T 1713/13 () of 28.10.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T171313.20191028
Datum der Entscheidung: 28 October 2019
Aktenzeichen: T 1713/13
Anmeldenummer: 07785682.1
IPC-Klasse: A61M 1/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: BLUTPUMPE
Name des Anmelders: Akdis, Mustafa
Name des Einsprechenden: Circulite GmbH
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Unzureichende substantiierung in der Beschwerdebegründung - (ja)
Spät vorgebrachter Einwand - zugelassen (nein)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 27. Mai 2013, wonach unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent EP-B-2 051 751 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

II. Die Beschwerdeschrift wurde am 25. Juli 2013 eingereicht und die Beschwerdegebühr am selben Tag bezahlt. Die Beschwerdebegründung wurde am 30. September 2013 eingereicht.

III. Mit Schreiben vom 28. Juni 2019 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen.

IV. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2019 hat die Beschwerdeführerin weitere Einwände hinsichtlich Artikel 123(2) EPÜ eingereicht.

V. Am 28. Oktober 2019 fand eine mündliche Verhandlung statt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 051 751.

Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Anspruch 1, wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten, lautet wie folgt (Merkmalsgliederung der Beschwerdeführerin):

"1. Blutpumpe

2. mit einem Laufrad (12) mit einer Drehachse (23) in einem Pumpengehäuse (1),

3. wobei die Blutpumpe einen Einlass (2) und einen Auslass (3) aufweist

4. und sie mindestens zwei räumlich voneinander getrennte Elemente enthält,

5. dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens eines der Elemente Lomakin Lager darstellt

6. und dass mindestens ein weiteres Element (19, 20) ein radiales Magnetlager darstellt,

7. wobei die Blutpumpe eine Axiallagerung des Laufrades (12) aufweist, welche auf strömungsmechanischen Kräften basiert,

7.a) wobei dies durch ein hydrodynamisches Axiallager auf der Laufradrückseite (259) erreicht wird

7.b) und ein zentraler Spülkanal (248) im Laufradkörper (234) vorgesehen ist, mit dem an der Laufradvorderseite (254) ein Spülstrom (251, 252) vom Hauptstrom (250) abgezweigt wird und über den zentralen Spülkanal (248) im Laufradkörper (234) auf die Laufradrückseite (259) geleitet wird,

7.c) wobei eine auf der Rückseite des Laufrades (234) vorgesehene sekundäre Beschaufelung (261, 206) bei Drehbewegungen des Laufrades (234) im Betrieb der Blutpumpe bewirkt, dass die Spülströmung (252) infolge der einwirkenden Zentrifugaleffekte über Spülkanäle (260) radial nach außen befördert wird und von dort wieder in die Hauptströmung (250) mündet,

7.d) wobei ferner die Spülströmung (252) gleichzeitig als Lagerströmung für ein hydrodynamisches Axiallager (262, 240) auf der Laufradrückseite (259) verwendet wird,

8. wobei ferner das radiale Magnetlager durch eine Magnetkupplung (235, 236, 237, 238) gebildet wird."

VII. Die folgenden für die Entscheidung relevanten Dokumente sind in der Entscheidung zitiert:

D21: US-B2-7682301

D21a: US-A1-2005/0095151

D22: Visualisierung der Lager-Durchströmung einer Mikroaxialblutpumpe; Diplomarbeit von Jan Baumert, Juli 2002, Helmholzinstitut für Biomedizinische Technik an der RWTH Aachen.

VIII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Parteien sind in den nachfolgenden Entscheidungsgründen zusammengefasst.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Erfindung betrifft eine Blutpumpe mit einer besonderen Geometrie:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

3. Substantiierte Einwände in der Beschwerdebegründung.

Artikel 12(2) VOBK sieht vor, dass die Beschwerdebegründung (und die Erwiderung darauf) den vollständigen Sachvortrag eines Beteiligten enthalten muss. Sie muss deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen, und soll ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel anführen. Nach Artikel 12(4) VOBK wird das gesamte Vorbringen der Beteiligten nach Absatz 1 von der Kammer berücksichtigt, wenn und soweit es sich auf die Beschwerdesache bezieht und die Erfordernisse nach Absatz 2 erfüllt. Anders ausgedrückt: nur wenn das Vorbringen eines Beteiligten die Erfordernisse nach Absatz 2 erfüllt, zwingt Artikel 12(4) VOBK die Kammer dieses Vorbringen zu berücksichtigen. Dies steht im Einklang mit dem im Dokument CA/133/02 beschriebenen Zweck der Bestimmungen in der VOBK. Ansonsten wären die Kammer und die Gegenpartei gezwungen, selber zu eruieren, aus welchen Gründen das unvollständige Vorbringen dem erwünschten Zweck dienen könnte, bzw. darauf zu warten, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen vervollständigt. Dies aber soll durch die Bestimmungen der VOBK vermieden werden.

Im vorliegenden Fall ist in der Beschwerdebegründung bezüglich einer vermeintlichen Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung lediglich folgender Absatz zu finden (siehe Punkt 2.1. der Beschwerdebegründung):

"Das Patent ist schon deshalb - abweichend von der angefochtenen Entscheidung - zu widerrufen, weil der Gegenstand des Hauptanspruches unzulässig erweitert ist. Hierzu wird, da die derzeitig anhängige Hauptanspruchsfassung diesbezüglich keine Änderung erfahren hat, auf den umfänglichen Vortrag im Einspruchsverfahren verwiesen. Es wird weiterhin die Ansicht vertreten, dass eine Einschränkung dahingehend erfolgen müsste, dass es sich um ein radiales Lomakin-Lager handeln soll, um eine unzulässige Erweiterung zu vermeiden, da so auch eine rein axiale Anordnung eines Lomakin-Lagers denkbar wäre."

In diesem Absatz wird auf den Vortrag im Einspruchsverfahren verwiesen, und es wird behauptet, dass das im Anspruch erwähnte Lomakin-Lager auf ein radiales Lager zu beschränken sei.

Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass ein Verweis auf den Vortrag im Einspruchsverfahren angebracht sei, wenn sie weiterhin dieselbe Meinung wie im erstinstanzlichen Verfahren vertrete. Darüber hinaus enthalte der letzte Satz des Absatzes ein klares Argument, das den Einwand hinreichend begründe.

Die Kammer vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Wie oben dargelegt, fordert die VOBK, dass in der Beschwerdebegründung deutlich und knapp angeben wird, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen. Dies setzt voraus, dass sich die Beschwerdeführerin mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt und darlegt, warum diese Gründe nicht zutreffen. Eine solche Auseinandersetzung mit den Gründen der Entscheidung ist aus dem bloßen Verweis auf den Vortrag vor der Vorinstanz nicht zu entnehmen. Auch die Behauptung, dass das beanspruchte Lomakin-Lager auf ein radiales Lomakin-Lager einzuschränken sei, stellt keine Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen dar.

Der Einspruchsgrund der Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung nach Artikel 123(2) EPÜ ist daher in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert worden.

Die Kammer stellt ebenso eine unzureichende Substantiierung hinsichtlich der lediglich erwähnten Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D2 in Kombination mit D14 oder D17 (siehe Absatz [0029]), oder von D15-D18, D21 in Kombination mit D19-D21, D23 oder D24 (siehe Punkt 2.3). Diese Kombinationen werden in der Beschwerdebegründung ohne jegliche argumentative Unterstützung lediglich erwähnt.

Der Beschwerdegegner vertrat die Auffassung, dass auch der Grund mangelnder Neuheit gegenüber der D21 nicht ausreichend substantiiert sei, da das Dokument D21 nachveröffentlicht sei, und keine Gründe angegeben worden seien, warum es trotzdem zu berücksichtigen sei.

Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Es wird unter Punkt 2.2.1. der Beschwerdebegründung dargelegt, wo jedes Anspruchsmerkmal in D21 offenbart sein soll, so dass der Einwand mangelnder Neuheit in der Sache zu verstehen ist. Es wird zwar nicht erklärt, warum dieses Dokument, das am 23. März 2010 veröffentlicht wurde, als Stand der Technik gegen das Streitpatent angesehen wird, das am 1. August 2007 mit Prioritätsdatum vom 6. August 2006 angemeldet wurde. Auf Seite 2 der Beschwerdebegründung wird allerdings für D21 Veröffentlichungsdatum 5. Mai 2005 angegeben. Obwohl diese Aussage fehlerhaft ist, da D21 dieses Veröffentlichungsdatum hinsichtlich D21a erwähnt, ist dieser Fehler nicht so gravierend, dass dadurch die Substantiierung unverständlich bzw. unzureichend ist.

4. Zulassung des verspäteten Einwands nach Artikel 123(2) EPÜ

Mit Brief vom 8. Oktober 2019 hat die Beschwerdeführerin einen neuen Einwand eingereicht, um zu belegen, warum ihrer Ansicht nach der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgeht. Insbesondere sei der Begriff Lomakin-Lager in der ursprünglichen Fassung der Anmeldung nicht vorhanden.

Diese Eingabe erfolgte, nachdem die Parteien mit Schreiben vom 26. Juni 2019 zur mündlichen Verhandlung geladen worden waren. Sie ist somit als eine Änderung des Vorbringens zu betrachten. Der vorgebrachte Einwand ist inhaltlich völlig neu, da in der Beschwerdebegründung lediglich behauptet wurde, dass das Lomakin-Lager als radial definiert werden müsste, um eine Stütze in der ursprünglichen Anmeldung zu finden, wohingegen in der besagten späteren Eingabe behauptet wird, dass sogar der Begriff Lomakin-Lager als solcher keine Stütze fände. Letzterer Einwand ist daher auch keine weitere Ausführung des im Verfahren schon erwähnten Einwands. Obwohl in der Tat der Begriff als solcher in der ursprünglichen Anmeldung nicht erscheint, wird z.B. auf Seite 46, Zeilen 8 bis 16, im Zusammenhang mit einer radialen Lagerung des Laufrades der (an sich bekannte) Lomakin-effekt eindeutig beschrieben, so dass nach Auffassung der Kammer dem Leser prima facie keine Zweifel aufkommen, dass es sich dabei um die Beschreibung eines im Anspruch erwähnten Lomakin-Lagers handelt.

Diese Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin wird daher wegen mangelnder prima facie Relevanz gemäß Artikel 13(1) VOBK nicht in das Verfahren zugelassen.

5. Zulassung von D21, D21a

Der Beschwerdegegner vertrat die Auffassung, dass diese Dokumente gemäß Artikel 12(4) VOBK aus dem Verfahren ausgeschlossen werden sollten, da sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgelegt werden können. Wenn die Dokumente neuheitsschädlich sein sollten, dann wären sie es auch schon für frühere Versionen von Anspruch 1 mit weniger Merkmalen gewesen. Außerdem hätte die D21a bereits mit der Beschwerdebegründung eingereicht werden können, statt ca. 10 Tage vor der mündlichen Verhandlung.

Wie oben erwähnt, betrachtet die Kammer die Substantiierung der Neuheit in der Beschwerdebegründung basierend auf D21 als ausreichend, so dass die Bedingung nach Artikel 12(2) VOBK erfüllt ist und Dokument D21 und das auf dessen erster Seite erwähnte Dokument D21a nach Artikel 12(4) VOBK zu berücksichtigen sind. Zwar hätte D21a früher eingereicht werden können, da aber schon in der Beschwerdebegründung über D21 darauf verwiesen wird, sieht die Kammer keinen Grund, D21a nach Artikel 12(4) VOBK auszuschließen.

6. Zulassung von D22

Der Beschwerdegegner meinte des Weiteren, dass auch D22 aus dem Verfahren auszuschließen sei, da die genannten Stellen eine Hauptströmung nach innen und nicht nach außen, wie von dem Anspruch verlangt, offenbarten.

Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen, da die relevanten Stellen der D22 bereits in der Beschwerdebegründung zur Substantiierung des Einspruchsgrunds mangelnder erfinderischer Tätigkeit herangezogen wurden und somit zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind.

Dieses Dokument ist daher nach Artikel 12(4) VOBK nicht aus dem Verfahren auszuschließen.

7. Neuheit gegenüber D21a

D21a offenbart eine Blutpumpe, die mittels Elektromagneten angetrieben wird.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Gemäß Absatz [0070] kann die Unterseite des Laufrades mit einer Rillenstruktur versehen sein, um damit eine axiale hydrodynamische Lagerung zu erreichen.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Figur 6 zeigt die interne Zirkulation des Blutes innerhalb des Laufrades.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Nach Auffassung der Kammer sind zumindest die Merkmale 7b) und 7c) nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Diese Merkmale verlangen, dass ein zentraler Spülkanal im Laufradkörper vorgesehen ist, mit dem an der Laufradvorderseite ein Spülstrom vom Hauptstrom abgezweigt wird und über den zentralen Spülkanal im Laufradkörper auf die Laufradrückseite geleitet wird, wobei eine auf der Rückseite des Laufrades vorgesehene sekundäre Beschaufelung bei Drehbewegungen des Laufrades im Betrieb der Blutpumpe bewirkt, dass die Spülströmung infolge der einwirkenden Zentrifugaleffekte über Spülkanäle radial nach außen befördert wird und von dort wieder in die Hauptströmung mündet.

In der Pumpe gemäß D21a (siehe z.B. Figur 6) ist kein zentraler Spülkanal vorhanden. Die zentrale Öffnung (614) im Laufradkörper wird im zusammengebauten Zustand der Pumpe von der Spindel (630) im zentralen Bereich ausgefüllt. Die Spindel besitzt einen Kopf (632), der den eintretenden Blutfluss seitlich ableitet. Zudem wird in D21a nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die Spülströmung wie beansprucht erfolgt, und zwar vom zentralen Bereich auf die Rückseite des Laufrades und nach außen in die Hauptströmung zurück. Figur 6 zeigt hingegen die Flussrichtung in entgegengesetzter Richtung.

Die Beschwerdeführerin meinte, dass ein zentraler Spülkanal im Laufradkörper vorhanden sei, nämlich derjenige, in dem die Spindel eingebaut sei. Bezüglich der Flussrichtung könne die Ausführung nach Figur 6 nicht herangezogen werden, da dort ein hydrostatisches Lager und nicht ein hydrodynamisches Lager benutzt werde. Des Weiteren würde auf jeden Fall, selbst bei einer zentripetalen Hauptströmung, immer auch eine zusätzliche radial nach außen gerichtete Strömung vorhanden sein, wie dies zum Beispiel aus der D22 bekannt sei. Deswegen sei auch dieses Merkmal erfüllt.

Die Kammer vermag diese Auffassungen nicht zu teilen. Merkmale 7b) und 7c) definieren einen zentralen Spülkanal und eine bestimmte Strömungsrichtung in der funktionsfähigen Pumpe. In diesem Zustand soll die Pumpe einen zentralen Spülkanal im Laufradkörper besitzen, so dass die Blutströmung über diesen zentralen Kanal auf die Rückseite des Laufrades und dann radial nach außen zurück in den Hauptstrom gelangt. Dadurch, dass die Pumpe gemäß D21a mit einer zentralen Spindel im Laufradkörper versehen ist, ist kein zentraler Spülkanal mehr vorhanden.

Die Kammer kann der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Strömungsrichtung ebenfalls nicht folgen. Figur 6 von D21a stellt eine realistische Strömungsrichtung dar. Die Abdeckung des Spalts (692, 694) durch den Spindelkopf (632) verhindert ein direktes Einfließen von Blut von der Hauptströmung in diesen Ringspalt. Das Vorbeifließen des Blutes auf Höhe der Spaltöffnung unterhalb des Spindelkopfes bewirkt eher einen Unterdruck an der Stelle. Am äußersten diametralen Ende des Laufrades herrscht hingegen Überdruck, da sich das vom Laufrad in Bewegung gesetzte Blut an der Stelle staut, bevor es mit Überdruck die Pumpe verlässt. Dies führt zu einer kleinen zentripetalen Strömung in Richtung des Spalts, der die Spindel umgibt. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass sich bei Benutzung der in Figur 11A gezeigten Rillenstruktur die Strömungsrichtung auf der Unterseite des Laufrades ändern wird. In der D21a ist nach Auffassung der Kammer kein Hinweis auf eine solche Umkehrung der Strömungsrichtung zu finden.

Der Verweis auf ein weiteres Dokument, D22, im Rahmen der Neuheitsbewertung ist nicht relevant. In D21a wird nicht auf D22 verwiesen. D22 gehört nicht zur allgemeinen Fachliteratur, die die allgemeinen Fachkenntnisse des Fachmanns beleuchten könnte. Es handelt sich um eine Diplomarbeit über Untersuchungen, die mit einer Blutpumpe mit einer unterschiedlichen Geometrie als die der in D21a gezeigten Pumpe gemacht worden sind, so dass nicht zwangsläufig dieselbe oder ähnliche Strömungsverhältnisse vorausgesetzt werden können.

Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 ist daher neu gegenüber D21a, so dass das Erfordernis von Artikel 52(1) in Sinne von Artikel 54(1) EPÜ erfüllt ist.

8. Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin hat ihre Argumentation bezüglich mangelnder erfinderischer Tätigkeit auf eine Kombination von D21a mit den Fachkenntnissen oder mit D22 gestützt. Obwohl diese Kombinationen in der Beschwerdebegründung nicht vorgebracht worden sind, hat sich der Beschwerdegegner damit einverstanden erklärt, sie zu erörtern. Die weiteren in der Beschwerdebegründung substantiierten Kombinationen wurden seitens der Beschwerdeführerin nicht weiter verfolgt.

Die Beschwerdeführerin sah als Unterschied zwischen der Pumpe gemäß Anspruch 1 und der in D21a offenbarten Pumpe lediglich die beanspruchte Strömungsrichtung. Die Beschwerdeführerin konnte im Streitpatent keinen besonderen Vorteil der beanspruchten Strömungsrichtung finden, so dass, ihrer Auffassung nach, eine Strömungsumkehr in der Pumpe gemäß D21a lediglich eine offensichtliche Alternative sei, die der Fachmann ohne Weiteres als äquivalent ansehen würde. Der Verweis auf die umgekehrten Strömungsverhältnisse der Figur 7 des angefochtenen Patents, im Zusammenhang mit der Beschreibung der Figur 14, die eine Pumpe ohne Spindel zeige, sei ein Beweis dafür, dass im Lichte des Streitpatents kein besonderer Vorteil einer Umkehrung der Strömung vorhanden sei.

Zudem lege die D22 nahe, dass jede der beiden Strömungsrichtungen möglich sei, und dass selbst in D21a die beanspruchte Strömungsrichtung gegeben sei, da selbst bei einer vorwiegend zentripetalen Strömung auch eine zentrifugale Strömung vorhanden sei, wie in D22 gezeigt werde. Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 sei daher nicht erfinderisch.

Wie bereits unter Punkt 7. oben erörtert, ist die Kammer der Auffassung, dass die beiden Merkmale 7b) und 7c) in D21a nicht offenbart sind.

Die Frage, welche Bedeutung der von der Beschwerdeführerin zitierten Passage des Streitpatents "Bezüglich der Strömungsführung einer derartigen Blutpumpe mit diagonaler Magnetkupplung gelten die gleichen Vorteile wie die der Ausführung der Blutpumpe gemäß Fig. 7" zugeschrieben werden muss, ist ohne Bedeutung für die erfinderische Tätigkeit ausgehend von D21a. Vielmehr wäre die Frage zu beantworten gewesen, welche Wirkung eine Strömungsumkehr in der Pumpe gemäß D21a habe würde, da diese Pumpe als Ausgangspunkt gewählt wurde. Ferner wurde auch nicht vorgetragen, welche Folgen das Weglassens der Spindel in D21a haben würde, um einen zentralen Spülkanal zu schaffen, der das Blut auf die Rückseite des Laufradkörpers leiten würde, insbesondere mit einer Beschaufelung auf der Rückseite des Laufrades, die die Blutströmung nach außen zurück in die Hauptströmung leitet.

Nach Auffassung der Kammer verfolgt eine solche Änderung zumindest das für Blutpumpen bekannte allgemeine Ziel, zu geringe Strömungsgeschwindigkeiten, die eine Gerinnungsgefahr mit sich tragen, zu vermeiden. Dieses bei Blutpumpen zu erreichenden allgemeine Ziel ist dem Fachmann auf diesem Gebiet geläufig und wird auch im Streitpatent in Absatz [0069] erwähnt.

Geht man davon aus, dass der Fachmann bei der Pumpe gemäß D21a versuchen würde, die an solche Pumpen gestellte Erfordernisse besser zu erfüllen, so bleibt unbeantwortet, warum er gerade auf die Spindel verzichten und die Strömung umkehren würde. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, z.B. durch andere Formgebung, günstigere Strömungsverhältnisse zu erreichen, ohne zwangsläufig die Merkmale 7b) und 7c) zu verwirklichen.

Das Hinzuziehen von D22 ändert in dieser Hinsicht nichts. D22 ist eine Diplomarbeit, in der eine mikroaxiale Blutpumpe, deren Rotor gemäß Abbildung 3.5 (Seite 12) leicht unterschiedliche Geometrien haben kann, insbesondere bezüglich der Strömungsverhältnisse, untersucht wird.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Ausführung nach Abbildung 3.5(d) besitzt eine sekundäre Beschaufelung an der Unterseite (siehe auch Abbildung 6.17 auf Seite 56).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Wie auf Seite 56, im ersten Absatz beschrieben wird, bezweckt die sekundäre Beschaufelung die Unterstützung einer zentripetalen Bewegungsrichtung des Blutes auf der Stirnseite des Rotors. Die Untersuchung der Strömungsverhältnisse führt zu dem Ergebnis: "Selbst bei einem Druckunterschied von 152mmHg (Bild a)) erkennt man neben einem hohen Anteil an zentripetal strömenden auch einige Teilchen, die sich zentrifugal bewegen." (Seite 56, letzter Satz).

Die Kammer hat zunächst Zweifel, ob ein Fachmann, der die Blutpumpe gemäß D21a verbessern wollte, überhaupt eine Lösung bei einer mikroaxialen Blutpumpe suchen würde, da die Geometrien der beiden Pumpen derart unterschiedlich sind, dass eine Übertragbarkeit der Strömungsverhältnisse unwahrscheinlich erscheint.

Sollte der Fachmann dieses Dokument trotzdem berücksichtigen, so fände er eigentlich eine Bestätigung der Strömungsrichtung in der Pumpe gemäß D21a, da auch bei der Pumpe gemäß D22 die sekundäre Beschaufelung eine zentripetale Blutströmung auf der Unterseite des Rotors bezweckt. D22 kann daher die beanspruchte Lösung nicht nahelegen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, kann die in D22 erwähnte minimale Strömung ("einige Teilchen") in zentrifugale Richtung nicht mit der beanspruchten Spülströmung, die über den zentralen Spülkanal auf die Laufradrückseite geleitet und dann über Spülkanäle nach außen in die Hauptströmung befördert wird, gleichgesetzt werden. Vielmehr muss diese minimale Strömung der D22 als eine ungewollte minimale Nebenwirkung betrachtet werden.

Außerdem bleibt dahingestellt, ob eine ähnliche minimale zentrifugale Strömung in der Pumpe gemäß D21a überhaupt entstehen würde, da die sekundäre Beschaufelung eine ganz andere Geometrie aufweist (siehe oben gezeigte Figur 11A der D21a).

Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 ist daher ausgehend von D21a nicht nahegelegt, so dass das Erfordernis von Artikel 52(1) im Sinne von 56 EPÜ erfüllt ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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