European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T145513.20161207 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 Dezember 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1455/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07787881.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01J 23/46 B01J 38/04 C07C 67/303 C07C 51/36 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR REGENERIERUNG VON RUTHENIUMKATALYSATOREN FÜR DIE KERNHYDRIERUNG VON PHTHALATEN | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 01 Evonik Degussa GmbH 02 ExxonMobil Chemical Patents Inc. |
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Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Verspätetes Vorbringen - Rechtfertigung der Verspätung (nein) Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden 01 richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 049 254 in geändertem Umfang.
II. Die Patentinhaberin hatte ebenfalls Beschwerde eingereicht, nahm diese aber mit Schreiben vom 8. November 2016 zurück. Sie ist demnach Beschwerdegegnerin bezüglich der Beschwerde der Einsprechenden 01.
Die nicht beschwerdeführende Einsprechende 02 ist lediglich Verfahrensbeteiligte nach Artikel 107 Satz 2 EPÜ.
III. Der einzige unabhängige Anspruch 1 des Patents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten, geänderten Fassung (damaliger Hilfsantrag 3) lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Patents in seiner erteilten Fassung durch die Kammer kenntlich gemacht):
"1. Integriertes Verfahren zum Hydrieren von Phthalaten und den entsprechenden Säuren in Gegenwart eines Rutheniumkatalysators mit folgenden Schritten:
(a) Bereitstellen zumindest eines Phthalats, Isophthalats oder Terephthalats sowie eines Rutheniumkatalysators;
(b) Hydrieren der eingesetzten aromatischen Verbindungen durch Kontakt mit Wasserstoff in Gegenwart des Rutheniumkatalysators, bis der Katalysator eine reduzierte Hydrierungsaktivität aufweist,
(c) Regenerierung des Katalysators durch Spülen mit Inertgas, wodurch Wasser von dem Katalysator entfernt wird,
bis zum Erreichen [deleted: der ursprünglichen Aktivität oder eines Teils] von >90% der ursprünglichen Aktivität, und
(d) gegebenenfalls Wiederholung der Schritte (a) bis (c)."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 12 sind auf speziellere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet.
IV. Die Einsprechenden 01 und 02 hatten unter Berufung auf die Gründe nach Artikel 100 a), b) und c) EPÜ den Widerruf des gesamten Patents beantragt. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen herangezogen, die auch in der angefochtenen Entscheidung abgehandelt sind:
E1: DE 101 28 242 A1;
E2: DE 102 49 368 A1;
E3: US 4,331,557 A;
E4: EP 0 913 194 B1;
E15: US 3,966,636 in Verbindung mit
E15a: US 3,336,241; sowie
E19: GB 1,361,811.
V. In der angegriffenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung unter anderem zu folgenden Schlüssen:
- Die Änderungen in den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 3 seien formal nicht zu beanstanden.
- Die Erfindung sei ausreichend offenbart.
- Ausgehend von E1 als nächstliegendem Stand der Technik sei die objektiv gelöste Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zu sehen. Das beanspruchte Verfahren habe aber im Hinblick auf die herangezogenen Kombinationen von E1 mit E15 oder E2 nicht nahegelegen.
VI. In ihrer Beschwerdebegründung und in ihren weiteren Schriftsätzen vertrat die Beschwerdeführerin nach wie vor die Auffassung, dass die beanspruchte Erfindung nicht ausführbar sei, unter anderem im Hinblick auf das Merkmal "bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität", bwz. nicht erfinderisch.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2016 reichte sie als weitere Entgegenhaltung das Dokument
E26: US 6,521,791 B1 ein,
auf dessen Basis sie die erfinderische Tätigkeit in Frage stellte.
VII. In ihren schriftlichen Eingaben im Beschwerdeverfahren verteidigte die Patentinhaberin das Patent in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung. Sie machte geltend, dass Dokument D26 nicht ins Verfahren zuzulassen sei und bestritt die Schlüssigkeit der von den Einsprechenden vorgebrachten Einwände betreffend die Ausführbarkeit und die erfinderische Tätigkeit.
VIII. Die Einsprechende 2 nahm schriftlich lediglich zu den (nicht mehr anhängigen) Anspruchssätzen Stellung, die zusammen mit der zurückgenommenen Beschwerde der Patentinhaberin eingereicht wurden. Im Zusammenhang mit den von ihr erhobenen Einwänden betreffend die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit hinterfragte sie, wie gewisse Merkmale von Anspruch 1 zu verstehen seien, unter anderem die Merkmale "Spülen mit Inertgas" und "eines Teils der ursprünglichen Aktivität".
Der Vertreter der Einsprechenden 02 bestätigte am 17. November 2016 telefonisch, dass er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
IX. In einer in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zu bestimmten Punkten mit, unter anderem betreffend die voraussichtlich Unzulässigkeit von E26 ins Verfahren sowie die Auslegung der bezüglich ihrer Bedeutung umstrittenen Terminologie des Anspruchs 1. Im Hinblick auf die von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Ansprüche erläuterte sie ihre positive vorläufige Meinung betreffend die Ausführbarkeit und die erfinderische Tätigkeit.
X. Die mündliche Verhandlung fand am 7. Dezember 2016 in Abwesenheit der Einsprechenden 02 statt.
Angesprochen wurden Fragen der Ausführbarkeit bzw. der erfinderischen Tätigkeit.
Bezüglich der Ausführbarkeit wurde lediglich auf den Bescheid der Kammer und das schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin Bezug genommen.
Im Rahmen der Erörterung der erfinderischen Tätigkeit wurde weder Dokument D26 noch die neuen Einwände auf Basis von Kombinationen von E1 mit E3 bzw. mit E19 ins Verfahren zugelassen.
XI. Anträge
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, d.h. die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung.
XII. Die für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) können wie folgt zusammengefasst werden:
Neues Vorbringen
E26 sei besonders relevant, weil dessen Beispiel 1 eine Regeneration eines mehr als 90%-ige Regeneration der ursprünglichen Aktivität veranschauliche. Das in E26 offenbarte Verfahren unterscheide sich vom beanspruchten Verfahren lediglich dadurch, dass keine Phthalate als zu hydrierende Edukte erwähnt sind. Aus diesem Unterschied ergebe sich aber keine erfinderische Tätigkeit.
Auch im Hinblick auf die Kombinationen von E1 mit E3 bzw. E19 habe das beanspruchte Verfahren nahegelegen.
Ausführbarkeit
Entgegen den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung sei der Fachmann nicht in der Lage, selbst bei optimaler Wahl der Verfahrensbedingungen (Temperatur, Dauer, Volumenstrom) den in den aufrecherhaltenen Ansprüchen definierten Katalysator wieder auf eine Aktivität von >90% zu regenerieren. Die beanspruchte Erfindung sei somit nicht ausführbar.
Auslegung von Anspruch 1
Anspruch 1 müsse ausgelegt werden. Bei der Beurteilung der Patentierbarkeit sei insbesondere zu berücksichtigen, dass das Merkmal "Spülen mit Inertgas" auch ein reines In-Kontakt-Bringen mit dem Gas umfasse. Zudem schließe der Wortlaut von Anspruch 1 weitere Verfahrensschritte im Rahmen der Regenerierung ebenso wenig aus wie die Anwesenheit weiterer Gase, wie etwa Sauerstoff, im Spülmedium. Das laut Anspruch 1 erforderliche Ergebnis des Verfahrens"bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität" müsse folglich nicht notwendigerweise allein durch das Spülen mit Inertgas erzielbar sein. Eine Behandlung mit einem Gas aus beispielsweise 50% Stickstoff und 50% Wasserstoff fiele noch unter Anspruch 1.
Erfinderische Tätigkeit
E1 offenbare den nächstliegenden Stand der Technik. Das beanspruchte Verfahren unterscheide sich davon nur durch den Regenerierungsschritt.
Eine unerwartete Wirkung dieser Unterschied sei nicht glaubhaft gemacht worden. Auf Grund fehlender Anfangswerte der Aktivität belege Beispiel 2 des Streitpatents nicht, dass der Katalysator bis zum Erreichen von >90% seiner ursprünglichen Aktivität regeneriert werde, selbst bei optimaler Wahl der Verfahrensbedingungen. Die Aufgabe laut Streitpatent sei nicht gelost worden.
Die objektive Aufgabe ausgehend aus E1 bestehe somit lediglich in der Bereitstellung eines weiteren oder alternativen Verfahrens mit Regenerierung des Katalysators.
Das beanspruchte Verfahren habe nahegelegen, und zwar sowohl im Hinblick auf E1 für sich genommen, als auch im Hinblick auf die jeweilige Kombination von E1 mit E2, E4 oder E15.
E1 befasse sich unter anderem mit Hydrierung von Phthalaten (Absatz [0110]), wie das Streitpatent. E1 (z.B. Absatz [0133]) weise darauf hin, dass Katalysatoren mit geringem Wassergehalt aktiver seien. Dies gelte in allen Schritten des Verfahren, somit auch in Rahmen einer Regenerierung. Also sei E1 entnehmbar, dass durch eine Absenkung des Gehalts an adsorbierten Wasser eine Steigerung der Katalysatorsaktivität erhalten werden könne. Daher sei das beanspruchte Verfahren bereits im Hinblick auf E1 alleine naheliegend.
E2 (Absätze [0002], [0008], [0015] und [0022], sowie Tabelle 2, erwähnt) offenbare ein Verfahren zur Regenerierung von Hydrierkatalysatoren, unter anderem Ru-Katalysatoren, wobei mehr als 90% der ursprünglichen Aktivität des (frischen) Katalysators wieder erreicht werden. Die Regenerierung erfolge durch Strippen mit einem Gasstrom, vorzugsweise Stickstoff. E2 sei mit E1 kombinierbar, da E1 nicht nur auf Ru-Katalysatoren für die Hydrierung von Phthalaten eingeschränkt sei. Daher führe die Kombination von E1 und E2 zum beanspruchten Verfahren.
E4 weise ebenfalls hin (Beispiel 3, Tabelle 2, Vergleichsbeispiele), dass die Spülung eines Ru-Katalysators mit Stickstoff enthaltenden Inertgasen als Wasser-entfernende Regenerierung zur Aktivitätserhöhung führe. Daher lege die Erfindung gegenüber der Kombination von E1 mit E4 auch nahe.
E15 (Spalte 2, Zeilen 3-12, Vergleichsbeispiel)/E15a sei zu entnehmen, dass eine Trocknung mit Stickstoff bei der Regenerierung von (unter anderem) Ru-Hydrierungs-Katalysatoren üblich sei. Also könne ein Spülen mit Inertgas einen desaktivierten Hydrierungskatalysator regenerieren.
Folglich sei das beanspruchte Verfahren auch gegenüber der Kombination der Entgegenhaltungen E1 und E15 nicht erfinderisch.
XIII. Die für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Gegenargumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:
Neues Vorbringen
E26 sei ohne jede Rechtfertigung verspätet vorgelegt worden. Darüber hinaus sei es nicht prima facie relevant, zumal es kein Verfahren zur Hydrierung von Phthalaten, noch weniger an einem Ru-Katalysator, betreffe. Ferner offenbare es kein Spülen mit einem Inertgas. Daher sei D26 nicht zuzulassen.
Die Einwände auf Basis der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erstmals herangezogenen Kombinationen E1 mit E3 bzw. mit E19 seien nicht gerechtfertigt, überraschend und demnach nicht ins Verfahren zuzulassen.
Ausführbarkeit
Die Beschwerdeführerin habe nicht bewiesen, dass sich die Aktivität des gebrauchten Katalysators bei geeigneter Wahl der Verfahrensbedingungen (Temperatur, Volumenstrom des Spülgases, Dauer des Spülschrittes) nicht wieder bis auf mindestens 90% seiner ursprünglichen Aktivität steigern lasse. Geeignete Bedingungen, welche die Entfernung von Wasser aus dem Katalysator durch Spülen mit Inertgas ermöglichten, seien den Beispielen entnehmbar. Somit sei das beanspruchte Verfahren ausführbar.
Auslegung von Anspruch 1
Anspruch 1 sei eindeutig formuliert und verlange, dass die Regenerierung ausschließlich mit Inertgas zu erfolgen habe, wobei diese Regenerierung bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität auszuführen sei. Dieses Verständnis von Anspruch 1 sei auch durch die Beschreibung gestützt, welche lediglich ein abschließende Liste von Inertgasen zur Spülung, aber keine weitere Maßnahmen im Rahmen der Spülung offenbare. Auch Ausführungsbeispiel 2 stehe im Einklang damit.
Erfinderische Tätigkeit
E1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.
Beispiel 2 und Tabelle 2 des Streitpatents belegten eine ganz beträchtliche Zunahme der Katalysator-Aktivität durch den erfindungsgemäßen Regenerierungsschritt, wobei sich die ursprüngliche Aktivität zu mindestens 90% wiederherstellen lasse. Trotz einer fast verdoppelten Katalysator-Belastung mit Edukt sei der Restaromaten-Gehalt fast halbiert, und betrage nach Regenerierung nur 50 ppm. Ein solcher Gehalt sei laut Streitpatent (Absatz [0063]) ein Indikator für ein nahezu vollständiges Erreichen der ursprünglichen Aktivität. Somit werde die technische Aufgabe laut Patent durch das beanspruchte Verfahren auch tatsächlich gelöst.
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Naheliegen der Erfindung seien nicht schlüssig.
E1 offenbare keinen Regenerierungsschritt mit Stickstoff als inertem, strippendem und trocknendem Gas, und rege demnach ein Verfahren mit einem derartigen Regenerierschritt auch nicht ab.
E2 betreffe nicht die Kernhydrierung von Phthalaten, sondern von anderen Edukten, welche das sogenannte Grünöl als verschmutzende, den Katalysator desaktivierende Ablagerung erzeugten. Noch weniger offenbare E2 die Anwendung von Ruthenium in den offenbarten Reaktionen als Hydrierkatalysator. Ruthenium sei nur im Rahmen einer langen Liste erwähnt, konkret beschrieben werde hingegen der Einsatz von Palladium als Katalysator. Daher habe der Fachmann keine Veranlassung, zur Lösung der technischen Aufgabe, E1 mit E2 zu kombinieren.
E4 offenbare die Regenerierung eines desaktivierten
Ru-Katalysator durch In-Kontakt-Bringen mit Sauerstoff in einer flüssigen Phase (unter anderem Wasser). Also spreche E4 eher gegen eine Trocknung des zu regenerierenden Katalysators. Der Fachmann würde schon deshalb nicht E1 mit E4 kombinieren wollen.
E15/E15a offenbare andere Verfahren zur Regenerierung von Platinmetallgruppen-Katalysatoren durch ein mehrstufiges Verfahren umfassend einen Oxidationsschritt und einen Reduktionsschritt. Hingegen werde im Streitpatent ein Ruthenium-Katalysator durch Spülen mit einem Inertgas regeneriert, und zwar bis zum erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität. E15/E15a führe eher von der beanspruchten Erfindung weg.
Entscheidungsgründe
Nicht ins Verfahren zugelassenes, geändertes Vorbringen
1. Dokument E26
1.1 Die späte und von der Beschwerdegegnerin gerügte Einreichung von E26 - mehr als zwei Jahre nach Einlegung ihrer Beschwerde - rechtfertigt die Einsprechende 1 lediglich mit dessen angeblicher prima facie Relevanz.
1.2 Für die Kammer ist weder ersichtlich,
- dass die Vorlage von D26 durch während den Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung und/oder durch die Begründung der angefochtenen Entscheidung veranlasst sein könnte, noch
- dass mit dem neuen Vorbringen (Einreichung von E26 und Einwände auf dessen Grundlage) ihre bisherige Argumentation präzisiert werden soll.
Die Kammer wertet die Einreichung von E26 einen vielmehr als einen Versuch der Beschwerdeführerin, den Fall im Beschwerdeverfahren auf eine neue Grundlage stellen.
1.3 Die Kammer hat daher entschieden, das Dokument E26 sowie die darauf basierenden Einwände nicht ins Verfahren zuzulassen (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 12(4) und 13(1),(3) VOBK).
2. Kombinationen von E1 mit E3 bzw. E19
2.1 Im Verlauf des Einspruchs- und Beschwerdeverfahren haben die Einsprechenden bzw. die Beschwerdeführerin verschiedenen Kombination von Entgegenhaltungen zur Untermauerung ihrer Angriffe auf die erfinderische Tätigkeit herangezogen (E1 mit E2, E1 mit E4, E1 mit E15), zuletzt noch das (nicht-zugelassene) Dokument E26.
2.2 Die Einwände auf Basis der Kombinationen von E1 mit E3 und von E1 mit E19 sind erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhoben worden, und dies ohne eine besondere Rechtfertigung vorzubringen.
2.3 Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieses neue Vorbringen durch den Verfahrensverlauf veranlasst war, etwas durch die Schriftsätze der Beschwerdegegnerin oder die Mitteilung der Kammer. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ihre bisherige Argumentation dadurch verstärkt oder präzisiert werden sollte.
2.4 Dieser neue Vortrag in der mündlichen Verhandlung kam für die Kammer und die Beschwerdegegnerin völlig überraschend und hätte eine zusätzliche gründliche Analyse der Dokumente E3 und E19 erfordert, die in der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt hatten.
2.5 Daher entschied die Kammer dieses neue Vorbringen nicht zuzulassen (Artikel 114(2) EPÜ sowie Artikel 12(4) und 13(1),(3) VOBK).
Hauptantrag - Auslegung
3. Auslegung - Anspruch 1
3.1 Die Parteien waren unterschiedlicher Auffassung bezüglich der Bedeutung gewisser Merkmale von
Anspruch 1, insbesondere bezüglich der Fragen, ob das Spülmedium nur aus Inertgas bestehen muss, und was der Fachmann unter Aktivität, bzw. unter dem "Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität" versteht.
3.2 Wie bereits in ihrem Bescheid dargelegt, versteht die Kammer Anspruch 1 in dieser Hinsicht wie folgt:
3.2.1 Unter "Spülen mit Inertgas" ist im Kontext von Anspruch 1 nach dem Dafürhalten der Kammer unmissverständlich gemeint, dass der Katalysator mit einem Gasstrom beaufschlagt wird, um derart das unerwünscht Wasser aus dem Katalysator abzutransportieren. Das Spülgas hat unter den gegebenen Bedingungen inert zu sein, also insbesondere weder oxidierender noch reduzierender Natur. Bei diesem Verfahrensschritt handelt also um ein Trocknen des Katalysators mit Desorption und Abtransport des Wassers aus dem Katalysator.
Eine Beaufschlagung des desaktivierten Katalysators mit einem Gasstrom, der eine (signifikante) Menge an z.B. Sauerstoff oder Wasserstoff enthält, ist demnach kein "Spülen mit Inertgas" im Sinne von Anspruch 1, ebenso wenig wie eine reines "In-Kontakt-Bringen" mit einem (nicht strömenden) Inertgas wie beispielsweise Stickstoff.
Dieses Verständnis von Anspruch 1 entspricht auch den Angaben in der Patentschrift (Absätze siehe z.B. Absätze [0097] und [0118], insbesondere Absatz [0103]).
3.2.2 Unter "Aktivität" des Katalysators im Sinne von Anspruch 1 versteht der Fachmann im Rahmen des Streitpatents zweifelsfrei den Umsatz des Edukts (Phthalat bzw. entsprechende Säure), siehe Absätze [0014], [0063] und [0064]). Dementsprechend ist in der Beschreibung (Absätze [0063] und [0064]) auch ausdrücklich angegeben, dass unter "erhöhte[r] Katalysatoraktivität" einen höherer Umsatz des Edukts bei der nach der Spülung wiederaufgenommenen Hydrierung zu verstehen.
In Absatz [0064] werden auch typische Spezifikationen eines Phthalat-Hydrierverfahrens angegeben, sowie der Zusammenhang zwischen Umsatz und Aromaten-Restgehalt. So entspricht ein solcher Restgehalt von <100 ppm einem Umsatz von >99,99%).
3.2.3 Das Merkmal "Regenerierung des Katalysators durch Spülen mit Inertgas bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität" definiert daher ein im Verlauf des beanspruchten Verfahrens zu erreichendes (Zwischen-)Resultat, welches direkt/allein (im Hinblick auf den Terminus "durch") mittels des Spülens mit Inertgas erhalten wird. Hierunter wird der Fachmann also das durch den Regenerierschritt (c) erreichte Verhältnis von Umsatz mit regeneriertem Katalysator zu Umsatz mit frischem (noch nicht gebrauchtem) Katalysator von größer als 90% verstehen.
So ist auch im Fall von Beispiel 2 des Streitpatents (siehe insbesondere Tabelle 2) der Restgehalt an Diisononylphthalaten (Aromaten) in dem bei der Hydrierung anfallenden Produktgasstrom nach dem Spülschritt geringer als davor (sinkt von 95 auf 50 ppm), und dies trotz einer gesteigerten Zufuhr an Edukt (DINP). Der gesunkene Restaromatengehalt entspricht auch nach dem Dafürhalten der Kammer einer durch das Spülen erreichten, erhöhten Aktivität.
Hauptantrag - Ausführbarkeit
4. Ein Angriff betreffend die Ausführbarkeit einer Erfindung ist laut Rechtsprechung der Beschwerdekammern auf konkrete, substantiierte und verifizierbare Tatsachen zu stützen.
4.1 Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) hat jedoch lediglich angebliche Unklarheiten bzw. fehlende Angaben im Streitpatent moniert, ohne zu beweisen, dass diese im vorliegenden Fall im Rahmen eines Verfahrens gemäß Anspruch 1 auch tatsächlich zu Schwierigkeiten bei dessen Nacharbeitung führen könnte.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigt insbesondere nicht in konkludenter Weise, dass (bzw. unter welchen Umständen) der Fachmann ein Verfahren wie beansprucht nicht ausführen könnte, insbesondere unter den (im Streitpatent ebenfalls offenbarten) typischen Bedingungen der Hydrierung von Phthalalten.
4.2 Der Vortrag der Einsprechenden 01 betreffend das geforderte Ausmaß der durch Wasser Verlust Regenerierung der Aktivität des Katalysators ist aus folgenden Gründen nicht überzeugend.
4.2.1 Das Merkmal "bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität" ist in der Tat ein im Anspruch definiertes, zu erreichendes Ergebnis der Verfahrens. Demnach fällt ein Verfahren, bei dem dieses Ergebnis nicht erreicht wird, nicht unter den Anspruch. Sollte dieses Ergebnis in keinem Fall erreichbar sein, wäre die Erfindung in der Tat nicht ausführbar.
4.2.2 Nach dem Dafürhalten der Kammer erreicht der Fachmann dieses Ergebnis - ohne unzumutbaren experimentellen Aufwand - durch geeignete Einstellung der in Beispiel 2 des Streitpatents ausdrücklich angesprochenen Parameter wie Temperatur, Dauer und Durchflussmenge des Inert-Spülgases. Die Beschwerdeführerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Fachmann nie in der Lage wäre, einen desaktivierten Katalysator aus der Phthalat-Hydrierung wieder auf zumindest >90% seiner ursprünglichen Aktivität zu bringen.
4.2.3 Zur Frage, wie bestimmt werden könne, ob die geforderte Regenerierung erhalten wird, merkt die Kammer Folgendes an:
Gemäß den typischen Spezifikationen der Hydrierung ist Restgehalt an Aromaten von <100 ppm einzuhalten, wobei laut Patentschrift (Absatz [0064]) ein Aromaten-Restgehalt von <100 ppm einem Umsatz von >99,99% entspricht. Folglich entspricht der Aromaten-Restgehalt von 50 ppm in Tabelle 2 des Beispiels 2 einem Umsatz, der größer ist als 90% (Absatz [0064], vierte Zeile).
4.3 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ).
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
5. Erfindung
Die Erfindung betrifft ein integriertes Verfahren zur Hydrierung von Phthalaten zu den entsprechenden Cyclohexandicarbonsäurederivaten mit Regenerierung des Katalysators (Absatz [0001] des Streitpatents).
6. Nächstliegender Stand der Technik
6.1 Zwischen den Parteien besteht dahingehend Einvernehmen, dass von E1 als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen sei.
6.2 Angesichts der Ähnlichkeiten zwischen den im Streitpatent bzw. E1 angesprochenen technischen Fragen und offenbarten Verfahren hat die Kammer keinen Grund, diesbezüglich einen anderen Standpunkt einzunehmen.
6.3 So betrifft E1 (Anspruch 1) allgemein ein Verfahren zur Hydrierung von organischen Verbindung unter Verwendung eines Ruthenium-Katalysators, wobei letzterer vorzugsweise regeneriert wird (Absätze [0125] und [0126]).
Insbesondere wird in Beispiel 28 von E1 die Hydrierung von Diisononylphthalat mit einem Ru-Katalysator beschrieben, wobei das Phthalat zu 100% umgesetzt wurde.
6.4 Das Verfahren laut Beispiel 28 stellt auch nach dem Dafürhalten der Kammer den angebrachtsten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gemäß dem Aufgabe-Lösung-Ansatz dar, wenngleich eine Regenerierung des Katalysators im Rahmen dieses Beispiels nicht beschrieben ist.
7. Technische Aufgabe
E1 ist zwar in der ursprünglichen Anmeldung nicht als Stand der Technik gewürdigt, jedoch besteht laut der Beschwerdegegnerin die technische Aufgabe auch im Hinblick auf E1 in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Hydrierung von Phthalaten mit Regenerierung des eingesetzten Rutheniumkatalysators, welches insbesondere eine mehrfache und fast vollständige Regenerierung des Katalysators ermöglicht.
8. Lösung
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent das integrierte Verfahren nach Anspruch 1 (vollständiger Wortlaut unter Punkt III, supra) vor, welches insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass hydriert wird, "bis der Katalysator einer reduzierte Aktivität aufweist", woraufhin eine Regenerierung des Katalysators erfolgt, und zwar durch (Hervorhebung durch die Kammer)
"(c) Regenerierung des Katalysators durch Spülen mit Inertgas, wodurch Wasser von dem Katalysator entfernt wird, bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität."
9. Erfolg der Lösung
9.1 Beispiel 2 des Streitpatents zeigt (Absatz [0118], dritter Satz, in Verbindung mit Tabelle 2), dass nach dem Spülschritt (Trocknung) mit Inertgas wieder ein geringerer Restaromatengehalt, also ein höherer Umsatz erreicht wird. Insbesondere ist den Versuchdaten in Tabelle 2 ersichtlich, dass trotz einer höheren Katalysatorbelastung mit Edukt (Erhöhung der Zufuhr von DINP von 0,3 vor der Regenerierung auf 0,52 kg/h nach der Regenerierung mit inertem Spülgas) der Restaromatengehalt von 95 ppm auf weniger als 50 ppm gesenkt werden kann. Laut Streitpatent (Absatz [0064], dritte Zeile) entsprechen Restgehalte von kleiner 100 ppm einem Umsatz von > 99,99%. Folglich entspricht ein Restaromatengehalt von 50 ppm einem noch höheren Umsatz, also einer nahezu vollständigen Hydrierung des Edukts.
9.2 Beispiel 2 enthält keine Angaben zur Aktivität des frischen (ungebrauchten) Katalysators. Dennoch ist es für die Kammer im Hinblick auf die oben angesprochenen Daten aus Beispiel 2, und in Ermangelung eines Beweises des Gegenteils, durchaus plausibel, dass mittels des integrierten Schritts (c) die Aktivität des gebrauchten Katalysators - auch wiederholte Male - deutlich angehoben werden kann, insbesondere auf ein Niveau von bis zu >90% der ursprünglichen Aktivität.
10. Naheliegen
10.1 Es bleibt demnach zu entscheiden, ob es für den Fachmann im Hinblick auf den Stand der Technik naheliegend war, in ein Hydrierverfahren, wie es in E1/Beispiel 28 beschrieben ist, eine Regeneriermethode laut vorliegendem Anspruch 1 zu integrieren.
10.2 Dokument E1
10.2.1 Laut E1 (Absatz [0125]) umfassen die darin offenbarten Verfahren vorzugsweise eine Regenerierung des Katalysators. In Absatz [0126] von E1 werden verschiedene, geeignete Regeneriermethoden lediglich exemplarisch aufgelistet, nämlich Behandlungen mit halogenfreier Säure, wässrigem Wasserstoffperoxid oder anderen halogen-freien oxidieren Substanzen, oder aber mit Sauerstoff.
10.2.2 E1 offenbart nicht, dass eine Desaktivierung des Katalysators durch Wasser erfolgt. In Absatz [0136] von E1 wird zwar erwähnt, dass die Aktivität des Katalysators gesteigert werden kann, wenn dessen Wassergehalt vor dem Hydrierschritt möglichst weit abgesenkt wird. Allerdings betrifft dieser Hinweis die Herstellung des Katalysators, nicht dessen Regenerierung.
10.2.3 E1 enthält demnach nichts, was den Fachmann erkennen lässt, dass eine Regenerierung des gebrauchten Katalysators bis zum Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität durch Entfernung von Wasser in bereits lediglich durch Spülen mit Inertgas erreicht werden kann.
10.3 Kombination mit Dokument E2
10.3.1 E2 (Ansprüche 1, 2 und 4) betrifft ein Verfahren zur Regenerierung eines Hydrierkatalysators, der in einer Gasphasenhydrierung eingesetzt worden ist, insbesondere in der Selektivhydrierung von Acetylen, bzw. von Propin und/oder Propandien aus einem C2- bzw. C3-Schnitt. Der Katalysator wird hierzu einem "Strippen" unterworfen, und zwar mit einer Substanz oder einem Substanzgemisch, das unter Verfahrensbedingungen keine oxidierende Wirkung hat und in gasförmigen Aggregatzustand vorliegt, bei einer Temperatur im Bereich von 50 bis 300°C. Vorzugsweise wird zum Strippen Stickstoff oder ein Gemisch aus Stickstoff und Wasserstoff eingesetzt.
Absatz [0004] von E2 beschreibt die Art der Ablagerungen, die die Desaktivierung des Katalysators verursachen: "Als Folge von Nebenreaktionen bilden sich in den Hydrierreaktoren aus den Reaktanden Oligomere und Polymere, sogenanntes Grünöl, das zu kohlenstoffhaltigen Ablagerungen auf dem Hydrierkatalysator führt. Dadurch werden Poren verstopft, Aktivzentren werden unzugänglich, die Aktivität des Katalysators sinkt und eine Regenerierung desselben wird erforderlich".
In den Ausführungsbeispielen (Absätze [0026] bis [0028], insbesondere Beispiel 7) wird gezeigt, dass ein Strippen mit einem Stickstoff-Strom bei erhöhter Temperatur einen desaktivierten Palladium/Silber-Katalysator aus den besagten Selektivhydrierung wieder weitgehend zu regenerieren vermag (bis auf 94% der ursprünglichen Aktivität, d.h. mit frischem Katalysator erzielbaren Umsätze).
10.3.2 Allerdings ist die Kammer nicht überzeugt, dass der mit technischen Aufgabe (Punkt 7, supra) befasste Fachmann - in Unkenntnis der vorliegenden Erfindung - bei seiner Suche nach einer Lösung den Inhalt von E2 überhaupt näher in Betracht gezogen hätte. Zum einen betrifft E2 nicht das Hydrieren von Phthalaten und zum anderen ist nicht der Wassergehalt des gebrauchten Katalysators als problematisch thematisiert, sondern der Spezialfall der sogenanntes "Grünöl"-Ablagerung, der bei den besagten Selektivhydrierungen auftritt.
Der auf einer Kombination von E1 mit E2 basierende Angriff beruht nach dem Dafürhalten der Kammer auf einer rückschauenden, und daher unzulässigen Betrachtungsweise.
10.4 Kombination mit Dokument E4
10.4.1 Der auf einer Kombination von E1 mit E4 basierende Angriff überzeugt aus folgenden Gründen noch weniger.
10.4.2 E4 (Anspruch 1) betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Cycloolefins, umfassend die teilweise Hydrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs mit einem einzigen Ring in Gegenwart eines Ruthenium-Katalysators, wobei die Hydrierung durchgeführt wird, bis die Aktivität des Katalysators auf 60% oder weniger der anfänglichen Aktivität abgefallen ist,
woraufhin der Katalysator mit reduzierter Aktivität
zunächst mit Sauerstoff (oxidierend) in einer flüssigen Phase in Kontakt gebracht wird, anschließenden einer flüssigen Phase bei einem gewissen Wasserstoff-Partialdruck (reduzierend) gehalten wird, und danach erneut für die Hydrierung eingesetzt wird.
E4 vermag demnach nicht anzuregen, dass eine ausgeprägte Regenerierung bereits durch durch Trocknung mit einem Inertgas erreichbar wäre.
10.4.3 Die Beschwerdeführerin hat ihre Argumente dementsprechend im Wesentlichen auf die Offenbarung der Vergleichsbeispiele 3 und 4 von E4 gestützt.
Allerdings umfasst das Vergleichsbeispiel 3 von E4 beschriebene Regenerierung durch In-Kontakt-Bringen des gebrauchten Katalysators mit (Stickstoff) in einem verschlossenen Autoklave unter Erhitzen kein "Spülen" des Katalysators im Sinn des vorliegenden Anspruchs 1 (siehe Punkt 3.2.1, supra), also mit einem Stickstoffstrom.
Laut Vergleichbeispiel 4 von E4 wird der gebrauchte Katalysator zunächst mit Wasser gewaschen und dann im Vakuum wasserfrei getrocknet. Erst anschließend erfolgt die eigentliche Regenerierung, umfassend das Durchblasen eines Luft-Stickstoff-Gemischs (mit 3% Sauerstoff), also nicht eines Inertgases im Sinn von Anspruch 1, gefolgt von einem In-Kontakt-Bringen mit Stickstoff bei hoher Temperatur im verschlossenen Autoklaven (wie in Vergleichsbeispiel 3).
10.4.4 Abgesehen von diesen Unterschieden in der Durchführung der Regenerierung, zeigen die in Tabelle 2 von E4 dargestellten Versuchergebnisse zudem, dass die Behandlung gemäß den Vergleichsbeispielen 3 und 4 die Aktivität des Katalysators nur wenig erhöht, während eine Methode laut Anspruch 1 von E4 (Beispiel 1) zu einer Verdoppelung der Aktivität führt.
10.4.5 Die Kammer gelangt daher zur Überzeugung, dass der Fachmann durch E4, wenn überhaupt, eher dazu angeregt wird, die Regenerierungsmethode laut E4/Beispiel 1 in Betracht zu ziehen. Letztere beinhaltet aber zwingend als ersten Schritt das Durchblasen mit einem Luft-Stickstoffgemisch (3% Sauerstoff), gefolgt von einer Beaufschlagung (In-Kontakt-Bringen) mit Stickstoff im verschlossenen Autoklaven.
Eine Übertragung der ausdrücklichen Lehre von E4 (Anspruch 1, Beispiel 1) auf das Verfahren gemäß E1/Beispiel 28 führt jedoch nicht zu einem Verfahren mit den Merkmalen des vorliegenden Anspruch 1, bei welchem das Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität durch Entfernung von Wasser mittels Spülen mit Inertgas erreicht wird.
10.5 Kombination mit Dokument E15/E15a
10.5.1 E15 betrifft (Spalte 1, Zeilen 1 bis 17) unter anderem ein Verfahren zur Regenerierung von Ruthenium enthaltenden Katalysatoren, insbesondere solchen, die zur Hydrierung von ungesättigten Verbindungen eingesetzt worden sind.
Der desaktivierte Katalysator wird zu diesem Zweck bei erhöhten Temperaturen (siehe Anspruch 1 von E15) zunächst mit einem Wasserstoff enthaltenden Gas-Gemisch kontaktiert, dann mit einem Sauerstoff enthaltenden Gas-Gemisch, und zuletzt wieder mit einem Wasserstoff enthaltenden Gas-Gemisch.
Auch bei diesem Regenerier-Verfahren kommt demnach kein Inertgas im Sinne von Anspruch 1 zum Einsatz.
10.5.2 E15 (Spalte 2, Zeilen 9-12) erwähnt auch eine weitere, als konventionell bezeichnete Methode für die Regenerierung von Hydrierkatalysatoren, die unter anderem einen Trocknungsschritt mit Stickstoff aufweist, an den sich aber zwingend ein Oxidations- und ein Reduktionsschritt anschließen.
10.5.3 Auch eine Übertragung der ausdrücklichen Lehre von E15 (Anspruch 1)/E15a auf das Verfahren gemäß E1/Beispiel 28 vermag demnach nicht zu einem Verfahren mit den Merkmalen des vorliegenden Anspruch 1 zu führen, bei welchem das Erreichen von >90% der ursprünglichen Aktivität durch Entfernung von Wasser mittels Spülen mit Inertgas erreicht wird.
10.6 Zusammenfassend schließt die Kammer, dass sich für den von E1/Beispiel 28 ausgehenden und mit der Lösung der technischen Aufgabe befassten Fachmann ein Verfahren nach Anspruch 1 nicht in naheliegender Weise aus dem zu berücksichtigenden Stand der Technik ergibt, und insbesondere nicht ohne rückschauende Betrachtungsweise.
Der Gegenstand von Anspruch 1, und demnach auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2-12, beruhen demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).
Conclusio
11. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, weil die gegen das Patent in der Version laut vorliegendem Hauptantrag geltend gemachten und zugelassenen Einwände nicht durchgreifen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde der Einsprechenden 01 wird zurückgewiesen.