T 1718/13 () of 8.12.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T171813.20151208
Datum der Entscheidung: 08 Dezember 2015
Aktenzeichen: T 1718/13
Anmeldenummer: 00989770.3
IPC-Klasse: E06B 3/82
B27F 5/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUM HERSTELLEN EINES TÜRBLATTES SOWIE NACH DIESEM VERFAHREN HERSTELLBARES TÜRBLATT
Name des Anmelders: Hörmann KG Brandis
Name des Einsprechenden: Novoferm GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Entscheidung über die Fassung, in der das Europäische Patent Nr. 1 226 327 aufrechterhalten werden kann, wurde am 11. Juni 2013 zur Post gegeben.

Die Ein­sprechende (Beschwerdeführerin) hat form- und fristgerecht Beschwerde gegen diese Entscheidung ein­gereicht

II. Die Einspruchsabteilung war der Ansicht, dass Anspruch 1 gemäß Hilfs­antrag 1 klar und sein Gegenstand neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

III. Folgende im Einspruchsverfahren genannte Entgegen­haltungen wurden für die Einwände zur Neuheit und erfinde­rischen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren benutzt:

E2: FR-A-2 581 122,

E8: DE-U-1 986 750.

Folgende Entgegenhaltung wurde zusammen mit der Beschwerde­begründung eingereicht

E11: DE-A-195 41 235.

IV. Am 8. Dezember 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, wegen deren Verlaufs auf das Sitzungs­protokoll Bezug genommen wird.

Die Beschwerdeführerin beantragte

- die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

- den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte

- die Zurückweisung der Beschwerde,

- hilfsweise, unter Aufhebung der angefochtenen Ent­scheidung, die Aufrechterhaltung des Patents in ge­änderter Fassung auf der Basis des mit Schrift­satz vom 14. März 2013 eingereichten Hilfs-

antrags 2.

V. Der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Anspruch 1 (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zum Herstellen eines Türblattes (10, 80, 70) mit

O1- einem zumindest die Türblattsicht- oder -breit­seiten (18, 20) überdeckenden Außenmantel (16) aus wider­standsfähigem, vorzugsweise tragfähigem, härteren Material, nämlich beschichtetem oder unbeschichtetem Metallblech (19, 21),

O2- einem von dem Außenmantel (16) umgebenen platten- oder mattenförmig angeordneten oder ausgebildeten, vorzugsweise im wesentlichen Dämmzwecken dienenden, Füllmaterial (22, 81) von gegenüber dem Außenmantel (16) weicherer, weniger widerstandsfähigerer Konsistenz und

O3- einer mehrere in dem schlossseitigen Stirn­seiten­bereich (23) angeordnete gemeinsam betätigbare Eingreif­einrichtungen (54, 55; 51, 60, 61) zum verriegelnden Eingreifen mit ortsfesten Widerlage­elementen umfassenden Mehrfach­verriegelungs­einrichtung (58, 59, 63),

O3.1 welche ein Schloss (47) und ein Treibelement, insbesondere eine Schubstange (56, 57), aufweist,

O3.2 wobei wenigstens eine (55, 54) der Eingreif­ein­richtungen von dem Schloss (47) beabstandet angeordnet ist und durch das Treibelement (56, 57) zur Betätigung mittels des Schlosses an das Schloss (47) angekoppelt ist,

gekennzeichnet durch die folgende Reihenfolge von Schritten:

K1.1 a) Herstellen eines Türblattrohlings, in der Art, dass der metallene Außen­mantel (16) auch die vertikal anzuordnenden Türblattstirnseiten (12, 13) überdeckt, wobei das Füllmaterial (22, 81) zusammen mit einer zu­mindest den Abschnitt des schloss­seitigen Stirn­seiten­bereichs (23), in dem die Mehrfach­ver­riegelungs­ein­richtung (58, 59, 63) und deren Eingreifeinrichtungen (54, 55; 51, 60, 61) unterzubringen sind, ausfüllenden Fülleinlage in Form eines aus spanabhebend formbaren Material gebildeten länglichen Aufnahmeblocks (25) fest mit dem Außenmantel (16) verbunden wird,

K1.2 b) spanabhebendes Austragen durch mehrstufiges Fräsen wenigstens einer konkaven Aufnahme (35) für die Mehrfachverriegelungseinrichtung (58, 59, 63) und deren Eingreifeinrichtungen (54, 55; 51, 60, 61) von der schlossseitigen Stirnseite (12) aus dem Aufnahmeblock (25),

K1.2a wobei das mehrstufige Fräsen in einer ersten Frässtufe (94) Freilegen des Aufnahmeblockes (25) in dem wenigstens einen Abschnitt der schlossseitigen Stirn­seite (12), in dem die wenigstens eine Aufnahme (35) einzubringen ist, durch Fräsen des Außenmantels (16) derart umfasst,

K1.2a' dass nur derjenige Abschnitt bzw. diejenigen Abschnitte freigelegt werden, die in Schritt c) dann auch tatsächlich durch eine entsprechende Abdeckleiste (48), einen Stulpen oder dergleichen der Mehrfach­verriegelungseinrichtung (58, 59, 63) ausgefüllt werden, so dass in fertigem Zustand des Türblattes der innen befindlichen Aufnahmeblock (25) von außen nicht zu sehen ist, und

K1.2a''in wenigstens einer weiteren Frässtufe die wenigstens eine Aufnahme (35) in den Aufnahmeblock (5) gefräst wird, und

K1.3 c) Einsetzen der Mehrfach­verriegelungs­einrichtung (58, 59, 63) und/oder deren Eingreif­einrichtungen (54, 55; 51, 60, 61) in die wenigstens eine Aufnahme (35).

Der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Anspruch 14 (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Türblatt, erhältlich durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13, mit:

O1 einem zumindest die Türblattsicht- oder -breit­seiten (18,20) überdeckenden Außenmantel (16) aus wider­stands­fähigem, härteren Material, nämlich beschichtetem oder unbeschichtetem Metallblech (19, 21),

O2 einem von dem Außenmantel (16) umgebenen platten- oder mattenförmig angeordneten oder ausgebildeten, Füllmaterial (22, 81) von gegenüber dem Außenmantel weicherer, weniger widerstandsfähigerer Konsistenz, und

O4 einer in wenigstens einer Aufnahme (35) in dem schlossseitigen (23) Stirnseitenbereich des Türblatts (10, 70, 80) angeordneten, mehrere gemeinsam betätig­bare Eingreifeinrichtungen (54, 55; 51, 60, 61) zum ver­riegeln­den Eingreifen mit ortsfesten Widerlager­elementen umfassende Mehrfachverriegelungseinrichtung (58, 59, 63),

O4.1 welche ein Schloss (47) und ein Treibelement, ins­besondere eine Schubstange (56, 57), aufweist, wobei wenigstens eine (55, 54) der Eingreifeinrichtungen von dem Schloss (47) beabstandet angeordnet ist und durch das Treibelement (56, 57) zur Betätigung mittels des Schlosses an das Schloss (47) angekoppelt ist,

dadurch gekennzeichnet,

K2.1 dass als zusätzliche Fülleinlage zu dem Füll­material (22, 81) im schlossseitigen Stirnseitenbereich (23) von dem Außenmantel (16) haltend umgeben ein Auf­nahme­block (25) ausgebildet ist,

K2.2 dass die wenigstens eine Aufnahme (35) aus dem Aufnahmeblock (25) aus spanabhebend formbaren Material, insbesondere auf der Basis von Holzwerkstoffen, mehr­stufig derart ausgefräst ist,

K2.3 dass sie wenigstens eine Aufnahmenut (41) für das Treibelement, insbesondere die Schubstange (56, 57), zum Ankoppeln des zur Betätigung der Eingreif­ein­richtungen (54, 55; 51, 60, 61) vorgesehenen Schlosses (47) an die von dem Schloss (47) beabstandet angeordne­te Ein­greif­einrichtung (55, 54) und wenigstens eine Aufnahmetasche (42 - 44) für das Schloss (47) und/oder für die wenigstens eine von dem Schloss (47) be­abstandete Eingreifeinrichtung (55, 54) aufweist,

K2.4 dass der metallene Außenmantel (16) tragend ausgebildet ist und das weichere Füllmaterial im wesentlichen Dämmzwecken dient und dass der metallene Außenmantel auch die vertikal anzuordnenden Stirn­seitenbereiche (12, 13) bis auf wenigstens einen durch eine entsprechende Abdeckleiste (48), der Mehrfach­verriegelungseinrichtung (58, 59, 63) ausgefüllten Abschnitt derart überdeckt, dass der innen befindliche Aufnahmeblock (25) von außen nicht zu sehen ist, und

K2.5 dass der Außenmantel (16) auf der Stirnseite (12) genau bis zu der wenigstens einen, zur schlossseitigen Stirnseite (12) hin für das Aufnehmen der Mehrfach­verriegelungseinrichtung (58, 59, 63) offenen Aufnahme (35) reicht."

Die Merkmalsbezeichnung (Merkmale O1 bis K2.5) ist von der Kammer hinzugefügt worden.

Der Hilfsantrag 2 vom 14. März 2013 hat für die vor­liegende Entscheidung keine Rolle gespielt.

VI. Zur Stützung ihrer Anträge hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Zulassung der Entgegenhaltung D11

Es stimme zwar, dass in der Regel Patentschriften nicht als Nachweis des fach­männischen Wissens benutzt werden können. Da es aber nicht möglich sei, aus einem Fach­buch die Bearbeitung von Türen zu entnehmen, sollte es im vor­liegenden Fall erlaubt sein, eine Patentschrift als Nachweis zu benutzten. Deswegen solle die D11, obwohl verspätet eingereicht, in das Verfahren zu­ge­lassen werden.

Anspruch 14 - Neuheit

E2 offenbare alle Merkmale des Anspruchs 14. Obschon in E2 nicht ausdrücklich beschrie­ben werde, dass der Aufnahmeblock gefräst werde (Merkmal K2.2), sei diese Herstellungsart in jedem Fall implizit offenbart, weil der Fachmann bei der gegebenen Geometrie ein Stan­zen der Durchbrüche 24 und 25 mit an­schließendem Biegen, aus fertigungstechnischen Gründen ausschließen würde und somit nur das Fräsen als Fertigungsmethode in Frage käme.

Ferner sei es möglich, die Tür nach E2 durch das Verfahren des Anspruchs 1 herzustellen. Bei der Tür gemäß E2 sei es nämlich möglich, die zwei Platten des Außenmantels (plaques exté­rieures 10 und 11) so um die Stirnseite des Aufnahmeblocks 2 zu biegen, dass sie sich in einem gewissen Abstand parallel zum Boden der stirn­seitigen Nut erstrecken und diesen abdecken. Dieser Bereich der Außenplatten könne in einem dem Merkmal K1.2a' entsprechenden Verfahrensschritt fräsend bearbeitet werden, so dass der Boden der Nut freigelegt werde und die "bandes marginales" 22 und 23 erhalten blieben. In einem zweiten Verfahrensschritt (K1.2a'') könnten die Durchbrüche 24 und 25 gefräst werden. Dieser Bereich werde von der, einer Abdeckplatte ent­sprechenden, plaque de rebord 28 ab­gedeckt. In den Bereichen, in denen diese sich nicht erstrecke, bleibe der Außenmantel parallel zum Boden der Nut des Auf­nahmeblocks erhalten, so dass die Stirnseite der Tür über ihre gesamte Er­streckung, wie von Merkmal K2.4 verlangt, von außen nicht zu sehen sei.

Anspruch 14 - Erfinderische Tätigkeit

Von der in E2 offenbarten Tür ausgehend unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 14 wenn überhaupt dadurch, dass die Aufnahme aus dem Aufnahmeblock mehr­stufig aus­gefräst werde, und dass der unterste und oberste Bereich des Aufnahmeblocks von außen nicht sicht­bar seien. Die zwei Unterschiede lösten zwei Teil­aufgaben: die erste, ein geeignetes Material­be­arbeitungs­verfahren anzugeben, die zweite, den Auf­nahme­block von außen nicht sichtbar auszubilden. Für den Fachmann sei es naheliegend, die Öffnun­gen zu fräsen, zumal E2 kein anderes Verfahren offenbare und dadurch kein Vorurteil bestünde, von einem dort be­schriebenen Verfahren abzuweichen. Den Aufnahmeblock falls gewünscht so ab­zu­decken, dass dieser nicht sichtbar sei, sei gebiets­üblich und könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 14 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anspruch 1

Das Verfahren zur Herstellung eines Türblatts nach E8 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Hier­von unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 ausschließlich dadurch, dass eine Mehrfachverriegelung eingebaut und dass Fräsen explizit als Her­stellungs­verfahren angegeben werde. Dass in Figur 3 der E8 ein Teil der Einlage nicht abgedeckt ist, sei als Zeichen­fehler zu werten, da es sinnlos wäre ein Teil der Holz­einlage offen zu lassen, mit dem Risiko, dass Feuchtig­keit eindringen könne.

Die zu lösende Aufgabe bestehe somit darin, die Einbruch­sicher­heit zu erhöhen.

Mehrfachverriegelungen seien bekannt und ein Zukauf­produkt, so dass ihr Vorsehen zur Erhöhung der Ein­bruch­sicherheit naheliegend sei. Da in E8 (siehe Seite 5, zweiter vollständiger Absatz) die Möglichkeit erwähnt werde, die Einlage 5' auch nach dem Einbau auszuarbeiten, sei das Fräsen eine naheliegende Her­stellungsmethode, um dies zu erreichen.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Zulassung der Entgegenhaltung D11

D11 sei eine Patentschrift und könne als solche nicht das fach­männische Wissen belegen. Da sie zudem nicht relevanter sei, als die rechtzeitig eingereichten Entgegenhaltungen, solle sie nicht in das Verfahren zugelassen werden.

Anspruch 14 - Neuheit

E2 offenbare weder explizit noch implizit, dass - wie von Merkmal K2.2 verlangt - der Aufnahmeblock mehr­stufig gefräst wird. Aus der Darstellung der Figur 2 der E2 könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Auf­nahmeblock (montant 2) zunächst gestanzt und an­schlie­ßend gefaltet werde. Somit sei schon deswegen der Gegen­stand des An­spruchs 14 gegenüber E2 neu.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich zudem von der Tür nach E2 durch das Merkmal K2.4 in Ver­bindung mit dem Verfahrensschritt K1.2a', da in Figur 1 der E2 im oberen und unteren Bereich der Aufnahmeblock nicht durch den Außenmantel abgedeckt sei.

Anspruch 14 - Erfinderische Tätigkeit

Es sei zudem nicht naheliegend, das Her­stellungs­verfahren derart zu ändern, dass auch die Endbereiche des Auf­nahme­blocks vom Außenmantel abgedeckt werden.

Anspruch 1

Es gäbe keinen Anlass anzunehmen, dass in Figur 3 der E8 ein Zeichen­fehler vorliege. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei die eigentliche Ab­sicht des Zeichners nicht ersichtlich.

Somit unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Offenbarung der E8 durch das Einsetzen einer Mehrfach­ver­riegelungs­einrichtung sowie durch die Merkmale K1.2 bis K1.2a''. Insbesondere sei im fertigen Zustand der innen befindliche Aufnahmeblock von außen zu sehen.

Selbst wenn zur Erhöhung der Einbruchsicherheit das Vor­sehen einer Mehrfachverriegelung bei der Tür nach E8 als naheliegend betrachtet werden könne, sei ihr Einbau durch das Verfahren nach Anspruch 1 nicht möglich. Das Vorsehen der Verfahrensschritte K1.2 bis K1.2a'' beruhe auf einer rückschauenden Betrach­tung des in Anspruch 1 des Streitpatents be­anspruch­ten Verfahrens und sei nicht naheliegend.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung der Entgegenhaltung E11

E11 ist zusammen mit der Beschwerdebegründung und somit bezogen auf die Einspruchsfrist und das Einspruchs­verfahren verspätet eingereicht worden (Artikel 12 (4) VOBK). Die Beschwerdeführerin hat sie vorgelegt, um nachzuweisen, dass dem Fachmann zum Prioritätsdatum des Streitpatents Fräsverfahren zur Bearbeitung von Türen bekannt waren.

In der Regel können Patentschriften nicht als Nachweis des fachmännischen Könnens benutzt werden. Anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen besteht im vor­liegenden Fall keine Ausnahme von dieser Regel.

Da es zudem ohnehin unstreitig ist, dass Fräsverfahren zum Prioritätsdatum des Streitpatents bekannt waren, und auch nicht vorgetragen wurde, dass Vorurteile gegenüber deren Einsatz bei Türen bestünden, bedarf es keines diesbezüglichen Nachweis des fach­männi­schen Wissens.

Folglich kommt E11 für das vorliegende Verfahren keine eigenständige Relevanz zu und wird deshalb nicht in das Verfahren zugelassen.

2. Anspruch 14

2.1 Neuheit

2.1.1 Das Merkmal K2.2 verlangt in Kombination mit Merkmal K2.3, dass "die wenigstens eine Aufnahme (35) aus dem Aufnahmeblock (25) aus span­abhebend formbaren Material, insbesondere auf der Basis von Holzwerkstoffen, mehr­stufig derart ausgefräst ist, dass sie wenigstens eine Aufnahmenut (41) für das Treibelement […] und wenig­stens eine Aufnahmetasche (42 - 44) für das Schloss (47) […] aufweist".

Es ist unstreitig, dass E2 kein Herstellungsverfahren des Türblatts beschreibt und somit nicht explizit offenbaren kann, dass der Aufnahmeblock durch mehr­stufiges Fräsen hergestellt wird. Es stellt sich somit die Frage, ob der Fachmann das Fräsen als implizit von E2 offenbart betrachten kann.

Der metallene "montant" (2) (siehe Seite 2, Zeile 16) kann als den "Aufnahmeblock" des Anspruchs 14 des Streit­patents entsprechend betrachtet werden. Wie der Figur 2 zu entnehmen, weist er zwei Durchbrüche auf, durch die das Hauptschloss geführt wird. Es ist un­streitig, dass eine derart gestaltete Stütze in der Regel durch Biegen geformt wird, während Un­stimmig­keit darüber besteht, wie die Öffnungen hergestellt werden.

Um mangelnde Neuheit zu belegen, müssen aus der Entgegen­haltung alle Merkmale des Anspruchs ein­deutig und unmittelbar entnehmbar sein. Es stimmt, dass es im Prinzip möglich wäre, die Öffnun­gen 24 und 25 des Profils 2 durch Fräsen herzustellen. Die Beschwerde­führerin konnte jedoch nicht überzeugend vorbringen, dass es keine weiteren Möglichkeiten gäbe, diese Öffnungen zu fertigen. Sie trug zwar vor, dass die gegebenen geringen Krümmungs­radien des Blechs in der Nähe der Öffnungen nicht durch vorheriges Stanzen und nachträgliches Biegen des Profils 2 erreicht werden können. Sie konnte aber nicht überzeugend nachweisen, dass der Fachmann ein grundsätzliches Vorurteil gegen­über einer solchen Ferti­gungsmethode habe. Da also verschiedene Herstellungs­ver­fahren für die Tür gemäß E2 in Frage kommen, offenbart E2 nicht unmittel­bar und eindeutig die Herstellung durch Fräsen, wie von Merkmal K2.2 verlangt. Schon deswegen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

2.1.2 Der erste Satz des Anspruchs 14 beschreibt, dass das beanspruchte Türblatt "durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13" erhältlich ist. Dabei handelt es sich um ein einschränkendes Merkmal, das zwar nicht vor­schreibt, dass das Türblatt genau nach dem be­an­spruch­ten Verfahren hergestellt werden muss, jedoch dass es grund­sätzlich möglich sein muss, das Tür­blatt nach dem vor­gehend beanspruchten Verfahren, d.h. auch in der im Anspruch vorgegebenen Reihen­folge der Schritte, herzu­stellen.

Es mag zwar sein, dass durch das von der Beschwerde­führerin im Zusammenhang mit der E2 vorgeschlagene Türherstellungsverfahren (siehe Seite 7, letzter Absatz und Seite 8, erster Absatz) eine Tür entstünde, bei der der Auf­nahmeblock auch im unteren und oberen Bereich abgedeckt ist. Jedoch ist bei der Beurteilung der Neu­heit des Gegen­stands des Anspruchs 14, der auf eine Tür gerichtet ist, ent­scheidend, ob die bean­spruch­te Tür als solche in E2 offenbart ist. Wenn bei der Tür aus E2 die oberen und unteren Bereiche des Auf­nahme­blocks nicht abgedeckt sind (siehe Figur 1), so ist das Merkmal K2.4 nicht offenbart, unabhängig davon, ob es möglich wäre, sich anhand der in E2 gezeigten Tür ein Verfahren vorzustellen, bei dem dies der Fall wäre.

Somit kann auch das Merkmal K2.4 nicht unmittelbar und eindeutig aus E2 entnommen werden.

2.2 Erfinderische Tätigkeit

Die in E2 gezeigte Tür unterscheidet sich von der in Anspruch 14 beschriebenen Tür durch die Merkmale K2.2 und K2.4.

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die Aufgabe, eine einbruch­sichere Tür bereitzustellen, bereits von der Tür gemäß E2 gelöst werde und dass die zwei Unter­scheidungs­merkmale zwei Teilaufgaben lösten, nämlich ein ge­eigne­tes Material­bearbeitungsverfahren anzugeben, bzw. die Stirn­seite von außen nicht sichtbar aus­zu­gestalten.

Es mag zwar sein, dass grundsätzlich Fräsen ein nahe­liegendes Verarbeitungsverfahren darstellt. Es ist aber nur möglich, die in E2 gezeigte Tür durch ein mehr­stufiges Fräsen herzustellen - wie von Merkmal K2.1a' verlangt -, wenn das von der Beschwerdeführerin im Zusammen­hang der Neuheit beschrie­bene Verfahren ein­gesetzt wird. Wie unter 2.1.2 erläutert, führt dieses Verfahren jedoch nicht zu einer Tür nach E2, weil die gesamte Stirnseite und damit insbesondere auch die Bereiche unter- bzw. oberhalb der "serrures" (Figur 1, Bezugszeichen 16, 17) vom Außenmantel abgedeckt wäre.

Also müsste der Fachmann das beanspruchte Verfahren dahingehend verändern, dass - anders als von Merkmal K1.2a' verlangt - zunächst der Außenmantel entlang der gesamten Stirnseite ausgefräst wird, um so zur Tür der Figur 1 zu gelangen, und dann - in einem anschließenden Schritt - die Endbereiche abgedeckt werden. Dann wäre aber die so entstandene Tür nicht "durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13" erhältlich, da ja der zusätzlich Abdeckungsschritt hinzugefügt werden müsste.

Deswegen geht es bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht nur darum, ob es naheliegend ist, einen Bereich abzudecken, der nicht sichtbar bleiben soll, sondern darum, ob es für den Fach­mann naheliegend ist, von dem beanspruchten Her­stellungs­verfahren der Tür abzuweichen, um eine Tür gemäß Figur 1 der E2 zu er­zeu­gen und erst im Anschluss deren freigelegten erneut Be­reiche abzudecken.

Hierfür besteht aber, weder aus den im Verfahren genannten Entgegenhaltungen, noch aus dem allgemeinen Fachwissen ein Anlass.

Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 14 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Anspruch 1

3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem in E8 beschriebenen Verfahren unstreitig durch das Vorsehen einer Mehrfachverriegelungseinrichtung.

Ebenfalls unstreitig ist in E8 kein mehrstufiges Fräsen explizit offenbart (Merkmal K1.2), bei dem in einer ersten Frässtufe der Aufnahmeblock frei­gelegt (Merkmal K1.2a) und in einer zweiten Frässtufe die Einlage 5' gefräst wird (Merkmal K1.2a'').

3.2 Streitig ist hingegen, ob das Fehlen einer Abdeckung der Einlage 5' oben links in Figur 3 der E8 als Zeichen­fehler zu werten ist oder nicht. Die Beschwerdeführerin führt aus, dass es sinnlos wäre, einen Bereich der hölzer­nen Einlage nicht abgedeckt zu lassen, weil durch diese Öffnung Feuchtigkeit ins Innere der Tür dränge. Es ist jedoch zum einen der Beschreibung nicht zu entnehmen, dass die Zeichnung etwas anderes darstellt, als von der dortigen Erfindung vorgesehen. Zum anderen ist nicht eindeutig und un­mittelbar ersicht­lich, wie die Tür sonst gestaltet sein sollte. Da somit in Figur 3 der E8 nicht zwingend ein Zeichen­fehler vorliegt, muss davon ausgegangen werden, dass E8 eine Tür offenbart, bei der ein Teil der Ein­lage von außen zu sehen ist. Folglich unterscheidet sich das Verfahren nach Anspruch 1 von dem in E8 offen­barten auch durch das Merkmal K1.2a'.

3.3 Von dem in E8 offenbarten Verfahren ausgehend, besteht die zu lösende Aufgabe darin, ein Verfahren bereit­zu­stellen, bei dem eine einbruch­sicherere Tür hergestellt wird.

3.4 Es mag zwar sein, dass zur Lösung dieser Aufgabe es für den Fachmann naheliegend ist, eine Mehrfachverriegelung - wie in E2 gezeigt - einzusetzen.

Um zum Verfahren nach Anspruch 1 zu ge­langen, müsste er aber auch ein zwei­stufiges Fräsen vor­sehen, bei dessen ersten Frässtufe nur diejenigen Ab­schnitte freigelegt werden, die durch die ent­sprechen­den Abdeckleisten und Stulpen der Verriegelung ausgefüllt werden (Merkmal K1.2a').

Zwar sieht E8 vor, dass die Einlage 5' auch nach­träglich ausgearbeitet werden kann, und dass dies auf nahe­liegender Weise durch Fräsen erzielt werden kann. Jedoch besteht von E8 ausgehend kein Anlass den Außen­mantel überhaupt zu fräsen, und noch weniger ihn gemäß dem Merkmal K1.2a' nur soweit zu fräsen, dass nur die­jenigen Ab­schnitte freigelegt werden, die durch die ent­sprechen­den Abdeckleisten und Stulpen der Ver­riege­lung aus­gefüllt werden. Beim Einsetzen einer Mehrfach­verrie­gelung setzt der Fachmann vielmehr - wie in E8 implizit offenbart - vor­gestanzte Seiten­bleche ein, die - siehe Figur 3 der E8 - weiterhin einen Teil der Ein­lage freilassen. Somit würde er nicht zum beanspruch­ten Verfahren gelangen, bei dem der innen befindliche Aufnahmeblock von außen gerade nicht zu sehen ist.

Da das Vorsehen der Verfahrensschritte K1.2a bis K1.2a'' zudem von keiner der im Verfahren befindli­chen Entgegen­haltun­gen offenbart wird, könnte es nur in rück­schauender und damit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unzulässigen Betrachtungsweise als naheliegend betrachtet werden.

Folglich beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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