European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T158113.20171220 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Dezember 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1581/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05753572.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08J 9/00 C08J 9/20 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | STYROLPOLYMER-PARTIKELSCHAUMSTOFFE MIT VERRINGERTER WÄRMELEITFÄHIGKEIT | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SULZER Chemtech AG SYNTHOS STYRENICS DWORY 2 SPOLKA Z ORGANICZONA ODPOWIEDZIALNOSCIA SP.K. Bewi Styrochem Oy AOMB |
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Kammer: | 3.3.09 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Antrag - Zulassung (nein) Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden des Patentinhabers und des Einsprechenden 1 richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass das Patent EP 1 758 951 in geänderter Form den Erfordernissen des EPÜ genügt.
II. Die Einsprechenden 1 bis 4 (Sulzer Chemtech AG, Ineos Nova International S.A., StyroChem Finland Oy und AOMB) hatten den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), Artikel 100 b) EPÜ und Artikel 100 c) EPÜ beantragt.
III. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem vorgelegt:
D2: US 6,340,713 B1;
D4: US 6,130,265 A;
D5: JP 63-183941 A;
D5': Englische Übersetzung von D5; und
D26: Versuchsbericht vom 6. Januar 2010.
IV. Der Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die erteilten Ansprüche (Hauptantrag) sowie die Hilfsanträge 1 bis 3 zugrunde.
Die erteilten Ansprüche 1 und 6 lauten wie folgt:
"1. Styrolpolymer-Partikelschaumstoff mit einer Dichte im Bereich von 7 bis 20 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit lambda, bestimmt bei 10°C nach DIN 52612, im Bereich von 27 bis 31 mW/m*K, dadurch gekennzeichnet, dass er 0,5 bis 5 Gew.-% Graphit enthält."
"6. Verfahren zur Herstellung von expandierbaren Styrolpolymerisaten (EPS) durch Polymerisation von Styrol und gegebenenfalls copolymerisierbaren Monomeren in wässriger Suspension und Imprägnierung mit einem Treibmittel, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation in Gegenwart von 0,1 bis 5 Gew.-% Graphitpartikeln, bezogen auf das Styrolpolymer, und einem nichtionischen Tensid durchgeführt wird."
Der erteilte Anspruch 1 erfülle die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 6 sei jedoch nicht neu hinsichtlich des Beispiels 3 der D2 und des Beispiels 6 der D4.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautete wie folgt:
"1. Styrolpolymer-Partikelschaumstoff mit einer Dichte im Bereich von 10 bis 16 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit lambda, bestimmt bei 10°C nach DIN 52612, im Bereich von 27 bis 31 mW/m*K, wobei der Styrolpolymer-Partikelschaumstoff 2 bis 15 Zellen/mm aufweist und die Zellen mit einem Gas gefüllt sind, das zu mindestens 90 Vol.-% aus Luft besteht, dadurch gekennzeichnet, dass er 1 bis 4 Gew.-% Graphit mit einer mittleren Teilchengröße von 1 bis 50 mym enthält."
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautete wie folgt:
"1. Styrolpolymer-Partikelschaumstoff mit einer Dichte im Bereich von 10 bis 20 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit lambda, bestimmt bei 10°C nach DIN 52612, im Bereich von 27 bis 31 mW/m*K, wobei der Styrolpolymer-Partikelschaumstoff 2 bis 15 Zellen/mm aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass er 1 bis 4 Gew.-% Graphit mit einer mittleren Teilchengröße von 1 bis 50 mym enthält."
Die in Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 definierte Erfindung sei nicht ausreichend offenbart, da es äußerst unglaubwürdig sei, dass mit dem im Streitpatent beschriebenen Verfahren Schäume mit den anspruchsgemäßen niedrigen Dichten und Wärmeleitfähigkeiten erhalten werden könnten.
Die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 3 lauteten wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von expandierbaren Styrolpolymerisaten (EPS) durch Polymerisation von Styrol und gegebenenfalls copolymerisierbaren Monomeren in wässriger Suspension und Imprägnierung mit einem Treibmittel, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation in Gegenwart von 0,1 bis SU> 5 Gew.-% Graphitpartikeln, bezogen auf das Styrolpolymer, und einem nichtionischen Tensid in Mengen im Bereich von 0,01 bis 2 Gew.-%, bezogen auf Styrolpolymer, durchgeführt wird, wobei als nichtionisches Tensid das Umsetzungsprodukt eines Maleinsäureanhydrid-Copolymeren (MSA) oder Polyisobutylen-Bernsteinsäureanhydrid (PIBSA) mit Hydroxy-Polyethylenglykol-Ester oder Aminen eingesetzt wird."
"3. Expandierbares Styrolpolymer (EPS), erhältlich nach den Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 oder 2."
Von den Einsprechenden seien bezüglich der Regel 80 EPÜ und der Artikel 123(2) und (3), 84, 83 sowie 54 EPÜ keine Einwände geäußert worden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von D2 und D4 durch den Einsatz des anspruchsgemäßen nichtionischen Tensids. Da im gesamten vorliegenden Stand der Technik kein Hinweis auf den Einsatz des anspruchsgemäßen nichtionischen Tensids zu finden sei, sei die erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.
V. Gegen diese Entscheidung legte sowohl der Patentinhaber, als auch der Einsprechende 1 Beschwerde ein.
VI. Da im vorliegenden Beschwerdeverfahren der Patentinhaber und der Einsprechende 1 gleichzeitig Beschwerdeführer und Beschwerdegegner sind, wird die Kammer die Verfahrensbeteiligten weiterhin als Patentinhaber bzw. Einsprechende 1 bis 4 bezeichnen.
VII. Mit seiner Erwiderung auf die Beschwerde der Patentinhaberin reichte der Einsprechende 2 das folgende Dokument ein:
D40: Graphische Darstellung der Wärmeleitfähigkeit und Dichte bestimmter Styrolpolymer-Partikelschaumstoffe.
VIII. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 reichte der Einsprechende 1 das folgende Dokument ein:
D41: Versuchsbericht vom 4. Juli 2014.
IX. Mit Schreiben vom 4. April 2017 teilte der Einsprechende 2 (INEOS NOVA International SA) eine Namensänderung in INEOS Styrenics International SA mit und beantragte außerdem, dass das hängige Beschwerdeverfahren von der INEOS Styrenics International SA auf die SYNTHOS STYRENICS SYNTHOS DWORY 2 SPOLKA Z OGRANICZONA ODPOWIEDZIALNOSCIA SP. K. übertragen werde. Der Einsprechende teilte ferner einen Vertreterwechsel mit (unter Vorlage einer von der SYNTHOS STYRENICS SYNTHOS DWORY 2 SPOLKA Z OGRANICZONA ODPOWIEDZIALNOSCIA SP. K. ausgestellten Vollmacht vom 28. März 2017).
Mit Bescheid vom 12. Mai 2017 teilte die Kammer der Einsprechenden 2 mit, dass die SYNTHOS STYRENICS SYNTHOS DWORY 2 SPOLKA Z OGRANICZONA ODPOWIEDZIALNOSCIA SP. K. auf der Grundlage der bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen nicht als neuer Einsprechender 2 betrachtet werden könne und entsprechend auch die von dieser Gesellschaft ausgestellte Vollmacht nicht als Vollmacht zur Vertretung des Einsprechenden 2 anerkannt werden könne.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 beantragte der Patentinhaber, die Übertragung der Einsprechendenstellung nicht zuzulassen.
Mit Schreiben vom 24. Juli 2017 reichte der Einsprechende 2
D42: "Business Transfer Agreement", datiert 31. August 2016, Seiten 1 bis 8 und 18 ein und beantragte dieses von der Akteneinsicht auszuschließen.
Mit Bescheid vom 4. August 2017 teilte die Kammer dem Einsprechenden 2 mit, dass aus dem "Business Transfer Agreement" nicht klar hervorgehe, ob die in diesem Agreement geregelte Transaktion tatsächlich abgeschlossen wurde. Ferner sei nicht klar, auf welcher Grundlage dem Antrag stattgegeben werden könne, den vorgelegten Auszug aus dem "Business Transfer Agreement" nicht öffentlich zugänglich zu machen.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 nahm der Einsprechende 2 seinen Antrag auf Ausschluss von der Akteneinsicht zurück reichte die folgenden weiteren Unterlagen ein:
D42': "Business Transfer Agreement", datiert 31. August 2016, Seiten 1 bis 18;
D43: Erklärung von Herrn B. Kowalczyk vom 3. Oktober 2017;
D44: "Current report no. 16", 1 Seite;
D45: "Current report no. 35", 1 Seite;
D46: "Current report no. 36", 1 Seite;
D47: Entscheidung der Europäischen Kommission, Fallnummer M.8015 - SYNTHOS / INEOS STYRENICS;
D48: Pressemitteilung vom 31. August 2016; und
D49: Schreiben von Herrn Z. Warmuz.
X. Mit Bescheid vom 11. Mai 2017 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung zu Artikel 100 (b) und (c), 84, 123(2), 54 und 56 EPÜ mit.
XI. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 reichte der Patentinhaber einen neuen Hauptantrag und neue Hilfsanträge 1 und 2 ein.
XII. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2017 nahm der Einsprechende 2 zu den neuen Anträgen Stellung.
XIII. Am 20. Dezember 2017 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Der Patentinhaber hielt an seinen schriftlich vorgebrachten Haupt- und Hilfsanträgen fest, zog jedoch seinen Antrag zurück, die Übertragung der Einsprechendenstellung des Einsprechenden 2 nicht zuzulassen. Die Einsprechenden 1 und 2 hielten an ihren schriftlichen Anträgen fest. Der Einsprechende 2 beantragte zusätzlich, dass die mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 vom Patentinhaber eingereichten Anträge nicht in das Verfahren zugelassen werden. Für den Fall, dass entweder der Hauptantrag oder der Hilfsantrag 2 in das Verfahren zugelassen würde, beantragte der Einsprechende 2 eine Verlegung der mündlichen Verhandlung.
XIV. Der Hauptantrag enthält die folgenden unabhängigen Ansprüche:
"1. Styrolpolymer-Partikelschaumstoff mit einer Dichte im Bereich von 10 bis 20 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit lambda, bestimmt bei 10°C nach DIN 52612, im Bereich von 28 bis 31 mW/m*K wobei der Styrolpolymer-Partikelschaumstoff 2 bis 15 Zellen/mm aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass er 1 bis 4 Gew.-% Graphit mit einer mittleren Teilchengröße im Bereich 1 bis 50 mym enthält."
"4. Verfahren zur Herstellung von expandierbaren Styrolpolymerisaten (EPS) durch Polymerisation von Styrol und gegebenenfalls copolymerisierbaren Monomeren in wässriger Suspension und Imprägnierung mit einem Treibmittel, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation in Gegenwart von 0,1 bis 5 Gew.-% Graphitpartikeln, bezogen auf das Styrolpolymer, und einem nichtionischen Tensid durchgeführt wird, wobei als nichtionisches Tensid ein Maleinsäureanhydrid-Copolymer (MSA), Polyisbutylen-Säureanhydrid (PIBSA) oder deren Umsetzungsprodukte mit Hydroxy-Polyethylenglykol-Ester oder Aminen in Mengen im Bereich von 0,01 bis 2 Gew.-%, bezogen auf Styrolpolymer, eingesetzt wird."
"5. Verfahren zur Herstellung von expandierbaren Styrolpolymerisaten (EPS) durch Extrusion und Unterwassergranulation einer treibmittelhaltigen Styrolpolymerschmelze, dadurch gekennzeichnet, dass in die Styrolpolymerschmelze 0,1 bis 5 Gew.-%, bezogen auf das Styrolpolymer, Graphitpartikeln [sic] und ein nichtionischen [sic] Tensid eingemischt werden."
"8. Expandierbares Styrolpolymer (EPS), erhältlich nach den Verfahren gemäß den Ansprüchen 4 bis 7."
Die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 1 lauten wie folgt (Änderungen gegenüber Hauptantrag hervorgehoben):
"1. Styrolpolymer-Partikelschaumstoff mit einer Dichte im Bereich von 10 bis 20 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit lambda, bestimmt bei 10°C nach DIN 52612, im Bereich von 27 [deleted: 28] bis 31 mW/m*K wobei der Styrolpolymer-Partikelschaumstoff 2 bis 15 Zellen/mm aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass er 1 bis 4 Gew.-% Graphit mit einer mittleren Teilchengröße im Bereich 1 bis 50 mym enthält."
"3. Verfahren zur Herstellung von expandierbaren Styrolpolymerisaten (EPS) durch Polymerisation von Styrol und gegebenenfalls copolymerisierbaren Monomeren in wässriger Suspension und Imprägnierung mit einem Treibmittel, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation in Gegenwart von 0,1 bis 5 Gew.-% Graphitpartikeln, bezogen auf das Styrolpolymer, und einem nichtionischen Tensid in Mengen im Bereich von 0,01 bis 2 Gew.-%, bezogen auf Styrolpolymer, durchgeführt wird, wobei als nichtionisches Tensid das Umsetzungsprodukt eines Maleinsäureanhydrid-Copolymeren (MSA) oder Polyisobutylen-Bernsteinsäureanhydrid (PIBSA) mit Hydroxy-Polyethylengylkol-Ester [sic] oder Aminen [deleted: ein Maleinsäureanhydrid-Copolymer (MSA), Polyisbutylen-Säureanhydrid (PIBSA) oder deren Umsetzungsprodukte mit Hydroxy-Polyethylenglykol-Ester oder Aminen in Mengen im Bereich von 0,01 bis 2 Gew.-%, bezogen auf Styrolpolymer,] eingesetzt wird."
"5. Expandierbares Styrolpolymer (EPS), erhältlich nach den Verfahren gemäß den Ansprüchen 3 oder 4 [deleted: 4 bis 7]."
Der unabhängige Anspruch des Hilfsantrags 2 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Hauptantrag hervorgehoben):
"1. Styrolpolymer-Partikelschaumstoff mit einer Dichte im Bereich von 7 [deleted: 10] bis 20 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit lambda, bestimmt bei 10°C nach DIN 52612, im Bereich von 27 [deleted: 28] bis 31 mW/m*K, wobei der Styrolpolymer-Partikelschaumstoff 2 bis 15 Zellen/mm aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass er 1 bis 4 Gew.-% Graphit mit einer mittleren Teilchengröße im Bereich 1 bis 50 mym enthält."
XV. Die Argumente der Einsprechenden 1 und 2 können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:
Der Hauptantrag sei nicht in das Verfahren zuzulassen. Ein Antrag mit einem nahezu identischen unabhängigem Produktanspruch 1 sei bereits vor der Einspruchsabteilung eingereicht und, bevor eine Entscheidung ergangen sei, zurückgenommen worden. Der Zulassung des Hauptantrags stehe daher Artikel 12(4) VOBK entgegen. Ferner seien die Änderungen in den Ansprüchen 1 und 4 des Hauptantrags nicht in den entsprechenden Ansprüchen der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträge enthalten gewesen. Diese Änderungen würden zu einem sehr späten Verfahrensstadium neue Fragen aufwerfen, so dass der Zulassung des Hauptantrags auch Artikel 13(1) und (3) VOBK entgegenstehe.
Hilfsantrag 1 sei ebenfalls nicht in das Verfahren zuzulassen, da er auf einem "pick and mix"-Ansatz beruhe. Ferner erfülle er nicht die Erfordernisse der Artikel 123(2), 123(3), 54 und 56 EPÜ. Schließlich sei die in Anspruch 1 definierte Erfindung nicht ausreichend offenbart. Die anspruchsgemäßen Beispiele 1 und 2 des Streitpatents lieferten nur Wärmeleitfähigkeits-Dichte-Wertepaare, die in der rechten oberen Ecke des in D40 graphisch dargstellten Anspruchsbereiches lägen. Der Fachmann werde durch das Streitpatent nicht in die Lage versetzt, Wärmeleitfähigkeits-Dichte-Wertepaare im linken unteren Anspruchsbereich, insbesondere Wärmeleitfähigkeiten bei 27 bis 29 mW/m*K zu realisieren. Ihm stünden ausgehend von Beispiel 1 und 2 als "Stellschrauben" für eine Verringerung der Wärmeleitfähigkeit nur die Graphitmenge und die Dichte zur Verfügung. Da beide in den Beispielen am oberen Rand des entsprechenden anspruchsgemäßen Bereiches lägen, könne er diese nur verringern, was aber jeweils nur zu einer Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit führe.
Hilfsantrag 2 sei ebenfalls nicht in das Verfahren zuzulassen. Außerdem sei die in Anspruch 1 dieses Antrags definierte Erfindung aus den für den Hilfsantrag 1 genannten Gründen nicht ausreichend offenbart.
XVI. Der Einsprechende 3 hat sich in der mündlichen Verhandlung den Argumenten der Einsprechenden 1 und 2 angeschlossen. Der Einsprechende 4 hat sich nicht zur Sache geäußert.
XVII. Die Argumente des Patentinhabers können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden
Der Hauptantrag sei in das Verfahren zuzulassen, da er eine Reaktion auf die Einwände der Einsprechenden 1 und 2 und der Kammer darstelle. Insbesondere sei die Obergrenze der Wärmeleitfähigkeit in Anspruch 1 von 27 auf 28 mW/m*K angehoben worden, um dem Einwand einer mangelnden Offenbarung gerecht zu werden.
Auch der Hilfsantrag 1 sei in das Verfahren zuzulassen. Ferner sei die in Anspruch 1 dieses Antrags definierte Erfindung ausreichend offenbart. Die in Anspruch 1 geschützte Erfindung beruhe auf der Erkenntnis, dass die Wärmeleitfähigkeit eines Styrolpolymer-Partikelschaumstoffs durch Einsatz eines Tensids bei seiner Herstellung verringert werden könne. Dies sei vor dem Prioritätstag nicht bekannt gewesen und rechtfertige den durch Anspruch 1 definierten breiten Schutzbereich. Ferner könne die Tatsache, dass Ausführungsformen in den "Ecken" eines anspruchsgemäßen Bereiches nicht ausgeführt werden können, die ausreichende Offenbarung als Ganzes nicht in Frage stellen. Schließlich offenbare das Streitpatent neben der in den Beispielen 1 und 2 eingesetzten Suspensionspolymerisation alternativ auch eine Polymerisation in der Schmelze, und es sei durch D26 gezeigt, dass durch ein solches Verfahren Styrolpolymerschaumstoffe mit Dichten von nur 13 g/l und Wärmeleitfähigkeiten von unter 31 mW/mK erhalten werden können.
XVIII. Der Patentinhaber beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patentes gemäß dem mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 eingereichten Hauptantrag oder einem der mit gleichem Schreiben eingereichten Hilfsanträge 1 und 2.
XIX. Der Einsprechende 1 beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Der Einsprechende 2 beantragte eine Übertragung des Einspruchs der INEOS Nova International S.A. auf die SYNTHOS STYRENICS SYNTHOS DWORY 2 SPOLKA Z OGRANICZONA ODPOWIEDZIALNOSCIA SP.
Der Einsprechende 2 beantragte ferner, dass die Beschwerde des Patentinhabers zurückgewiesen werde.
Der Einsprechende 2 beantragte schließlich, die mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 eingereichten Anträge (Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2) nicht in das Verfahren zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Übertragung Einsprechendenstellung
1. Auf der Grundlage der Dokumente D42' und D43 bis D49 sieht die Kammer es als bewiesen an, dass die Einsprechendenstellung von der INEOS Styrenics International SA auf die SYNTHOS STYRENICS SYNTHOS DWORY 2 SPOLKA Z OGRANICZONA ODPOWIEDZIALNOSCIA SP. K. wirksam übertragen wurde. Der Patentinhaber zog seinen im schriftlichen Verfahren gestellten Antrag, die Übertragung der Einsprechendenstellung des Einsprechenden 2 sei nicht zuzulassen, während der mündlichen Verhandlung zurück. Somit ist die Übertragung der Einsprechendenstellung zulässig.
Hauptantrag
2. Zulassung
2.1 Der Hauptantrag wurde vom Patentinhaber mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 eingereicht. Der Einsprechende 2 beantragte, diesen Antrag nicht in das Verfahren zuzulassen.
2.2 Anspruch 1 des Hauptantrages unterscheidet sich von Anspruch 1 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Haupt- und Hilfsantrags u. a. dadurch, dass die Untergrenze der Wärmeleitfähigkeit von 27 mW/m*K auf 28 mW/m*K angehoben wurde. Vom Patentinhaber wurde schriftlich nicht vorgetragen, weshalb diese Änderung durchgeführt wurde. Erst in der mündlichen Verhandlung führte der Patentinhaber aus, dass hierdurch der Einwand unter Artikel 100(b) EPÜ, dass das Streitpatent keine Lehre vermittele, wie die anspruchsgemäße Wärmeleitfähigkeit und Dichte zu erreichen sei, beseitigt werden solle. Somit ergab sich erstmals in der mündlichen Verhandlung die Frage, ob dieser Einwand in Folge der vom Patentinhaber durchgeführten Änderung nicht mehr durchgreift. Das extrem späte Verfahrensstadium, in dem diese neue Frage aufgeworfen wurde, steht der Zulassung des Hauptantrags entgegen (Artikel 13(1) VOBK).
2.3 Die durch Änderung in den Anspruch 1 des Hauptantrags neu eingeführte Untergrenze von 28 mW/m*K für die Wärmeleitfähigkeit war im Einspruchsverfahren ausschließlich in Anspruch 1 des am ersten Tag der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (16. April 2013) eingereichten Hilfsantrags 2 vorhanden (nachfolgend "ursprünglicher Hilfsantrag 2"). Dieser Antrag wurde jedoch am nächsten Tag der mündlichen Verhandlung durch einen geänderten Hilfsantrag 2 ersetzt, in dessen Anspruch 1 die Untergrenze für die Wärmeleitfähigkeit wieder auf den Wert von 27 mW/m*K abgesenkt worden war. Entsprechend hat die Einspruchsabteilung in ihrer schriftlichen Entscheidung auch nur den geänderten Hilfsantrag 2 abgehandelt und keine begründete Entscheidung zum Gegenstand des die Untergrenze von 28 mW/m*K enthaltenden Anspruch 1 des ursprünglichen Hilfsantrags 2 erlassen. Durch die Rücknahme dieses Hilfsantrags hat der Patentinhaber somit eine solche Entscheidung vermieden. Nach der erneuten Einführung dieser Untergrenze in Anspruch 1 des Hauptantrags müsste die Kammer somit bei Zulassung des Hauptantrags erstmals über die Gewährbarkeit eines solchen Anspruchs entscheiden. Daher steht auch Artikel 12(4) VOBK der Zulassung des Hauptantrags entgegen.
2.4 Die oben in Punkt 2.3 für Anspruch 1 gemachte Überlegung gilt analog auch für Anspruch 4 des Hauptantrags. In diesem auf eine Suspensionspolymerisation gerichteten Anspruch ist das dort anspruchsgemäß eingesetzte Tensid als ein Maleinsäureanhydrid-Copolymer (MSA), ein Polyisbutylen-Säureanhydrid (PIBSA) oder als deren Umsetzungsprodukte mit bestimmten Coreaktanten definiert. Die entsprechenden unabhängigen Verfahrensansprüche 6 und 3 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Haupt- und Hilfsantrags bezogen sich jedoch hinsichtlich des Tensids ausschließlich auf die im Anspruch 4 des Hauptantrags genannten Umsetzungsprodukte, umfassten jedoch nicht das MSA und PIBSA als solches. Somit ist der Umfang des Anspruchs 1 des Hauptantrags gegenüber dem Anspruch 1 der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträge durch die Aufnahme der Tenside MSA und PIBSA verbreitert worden. Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, und wurde vom Patentinhaber auch nicht erklärt, weshalb eine Verbreiterung des Anspruchsumfangs gewährbar sein soll, bzw. welche Einwände hierdurch ausgeräumt werden könnten. Diese Frage hätte erstmals während der mündlichen Verhandlung diskutiert werden müssen. Daher steht Artikel 13(1) VOBK auch im Hinblick auf den geänderten Anspruch 4 der Zulassung des Hauptantrags entgegen.
2.5 Vom Patentinhaber wurde in der mündlichen Verhandlung argumentiert, dass insbesondere die in Anspruch 1 durchgeführte Änderung eine Reaktion auf die Einwände der Einsprechenden 1 und 2 und die in der vorläufigen Meinung der Kammer gemachten Ausführungen darstelle.
Der Einwand mangelnder Offenbarung, der mit der Anhebung der Untergrenze der Wärmeleitfähigkeit in Anspruch 1 von 27 auf 28 mW/m*K beseitigt werden soll, war jedoch bereits Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Es hätte dem Patentinhaber daher oblegen, spätestens mit der Beschwerdebegründung zu reagieren und Anträge mit einem die angehobene Untergrenze der Wärmeleitfähigkeit enthaltendem Anspruch 1 einzureichen. Das Argument des Patentinhabers kann somit nicht durchgreifen.
2.6 Die Kammer hat daher in der mündlichen Verhandlung entschieden, den Hauptantrag nicht in das Verfahren zuzulassen.
Hilfsantrag 1
3. Zulassung
3.1 Der Einsprechende 2 beantragte, auch diesen Antrag nicht in das Verfahren zuzulassen. In der mündlichen Verhandlung entschied die Kammer, diesem Antrag nicht stattzugeben und damit den Hilfsantrag 1 in das Verfahren zuzulassen. Da wie nachfolgend ausgeführt die in Anspruch 1 dieses Antrags definierte Erfindung jedoch nicht ausreichend offenbart ist, erübrigt sich eine detaillierte Begründung dieser Zulassungsentscheidung.
4. Ausreichende Offenbarung
4.1 Anspruch 1 bezieht sich auf einen Styrolpolymer-Partikelschaumstoff, der 1 bis 4 Gew.-% Graphit mit einer mittleren Teilchengröße im Bereich 1 bis 50 mym enthält und eine Dichte im Bereich von 10 bis 20 g/l und eine Wärmeleitfähigkeit lambda im Bereich von 27 bis 31 mW/m*K aufweist.
4.2 Vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents bestand allgemein das Bestreben, (i) aus Gründen der Materialeinsparung die Dichte möglichst weit zu verringern, (ii) die Menge an athermanem Material wie beispielsweise Graphit zu reduzieren, um eine homogene Einarbeitung dieses Materials zu gewährleisten und (iii) gleichzeitig eine möglichst geringe Wärmeleitfähigkeit zu erreichen (siehe Absätze [0003] und [0004] des Streitpatents).
4.3 Hierbei können die Parameter Dichte, Graphitmenge und Wärmeleitfähigkeit nicht einfach frei gewählt werden, sondern sind voneinander abhängig. So nimmt die Wärmeleitfähigkeit mit abnehmender Dichte zu. Dies kann beispielsweise Abbildung 4 der D5 bzw. der englischen Übersetzung D5' entnommen werden, aus der hervorgeht, dass bis zu einer Dichte von ungefähr 30 kg/m**(3), d. h. in dem in Anspruch 1 definierten Bereich, die Wärmeleitfähigkeit mit abnehmender Dichte zunimmt. Gleiches folgt bei Betrachtung der Beispiele 15 und 16 der D2, wo eine Verringerung der Dichte von 15 auf 10.3 g/l zu einer Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit von 32 auf 34 mW/m*K führt. Ferner nimmt die Wärmeleitfähigkeit auch mit abnehmender Graphitmenge zu. Dies kann Tabelle 1 der D2 entnommen werden, wo eine Verringerung der Graphitmenge von 6 auf 0 % bei annähernd gleicher Dichte zu einer Zunahme der Wärmeleitfähigkeit von 32 auf 44 mW/m*K führt. Gleiches ergibt sich aus den Tabellen auf Seite 1 der D41, wo eine Verringerung der Graphitmenge von 6 auf 2 Gew% bei annähernd gleicher Dichte zu einer Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit von 29.2 auf 31.5 (linke Tabelle) bzw. von 29.7 auf 32.1 mW/m*K (rechte Tabelle) führt.
4.4 Anspruch 1 stellt somit hinsichtlich der Parameter Dichte, Graphitmenge und Wärmeleitfähigkeit ein Desideratum dar. Im Rahmen der ausreichenden Offenbarung stellt sich die Frage, ob das Streitpatent in Verbindung mit dem allgemeinem Fachwissen zum Prioritätstag dem Fachmann eine Lehre vermittelt, dieses Desideratum über die gesamte Anspruchsbreite zu erreichen. Dies wurde von den Einsprechenden 1 und 2 bestritten.
4.5 Das Streitpatent enthält lediglich zwei anspruchsgemäße Beispiele, nämlich Beispiele 1 und 2. In beiden Beispielen wird Styrol in Gegenwart von 4 Gew% Graphit sowie, als nichtionischem Tensid, dem Umsetzungsprodukt aus Maleinsäureanhydrid-C20-24 1-Olefin-Copolymer (MSA) mit Tridecylamin (TDA), in Suspension polymerisiert. Es werden geschäumte Perlen mit einer Dichte von 15 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit von 31 mW/m*K (Beispiel 1) bzw. einer Dichte von 19 g/l und einer Wärmeleitfähigkeit von 30 mW/m*K erhalten. Wie graphisch in D40 dargestellt, liegen diese beiden Wertepaare (offene Dreiecke in D40) im oberen rechten Bereich des von Anspruch 1 aufgespannten Wärmeleitfähigkeits-Dichtebereiches (graue Fläche in D40).
4.6 Die obige in Punkt 4.4 allgemein formulierte Frage kann im Hinblick auf die Beispiele 1 und 2 des Streitpatents dahingehend präzisiert werden, dass zu fragen ist, ob der Fachmann auf der Grundlage der im Streitpatent enthaltenen Lehre und seinem allgemeinen Fachwissen zum Prioritätstag in der Lage war, die beiden Beispiele so abzuändern, dass die Wärmeleitfähigkeit und Dichte bei geringeren Werten liegen. In der graphischen Darstellung der D40 würde dies Wertepaaren im unteren linken Wärmeleitfähigkeits-Dichtebereich des Anspruchs 1 entsprechen, insbesondere solchen Wertepaaren mit Wärmeleitfähigkeiten im Bereich von 27 bis 29 mW/m*K.
4.7 Wie vom Einsprechenden 1 ausgeführt, und wie oben in Punkt 4.3 erläutert, stehen dem Fachmann ausgehend von Beispiel 1 und 2 für die Reduzierung der Wärmeleitfähigkeit prinzipiell zwei "Stellschrauben" zur Verfügung, nämlich die Dichte und die Graphitmenge. Die Dichte ist jedoch insbesondere im Beispiel 2 mit 19 g/l sehr nahe an der in Anspruch 1 definierten Obergrenze von 20 g/l. Somit bliebe dem Fachmann nur, diese Dichte zu verringern. Dies führt aber, wie oben in Punkt 4.3 dargestellt, gerade nicht zu einer Verringerung, sondern im Gegenteil zu einer Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit. Eine analoge Betrachtung ergibt sich für die Graphitmenge. Diese ist in den beiden Beispielen identisch mit der Obergrenze des anspruchsgemäßen Bereiches. Der Fachmann kann somit die Graphitmenge nur verringern. Und auch dies führt, wie oben in Punkt 4.3 ausgeführt, nicht zu einer Verringerung, sondern im Gegenteil zu einer Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit.
Die beiden dem allgemeinen Fachwissen zuzurechnenden "Stellschrauben" Dichte und Graphitmenge erlauben es dem Fachmann somit nicht, die Beispiele so abzuändern, dass er bei einer anspruchsgemäßen Dichte und einer anspruchsgemäßen Graphitmenge zu einer verringerten Wärmeleitfähigkeit in dem vom Anspruch 1 abgedeckten Bereich von 27 bis 29 mW/m*K gelangt.
4.8 Dass dies unmöglich war, wird durch die in D40 ebenfalls eingezeichneten Wärmeleitfähigkeits-Dichte-Wertepaare zahlreicher kommerzieller Produkte bestätigt. Insbesondere kann diesen Wertepaaren entnommen werden, dass selbst im Jahr 2013, d. h. lange nach dem Prioritätsdatum (16. Juni 2004), noch immer keine kommerziellen Produkte zur Verfügung standen, die bei anspruchsgemäßer Dichte die von Anspruch 1 umfassten und kommerziell besonders interessanten geringen Wärmeleitfähigkeiten im Bereich von 27 bis 29 mW/m*K aufwiesen.
4.9 Vom Patentinhaber wurde argumentiert, dass die in Anspruch 1 geschützte Erfindung auf der Erkenntnis beruhe, dass die Wärmeleitfähigkeit eines Styrolpolymer-Partikelschaumstoffs durch Einsatz eines Tensids bei seiner Herstellung verringert werden könne. Dies sei vor dem Prioritätstag nicht bekannt gewesen und rechtfertige den durch Anspruch 1 definierten breiten Schutzbereich.
Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. In den oben diskutierten Beispielen 1 und 2 wird bereits das in der Beschreibung (Spalte 5, Zeile 1 bis 6) und dem abhängigen Anspruch 8 genannte und damit bevorzugte Tensid aus einem Umsetzungsprodukt aus MSA und Amin verwendet und dennoch werden wie oben dargestellt Wärmeleitfähigkeits-Dichte Wertepaare erhalten, die lediglich im oberen rechten Bereich, d. h. bei hohen Dichten und Wärmeleitfähigkeiten liegen. Der im Streitpatent gelehrte Einsatz eines Tensids erlaubt dem Fachmann somit entgegen dem Vorbringen des Patentinhabers gerade nicht, in den Wärmeleitfähigkeitsbereich von 27 bis 29 mW/m*K vorzudringen.
4.10 Vom Patentinhaber wurde ferner argumentiert, dass die Tatsache, dass Ausführungsformen in den "Ecken" eines anspruchsgemäßen Bereiches nicht ausgeführt werden können, die ausreichende Offenbarung als Ganzes nicht in Frage stelle.
Auch dies ist nicht überzeugend, da vorliegend der Offenbarungsmangel nicht nur die Ecken, sondern, wie in D40 dargestellt, mehr als zwei Drittel des anspruchsgemäßen Bereiches betrifft.
4.11 Schließlich wurde vom Patentinhaber im schriftlichen Verfahren argumentiert, dass das Streitpatent neben der in den Beispielen 1 und 2 eingesetzten Suspensionspolymerisation in Gegenwart der genannten nichtionischen Tenside alternativ auch eine Polymerisation in der Schmelze (erteilter Anspruch 7) offenbare. Durch das von der Einsprechenden 1 vorgelegte D26 werde gezeigt, dass durch ein solches Verfahren Styrolpolymerschaumstoffe mit Dichten von nur 13 g/l und Wärmeleitfähigkeiten von unter 31 mW/mK erhalten werden können.
Auch dieses Argument kann nicht durchgreifen. D26 bezieht sich nicht auf ein im Streitpatent offenbartes erfindungsgemäßes Verfahren, sondern auf das im Stand der Technik D2 beschriebene Verfahren. Ferner liegt die in D26 erzielte Wärmeleitfähigkeit von 30.1 bzw. 30.5 mW/m*K (Tabelle auf Seite 4 der D26) immer noch deutlich oberhalb des im Streitpatent nicht erreichten Bereiches von 27 bis 29 mW/m*K.
4.12 Somit ist die in Anspruch 1 definierte Erfindung unzureichend offenbart. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 (b) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in der Form des Hilfsantrags 1 entgegen.
5. Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob der weitere Einwand der Einsprechenden hinsichtlich einer die Teilchengröße der Graphitteilchen betreffenden unzureichenden Offenbarung, sowie die weiteren Einwände unter Artikel 123(2), 123(3), 54 und 56 EPÜ durchgreifen.
Hilfsantrag 2
6. Zulassung
Der Einsprechende 2 beantragte, diesen Antrag nicht in das Verfahren zuzulassen. Da wie nachfolgend ausgeführt die in Anspruch 1 dieses Antrags definierte Erfindung nicht ausreichend offenbart ist, sah die Kammer in der mündlichen Verhandlung keine Notwendigkeit, über den Antrag des Einsprechenden 2 zu entscheiden. Auch der in diesem Zusammenhang gestellte Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung erübrigt sich damit. Hiermit erklärte sich der Einsprechende 2 während der mündlichen Verhandlung für einverstanden.
7. Ausreichende Offenbarung
7.1 Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definierten Bereiche für die Wärmeleitfähigkeit und die Graphitmenge sind identisch zu denjenigen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1, während der Dichtebereich mit 7 bis 20 g/l sogar breiter als der in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 definierte Dichtebereich ist. Daher greift der oben hinsichtlich des Hilfsantrags 1 erhobene Einwand der mangelnden Offenbarung analog für die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definierte Erfindung. Dies wurde vom Patentinhaber während der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten.
7.2 Somit steht der Einspruchsgrund nach Artikel 100 (b) EPÜ auch der Aufrechterhaltung des Patents in der Form des Hilfsantrags 2 entgegen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.