T 1523/13 () of 14.12.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T152313.20181214
Datum der Entscheidung: 14 Dezember 2018
Aktenzeichen: T 1523/13
Anmeldenummer: 02006873.0
IPC-Klasse: C09B 67/00
A23L 1/27
A23L 2/58
D06P 3/54
A61K 31/525
C09D 11/00
A23L 1/303
C12P 25/00
A23L 1/275
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Farbstoff-Gemisch, seine Herstellung sowie Verwendung in Lebensmitteln, Pharmazeutika und Kosmetika
Name des Anmelders: Sensient Colors Europe GmbH
Name des Einsprechenden: Rudolf Wild GmbH & Co. KG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Änderungen
Ausreichende Offenbarung
Erfinderische Tätigkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Entscheidung betrifft die Beschwerden der Patentinhaberin und der Einsprechenden gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass das Patent EP 1 270 679 in geänderter Form den Erfordernissen des EPÜ genügt.

II. Die Einsprechende hatte den Widerruf des Patents im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), Artikel 100 b) EPÜ und Artikel 100 c) EPÜ beantragt.

Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem vorgelegt:

D1 US 4 522 743,

D3 US 3 206 316,

D6 US 6 007 856,

D7 EP 0 551 638 A1,

D8 WO 91/06292 A1,

D9 EP 0 981 969 A1,

D11 WO 00/70967 A1,

D12 EP 1 066 761 A2,

D19 Vergleichsversuche der Einsprechenden vom 5. Februar 2013,

D21 Vergleichsversuche der Patentinhaberin vom 7. Februar 2013, und

D23 "Liste der in der Europäischen Union zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe", Wikipedia, 2013, Seiten 1-26.

III. Der Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die erteilten Ansprüche (Hauptantrag) sowie der in der mündlichen Verhandlung eingereichte erste und zweite Hilfsantrag zugrunde. Die Entscheidung kann wie folgt zusammengefasst werden: Der Hauptantrag genügte nicht den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ. Der erste Hilfsantrag war nicht neu gegenüber D8. Der zweite Hilfsantrag indes wurde sowohl als neu als auch erfinderisch gegenüber D8, dem nächstliegenden Stand der Technik, angesehen.

IV. Gegen diese Entscheidung legten sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende Beschwerde ein. Da im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Patentinhaberin und die Einsprechende gleichzeitig Beschwerdeführerinnen und Beschwerdegegnerinnen sind, werden beide Verfahrensbeteiligten im Folgenden weiterhin als Patentinhaberin bzw. Einsprechende bezeichnet werden.

V. Zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung vom 3. September 2013 reichte die Patentinhaberin die vorliegenden Hilfsanträge 1-3, 5-8, 10-13 und 15-22 ein.

VI. Mit Schreiben vom 13. März 2014 reichte die Patentinhaberin die vorliegenden Hilfsanträge 4, 9 und 14 ein.

VII. Die mündliche Verhandlung fand am 14. Dezember 2018 statt.

VIII. Die unabhängigen Ansprüche des erteilten Patents (Hauptantrag) lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches zur Verwendung in Lebensmitteln, Pharmazeutika und Kosmetika, wobei das Gemisch

a.) eine Farbstoff-Dispersion mit einem Feststoff, der ein Carotinoid wie Carotine und Carotinoide sowohl naturidentischen wie auch natürlichen Ursprungs, ein Betanin, ein Riboflavin, ein Anthocyan, ein Carminprodukt, ein Curcuminoid, ein Porphyren und/oder eine Chlorophyllverbindung, eine Chlorophillinverbindung, eine Kupfer-Chlorophyll- und/oder Kupfer-Chlorophillinverbindung ist, mit einer durchschnittlichen Teilchengröße von weniger als 30 mym und mit einem Hilfs- oder Zusatzstoff, der ein Zucker, ein Polysaccharid, ein Hydrokolloid und Wasser oder ein Antioxidant oder Konservierungsmittel ist, und

b.) eine oberflächenaktive Substanz, die ein in Lebensmitteln bzw. Lebensmittelzusatzstoffen, wie Farbstoffen, zugelassener Emulgator bzw. Trägerstoff oder ein Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem ist,

umfasst, wobei die oberflächenaktive Substanz in dem Farbstoff-Gemisch in einem Anteil von unter 20 %, vorzugsweise von unter 10 % und am meisten bevorzugt von 1 % bis 5 % bezogen auf das Gemisch enthalten ist, wobei das Verfahren dadurch gekennzeichnet ist,

a.) in einer ersten Stufe die Farbstoff-Dispersion durch Mischen bei einer Temperatur von 30 °C bis 60 °C mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Trägerstoff oder mindestens einem Lösungsmittel oder mit weiteren Bestandteilen zu einer Dispersion und anschließender Zerkleinerung der Mischung durch apparative Dispergierer und Vermahlinstrumente, wie Mühlen, Turrax-Homogenisatoren oder andere leistungsfähige Rührinstrumente, zu einer durchschnittlichen Teilchengröße von weniger als 30 mym hergestellt wird, danach

b.) in einer zweiten Stufe die oberflächenaktive Substanz bei einer Temperatur von 40 °C bis 80 °C z.B. durch eine wässrige Auflösung bereitgestellt wird, wonach

c.) in einer dritten Stufe die Zugabe der in der zweiten Stufe hergestellten oberflächenaktiven Substanz zu der in der ersten Stufe hergestellten auf 30 °C bis 60 °C temperierten Farbstoff-Dispersion bei einer Temperatur von 30 °C bis 60 °C erfolgt,

wobei zur Herstellung des Farbstoff-Gemisches keine organischen Lösungsmittel verwendet werden."

"6. Farbstoff-Gemisch, erhalten durch das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, umfassend

a.) eine Farbstoff-Dispersion mit einem Feststoff, der ein Carotinoid wie Carotine und Carotinoide sowohl naturidentischen wie auch natürlichen Ursprungs, ein Betanin, ein Riboflavin, ein Anthocyan, ein Carminprodukt, ein Curcuminoid, ein Porphyren und/oder eine Chlorophyllverbindung, eine Chlorophillinverbindung, eine Kupfer-Chlorophyll- und/oder Kupfer-Chlorophillinverbindung ist, mit einer durchschnittlichen Teilchengröße von weniger als 30 mym und mit einem Hilfs- oder Zusatzstoff, der ein Zucker, ein Polysaccharid, ein Hydrokolloid und Wasser oder ein Antioxidant oder Konservierungsmittel ist, und

b.) eine oberflächenaktive Substanz, die ein in Lebensmitteln bzw. Lebensmittelzusatzstoffen, wie Farbstoffen, zugelassener Emulgator bzw. Trägerstoff oder ein Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem ist, wobei die oberflächenaktive Substanz in dem Farbstoff-Gemisch in einem Anteil von unter 20 %, vorzugsweise von unter 10 % und am meisten bevorzugt von 1 % bis 5 % bezogen auf das Gemisch enthalten ist."

"7. Verwendung des Farbstoff-Gemisches nach Anspruch 6 in Lebensmitteln, Pharmazeutika und Kosmetika mit verbesserten Eigenschaften, wie Freisetzungsverhalten, Ergiebigkeit, Migrationsverhalten, Lichtstabilität und Auflösungsgeschwindigkeit in flüssigen Medien."

IX. Die Argumente der Einsprechenden können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:

Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

Weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge 1-22 seien im Einklang mit den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ. So müssten ursprünglich nicht aufeinander zurückbezogene Ansprüche miteinander kombiniert werden, um zum jeweils beanspruchten Gegenstand zu gelangen. Ferner fehle bei den Mengen der oberflächenaktiven Substanz in den Ansprüchen die Angabe, dass es sich um Gew.-% handele. Auch die Spezifizierung der Emulgatoren auf vier konkrete Verbindungen zusammen mit der Streichung der Trägerstoffe generiere in den dies betreffenden Anträgen einen Gegenstand, der über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe. Der Verwendungsanspruch sei, soweit in den Anträgen enthalten, zu beanstanden, da sich in ihnen die genannten verbesserten Eigenschaften auf die Lebensmittel, Pharmazeutika und Kosmetika bezögen und nicht wie in der ursprünglichen Anmeldung auf die Farbstoff-Gemische.

Änderungen - Artikel 123(3) EPÜ, Regel 80 EPÜ

Die Umformulierung des Verfahrensschrittes a.) zu "in einer ersten Stufe die Farbstoff-Dispersion durch Mischen [...] mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Lösungsmittel und gegebenenfalls mit weiteren Bestandteilen zu einer Dispersion" führe in den dies betreffenden Anträgen zu einer Erweiterung des Schutzbereichs und sei darüber hinaus nicht im Einklang mit Regel 80 EPÜ.

Ausreichende Offenbarung - Artikel 83 EPÜ

Weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge 1-22 würden die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ erfüllen, da das anspruchsgemäße Verfahren und das anspruchsgemäße Farbstoff-Gemisch wasserlösliche Farbstoffe einsetzen bzw. enthalten könnten. Aus diesen würden sich aber keine wässrigen Dispersionen herstellen lassen.

Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

D6, D8, D11 oder D12 sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Insbesondere ausgehend von D8 würden weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge 1-22 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen: die beanspruchten Gegenstände würden sich zwar von D8 a) durch die Zugabenreihenfolge von Farbstoff-Dispersion und oberflächenaktiver Substanz, b) hinsichtlich der Temperaturen, c) der Mengen der eingesetzten oberflächenaktiven Substanz und/oder d) der spezifischen oberflächenaktiven Substanzen unterscheiden, doch könne die objektive technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches, eines alternativen Farbstoff-Gemisches bzw. einer alternativen Verwendung eines Farbstoff-Gemisches gesehen werden. Die Lösung dieser Aufgaben sei aber nicht erfinderisch.

Von der Einsprechenden wurden noch Klarheitseinwände (gegen die Hilfsanträge 16, 17, 21 und 22) und Neuheitseinwände (gegen den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1-3, 6-8, 11-13 und 16-19) erhoben. Diese sind jedoch für die vorliegende Entscheidung nicht relevant.

X. Die Argumente der Patentinhaberin können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:

Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

Die Frage, ob ursprünglich nicht aufeinander zurückbezogene Ansprüche miteinander kombiniert werden dürften, sei im Hinblick auf die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ nicht von belang - abgestellt werden müsse auf die gesamte ursprüngliche Offenbarung der Anmeldung. Die Spezifizierung der Emulgatoren auf vier konkrete Verbindungen zusammen mit der Streichung der Trägerstoffe beträfe nur eine Liste und nicht zwei voneinander unabhängige Listen und sei im ursprünglichen Anspruch 8 offenbart. Dass es sich bei der Prozentangabe in den Ansprüchen um Gew.-% handele, gehe klar aus Seite 5, Absatz 2 der ursprünglichen Anmeldung hervor. Ferner handele es sich bei Anspruch 1 um ein Verfahren, in dessen Verlauf die oberflächenaktive Substanz zugegeben werde; nur bei einer Interpretation als Gew.-% wisse der Fachmann schon zu Beginn des Verfahrens, wie viel der oberflächenaktiven Substanz er zugeben müsse, um in den anspruchsgemäßen Bereich zu fallen. Dass sich die Eigenschaften nicht nur auf das Farbstoff-Gemisch sondern auch auf die daraus erhältlichen Lebensmittel, Pharmazeutika und Kosmetika bezögen, gehe klar aus Seite 2, Absatz 1 und Seite 3, Absatz 4 der ursprünglichen Anmeldung hervor.

Änderungen - Artikel 123(3) EPÜ

Der Einwand der Einsprechenden gehe von der falschen Annahme aus, dass die "oder" in dem Verfahrensschritt a.) als ausschließende "oder" zu lesen seien. Für den Fachmann sei jedoch klar, dass diese als und/oder zu interpretieren seien, da sonst die Angabe der "weiteren Bestandteile" keinen Sinn ergebe. Die Umformulierung in den dies betreffenden Anträgen gehe daher nicht über den Schutzbereich des erteilten Patents hinaus.

Ausreichende Offenbarung - Artikel 83 EPÜ

Farbstoff-Gemische mit vollständig gelöstem Farbstoff seien keine Farbstoff-Dispersionen und würden demnach auch nicht unter den Gegenstand der Ansprüche fallen. Darüber hinaus könnten wasserlösliche Farbstoffe beispielsweise durch Derivatisierung, Verlackung oder Verkapselung in unlösliche Farbstoffe überführt werden. Solche Maßnahmen seien allgemein bekannt. Dass die Ansprüche teilweise wasserlösliche Farbstoffe ermöglichen würden, könne einer ausreichenden Offenbarung daher nicht im Wege stehen.

Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

D11 sei nächstliegender Stand der Technik und nicht etwa D6, D8 oder D12. Die verbesserten Eigenschaften der Farbstoff-Gemische seien aus den Beispielen des Streitpatents und D21 ersichtlich. Die objektive technische Aufgabe müsse daher darin gesehen werden, sowohl die Freisetzung als auch die Auflösungsgeschwindigkeit der Farbstoff-Dispersionen der D11 zu verbessern. Die Lösung dieser Aufgabe sei erfinderisch, weil keinem der anderen Dokumente zu entnehmen sei, dass die Vermahlung ohne oberflächenaktiver Substanz von Bedeutung sein könne.

In Bezug auf D8 müsse die objektive technische Aufgabe auch darin gesehen werden, ein Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches mit erhöhter Farbkraft bereitzustellen.

XI. Die Einsprechende beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent Nr. 1 270 679 zu widerrufen. Ferner beantragte sie, die mit Schreiben vom 13. März 2014 eingereichten Hilfsanträge 4, 9 und 14 nicht in das Verfahren zuzulassen.

XII. Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche eines der folgenden Anspruchsätze aufrechtzuerhalten:

- der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit Schreiben vom 3. September 2013,

- des Hilfsantrags 4, eingereicht mit Schreiben vom 13. März 2014,

- der Hilfsanträge 5 bis 8, eingereicht mit Schreiben vom 3. September 2013,

- des Hilfsantrags 9, eingereicht mit Schreiben vom 13. März 2014,

- der Hilfsanträge 10 bis 13, eingereicht mit Schreiben vom 3. September 2013,

- des Hilfsantrags 14, eingereicht mit Schreiben vom 13. März 2014 und

- der Hilfsanträge 15 bis 22, eingereicht mit Schreiben vom 3. September 2013.

Die Patentinhaberin beantragte weiter, die mit Schriftsatz vom 14. November 2018 erstmals vorgebrachten Einwände der Einsprechenden als verspätet nicht zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag (erteiltes Patent)

1. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

1.1 Es ist die Aufgabe des vorliegenden Patents, ein Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches bereitzustellen, bei dessen Herstellung unter anderem keine organischen Lösungsmittel verwendet werden (Absatz [0016]; Anspruch 1). Im fertigen Farbstoff-Gemisch liegt der Farbstoff als Feststoff vor (Anspruch 1), es handelt sich mithin um eine Suspension.

1.2 Die Einsprechende sah D6, D8, D11 oder D12 als nächstliegenden Stand der Technik an, die Patentinhaberin D11.

D8 (Seite 1, Absatz 2) betrifft ebenfalls die Herstellung von Farbstoff-Gemischen und liegt somit auf dem gleichen technischen Gebiet. D8 versucht dabei nicht nur Benetzungsmittel wie Laurylsulfat und Polysorbat sondern auch Öle und organische Lösungsmittel zu vermeiden (Seite 3, Absatz 2). Nach der Vermahlung des Farbstoffes wird die so erhaltene Farbstoff-Suspension mit einer Emulsion vermischt, die Ascorbylpalmitat enthält.

D11 macht es sich im Wesentlichen zur Aufgabe, das Hydrokolloid Gelatine, so wie es in der D8 verwendet wird, zu ersetzen (Seite 2, Absatz 3 - Seite 3, Absatz 2). In den Beispielen der D11 werden wässrige Farbstoff-Suspensionen in Gegenwart von Sucrose bzw. Fructose und verschiedenen Hydrokolloiden gemahlen. Weitere Verfahrensschritte werden nicht beschrieben.

Wie aus den obigen Betrachtungen hervorgeht, liegen beide Dokumente auf dem gleichen technischen Gebiet wie das Streitpatent. D8 sucht organische Lösungsmittel explizit zu vermeiden. D11 tut dies allenfalls implizit durch einen Verweis auf D8 (D11: Seite 2, Absatz 3). Schon aus diesem Grund könnte man daher D8 als nächstliegenden Stand der Technik ansehen. Hinzu kommt, dass D8 im Laufe des darin beschriebenen Verfahrens ebenfalls eine oberflächenaktive Substanz einsetzt, nämlich Ascorbylpalmitat (siehe dazu weiter unten), und auch einen weiteren Verfahrensschritt offenbart, nämlich das Vermischen der Farbstoff-Suspension mit der die oberflächenaktive Substanz enthaltenden Emulsion. Der Gegenstand von Anspruch 1 weist somit im Vergleich zur Offenbarung der D8 weniger Unterscheidungsmerkmale auf als zur Offenbarung der D11.

D6 bzw. D12 sieht die Kammer als Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit als ungeeignet an, da diese Dokumente im Wesentlichen die Herstellung von Farbstoff-Emulsionen betreffen (Beispiele) und nicht von Suspensionen.

Die Kammer sieht daher D8 als nächstliegenden Stand der Technik gegenüber dem Gegenstand von Anspruch 1 an.

1.3 D8, Beispiel 1, offenbart die Herstellung eines Farbstoff-Gemischs. Dabei wird beta-Caroten zu einer Gelatine und Na-Ascorbat enthaltenden wässrigen Lösung hinzugefügt, welche eine Temperatur von 65 °C aufweist. Nach Vermahlung wird diese Farbstoff-Suspension zu einer Emulsion gegeben, welche Gelatine, Sucrose, Ascorbylpalmitat und ein Gemisch verschiedener Tocopherole enthält. Alle Schritte des Verfahrens werden unter einer N2-Atmosphäre durchgeführt.

beta-Caroten entspricht dem in Anspruch 1 geforderten Carotenoid. Die mittlere Partikelgröße nach der Vermahlung beträgt <= 10 mym (D8: Seite 3, Absatz 3) und liegt damit in dem in Anspruch 1 für das Carotinoid geforderten Teilchengrößenbereich. Besagtes Farbstoff-Gemisch enthält Sucrose, Gelatine, Wasser, verschiedene Tocopherole sowie 0,12 Gew.-% Ascorbylpalmitat. Sucrose ist ein Zucker, Gelatine ein Polysaccharid und Hydrokolloid und Tocopherole sind Antioxidantien. Somit enthält das Farbstoffgemisch der D8 alle der in Anspruch 1 für die Komponente a.) geforderten Verbindungen.

Das in dem Farbstoff-Gemisch der D8 enthaltene Ascorbylpalmitat ist ein Emulgator: Ascorbylpalmitat weist eine für einen Emulgator typische Struktur umfassend einen polaren Kopf und einen langkettigen lipophilen Rest auf. Auf seine Emulgatoreigenschaften wird im Stand der Technik auch hingewiesen (D7: Spalte 3, Zeilen 33-35; D9: Absätze [0032] und [0048]). Ebenfalls handelt es sich bei Ascorbylpalmitat um eine zur Verwendung in Lebensmittel(zusatzstoffe)n zugelassene Substanz (D23: Tabelle "Antioxidantien und Säureregulatoren", E-Nr. E304). Das im Farbstoff-Gemisch der D8 enthaltene Ascorbylpalmitat entspricht somit dem in Anspruch 1 für die oberflächenaktive Substanz b.) genannten in Lebensmitteln zugelassenen Emulgator.

Diesbezüglich ist das Argument der Patentinhaberin, dass Ascorbylpalmitat nicht als Emulgator zugelassen sei, nicht überzeugend: Selbst wenn, wie von der Patentinhaberin vorgebracht, aus D23 ableitbar wäre, dass Ascorbylpalmitat (nur) als Antioxidant zugelassen ist, ist dies im Hinblick auf den vorliegenden Anspruch 1 unerheblich, da dieser lediglich auf einen zugelassenen Emulgator abstellt und nicht etwa darauf, dass die in Frage stehende Substanz als Emulgator zugelassen ist.

Die Herstellung der den Farbstoff beta-Caroten enthaltenden wässrigen Zusammensetzung und Vermahlung zu einer Farbstoff-Suspension entspricht dem anspruchsgemäßen Verfahrensschritt a.). Die Herstellung der Ascorbylpalmitat enthaltenden Emulsion entspricht dem anspruchsgemäßen Verfahrensschritt b.). Die Zusammenfügung der Farbstoff-Suspension und der das Ascorbylpalmitat enthaltenden Emulsion entspricht dem anspruchsgemäßen Verfahrensschritt c)(siehe jedoch Punkt 1.4 unten).

Organische Lösungsmittel werden in D8 wie in Anspruch 1 gefordert zur Herstellung nicht verwendet.

1.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich von D8 mithin dadurch, dass (in der Folge kennzeichnen kleine römische Ziffern die Unterschiede zwischen dem betrachteten Anspruchsgegenstand und D8)

i) die Zugabereihenfolge eine andere ist: während in Anspruch 1 in Verfahrensschritt c.) die oberflächenaktive Substanz zur Farbstoff-Dispersion gegeben wird, erfolgt dies in D8 genau anders herum, d. h. die Ascorbylpalmitat enthaltende Emulsion wird vorgelegt und zu dieser die den Farbstoff beta-Caroten enthaltende Suspension hinzugefügt.

ii) die Temperaturführung eine andere ist: in Verfahrensschritt a.) beträgt die Temperatur 30 bis 60 °C gemäß Anspruch 1 gegenüber 65 °C in D8. In den Verfahrensschritten b.) und c.) des Anspruchs 1 beträgt die Temperatur 40 bis 80°C und 30 bis 60°C. Im Gegensatz hierzu wird in den entsprechenden Schritten der D8 die Temperatur zumindest nicht explizit genannt. Bei fehlender Temperaturangabe geht ein Fachmann im Allgemeinen (d.h. ohne anderweitige Hinweise) davon aus, dass bei Raumtemperatur gearbeitet wurde, das heißt bei ca. 20 bis 25 °C.

1.5 Es ist zu prüfen, ob die obigen Unterscheidungsmerkmale i) und ii) mit einem technischen Effekt verbunden sind.

Zu i):

D19 ist ein experimenteller Vergleich der Einsprechenden. Darin wird im Wesentlichen das im Streitpatent offenbarte Beispiel 1 zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches nachgearbeitet und zwar einmal gemäß der streitpatentgemäßen Verfahrensführung (Zugabe der oberflächenaktiven Substanz zur Farbstoff-Suspension) und ein anderes Mal in umgekehrter Reihenfolge (Zugabe der Farbstoff-Suspension zur oberflächenaktiven Substanz). Beide Gemische werden optisch miteinander verglichen und einem Lichtstresstest unterzogen ähnlich zu Beispiel 2.4 im Streitpatent. Zwischen beiden Farbstoff-Gemischen zeigt sich kein messtechnisch relevanter Unterschied.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Reihenfolge der Zugabe von Farbstoff-Suspension und oberflächenaktiver Substanz zu keinem Unterschied zwischen den daraus resultierenden Gemischen führt.

Das Argument der Patentinhaberin, wonach die Einsprechende ihre Farbstoff-Gemische aus D19 nicht bezüglich aller der in Beispiel 2 des Streitpatents gemessenen Eigenschaften untersucht habe, hält die Kammer für nicht stichhaltig: die in der D19 von der Einsprechenden durchgeführten Messungen hat die Patentinhaberin nicht in Zweifel gezogen. Auch die Kammer geht von der Korrektheit dieser Messungen aus und hält es für plausibel, dass die darin geschilderten Beobachtungen auch auf die anderen nicht in D19 aber in Beispiel 2 des Streitpatents gemessenen Eigenschaften übertragbar sind. Zur Entkräftung der Ergebnisse der D19 hätte die Patentinhaberin ihrerseits Tatsachen oder Beweismittel, beispielsweise in Form experimenteller Messungen mit anderem Ergebnis, vorlegen müssen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage, III.G.5.2).

Zu ii):

Das Streitpatent führt zwar aus, dass sich die gewählten Temperaturen als vorteilhaft für die Herstellung des erfindungsgemäßen Gemisches und seiner Eigenschaften erwiesen haben (Absatz [0033]), enthält jedoch keinen - beispielsweise experimentellen - Beleg für diese Aussage.

Die Patentinhaberin führte aus, dass ab 60 °C die Oxidation der eingesetzten Farbstoffe deutlich zunehme. Da D8 bei einer Temperatur von 65 °C arbeite, führe dies zu einem Produkt mit einer geringeren Färbekraft.

Die Kammer kann der Patentinhaberin insoweit folgen, als dass die Oxidationslabilität der Farbstoffe hinreichend im Stand der Technik dokumentiert ist (zum Beispiel D1: Spalte 1, Zeilen 22-23 oder D3: Spalte 1, Zeilen 25-26). Dies ist aber auch genau der Grund, weshalb D8 das darin beschriebene Verfahren unter einer N2-Atmosphäre durchführt. Es ist somit davon auszugehen, dass eine Oxidation des Farbstoffes in D8 vollständig unterbunden wird.

Auch weist D8 explizit auf die Bedeutung der Wahl der Reaktionstemperatur im Hinblick auf die thermische Stabilität des Farbstoffes hin (D8: Seite 4, Absatz 2). Es ist somit ebenfalls davon auszugehen, dass der in Beispiel 1 der D8 eingesetzte Farbstoff bei 65 °C eine ausreichend hohe thermische Stabilität aufweist.

Dem Argument der Patentinhaberin vermag die Kammer daher nicht zu folgen.

Zum Nachweis eines technischen Effekts verwies die Patentinhaberin ebenfalls auf die in D21 durchgeführten Versuche. D21 untersucht im Wesentlichen den Einfluss des Vermischens mit einem Emulgator vor bzw. nach der Vermahlung auf die Freisetzung und die Auflösungsgeschwindigkeit des resultierenden Farbstoff-Gemisches. Nur eine Vermischung mit dem Emulgator nach der Vermahlung der Farbstoff-Suspension führt dabei zu den gewünschten Eigenschaften. Auch in D8 jedoch erfolgt die Vermischung mit dem Emulgator (Ascorbylpalmitat) nach der Vermahlung des Farbstoffes. D21 ist daher nicht dazu geeignet, einen technischen Effekt vis-à-vis D8 zu belegen.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Temperaturunterschiede bei den Verfahrensschritten a.) bis c.) mit keinem technischen Effekt verbunden sind.

1.6 Aus der Diskussion oben folgt, dass ausgehend von D8 die objektive technische Aufgabe darin besteht, ein alternatives Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches bereitzustellen.

1.7 Die Lösung dieser objektiven technischen Aufgabe in Form von Anspruch 1 hält die Kammer nicht für erfinderisch, da es zur Bereitstellung eines lediglich alternativen Verfahrens zum routinemäßigen Vorgehen eines Fachmanns gehört, Temperaturen innerhalb gewisser Grenzen zu variieren oder die Zugabereihenfolge zweier Mischungen zu vertauschen.

Zumindest der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsanträge 1-3

2. Anspruch 1 der Hilfsanträge 1-3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass bezüglich der oberflächenaktiven Substanz b.) die Alternative eines Trägerstoffs gestrichen wurde.

Wie aus der Diskussion des Hauptantrags deutlich wird, ist eine der in Anspruch 1 der Hilfsanträge 1-3 verbleibenden Alternativen, nämlich der in Lebensmitteln zugelassene Emulgator, in D8 offenbart. Somit trägt diese Änderung nicht zu einer Abgrenzung gegenüber D8 bei.

Die Argumentation hinsichtlich Anspruch 1 des Hauptantrags trifft daher auch jeweils auf Anspruch 1 der Hilfsanträge 1-3 zu.

Zumindest der Gegenstand des Anspruchs 1 jeweils der Hilfsanträge 1-3 beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag 4

3. Zulässigkeit - Artikel 13(1) VOBK

Während der mündlichen Verhandlung entschied die Kammer, den Hilfsantrag 4 in das Verfahren zuzulassen. In Anbetracht seiner Nichtgewährbarkeit (vgl. unten) braucht die Zulassung nicht näher begründet zu werden.

4. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

4.1 Der unabhängige Verfahrensanspruch 2 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die folgenden Änderungen (in der Folge kennzeichnen große römische Ziffern den Unterschied zwischen dem betrachteten Anspruchsgegenstand und dem Anspruchsgegenstand des Hauptantrags):

I) die Alternative eines Trägerstoffs für die oberflächenaktive Substanz b.) wurde gestrichen,

II) die Merkmale von Verfahrensschritt a.) wurden teilweise umformuliert von "mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Trägerstoff oder mindestens einem Lösungsmittel oder mit weiteren Bestandteilen" zu "mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Lösungsmittel und gegebenenfalls mit weiteren Bestandteilen",

III) die Menge der oberflächenaktiven Substanz in dem Farbstoff-Gemisch wurde auf 1 bis 5% beschränkt.

4.2 Durch diese Änderungen wird das Wesen des Anspruchsgegenstandes nicht verändert, denn wie Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft auch Anspruch 2 des Hilfsantrags 4 ein Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches, bei dessen Herstellung unter anderem keine organischen Lösungsmittel verwendet werden. Aus den oben genannten Gründen erachtet daher die Kammer auch hier D8 als den nächstliegenden Stand der Technik.

4.3 Die unter I) genannte Änderung kann nicht zu einer Abgrenzung gegenüber D8 beitragen, wie dies oben schon in Zusammenhang mit den Hilfsanträgen 1-3 erörtert worden ist.

Auch die Merkmale "mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Lösungsmittel und gegebenenfalls mit weiteren Bestandteilen" werden durch D8 vorweggenommen und stellen mithin keine Unterscheidungsmerkmale zu D8 dar. Insbesondere stellt das in Beispiel 1 der D8 eingesetzte beta-Caroten einen Farbstoff dar und entspricht das dort eingesetzte Wasser dem im anspruchsgemäßen Verfahrensschritt a.) eingesetzten Lösungsmittel (vgl. dazu auch die Diskussion des Beispiels 1 in Zusammenhang mit dem Hauptantrag).

In D8, Beispiel 1, wird der Emulgator Ascorbylpalmitat in einer Menge von 0,12 Gew.-%, bezogen auf das Gemisch, eingesetzt. Die in Anspruch 2 genannte Menge der oberflächenaktiven Substanz (1-5%) stellt somit ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber D8 dar.

4.4 Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 4 von D8 neben den bereits im Hauptantrag vorhandenen aber keine erfinderische Tätigkeit begründenden Unterscheidungsmerkmalen zusätzlich dadurch unterscheidet, dass die oberflächenaktive Substanz in dem Farbstoff-Gemisch in einer Menge von 1 bis 5% enthalten ist.

4.5 Die Patentinhaberin verwies hinsichtlich der objektiven technischen Aufgabe auf das Streitpatent (Absatz [0016]) und formulierte diese als Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches mit beispielsweise einer verbesserten Auflösungsgeschwindigkeit. Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, da die Patentinhaberin nicht experimentell belegt oder anderweitig plausibel gemacht hat, dass die in Absatz [0016] des Streitpatents genannten Effekte auf das oben genannte Unterscheidungsmerkmal zur D8, d. h. die Menge an oberflächenaktiver Substanz, zurückzuführen sind.

Ausgehend von D8 besteht demnach die objektive technische Aufgabe darin, ein alternatives Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches bereitzustellen.

4.6 Die Lösung dieser objektiven technischen Aufgabe in Form von Anspruch 2 hält die Kammer nicht für erfinderisch, da es zur Bereitstellung eines lediglich alternativen Verfahrens zum routinemäßigen Vorgehen eines Fachmanns gehört, die Mengen von Inhaltsstoffen innerhalb gewisser Grenzen zu variieren. Ein Fachmann würde daher die Menge an Ascorbylpalmitat von 0,12 auf 1% erhöhen, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen. Zwar stellt dies, wie von der Patentinhaberin vorgetragen, eine (relative) Erhöhung um das 8-fache dar, doch hält es die Kammer in diesem Zusammenhang für entscheidender, dass die betrachteten Mengen absolut gesehen äußerst gering sind im Verhältnis zur Menge des gesamten Gemisches. Ein Fachmann würde daher nicht davon ausgehen, dass sich das Gemisch aus Beispiel 1 der D8 mit einer auf 1% erhöhten Menge an Ascorbylpalmitat grundsätzlich anders verhält als das ursprünglich in diesem Beispiel offenbarte Gemisch.

Zumindest Anspruch 2 des Hilfsantrags 4 beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Patentinhaberin argumentierte, dass D8 Benetzungsmittel ("wetting agents") zu vermeiden suche. Da D8 typische Emulgatoren wie Laurylsulfat oder Polysorbat als Benetzungsmittel ansehe (D8: Seite 2, Absatz 4 -Seite 3, Absatz 2), würde eine Erhöhung der Menge des emulgierend wirkenden Ascorbylpalmitats somit der Lehre der D8 zuwiderlaufen.

Die Kammer hält dieses Argument nicht für überzeugend, da es in sich widersprüchlich ist: wenn die D8 Ascorbylpalmitat wirklich als Benetzungsmittel ansähe, hätte sie es - der Logik der Patentinhaberin folgend - nicht in ihren Farbstoff-Gemischen einsetzen dürfen.

Hilfsantrag 5

5. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

Anspruch 7 des Hilfsantrags 5 bezieht sich auf die Verwendung eines bestimmten Farbstoff-Gemisches "in Lebensmitteln, Pharmazeutika und Kosmetika mit verbesserten Eigenschaften, wie Freisetzungsverhalten, Ergiebigkeit, Migrationsverhalten, Lichtstabilität und Auflösungsgeschwindigkeit in flüssigen Medien".

Wie von der Einsprechenden ausgeführt, kann Anspruch 7 nur so verstanden werden, dass sich die "verbesserten Eigenschaften wie Freisetzungsverhalten, Ergiebigkeit, Migrationsverhalten, Lichtstabilität und Auflösungsgeschwindigkeit in flüssigen Medien" auf die direkt vor diesen Eigenschaften genannten Lebensmittel, Pharmazeutika und Kosmetika beziehen.

Im Gegensatz dazu werden diese verbesserten Eigenschaften, zumindest soweit sie Pharmazeutika und Kosmetika betreffen, in der ursprünglichen Anmeldung nur mit dem Farbstoff-Gemisch in Zusammenhang gebracht (der von Seite 2 auf Seite 3 übergehende Absatz). Das Farbstoff-Gemisch wird jedoch zur Herstellung der Lebensmittel, Pharmazeutika und Kosmetika eingesetzt und ist somit eine von diesen verschiedene Vorstufe.

Der Verweis der Patentinhaberin auf Seite 2, Absatz 1 der ursprünglichen Anmeldung führt insofern ins Leere, als dass dieser Absatz die Eigenschaften nur in Zusammenhang bringt mit Lebensmitteln, nicht aber mit Pharmazeutika und Kosmetika.

Auch das Argument der Patentinhaberin mit Verweis auf Seite 3, Absatz 4 der ursprünglichen Anmeldung, dass diese die verbesserten Eigenschaften in Bezug auf das "Medium der Endanwendung" offenbare, womit Lebensmittel, Pharmazeutika und Kosmetika gemeint seien, kann nicht überzeugen, denn dieser Abschnitt betrifft lediglich die Auflösung in flüssigen Medien nicht aber die anderen der in Anspruch 7 genannten Eigenschaften.

Der Gegenstand von Anspruch 7, soweit er Pharmazeutika und Kosmetika betrifft, geht somit über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Zulässigkeit dieses von der Einsprechenden erstmals in ihrem Schreiben vom 14. November 2018 vorgebrachten Einwands von der Patentinhaberin nicht bestritten wurde.

Hilfsanträge 6-8

6. Anspruch 1 der Hilfsanträge 6-8 ist jeweils identisch zu Anspruch 1 von Hilfsantrag 1. Die Hilfsanträge 6-8 sind daher aus den oben schon erörterten Gründen nicht gewährbar.

Hilfsantrag 9

7. Der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 9 ist identisch zu dem des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 4. Der Hilfsantrag 9 ist daher aus den oben schon erörterten Gründen nicht gewährbar.

Aufgrund der Nichtgewährbarkeit des Hilfsantrags 9 brauchte über dessen Zulassung ins Verfahren nicht entschieden zu werden.

Hilfsantrag 10

8. Anspruch 7 des Hilfsantrags 10 unterscheidet sich von Anspruch 7 des Hilfsantrags 5 dadurch, dass die Merkmale "und Auflösungsgeschwindigkeit in flüssigen Medien" gestrichen wurden. Die Streichung dieser Merkmale ändert aber nichts daran, dass sich die verbleibenden Eigenschaften nach wie vor auf die Lebensmittel, Pharmazeutika und Kosmetika beziehen und nicht auf das Farbstoff-Gemisch. Aus den oben bezüglich Hilfsantrag 5 schon erörterten Gründen ist daher auch der Hilfsantrag 10 nicht gewährbar.

Hilfsanträge 11-13

9. Anspruch 1 der Hilfsanträge 11-13 ist jeweils identisch zu Anspruch 1 von Hilfsantrag 1. Die Hilfsanträge 11-13 sind daher aus den oben schon erörterten Gründen nicht gewährbar.

Hilfsantrag 14

10. Der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 14 ist identisch zu dem des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 4. Der Hilfsantrag 14 ist daher aus den oben schon erörterten Gründen nicht gewährbar.

Aufgrund der Nichtgewährbarkeit des Hilfsantrags 14 brauchte über dessen Zulassung ins Verfahren nicht entschieden zu werden.

Hilfsantrag 15

11. Die Frage der Gewährbarkeit des Hilfsantrags 15 wurde in der mündlichen Verhandlung in Zusammenhang mit übergeordneten Hilfsanträgen diskutiert. Der Übersichtlichkeit halber sollen diese Punkte gesamthaft an dieser Stelle abgehandelt werden.

12. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

12.1 Anspruch 1 ist auf ein Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches gerichtet und stellt hinsichtlich der Verfahrensmerkmale eine Kombination der ursprünglichen aufeinander zurückbezogenen Verfahrensansprüche 16-22 dar.

Zusätzlich zu den Merkmalen dieser ursprünglichen Ansprüche enthält Anspruch 1 das Merkmal, dass das anspruchsgemäß hergestellte Farbstoffgemisch "zur Verwendung in Lebensmitteln, Pharmazeutika und Kosmetika" bestimmt ist. Dieses Merkmal findet sich beispielsweise auf Seite 1, Absatz 1 der ursprünglichen Anmeldung.

Das Verfahrensmerkmal, dass "zur Herstellung des Farbstoff-Gemisches keine organischen Lösungsmittel verwendet werden", ist in dem von Seite 5 auf Seite 6 übergehenden Satz offenbart.

Die das Gemisch kennzeichnenden Produktmerkmale in Anspruch 1 stellen mit Ausnahme der Menge der oberflächenaktiven Substanz eine Kombination der ursprünglichen Produktansprüche 1-8 dar. Zwar beziehen sich die ursprünglichen Verfahrensansprüche 16-22 nicht zurück auf diese das Gemisch kennzeichnenden Produktansprüche, doch wird aus der gesamten ursprünglichen Anmeldung deutlich, dass das darin beschriebene Verfahren letzten Endes der Herstellung des Gemisches dient (zum Beispiel Seite 5, Absatz 4). Eine Kombination der Verfahrensansprüche 16-22 mit den Merkmalen der vorangehenden Produktansprüche 1 bis 8 kann daher zumindest als implizit in der ursprünglichen Anmeldung offenbart angesehen werden.

Gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 7, der die oberflächenaktive Substanz als ein in Lebensmitteln bzw. Lebensmittelzusatzstoffen zugelassener Emulgator oder Trägerstoff definiert, ist die oberflächenaktive Substanz in Anspruch 1 des Hilfsantrags 15 auf die Emulgatoren Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem beschränkt.

Ausgehend hiervon argumentierte die Einsprechende, dass diese Änderung eine nicht gewährbare zweimalige Auswahl aus zwei unabhängigen Listen sei, nämlich eine Auswahl der generischen Klasse der Emulgatoren aus der Liste umfassend Emulgatoren und Trägerstoffe und des Weiteren eine Auswahl der spezifischen Emulgatoren aus der generischen Klasse der Emulgatoren.

Dieses Argument hält die Kammer nicht für überzeugend: Die Beschränkung der oberflächenaktiven Substanz auf die Emulgatoren Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem ist unmittelbar und eindeutig im ursprünglichen Anspuch 8 offenbart. Somit ist keine Zweifachauswahl erforderlich, um zu diesem Merkmal zu gelangen.

Die Einsprechende argumentierte noch, dass die abhängigen ursprünglichen Ansprüche 7 und 8 keinen Rückbezug zu den ihnen vorausgehenden abhängigen Ansprüchen 2-6 aufweisen würden. Eine Kombination der Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 7 und 8 mit den vorangehenden Ansprüchen kann jedoch als unmittelbar und eindeutig offenbart angesehen werden. Da einer der im ursprünglichen Anspruch 8 genannten Emulgatoren im einzigen Herstellungsbeispiel der ursprünglichen Anmeldung eingesetzt wird und die Emulgatoren im ursprünglichen Anspruch 8 als gleichwertig beschrieben werden, folgert der Fachmann, dass alle der im ursprünglichen Anspruch 8 genannten Emulgatoren auch mit den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 2-6 kombiniert werden können.

Die Menge der oberflächenaktiven Substanz basiert auf Seite 5, Absatz 2 der ursprünglichen Anmeldung. Zwar wird dort die Menge in Gewichtsprozent angegeben, während in Anspruch 1 die Angabe, dass es sich bei den %-Angaben um Gewichtsprozente handelt, fehlt, doch liest dies der Fachmann unweigerlich bei Anspruch 1 mit:

Bei Anspruch 1 handelt es sich um ein Verfahren, das auf die Herstellung eines Produktes gerichtet ist und in dessen Zuge flüssige Phasen miteinander vermischt werden, es also zu Volumenkontraktionen oder -expansionen kommen kann. Nur bei einer Angabe in Gewichtsprozent weiß der Fachmann bezüglich Verfahrensschritt b.) im Voraus, wie viel er von der oberflächenaktiven Substanz einzusetzen hat, um in den anspruchsgemäßen %-Bereich zu fallen, denn das Gewicht des finalen Farbstoff-Gemisches setzt sich direkt additiv aus den Gewichten der eingesetzten Komponenten zusammen.

Dieser auf die fehlende Angabe der Art der %-Angabe in Anspruch 1 gerichtete Einwand der Einsprechenden wurde erstmals in ihrem Schriftsatz vom 14. November 2018 vorgebracht. In der mündlichen Verhandlung entschied die Kammer, diesen Einwand in das Verfahren zuzulassen. Wie aus der obigen Diskussion deutlich wird, führt dieser Einwand jedoch letzten Endes nicht zum Erfolg. Seine Zulassung braucht daher nicht näher begründet zu werden.

12.2 Die obige Argumentation trifft mutatis mutandis auch auf den product-by-process Anspruch 6 zu.

Die abhängigen Ansprüche 2-5 des Hilfsantrags 15 finden in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen eine Basis wie folgt: Ansprüche 2 und 3: der von Seite 4 auf Seite 5 übergehende Absatz; Anspruch 4: Seite 6, Absatz 4; Anspruch 5: Seite 6, Absatz 5.

Der beanspruchte Gegenstand des Hilfsantrags 15 erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.

13. Änderungen - Artikel 123(3) EPÜ, Regel 80 EPÜ

Der in Anspruch 1 des erteilten Patents definierte Verfahrensschritt a.) lautet auszugsweise:

"in einer ersten Stufe die Farbstoff-Dispersion durch Mischen [...] mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Trägerstoff oder mindestens einem Lösungsmittel oder mit weiteren Bestandteilen zu einer Dispersion" (Hervorhebung hinzugefügt).

Die Einsprechende argumentierte, dass die oben hervorgehobenen "oder" als ausschließende entweder-oder zu lesen seien, der Farbstoff also anspruchsgemäß nie zusammen mit beispielsweise Trägerstoff, Lösungsmittel und weiteren Bestandteilen verarbeitet werden könne.

Die Änderung der obigen Passage im vorliegenden Anspruch 1 zu

"in einer ersten Stufe die Farbstoff-Dispersion durch Mischen [...] mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Lösungsmittel und gegebenenfalls mit weiteren Bestandteilen zu einer Dispersion"

erlaube nun aber beispielsweise eine Verarbeitung des Farbstoffes mit Lösungsmittel und weiteren Bestandteilen. Der Schutzbereich von Anspruch 1 gehe somit über den des erteilten Patents hinaus.

Dieses Argument hält die Kammer nicht für überzeugend: die Tatsache, dass der Farbstoff gemäß dem erteilten Anspruch 1 mit "weiteren Bestandteilen" (Hervorhebung hinzugefügt) verarbeitet werden kann, lässt für den Fachmann nur den Schluss zu, dass jede der zuvor genannten möglichen Komponenten, d.h. Trägerstoff und Lösungsmittel, auch additiv eingesetzt werden kann, so dass es sich bei den anschließend genannten Bestandteilen um weitere Bestandteile handelt. Die oben hervorgehobenen "oder" sind daher als einschließende "und-oder" zu lesen. Somit erlaubt auch der erteilte Anspruch 1 eine Verarbeitung des Farbstoffes mit Lösungsmittel und weiteren Bestandteilen. Der Schutzbereich des vorliegenden Anspruchs 1 ist somit gegenüber dem des erteilten Anspruchs 1 nicht erweitert.

Der beanspruchte Gegenstand des Hilfsantrags 15 erfüllt demnach auch die Erfordernisse von Artikel 123(3) EPÜ.

Des Weiteren stellt, die obige Interpretation zugrunde gelegt, die Änderung in Anspruch 1 durch die Streichung der Alternative "Trägerstoffe" eine Beschränkung im Vergleich zum erteilten Anspruch 1 dar. Die Kammer sieht daher auch die Erfordernisse von Regel 80 EPÜ als erfüllt an.

14. Ausreichende Offenbarung - Artikel 83 EPÜ

Von der Einsprechenden wurde im schriftlichen Verfahren vorgetragen, dass der in Anspruch 1 definierte Farbstoff ein wasserlöslicher Farbstoff sein könne, für den es nicht möglich sei, die in Anspruch 1 geforderte Dispersion in Wasser herzustellen.

Die Kammer hält dieses Argument für nicht überzeugend: durch die Forderung in Anspruch 1, dass das Verfahren zu einer Farbstoff-Dispersion mit einem Feststoff führen muss, fallen die von der Einsprechenden genannten Ausführungsformen mit einem vollständig gelösten Farbstoff nicht unter den Gegenstand der Ansprüche. Es ist auch nicht ersichtlich, und von der Einsprechenden wurde hierzu auch nichts vorgetragen, dass die Auswahl solcher nicht wasserlöslicher Farbstoffe mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden ist. Darüber hinaus lassen sich wasserlösliche Farbstoffe beispielsweise durch Derivatisierung, Verlackung oder Verkapselung in wasserunlösliche Farbstoffe überführen.

Der beanspruchte Gegenstand erfüllt daher die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.

15. Neuheit - Artikel 54 EPÜ

Die Einsprechende führte in der mündlichen Verhandlung aus, keine Neuheitseinwände gegen die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 zu haben. Da keiner der vier in den Ansprüchen 1 und 6 genannten Emulgatoren in D8 auch nur erwähnt wird, kommt auch die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 6, und damit auch der der abhängigen Ansprüche 2-5, neu ist.

16. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

16.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 15 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die folgenden Änderungen:

I) die Alternative eines Trägerstoffs für die oberflächenaktive Substanz b.) wurden gestrichen,

II) das Merkmal im Verfahrensschritt a.) wurde teilweise umformuliert von "mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Trägerstoff oder mindestens einem Lösungsmittel oder mit weiteren Bestandteilen" zu "mindestens eines Farbstoffes, mit mindestens einem Lösungsmittel und gegebenenfalls mit weiteren Bestandteilen",

III) die oberflächenaktive Substanz wurde auf Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem beschränkt.

16.2 Durch diese Änderungen wird das Wesen des Anspruchsgegenstandes nicht verändert, denn wie Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft auch Anspruch 1 des Hilfsantrags 15 ein Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches, bei dessen Herstellung unter anderem keine organischen Lösungsmittel verwendet werden. Aus den oben genannten Gründen erachtet daher die Kammer auch hier D8 als den nächstliegenden Stand der Technik.

16.3 Wie oben in Bezug auf den Hilfsantrag 4 diskutiert tragen die Änderungen I) und II) nicht zu einer Abgrenzung gegenüber D8 bei.

In Beispiel 1 der D8 wird keiner der oben unter III) genannten Emulgatoren eingesetzt. Diese stellen somit ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber D8 dar.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 15 von D8 neben den bereits im Hauptantrag vorhandenen aber keine erfinderische Tätigkeit begründenden Unterscheidungsmerkmalen zusätzlich dadurch unterscheidet, dass die oberflächenaktive Substanz ein Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem ist.

16.4 Die Patentinhaberin verwies hinsichtlich der durch dieses Unterscheidungsmerkmal gelösten Aufgabe auf das Streitpatent (Absatz [0016]) und formulierte diese als Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches mit beispielsweise einer verbesserten Auflösungsgeschwindigkeit. Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, da die Patentinhaberin nicht experimentell belegt oder anderweitig plausibel gemacht hat, dass die in Absatz [0016] des Streitpatents genannten Effekte auf die in Anspruch 1 definierten spezifischen Emulgatoren zurückzuführen sind.

Ausgehend von D8 besteht demnach die objektive technische Aufgabe darin, ein alternatives Verfahren zur Herstellung eines Farbstoff-Gemisches bereitzustellen.

16.5 Die Lösung dieser objektiven technischen Aufgabe, d.h. der Ersatz des in D8 eingesetzten Ascorbylpalmitats durch einen der Emulgatoren Lecithin, Polysorbat 80, Lactem oder Citrem hält die Kammer aus den folgenden Gründen für erfinderisch:

D8 offenbart nicht, zu welchem Zweck das Ascorbylpalmitat eingesetzt wird. D8 beschreibt jedoch, dass die Vermahlung der Farbstoffe vorteilhaft in Gegenwart von Antioxidantien durchgeführt wird (Seite 4, Absatz 2). Da die antioxidativen Eigenschaften von Ascorbinsäure und von darauf basierenden Verbindungen allgemein bekannt sind und D8 den Zusatz von Emulgatoren wie Laurylsulfat und Polysorbat als nachteilhaft beschreibt (der von Seite 2 auf Seite 3 übergehende Absatz), geht der Fachmann davon aus, dass das Ascorbylpalmitat aufgrund seiner antioxidativen und nicht etwa wegen seiner emulgierenden Eigenschaften eingesetzt wird. Der Fachmann hätte daher überhaupt keine Veranlassung gehabt, Verbindungen mit emulgierenden Eigenschaften, wie Lecithin, Polysorbat 80, Lactem und Citrem zuzusetzen.

Die Einsprechende argumentierte mit Verweis auf D23 (Tabelle "Antioxidantien und Säureregulatoren" auf den Seiten 6 ff.), dass die antioxidativen Eigenschaften von Lecithin allgemein bekannt seien und der Fachmann daher das Ascorbylpalmitat der D8 gegen dieses austauschen würde. Dieses Argument hält die Kammer jedoch nicht für stichhaltig: so sind die antioxidativen Eigenschaften von Lecithin aus dieser Tabelle, die eben nicht nur Antioxidantien sondern auch Säureregulatoren betrifft, nicht klar und eindeutig ableitbar. Hinzu kommt, dass die Ausführungen im zugehörigen Eintrag zu Lecithin ("Emulgator, Mehlbehandlungsmittel. Lecithin verbessert die Knet- und Formeigenschaften von Teigen und verlangsamt das Altbackenwerden von Gebäck. In Margarine sorgt Lecithin dafür, dass sie in der Pfanne nicht spritzt.") direkt den auf Säureregulatoren zurückzuführenden Effekten zugerechnet werden können ("Säureregulatoren halten den gewünschten pH-Wert eines Lebensmittels konstant und verstärken teils die Stabilität und Festigkeit des Lebensmittels oder die Wirkung von Konservierungsmitteln.", vgl. Ausführungen im Absatz direkt oberhalb der Tabelle).

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist demnach erfinderisch. Eine analoge Argumentation gilt für das Farbstoff-Gemisch gemäß Anspruch 6, da es nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 hergestellt und bezüglich der Emulgatoren analog beschränkt ist. Die Ansprüche 2-5 sind von Anspruch 1 abhängig und ihr Gegenstand somit ebenfalls erfinderisch.

Hilfsanträge 16-22

Mit der Gewährbarkeit des Hilfsantrags 15 erübrigt sich eine Diskussion der nachrangigen Hilfsanträge 16-22.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage der folgenden Ansprüche und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 bis 6 des Hilfsantrags 15 eingereicht mit Schreiben vom 3. September 2013.

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