einflüssen, die die erste Anordnung des ersten Echtheitsmerkmals auf das zweite Echtheits­merkmals ausüben könnte, werden in der Beschreibung nicht angesprochen. Der Fachmann,der die Erfindung verstehen möchte, wird deshalb zwingend zur Schluss­folgerung gelangen, dass sich der Begriff "unbeein­flusst" nur darauf beziehen kann, dass das zweite Echtheits­merkmal nicht der (im erteilten Anspruch 1 bereits erwähnten) Moiré-Vergrößerung durch die erste Anordnung des ersten Echtheitsmerkmals unterliegt.

Das dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hinzugefügte Mer­kmal "wobei die Vergrößerungswirkung der linsen­för­mi­gen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betrifft, so dass das zweite Echtheitsmerkmal [durch die erste Anordnung des ersten Echtheitsmerkmals unbeeinflusst ist]" drückt somit nur das explizit aus, was zuvor bereits implizit bean­sprucht wurde. Der Schutzbereich wird dadurch nicht erweitert.

Anspruch 1 (Hauptantrag) erfüllt somit die Erfordernis­se des Artikels 123(3) EPÜ.

2. Priorität DE 10 2005 007 749.8 vom 18. Februar 2005

Die im schriftlichen Verfahren vorgetra­genen Einwände der Beschwerdeführerinnen bezüglich der Inanspruchnahme der Priorität DE 10 2005 007 749.8 vom 18. Februar 2005 wurden in der münd­lichen Verhandlung nicht mehr vorge­bracht und wurden bereits im Zusatz zur Ladung zur münd­lichen Verhandlung seitens der Kammer abgehandelt (Punkt 10). Die Kammer sieht keinen Grund von ihrer darin geäußerten vorläufigen Meinung abzuweichen.

Die Priorität vom 18. Februar 2005 ist daher gültig, was zu Folge hat, dass die Druckschrift D1 Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ und die Druckschrift D15 nicht Stand der Technik ist.

3. Neuheit - Anspruch 1 (Hauptantrag)

3.1 Druckschrift D1

Die Druckschrift D1 ist Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ und offenbart ein Sicherheits­element zur Absicherung von Wertgegen­ständen mit synthetisch vergrößernden mikroskopischen Strukturen (Seite 1, Zeilen 9 bis 14). Zu der Druckschrift D1 wurde seitens der Beschwerdeführerinnen nur schriftlich vorgetragen.

Gemäß der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt 2.3.2.1), sind die Merkmale des Anspruchs 1 nicht direkt und unmittelbar in Kombination in der Druck­schrift D1 offenbart:

- Die Passage Seite 68, Zeilen 19 bis 22 offenbart nur allgemein, dass "Unison Materialien" unter Anderem auch mittels Prägeverfahren hergestellt werden können. Diese Aussage lässt offen was genau an den "Unison Materialien" geprägt wird und ent­spricht daher nicht einer direkten und unmittel­baren Offenbarung, dass es die mikroskopischen Strukturen der zweiten Anordnung sind, die geprägte Mikrostrukturen umfas­sen. Der nachfolgende Satz, der die Seiten 68 und 69 überbrückt betrifft kein Präge­verfahren, sondern nur ein zuvor erwähntes "reaction casting";

- Das Ausführungsbeispiel der Figur 16 (Seite 38, Zeile 23 bis Seite 41, Zeile 9) offenbart nicht zwingend ein Prägeverfahren zur Herstellung der Bas-Relief Strukturen der zweiten Anordnung. Eine Beschichtung mit einer reflektierenden Metall­schicht wird ebenfalls nicht offenbart;

- Der erste Absatz Seite 56 offenbart einerseits die Möglichkeit der direkten Metallisierung der zweiten Anordnung (Zeilen 1 bis 5) und andererseits, dass ein "Unison Material" durch durchgängige oder mit Mustern versehene metallisierte Schichten ergänzt werden können (Zeilen 12 und 13). Dies entspricht nicht einer direkten und unmittelbaren Offenbarung, dass geprägte Mikrostrukturen der zweiten Anordnung mit einer reflektierenden Metallschicht beschichtet sind und die Aussparungen in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen aufweist oder in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen ausgebildet ist: Einerseits kann eine Metallschicht auch matt sein, so dass sie nicht reflektiert, und andererseits umfasst die zweite Anordnung hierbei nicht zwingend geprägte Mikrostrukturen.

- Bezüglich des Beispiels des Sicherheitsfadens (Seite 56, Zeilen 5 bis 12) wird offenbart, dass nach der Metallbeschichtung eines Films durch die Entfernung der Metallschicht gemäß einem Muster enge Streifen der metallisierten Fläche übrig bleiben ("pattern demetallizing this film to leave narrow 'ribbons' of metallized area"). Hierbei wird nicht direkt und eindeutig offenbart, dass die gemäß einem Muster erfolgende Entfernung der Metall­schicht über die Bildung der verbleibenden metal­lisierten Streifen hinaus zu Aussparungen in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen oder in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen inner­halb dieser verbleibenden Streifen führt. Es gibt auch keine Aussagen in der Druckschrift D1 bezüg­lich der Größe solcher vermeintlicher Aussparungen. Ferner wird der Film mit den verbleibenden metal­lisierten Streifen auf das "Unison Material" mit­tels Klebstoff auflaminiert. Selbst wenn hierbei die verbleibende Metallisierung neben den mikrosko­pischen Strukturen der zweiten Anordnung angebracht werden sollten, so ist die Metallschicht von den mikroskopischen Strukturen durch den Klebstoff getrennt und bilden nicht eine Be­schich­tung 285 im Sinne des Streitpatents (Absatz [0086], Figur 24). Die zweite Anordnung umfasst hierbei auch nicht zwingend geprägte Mikro­struk­turen. Hieraus folgt auch, dass das letzte Merkmal des Anspruch 1 (Hauptantrag, "die Vergrößerungs­wirkung der linsenförmigen fokussierenden Elemente der ersten Anordnung das zweite Echtheitsmerkmal nicht betrifft, so dass das zweite Echtheitsmerkmal durch die erste Anordnung des ersten Echtheits­merkmals unbeeinflusst ist"), ebenfalls nicht offenbart ist;

- Im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel der Fi­gur 17d (Druckschrift D1, Seite 42, letzter Absatz) wird nicht direkt und unmittelbar offen­bart, dass die zweite Anordnung geprägte Mikro­struk­turen umfasst und, dass das gedruckte Element 352 aus einer reflektierenden Metallschicht besteht. Die allgemeinen Aussagen auf der Seite 70, Zeilen 11 bis 14 (Druckschrift D1) beziehen sich nicht zwingend auf das gedruckte Element 352 und sind als optionale zusätzliche Merkmale zu verste­hen (Seite 70, Zeilen 5 bis 7).

Für eine erweiterte Auslegung der Begriffe "geprägt" und "beschichtet", die Seitens der Beschwerdeführerin I nachträglich vorgebracht wurde, gibt es keine Grund­lage. Das von der Beschwerdeführerin I angestrebte Zusammenlesen von in der Be­schrei­bung der Druckschrift D1 in verschiedenen Alter­nativen eingebetteten verteil­ten Merkmalen entspricht keiner direkten und unmittel­baren Offenbarung einer Kombination solcher Merkmale. Somit sind die Merkmale des Anspruchs 1 nicht direkt und unmit­tel­bar in Kombination in der Druck­schrift D1 offenbart.

3.2 Die Druckschrift D6 (Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ) offenbart, dass die mikroskopischen Struk­turen 26 der zweiten Anordnung mit einer Metallschicht beschichtet sind, diese aber nicht reflektierend ist, weil die mikro­skopischen Strukturen 26 als Reflexionen verhindernde Strukturen ausgebildet sind (Seite 16, Zeilen 14 bis 19 und Figuren 8 bis 11).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unter­scheidet sich somit von dem Sicherheitselement der Druckschrift D6 dadurch, dass die mikroskopischen Strukturen mit einer reflektierenden Metallschicht beschichtet sind.

Der Gegen­stand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist somit neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D6.

3.3 Die Druckschrift D15 bildet bei der gültigen Inan­spruch­nahme der Priorität keinen Stand der Technik. Ferner wurde die behauptete mangelnde Neuheit gegenüber der 150 Seiten Text umfassenden Druckschrift D15 ledig­lich mit der allgemeinen Äußerung, "die Druck­schrift D15 beinhalte die Offenbarung der Druckschrift D1" nicht ausreichend substantiiert.

3.4 Der Gegen­stand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist somit neu (Artikel 54 EPÜ 1973).

4. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 (Hauptantrag)

4.1 Die Druckschrift D1 ist Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ (siehe Punkt 2. oben) und kann daher nicht für die Frage der erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden.

4.2 Ausgehend von der Druckschrift D3

4.2.1 Die Druckschrift D3 offenbart ein Sicherheitselement zur Absicherung von Wertgegen­ständen mit einer ersten und einer zweiten Anordnung 4, 6 von geprägten Linsen­ele­menten 5, 7 auf gegenüberliegenden Oberflächen, so dass, wenn die zweite Anordnung durch die erste Anord­nung betrachtet wird, eine Moiré-Vergrößerung der zwei­ten Anordnung sichtbar ist. Die zweite Anordnung 3 kann mit einer reflektierenden Schicht versehen sein, die bewirkt, dass das Sicherheitsmerkmal von der den Linsen abgewandten Seite nicht mehr zu sehen ist (Spalte 1, Zeilen 15 bis 40; Spalte 3, Zeile 66 bis Spalte 4, Zeile 45; Figuren 1 und 2).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

4.2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag scheint sich davon nur dadurch zu unterscheiden, dass als weiteres Echtheitsmerkmal die reflektierende Metallschicht Aussparungen in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen aufweist oder in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen ausgebildet ist, und wobei die Vergrößerungswirkung der Linsen­elemente der ersten Anordnung die Aussparungen nicht betrifft, so dass diese durch die erste Anordnung unbeeinflusst sind. Dieses weitere Echtheitsmerkmal ist maschinell und/oder visuell prüfbar.

4.2.3 Die technische Wirkung dieser Unterschiede ist, dass das Sicherheitselement schwerer zu fälschen ist.

4.2.4 Die Druckschrift D3 geht auch dieses Problem an (Spalte 2, Zeilen 9 bis 11). Die entsprechende Lösung besteht darin, das Sicherheitselement mit einem weiteren, prüf­baren Echtheitsmerkmal zu versehen, das daraus besteht, dass jede der Linsen 7 der zweiten Linsen­anord­nung 5 mit einer zusätzlichen Prägung 7b in Form eines Symbols oder Buchstaben versehen ist (Spalte 4, Zeile 41 bis Spalte 5, Zeile 4). In dem Moiré ver­größerten Bild sind diese zusätzlichen Prägungen 7b als sichtbare Markie­run­gen visuell erkennbar (Spalte 4, Zeile 61 bis 64).

4.2.5 Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Fachmann, wenn er von dem in der Druckschrift D3 beschriebenen Sicherheitselement ausginge und die Sicherheit weiter erhöhen möchte, er keinen Anlass hätte die optionale reflektierende Schicht erstens vorzusehen und zweitens mit Aussparun­gen zu versehen, weil solche Aus­sparungen der in der Druckschrift D3 angege­benen Funk­tion dieser Schicht entgegenwirken würden.

Stattdessen würde der Fachmann die in der Druckschrift D3 in den Aus­füh­rungsbeispielen der Figuren 7 bis 9 bereits offenbarten weiteren Möglich­kei­ten zur Erhöhung der Fälschungs­si­cherheit nutzen, was aber nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) führt.

4.2.6 Druckschriften D8, D12 und E16

Die Druckschrift D8 offenbart maschinenlesbare und visuell überprüfbare Sicherheitsstreifen oder -fäden geeignet zur zumindest teilweisen Einarbeitung in und/oder auf Sicherheitsdokumenten (Spalte 1, Zeilen 6 bis 10). Visuell überprüfbare Markierungen oder Zeichen können aus einer selektiven Metallisierung bestehen (Spalte 4, Zeilen 40 bis 60).

Die Druckschrift D12 offenbart Sicherheitspapiere mit einem metallisierten Sicherheits­streifen. Metallfreie Bereiche über die Länge des Sicherheits­streifens definieren ein sich wiederholendes Muster, Zeichen oder dergleichen, die genügend groß sind, um mit dem bloßem Auge erkannt werden zu können (Anspruch 1; Seite 2, Zeilen 28 und 29; Seite 4, Zeilen 25 bis 32).

Die Druckschrift E16 offenbart einen Sicherheitsfaden mit einem maschinenlesbaren Sicherheitsmerkmal, mit sich wiederholenden Abschnitten, die sich in Längs­richtung entlang des Fadens erstrecken (Absatz [0009]). Der entsprechende Sicherheitsfaden besteht aus einem Kunststofffaden oder Band mit mindestens zwei Sicher­heitsmerkmalen, wobei das erste Sicherheits­merkmal ein sich wiederholendes Muster beinhaltet und das zweite Sicherheitsmerkmal aus Metall bestehende Zeichen bein­haltet (Absatz [0012]).

Sollte der Fachmann, der eine Lösung dafür sucht, das Sicherheitselement der Druckschrift D3 noch fälschungs­sicherer zu machen, dennoch die Druckschriften D8, D12 oder E16 in Betracht ziehen, würde er gemäß den Druck­schrif­ten D8, D12 und E16 dazu veranlasst einen entsprechenden in diesen Druckschriften offenbarten Sicher­heits­faden mit aufzunehmen. Somit kämme der Fachmann aber nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Wie auch von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, ist für ein Einbringen von Aussparungen zum Bilden von Zeichen, Mustern oder Codierungen in der optionalen reflek­tierenden Schicht auf der zweiten Anordnung des Sicherheitselements der Druckschrift D3 ohne Kenntnis der Erfindung weder in der Druckschrift D3 noch in den Druckschriften D8, D12 oder E16 eine Anregung zu finden.

4.2.7 Druckschrift D19

Die Druckschrift D19 offenbart allgemeine Überlegungen beim Entwerfen und Entwickeln von Sicherheitsmerkmalen auf der Basis optisch variabler Vorrichtungen im Zusammenwirken mit zusätzlichen Sicherheitstechniken (Titel).

Gemäß der Druckschrift D19 besteht eine dieser Techni­ken aus dem selektiven Entfernen von Teilen der reflek­tierenden Metallschicht einer optisch variablen Vor­rich­tung. Die optisch variablen Vorrichtung bleibt durch die entmetal­lisier­ten Bereiche hindurch sichtbar. Die Entmetallisierung entspricht einem weiteren Her­stel­lungs­schritt, was den technischen Aufwand für Fäl­scher erhöht und eine anerkannte Erhöhung der Sicher­heit bietet (Seite 59, Absatz 5.2.1).

Der Fachmann, der die Fäl­schungs­sicherheit weiter erhöhen möchte, findet im Sicher­heits­ele­ment der Druckschrift D3 keine von sich aus mit einer re­flek­tierenden Metallschicht versehene optisch varia­blen Vor­rich­tung vor. Wie auch von der Beschwerde­geg­nerin vorgetragen, entspricht das Sicherheitselement der Druckschrift D3 nicht der Ausgangssituation von der die Druckschrift D19 ausgeht. Somit hat der Fachmann keine Veranlassung diese Druckschriften zu kombinieren.

Selbst wenn der Fachmann die Lehre der D19 auf das Sicherheitselement der Druckschrift D3 anwenden würde, so müsste er sicherstellen, dass das op­tisch variable Sicher­heits­element durch die Aus­spa­run­gen der reflek­tierenden Metallschicht weiterhin sicht­bar ist: Somit müsste er eine reflektierende Metall­schicht auf der anderen Seite anbringen als die in der Druckschrift D3 vorgesehene optionale reflek­tierende Schicht. Es ist dann aber nicht klar, ob dann die Moiré-Vergrößerung durch die Aus­sparungen noch wahr­nehmbar wäre. Zudem gibt es hierfür weder eine Veran­lassung, noch würde es zum Gegenstand des An­spruchs 1 führen.

Der Fachmann müss­te zudem die optionale reflek­tie­ren­de Schicht der Druckschrift D3 als Metall­schicht ausfüh­ren, was zwar an sich auf dem Gebiet der Sicherheits­ele­men­te an sich bekannt sein mag, aber dennoch dem Fachmann einen weiteren Schritt abfordern würde.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist somit ausgehend von der Druckschrift D3 nicht naheliegend.

4.2.8 Druckschrift D25

Die Druckschrift D25 offenbart ein Sicherheitselement, das wenigstens zwei unterschiedliche Sicherheits­merk­male aufweist, die auf gegenüberliegenden Seiten des Sicherheitselements angeordnet sind, wobei wenigstens eines der Sicherheitsmerkmale optisch variabel ist (Anspruch 1). Gemäß der Ausführungsform der Figur 3 können die Metallschichten, die auf die Beugungsstruk­turen aufgebracht sind, Unterbrechungen 16 in Form von Mustern oder alphanumerischen Zeichen aufweisen (Seite 10, Zeile 21 bis Seite 12, Zeile 5; Figur 3).

Es ist nicht nachvollziehbar, welche Lehre der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D3 zusätzlich aus dem aufwendigen Sicherheitselement der Druckschrift D25 ziehen würde: Es kommen z.B. in der Druckschrift D3 keine auf Beugungsstrukturen aufgebrachte Metall­schich­ten und in der Druckschrift D25 keine Anordnungen mit einer Vielzahl von linsenförmigen fokussierenden Ele­men­te vor.

Ohne eine rückschauende Betrachtungsweise hat der Fach­mann keine Veranlassung diese Schriften zu kombi­nieren.

4.3 Ausgehend von der Druckschrift D16

4.3.1 Die Druckschrift D16 offenbart eine Sicherheitsvorrich­tung mit einer regelmäßigen zweidimensionalen Anordnung gegebenenfalls im Tiefdruck gedruckter Mikrobilder, die, wenn sie durch eine zweidimensionale Anordnung von sphärischen Mikrolinsen betrachtet werden, eine Ver­größerung der Mikrobilder bewirken. Diese Vergrößerung ist abhängig von dem Ausmaß in dem die Anordnung von Mikrobildern 15 und die Anordnung von Mikrolinsen 17 im Register sind (Spalte 1, Zeilen 44 bis 54, Figur 5).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Es handelt sich also um eine Moiré-Vergrößerung (Spalte 3, Zeilen 26 bis 29).

In einer Alternative können die Mikrobilder als geätzte Mikroschrift in einer Metallschicht hergestellt werden. In der Druckschrift D16 wird hierzu darauf hingewiesen, dass eine solche Ätztechnik oft bei Sicherheitsfäden ein­ge­setzt wird (Spalte 11, Zeilen 28 bis 34).

4.3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unter­scheidet sich davon zumindest dadurch, dass als weite­res Echt­heitsmerkmal eine reflektierende Metallschicht auf den mikroskopischen Strukturen mit Aussparungen in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen aufweist oder in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen aus­gebildet ist, und wobei die Vergrößerungswirkung der Linsen­ele­mente der ersten Anordnung die Aussparungen nicht be­trifft, so dass diese durch die erste Anordnung un­be­einflusst sind. Dieses weitere Echtheitsmerkmal ist maschinell und/oder visuell prüfbar.

4.3.3 Die technische Wirkung dieser Unterschiede ist, dass das Sicherheitselement schwerer zu fälschen ist.

4.3.4 Die in der Druckschrift D16 offenbarten Alternative, bei der die Mikrobilder als geätzte Mikroschrift in einer Metallschicht hergestellt werden, liegt weiter vom Gegenstand des Anspruchs 1 entfernt, weil die aus der geätzten Mikroschrift bestehenden zweiten Anordnung nicht einmal ansatzweise geprägt ist.

4.3.5 Sofern diese Alternative als Aus­gangs­punkt für die Kombination mit dem Sicherheits­faden der Druckschrift D12 dienen soll, so kann eine solche Kombination nicht zu einer geprägten zweiten Anordnung führen, weil eine solche in keiner der beiden Schriften offenbart wird.

Sofern diese Alternative lediglich begründen soll, dass der Fachmann die Druckschrift D12 in Be­tracht ziehen würde um die Fälschungssicherheit weiter zu erhöhen, hat der Fachmann keine Ver­anlassung, die Metallschicht mit Aussparungen des Sicher­heitsfadens der Druckschrift D12 zusätzlich auf die zweite Anordnung anzuwenden, bzw. die tiefge­druckte zwei­te Anordnung mit einer derartigen Metallschicht mit Aus­sparungen zu über­zie­hen. Stattdessen würde der Fachmann lediglich den Si­cher­heitsfaden der Druckschrift D12 als zusätz­liches Sicherheitsmerkmal verwenden und somit nicht zum Gegen­stand des Anspruchs 1 gelangen.

4.3.6 Der Fachmann, der die Fäl­schungs­sicherheit weiter erhöhen möchte, findet im Sicher­heits­element der Druckschrift D16 keine von sich aus mit einer reflek­tierenden Metallschicht versehene optisch variable Vor­rich­tung vor. Auch das Sicherheitselement der Druckschrift D16 entspricht nicht der Ausgangs­si­tuation von der die Druckschrift D19 ausgeht. Somit hat der Fachmann keine Veranlassung das Sicherheitselement der Druckschrift D16 mit der Lehre der Druckschrift D19 zu kombinieren.

4.3.7 Die Druckschrift D28 beschäftigt sich mit der Verbesse­rung eines transparenten Hologramms, um eine hohe re­flek­tierte Lichtintensität zu erreichen (Seite 3, Zei­len 12 bis 17). Die Lösung besteht aus einer den holo­graphischen Effekt verbessernden Schicht 4, die aus einen transparenten dünnen Film mit einem gegenüber der Hologrammschicht 2 unterschiedlichen Brechungsindex (Seite 4, Zeile 35 bis Seite 5, Zeile 5, Figur 1).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Des Weiteren kann ein Darstellungsbereich 5 in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen vorhanden sein und beispielsweise elektrolytisch aufgebracht werden (Seite 5, Zeile 29 bis Seite 6, Zeile 30, Figur 2).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Es ist nicht nachvollziehbar welche Lehre der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D16 zusätzlich aus dem Sicherheitselement der Druckschrift D28 ziehen würde: Es sind in der Druckschrift D16 keine transparen­ten Hologramme in den Ausführungsbeispielen mit integrier­ter Linsenanordnung offenbart und in der Druck­schrift D28 kommen keine Anordnungen mit einer Vielzahl von linsenförmigen fokussierenden Elemente vor.

Ohne eine rückschauende Betrachtungsweise hat der Fach­mann keine Veranlassung diese Schriften zu kom­binieren.

4.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist somit weder von der Druckschrift D3 noch von der Druckschrift D16 ausgehend durch den vorhandenen Stand der Technik nahe­gelegt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Haupt­an­trag) beruht somit auf einer erfinderischen Tätig­keit.

5. Der Verfahrensanspruch 21 zur Herstellung des Sicher­heits­elements nach Anspruch 1 beinhaltet explizit alle Merkmale des Sicherheitselements nach Anspruch 1.

Die in Bezug auf Anspruch 1 vorgebrachten Argumente sind somit direkt auf den Gegenstand des Anspruchs 21 übertragbar.

Der Gegenstand des Anspruchs 21 (Hauptantrag) erfüllt somit ebenfalls die Anforderungen des EPÜs.

6. Die im Einspruchsverfahren überarbeitete Beschreibung entspricht dem vorliegenden Anspruchs­satz und bedarf keiner weiteren Anpassung.

Der von den Beschwerdeführerinnen bemängelte Absatz [0023] stellt keinen Widerspruch zum Gegenstand der Ansprüche dar, weil eine dünne, semitransparente Me­tall­schicht die Sichtbarkeit des zweiten Sicher­heits­merkmals lediglich herabsetzt aber nicht zwingend ver­hindert. Das Gleiche gilt auch für Absatz [0055] indem ebenfalls eine solche semitransparente Me­tall­schicht angesprochen wird.

Absatz [0025] bezieht sich auf die Variante bei der die Aussparungen in der Metallschicht einge­bracht sind im Vorzug zu derjenigen Variante, bei der die Metall­schicht in Form von Zeichen, Mustern oder Codierungen ausge­bil­det ist. Somit entsteht im Absatz [0025] auch kein Widerspruch zum Gegenstand der Ansprüche.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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