T 1472/13 () of 4.7.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T147213.20170704
Datum der Entscheidung: 04 Juli 2017
Aktenzeichen: T 1472/13
Anmeldenummer: 08004575.0
IPC-Klasse: B23Q 1/00
B23Q 1/01
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 338 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bearbeitungsvorrichtung mit Grundkörper aus Beton
Name des Anmelders: Homag Holzbearbeitungssysteme AG
Name des Einsprechenden: Elementbau Osthessen GmbH & Co., ELO KG
BIESSE S.p.A.
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Änderungen - zulässig (ja)
Spät eingereichter Antrag - eingereicht in der mündlichen Verhandlung (Hilfsantrag A)
Spät eingereichter Antrag - Zulassung (nein)
Spät eingereichter Antrag - Antrag identisch mit dem im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassenen Hilfsantrag (Hilfsantrag I)
Spät eingereichter Antrag - Zulassung (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsantrag IV (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag II (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 23. April 2013 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Europäische Patent Nr. 2 100 692 widerrufen.

II. Die Einspruchsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag und den damals geltenden Hilfsanträgen II-IV nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Hilfsantrag I wurde nicht in das Verfahren zugelassen.

III. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) frist- und formgerecht Beschwerde eingereicht.

IV. Am 4. Juli 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, bezüglich deren Inhalts auf das Sitzungsprotokoll verwiesen wird.

V. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis des Hauptantrages, eingereicht mit Schriftsatz vom 3. September 2013, des Hilfsantrages A, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder der Hilfsanträge I, IV, II und III, eingereicht mit Schriftsatz vom 3. September 2013.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet (Löschungen gegenüber dem erteilten Anspruch sind durchgestrichen, Hinzufügungen unterstrichen dargestellt) :

"Bearbeitungsvorrichtung (1) zum Bearbeiten von Werkstücken, die bevorzugt zumindest teilweise aus Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoff oder dergleichen bestehen, mit:

einem Maschinenbett (10) und mindestens einer mit dem Maschinenbett verbundenen Bearbeitungseinheit (4), wobei das Maschinenbett (10) einen Grundkörper (12) aufweist, der zumindest abschnittsweise aus zementgebundenem Faserbeton besteht,[deleted: wobei der Grundkörper (12) mindestens ein Stahlprofil (20) aufweist,]

dadurch gekennzeichnet, dass der Grundkörper (12) mindestens ein einbetoniertes Stahlprofil (20) aufweist, und dass der Grundkörper (12) und/oder zumindest ein Teil der Bearbeitungseinheit (4) zumindest abschnittsweise aus Faserbeton mit vorgespannten Bewehrungselementen besteht."

Anspruch 1 nach Hilfsantrag A ist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags dahingehend geändert worden, dass eine "Bearbeitungsvorrichtung (1) zum Bearbeiten von Werkstücken, die [deleted: bevorzugt] zumindest teilweise aus Holz, Holzwerkstoffen, oder Kunststoff [deleted: oder dergleichen] bestehen" beansprucht wird.

Gemäß Anspruch 1 von Hilfsantrag I besteht der Grundkörper und/oder zumindest ein Teil der Bearbeitungseinheit zumindest abschnittsweise aus "hochfestem" Faserbeton mit vorgespannten Bewehrungselementen.

Anspruch 1 von Hilfsantrag IV wurde weiter gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags durch das Merkmal eingeschränkt, wonach "das Stahlprofil als Führung, Aufstandsfläche, Krafteinleitungsbereich sowie Biegezugelement für den Grundkörper dient."

Anspruch 1 von Hilfsantrag II lautet:

"Verfahren zum Herstellen (12) einer Bearbeitungsvorrichtung (1) zum Bearbeiten von Werkstücken, die bevorzugt zumindest teilweise aus Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoff oder dergleichen bestehen, mit:

einem Maschinenbett (10) und mindestens einer mit dem Maschinenbett verbundenen Bearbeitungseinheit (4), wobei das Maschinenbett (10) einen Grundkörper (12)

aufweist, der zumindest abschnittsweise aus zementgebundenem Faserbeton besteht, dadurch gekennzeichnet, dass der Grundkörper (12) mindestens ein einbetoniertes Stahlprofil (20) aufweist, dass

der Grundkörper (12) und/oder zumindest ein Teil der Bearbeitungseinheit (4) zumindest abschnittsweise aus Faserbeton mit vorgespannten Bewehrungselementen besteht,

und dass der Grundkörper (12) mehrteilig derart ausgeführt ist, dass er einen Basisabschnitt (14), der im Wesentlichen aus zementgebundenem Faserbeton besteht, und mindestens einen hiermit nachträglich verbundenen Anschlussabschnitt (20') aufweist, mit den Schritten:

Herstellen eines Basisabschnitts (14) aus Faserbeton,

Vorbereiten mindestens eines mit dem Basisabschnitt zu verbindenden Anschlussabschnitts (16, 18; 20'),

Ausrichten des mindestens einen Anschlussabschnitts (16, 18; 20') in einer Referenzposition, Verkleben des mindestens einen Anschlussabschnitts (16, 18; 20') mit dem Basisabschnitt (14)."

VII. Folgende Dokumente sind in dieser Entscheidung erwähnt:

D2: US 3 800 636 A

D9: GB 2 071 635 A

E1: DE 10 2005 046 963 A1

VIII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

a) Hauptantrag

i) Artikel 123(2) EPÜ

Der Gegenstand von Anspruch 1 sei der ursprünglich eingereichten Anmeldung entnehmbar. Insbesondere sei die Kombination der Merkmale des Anspruchs im Paragraf [0010] der veröffentlichten Anmeldung offenbart.

ii) Erfinderische Tätigkeit

D9 offenbare kein Stahlprofil. Die Rahmen 32 seien nicht als Profil anzusehen.

D2 offenbare zwar Beton, aber keinen zementgebundenen Faserbeton, wie beansprucht. Zudem seien die Profile 23 weder aus Stahl, noch seien sie einbetoniert.

Außerdem seien vorgespannte Bewehrungselemente und Faserbeton bisher nie zusammen verwendet worden. D9 stamme aus dem Jahr 1981 und D2 aus dem Jahr 1974. Dennoch habe niemand außer der Patentinhaberin bis zum Einreichungstag die Idee gehabt, diese beiden Technologien zu kombinieren. Dies zeige ein im Stand der Technik bestehendes Vorurteil gegen die gemeinsame Verwendung von vorgespannten Bewehrungselementen mit Faserbeton.

Daher sei es für den Fachmann nicht offensichtlich gewesen, die Lehren von D2 und D9 zu kombinieren. Außerdem könne selbst die Zusammenschau beider Dokumente nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 führen.

b) Hilfsantrag A

Die Änderungen seien einfach zu verstehen und somit während der mündlichen Verhandlung problemlos abzuhandeln. Der Antrag sei daher zuzulassen.

c) Hilfsantrag I

Die Einspruchsabteilung habe die falschen Kriterien verwendet. Dass ein Gegenstand nicht recherchiert worden sei, sei kein im Einspruchsverfahren gültiger Einwand. Der Antrag sei daher ebenfalls zuzulassen.

d) Hilfsantrag IV

Die aus D2 bekannten Profile dienten nicht als Führung, Aufstandsfläche, Krafteinleitungsbereich sowie Biegezugelement für den Grundkörper, wie beansprucht.

e) Hilfsantrag II

Es gebe keinerlei Hinweis, den Grundkörper von D9 oder D2 mehrteilig auszubilden. Damit sei erfinderisches Zutun erforderlich, um zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen.

IX. Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten im Wesentlichen wie folgt:

a) Hauptantrag

i) Artikel 123(2) EPÜ

Gemäß ursprünglicher Offenbarung (Paragraf [0010] der veröffentlichten Anmeldung) sei - wie von Beschwerdeführerin III schriftlich vorgebracht - die Verwendung von Bewehrungselementen durch den Einsatz von Faserbeton entweder komplett zu vermeiden oder ihre Notwendigkeit verringert. Eine Kombination von Faserbeton und Bewehrungselementen sei daher nicht aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung entnehmbar.

ii) Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Kombination der Lehren von D2 und D9 oder D9 und D2.

Ausgehend von D9:

D9 offenbare alle Merkmale von Anspruch 1, außer der vorgespannten Bewehrungselemente, insbesondere seien die Rahmen 23 als Profile anzusehen, siehe Figur 9.

Die Bearbeitungsvorrichtung nach Anspruch 1 unterscheide sich von dieser bekannten Vorrichtung dadurch, dass der Grundkörper und/oder zumindest ein Teil der Bearbeitungseinheit vorgespannte Bewehrungselemente aufweise.

Die zu lösende Aufgabe bestehe daher darin, eine Bearbeitungsvorrichtung mit verbesserter Festigkeit vorzuschlagen.

D2 offenbare eine Bearbeitungsvorrichtung, bei der vorgespannte Bewehrungselemente verwendet werden, um Spannkräfte im Beton zu vermeiden (D2, Sp. 2, Z.37-44).

Es wäre daher für den Fachmann offensichtlich gewesen, diese Lehre in der aus D9 bekannten Bearbeitungsvorrichtung zu verwenden, um die obengenannte Aufgabe zu lösen.

Ausgehend von D2:

D2 offenbare alle Merkmale von Anspruch 1 außer "Faserbeton".

Die zu lösende Aufgabe bestehe daher darin, eine Bearbeitungsvorrichtung mit verbesserter Festigkeit vorzuschlagen.

Aus D9 (siehe S.1, Z. 33-37) sei es bekannt, Faserbeton zu verwenden, um die Festigkeit zu verbessern.

Daher sei es für den Fachmann naheliegend, diese Lehre in der aus D2 bekannten Vorrichtung zu verwenden, um die oben genannte Aufgabe zu lösen.

Darüber hinaus sei kein technisches Vorurteil gegen die Verwendung von Faserbeton in Verbindung mit vorgespannten Bewehrungselementen ausreichend nachgewiesen worden, da dies nach ständiger Rechtsprechung mit Fachliteratur belegt werde müsse. Außerdem sei kein seit Langem bestehendes Bedürfnis belegt worden.

b) Hilfsantrag A

Dieser Hilfsantrag sei zu spät eingereicht und stelle damit eine Überraschung dar. Er solle daher nicht ins Verfahren zugelassen werden.

c) Hilfsantrag I

Die Einspruchsabteilung habe die richtigen Kriterien angewendet und ihr Ermessen korrekt ausgeübt. Der Antrag sei daher auch von der Kammer nicht ins Verfahren zuzulassen.

d) Hilfsantrag IV

Das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 sei aus D2 bekannt. Daher beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Wenn das Profil 20 im Patent als Führung, Aufstandsfläche, Krafteinleitungsbereich sowie Biegezugelement für den Grundkörper diene, wie von der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dann müsse dies auch für das Profil 23 von D2 zutreffen.

e) Hilfsantrag II

Der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Lehren von D2 und D9 zusammen mit dem allgemeinen Fachwissen, wie in E1 dargestellt, da der Fachmann keinerlei Anregung habe, den Grundkörper aus D2 mehrteilig auszubilden.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ

Paragraf [0010] der Anmeldung offenbart die Kombination von Bewehrungselementen und Faserbeton. Es stimmt zwar, dass Paragraf [0010] lehrt, dass durch die Verwendung von Faserbeton weniger Bewehrungselemente gebraucht werden bzw. vollständig auf solche Bewehrungselemente verzichtet werden könnte. Jedoch bedeutet "weniger Bewehrungselemente", dass immer noch Bewehrungselemente im Faserbeton vorhanden sind. Daher erfüllt der Hauptantrag die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.

2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

2.1 D9 als nächstliegender Stand der Technik

D9 offenbart eine Bearbeitungsvorrichtung mit einem Grundkörper, der zumindest abschnittsweise aus zementgebundenem Faserbeton besteht. Im Grundkörper ist ein Skelett 31 bestehend aus metallischen Rahmen 32 eingebettet (S. 2, Z. 37-38). Dieses Skelett ist in Figur 9 dargestellt, wobei das Skelett als ein Netzwerk von einfachen Linien gezeichnet wurde. Nach Auffassung der Kammer würde der Fachmann unter dem Begriff "Stahlprofil" Objekte wie Winkel, I-Träger oder Schienen verstehen, nicht jedoch einen Rahmen wie in Figur 9 dargestellt. Es ist weiterhin unstreitig, dass D9 keine vorgespannten Bewehrungselemente offenbart.

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich daher von der Bearbeitungsmaschine gemäß D9 dadurch, dass der Grundkörper ein einbetoniertes Stahlprofil aufweist, und dass der Grundkörper und/oder zumindest ein Teil der Bearbeitungseinheit zumindest abschnittsweise aus Faserbeton mit vorgespannten Bewehrungselementen besteht.

Ausgehend von D9 ist die zu lösende Aufgabe darin zu sehen, eine Bearbeitungsvorrichtung mit verbesserter Festigkeit vorzuschlagen (vgl. Patent, Paragraf [0011]).

D2 offenbart zwar vorgespannte Bewehrungselemente und ein einbetoniertes Stahlprofil (siehe Punkt 2.2 unten). Jedoch gibt es keinen Hinweis darauf, ein solches Stahlprofil in der Bearbeitungsmaschine von D9 zu benutzen. Außerdem ist es die Aufgabe von D9, nicht-metallische strukturelle Maschinenteile bereitzustellen (S. 1, Z. 15-16), so dass die Verwendung eines aus D2 bekannten Stahlprofils der Lehre von D9 widerspräche.

Damit ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht naheliegend ausgehend von D9.

2.2 D2 als nächstliegender Stand der Technik

D2 offenbart eine Bearbeitungsvorrichtung ("machine tools" - Sp. 1, Z. 4-5) zum Bearbeiten von Werkstücken, die bevorzugt zumindest teilweise aus Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoff oder dergleichen bestehen, mit einem Maschinenbett und mindestens einer mit dem Maschinenbett verbundenen Bearbeitungseinheit, wobei das Maschinenbett einen Grundkörper aufweist, der zumindest abschnittsweise aus Beton besteht (Sp. 3, Z. 19).

D2 offenbart unstreitig nicht, dass der Beton ein Faserbeton ist.

D2 offenbart außerdem, dass der Grundkörper mindestens ein einbetoniertes Profil 23, 32 - siehe auch Sp. 4, Z. 15 ("buried in the concrete") und Figuren 3,5,11 - aufweist, und dass der Grundkörper zumindest abschnittsweise aus Beton mit vorgespannten Bewehrungselementen ("rods" 20) besteht.

Es stimmt zwar, dass nachgespannte Bewehrungselemente bevorzugt sind (Sp. 3, Z. 20-22). D2 offenbart jedoch explizit auch, dass die Bewehrungselemente vorgespannt sein können (siehe ebenfalls Sp. 3, Z. 21). Wenn die Bewehrungselemente vorgespannt sind, wird das Profil 23 zwangsläufig einbetoniert.

Daher unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Bearbeitungsvorrichtung nach D2 dadurch, dass der Beton ein Faserbeton ist, und allenfalls dadurch, dass der Beton zementgebunden ist, sowie das Profil aus Stahl besteht.

Ausgehend von D2 ist die zu lösende Aufgabe darin zu sehen, eine Bearbeitungsvorrichtung mit verbesserter Festigkeit vorzuschlagen.

Es ist aus D9 bekannt, dass Faserbeton vorteilhafte Festigkeitseigenschaften aufweist (S. 1, Z. 35).

Es wäre daher für den Fachmann offensichtlich, Faserbeton bei der aus D2 bekannten Bearbeitungsvorrichtung zu verwenden, um die obengenannten Aufgabe zu lösen.

Es stimmt zwar, dass der in D2 erwähnte Beton nicht explizit als zementgebundener Beton und die Profile nicht explizit als aus Stahl bestehend beschrieben werden. Diese Materialien sind jedoch fachüblich und andere Materialien machten technisch wenig Sinn, so dass diese Merkmale keine erfinderische Tätigkeit begründen können.

Ein Vorurteil gegen Faserbeton mit vorgespannten Bewehrungselementen ist von der Beschwerdeführerin nicht ausreichend belegt worden, da ein solches Vorurteil normalerweise durch Fachliteratur und nicht durch einzelne Patentdokumente zu beweisen wäre (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA, 8. Auflage 2016, I.D.10.2).

Daher gelangte der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand von Anspruch 1.

3. Hilfsantrag A - Zulassung ins Verfahren

Hilfsantrag A wurde erstmals während der mündlichen Verhandlung eingereicht. Es gab kein neues Element im Verfahren, das die Einreichung eines neuen Antrags zu diesem späten Zeitpunkt rechtfertigte. Der Antrag wurde daher nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(3) VOBK).

4. Hilfsantrag 1 - Zulassung ins Verfahren

Hilfsantrag 1 wurde von der Einspruchsabteilung nicht ins Verfahren zugelassen. Nach der Entscheidung G7/93 (ABl. EPA 1994, 775, Nr. 2.6 der Gründe) sollte sich eine Beschwerdekammer nur dann über die Art und Weise, in der die Vorinstanz ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass diese ihr Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt und damit den ihr eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat.

Im vorliegenden Fall hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass die Einsprechenden von dem Antrag überrascht waren, da es sich um die Hinzufügung eines nicht recherchierten Gegenstands handele. Es wurde somit nicht, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, die nicht erfolgte Recherche als Kriterium verwendet, sondern deren Folge, nämlich die Überraschung der Einsprechenden.

Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die Einspruchsabteilung das ihr eingeräumte Ermessen nicht überschritten hat. Damit ist der Antrag nicht im Verfahren zu berücksichtigen (Artikel 12(4) VOBK).

5. Hilfsantrag IV - erfinderische Tätigkeit

Das Merkmal, wonach das Stahlprofil als Führung, Aufstandsfläche, Krafteinleitungsbereich sowie Biegezugelement für den Grundkörper dient, ist in Anspruch 1 hinzugefügt worden.

Laut Beschwerdeführerin dient der Träger 20 im Patent als Führung, Aufstandsfläche, Krafteinleitungsbereich sowie Biegezugelement für den Grundkörper. Da die Profile 23 von D2 eine ähnliche Position und Form haben wie der Träger 20 im Patent, muss Entsprechendes für diese in D2 offenbarten Profile gelten. Das Merkmal ist daher aus D2 bekannt.

Die Argumentation in Paragraf 2.2 (siehe oben) bleibt daher gültig, und der Gegenstand von Anspruch 1 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6. Hilfsantrag II - erfinderische Tätigkeit

6.1 Ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik:

D2 offenbart unstreitig kein Verfahren, bei dem der Grundkörper mehrteilig ausgeführt ist. Demzufolge offenbart D2 auch nicht die Verfahrensschritte:

Herstellen eines Basisabschnitts aus Faserbeton, Vorbereiten mindestens eines mit dem Basisabschnitt zu verbindenden Anschlussabschnitts, Ausrichten des mindestens einen Anschlussabschnitts in einer Referenzposition, Verkleben des mindestens einen Anschlussabschnitts mit dem Basisabschnitt.

Es mag sein, dass Ausrichten und Verkleben dem Fachmann bekannt sind. Jedoch würde er diese Verfahrensschritte nur verwenden, wenn er einen Anlass hätte, den Grundkörper mehrteilig auszuführen.

Der Grundkörper der Bearbeitungsvorrichtung nach D2 ist jedoch so aufgebaut, dass der Beton wegen der durchgehenden, vorgespannten Glieder 20 unter Kompression steht (siehe z.B. Figur 2). Eine mehrteilige Konstruktion unterbräche diese Vorspannung und wäre damit für den Fachmann nicht naheliegend.

E1 offenbart zwar einen mehrteiligen Maschinengrundkörper zum Bestücken von Substraten mit elektrischen Bauteilen (Paragraf [0001]), wobei eine Alternative darin besteht, den Rahmen 2 durch Klebeverbindungen mit den Wangenkörpern 3 zu verbinden (Paragraf [0022]).

Die Kammer kann jedoch keinen Grund sehen, wieso die aus E1 bekannte geteilte Konstruktion auf die aus D2 bekannte durchgehende Konstruktion übertragbar wäre, weil die beiden Maschinen für unterschiedliche Zwecke bestimmt sind.

Daher würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun ausgehend von D2 nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangen.

6.2 Ausgehend von D9 als nächstliegendem Stand der Technik:

D9 offenbart ein Verfahren zum Herstellen einer Bearbeitungsvorrichtung zum Bearbeiten von Werkstücken. Bei diesem Verfahren wird ein Grundkörper 20 auf einer Platte 21 montiert. Zuerst werden die Rahmen 32 auf der Platte fixiert, um das Skelett herzustellen. Dann wird Zement, Beton oder Keramik aufgegossen und das Ganze gehärtet. Die Lehre von D9 ist es daher, einen einteiligen Körper zu schaffen, wobei Platte und Grundkörper integral sind. Zwar wäre es denkbar diese Teile zu trennen und nachfolgend zu kleben. Dies würde jedoch gegen die Lehre von D9 verstoßen.

Der Fachmann gelangte daher ausgehend von D9 nicht ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand von Anspruch 1.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung auf der Basis der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 6, eingereicht als Hilfsantrag II mit Schriftsatz vom 3. September 2013

- Beschreibung Seiten 2 bis 6, eingereicht während der mündlichen Verhandlung

- Figuren 1 bis 5 der Patentschrift.

Quick Navigation