European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T141913.20161110 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 November 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1419/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07725994.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B21B 13/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | WALZGERÜST ZUR HERSTELLUNG VON WALZBAND ODER BLECH | ||||||||
Name des Anmelders: | Primetals Technologies Austria GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SMS group GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulassung eines neuen Einspruchsgrundes (nein) Zulassung eines verspätet gestellten Antrags (ja) Patentansprüche - Klarheit Änderungen - zulässig (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 2 026 915 (im Folgenden: Patent) betrifft Quarto- und Sexto-Walzgerüste mit konturierten Walzen.
II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurde Einspruch eingelegt, gestützt auf zwei Gründe des Artikels 100 a) EPÜ, nämlich mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit.
III. Die Einspruchsabteilung entschied, dass das Patent in geändertem Umfang gemäß Hilfsantrag 2 den Erfordernissen des EPÜ genüge.
IV. Die Einsprechende (im Folgenden: Beschwerdeführerin) hat Beschwerde gegen diese Zwischenentscheidung eingelegt.
V. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) teilte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung der Beschwerde mit.
VI. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) beantragte, das Patent auf der Grundlage des mit dem Schreiben vom 10. Mai 2016 eingereichten Hauptantrags in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
VII. Anspruchssatz gemäß Hauptantrag
Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 1 lautet folgendermaßen (die hinzugefügte Merkmalsgliederung wurde von den Beteiligten verwendet; die Änderungen am erteilten Anspruch 1 sind wie folgt kenntlich gemacht: gestrichene Passagen erscheinen im Text als durchgestrichen und neue Passagen erscheinen im Fettdruck):
1-1) Quarto-Walzgerüst zur Herstellung von Walzband oder Blech (B), mit zwei Arbeitswalzen (1), die sich an zwei Stützwalzen (2) [deleted: oder] [deleted: Zwischenwalzen(5) und Stützwalzen (2)] abstützen,
1-2) - wobei [deleted: zumindest eine dieser Walzen] die Arbeitswalzen (1) axial verschiebbar sind und eine über die gesamte wirksame Ballenlänge verlaufende, durch eine nichtlineare Funktion beschreibbare Ballenkontur (3[deleted: , 4, 6]) [deleted: aufweist] aufweisen[deleted: und],
1-3) - wobei die Ballenkonturen (3) der Arbeitswalzen (1) sich in einer bestimmten relativen Axialstellung der Arbeitswalzen (1) komplementär ergänzen,
1-4) - wobei die Stützwalzen (2) eine sich ergänzende,
komplementäre Ballenkontur (4) aufweisen,
1-5) - wobei die Ballenkonturen (3, 4) der
Arbeitswalzen (1) und der Stützwalzen (2) sich
in einer Axialstellung der Arbeitswalzen (1) in
einem unbelasteten Zustand vollständig ergänzen,
1-6) - wobei die Ballenkontur (3, 4) [deleted: dieser zumindest] [deleted: einen Walzen ] zumindest einer der Walzen (1, 2) [deleted: in mindestens einem der Randbereiche] in den Randbereichen ihrer Längserstreckung Anfasungen (8, 9) aufweist und in diesen Randbereichen eine korrigierte Ballenkontur (11, 12) bildet, dadurch gekennzeichnet,
1-7) - dass die korrigierte Ballenkontur (l1, 12) sich durch Subtraktion einer beliebigen nichtlinearen mathematischen Anfasungfunktion von der durch die nichtlineare Funktion beschriebenen Konturfunktion ergibt, [deleted: wobei] und
1-8) - dass die Steigung der Ballenkontur [deleted: (8, 9)] (3, 4) und die Steigung der korrigierten Ballenkontur (11, 12) im Übergangspunkt P[deleted: ,] von der Ballenkontur (3, 4) zur korrigierten Ballenkontur (11, 12) gleich sind.
Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 3 lautet folgendermaßen (die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 3 sind kenntlich gemacht):
3-1) Sexto-Walzgerüst zur Herstellung von Walzband oder Blech [deleted: B] (B) mit zwei Arbeitswalzen (1),
3-2) - wobei die Arbeitswalzen (1) sich an [deleted: Stützwalzen] [deleted: (2) oder] zwei Zwischenwalzen (5) [deleted: und Stützwalzen] [deleted: (2)] abstützen und die Zwischenwalzen (5) sich an zwei Stützwalzen (2) abstützen,
3-3) - wobei [deleted: zumindest eine dieser Walzen] die Zwischenwalzen (5) axial verschiebbar sind und eine über die gesamte wirksame Ballenlänge verlaufende, durch eine nichtlineare Funktion beschreibbare Ballenkontur ([deleted: 3, 4, ]6) [deleted: aufweist] aufweisen[deleted: und],
3-4) - wobei die Stützwalzen (2) sich ergänzende, durch eine Sinusfunktion beschreibbare komplementäre Ballenkonturen (4) aufweisen,
3-5) - wobei die Ballenkonturen (4) der Stützwalzen (2) sich in einer unverschobenen Axialstellung der Zwischenwalzen (5) in einem unbelasteten Zustand mit der Ballenkontur (6) der Zwischenwalzen (5) vollständig ergänzen,
3-6) - wobei die Ballenkontur (4, 6) [deleted: dieser zumindest] [deleted: einen Walzen] zumindest einer der Zwischenwalzen (5) und Stützwalzen (2) [deleted: in mindestens einem der] [deleted: Randbereiche] in den Randbereichen ihrer Längserstreckung Anfasungen (8, 9) aufweist und in diesen Randbereichen eine korrigierte Ballenkontur (11, 12) bildet,
dadurch gekennzeichnet,
3-7) - dass die korrigierte Ballenkontur (l1, 12) sich durch Subtraktion einer beliebigen nichtlinearen mathematischen Anfasungfunktion von der durch die nichtlineare Funktion beschriebenen Konturfunktion ergibt, [deleted: wobei] und
3-8) - dass die Steigung der Ballenkontur [deleted: (8, 9)] (4, 6) und die Steigung der korrigierten Ballenkontur (11, 12) im Übergangspunkt P[deleted: ,] von der Ballenkontur (4, 6) zur korrigierten Ballenkontur (11, 12) gleich sind.
Die abhängigen Ansprüche 2 und 4 bis 7 betreffen besondere Ausführungsformen des jeweils im Anspruch 1 bzw. 3 definierten Walzgerüsts.
VIII. Entgegenhaltungen
In der Beschwerdebegründung nimmt die Beschwerdeführerin Bezug auf folgende, in der Entscheidung genannte Dokumente:
D1: Seidel, J., "CSP Plant Design and Roll Implications", Rolls 2003, 9. bis 11. April 2003, ICC, Birmingham, UK nebst Programm der Rolls 2003 Konferenz am 9. April 2003
D1a: Figuren 7 und 9 von D1 nebst Erläuterungen
D2: Lathe, R. et al., "Optimization of the rolling process (pass scheduling) to avoid roll spalling and surface defects", European Commission, technical steel research, Contract No. 7210-PR/284, Final report, 2006, Inhaltsverzeichnis und Seite 123
D3: Decultieux, F. et al., "Backup Roll Chamfer Design, Profile and Maintenance", MS&T 2004 Conference Proceedings, Seiten 311 bis 321
D4: Bai, Z. et al., "Research of the Roll Crown Optimization on Skin Pass Mill in Baosteel 2050 Hot Rolling Plant", Iron and Steel (China), Vol. 37, No. 9, September 2002, Seiten 35 bis 38
D5: JP S 59056905 A mit deutscher Übersetzung
D6: EP 1 228 818 B1
D7: EP 0 258 482 A1
D8: EP 0 249 801 A1
Die Beschwerdeführerin hat folgendes Dokument erstmalig mit ihrer Beschwerdebegründung eingeführt:
D2a: Auszug aus der CORDIS-Datenbank der Europäischen Kommission zu D2, 16. August 2011
IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung des Hauptantrags zum Verfahren
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Der Anspruchssatz gemäß Hauptantrag sei in direkter Reaktion auf den Einwand nach Artikel 123 (3) EPÜ, der erstmals vom Berichterstatter der Kammer im Ladungsanhang vorgebracht worden sei, eingereicht worden. Es handele sich bei der vorgenommenen Änderung lediglich um die Wiederaufnahme des im erteilten Anspruch 1 vorgesehenen Merkmals, wonach die Ballenkontur über die gesamte wirksame Ballenlänge verläuft. Diese Änderung führe weder zu verfahrensrechtlichen noch zu materiellrechtlichen Komplikationen. Die Sachlage bleibe in materiellrechtlicher Hinsicht unverändert.
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Der neue Hauptantrag dürfe nicht zugelassen werden, weil er schon früher im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden können. Insbesondere habe die Beschwerdegegnerin hinreichend Zeit gehabt, das angeblich versehentlich ausgelassene Merkmal 1-2) wieder in Anspruch 1 einzufügen.
b) Dokument D2
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Es sei nicht zweifelsfrei festzustellen, dass D2 vor dem Prioritätsdatum (14. Juni 2006) veröffentlicht worden sei. Diese Entgegenhaltung dürfe daher nicht berücksichtigt werden.
c) Artikel 123 (2) EPÜ
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Das in Anspruch 1 aufgenommene Merkmal 1-5), dass "die Ballenkonturen der Arbeitswalzen und der Stützwalzen sich in einer Axialstellung der Arbeitswalzen in einem unbelasteten Zustand vollständig ergänzen", sei den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen, insbesondere der Lehre auf Seite 5, Zeilen 13 bis 15, nicht entnehmbar. Dort sei lediglich offenbart, dass sich die Ballenkonturen der benachbarten, zusammenwirkenden Arbeitswalze und Stützwalze in einem unbelasteten Zustand vollständig ergänzen. Merkmal 1-5) verlange hingegen zusätzlich, dass die Ballenkonturen der Arbeitswalzen und der Stützwalzen sich untereinander komplementär ergänzen.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Dieser erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobene Einwand dürfe nicht zugelassen werden, weil er schon früher im Verfahren hätte vorgebracht werden können und prima facie nicht relevant sei. Insbesondere würde ein fachkundiger Leser den Wortlaut von Merkmal 1-5) so verstehen, dass sich die Ballenkonturen der benachbarten, zusammenwirkenden Arbeitswalze und Stützwalze in einem unbelasteten Zustand vollständig ergänzen, entsprechend der Lehre auf Seite 5, Zeilen 13 bis 15 der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Die Merkmale 1-3) und 1-4) verlangten bereits, dass die Ballenkonturen der Arbeitswalzen bzw. der Stützwalzen sich komplementär ergänzen.
d) Artikel 84 EPÜ
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Merkmal 1-6) von Anspruch 1 verlange, dass die Ballenkontur zumindest einer Arbeits- oder Stützwalze in den Randbereichen ihrer Längserstreckung "Anfasungen aufweist" und dort "eine korrigierte Ballenkontur bildet", obwohl in Figur 7 des Patents ersichtlich sei, dass diese beiden Ausgestaltungen der Randbereiche sich gegenseitig ausschließen. Dieses widersprüchliche Merkmal mache Anspruch 1 unklar. Entsprechendes gelte für Merkmal 3-6) von Anspruch 3.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Die gerügte Unklarheit aufgrund der Formulierung von Merkmal 1-6) bzw. 3-6) müsse unberücksichtigt bleiben, weil sie bereits im erteilten Anspruch 1 vorhanden war.
e) Artikel 83 EPÜ
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Merkmal 1-6) mache Anspruch 1 unausführbar, da der Fachmann dem Patent nicht entnehmen könne, wie dieses widersprüchliche Merkmal nun ausführbar sei. Entsprechendes gelte für Merkmal 3-6) von Anspruch 3.
Merkmal 1-7) von Anspruch 1 verlange, dass eine beliebige nichtlineare mathematische Anfasungfunktion von der jeweiligen nichtlinearen Ballenkonturfunktion subtrahiert werde. Da es unendlich viele nichtlineare mathematische Funktionen gebe, sei die Nacharbeitung von Anspruch 1 für den Fachmann unzumutbar. Entsprechendes gelte für Merkmal 3-7) von Anspruch 3.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Diese Einwände nach Artikel 83 EPÜ hätten bereits gegen das Patent in der erteilten Fassung erhoben werden können und seien nicht durch die im erteilten Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen veranlasst. Demnach stellen sie einen Versuch dar, einen neuen Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ einzuführen. Die Berücksichtigung dieses neuen Einspruchsgrunds werde jedoch nicht zugestimmt.
f) Erfinderische Tätigkeit
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Es sei unstreitig, dass das in Figur 1 von D7 offenbarte Quarto-Walzgerüst die Merkmale 1-1) bis 1-4) und 1-6) von Anspruch 1 aufweise.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin offenbare D7 ebenfalls Merkmal 1-5). Die in Figur 1 von D7 dargestellten Arbeitswalzen 14 und 15 wiesen Walzenballen 14a und 15a mit über ihre Länge gekrümmter Kontur auf, welche komplementär zur Kontur des Walzenballens 12a bzw. 13a der jeweils benachbarten Stützwalze 12 bzw. 13 ausgelegt sei (Spalte 4, Zeile 54 bis Spalte 5, Zeile 1 von D7). Die Ergänzung der Ballenkonturen der benachbarten Arbeits- und Stützwalzen sei somit stets gegeben, sei es im Belastungszustand oder im unbelasteten Zustand. Dass sich diese Ballenkonturen noch nicht im unbelasteten Zustand ergänzten, sondern erst im Belastungszustand, könne D7 nicht entnommen werden. Insbesondere sei in Figur 1 von D7 weder eine belastungsbedingte Deformation der Walzen, wie etwa eine Durchbiegung von Arbeits- und/oder Stützwalzen, noch eine belastungsbedingte Abplattung zwischen Walzband 17 und Arbeitswalzen oder zwischen Arbeitswalzen und Stützwalzen erkennbar. Daher sei davon auszugehen, dass die in Figur 1 von D7 gezeigte Ergänzung der Ballenkonturen auch im unbelasteten Zustand gegeben sei. Im Übrigen enthalte die Patentschrift keinerlei Hinweis auf eine technische Wirkung und einen Vorteil von Merkmal 1-5). Dort sei lediglich offenbart, dass die Ballenkonturen unmittelbar benachbarter Walzen sich im unbelasteten Zustand entweder vollständig (Figur 1) oder teilweise bis gar nicht ergänzen könnten (Figur 6).
Auch Merkmal 1-7) sei in Figur 1 von D7 offenbart. Wie von der Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt, weise die Ballenkontur 12a der dort dargestellten Stützwalze 12 in den Randbereichen ihrer Längserstreckung Anfasungen auf, nämlich eine nichtlineare Anfasung im linken Randbereich und eine lineare Anfasung 12b im rechten Randbereich. Diese Anfasungen bildeten jeweils eine korrigierte Ballenkontur in den Randbereichen. Es sei ersichtlich, dass die jeweilige korrigierte Ballenkontur sich durch Subtraktion einer nichtlinearen mathematischen Anfasungfunktion von der nichtlinearen Konturfunktion der Ballenkontur 12a ergebe, wie in Merkmal 1-7) vorgeschrieben.
Folglich unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 von D7 nur durch Merkmal 1-8), wonach die Steigung der Ballenkontur und die Steigung der korrigierten Ballenkontur im Übergangspunkt von der Ballenkontur zur korrigierten Ballenkontur gleich seien.
Durch dieses Merkmal werde vermieden, dass im Übergangspunkt eine umlaufende Kante vorliege, welche die Einsatzdauer der Walzen verringern würde. Es sei daher die objektive technische Aufgabe, die Einsatzdauer der Walzen des Walzgerüsts zu verlängern.
Die beanspruchte Lösung sei dem Fachmann durch die Lehre von D1, D3, D4, D5 oder D6 nahegelegt. Gemäß Absatz 3 auf Seite 3 von Dl können Lastspitzen durch einen geeigneten Radius an dem Walzenende der Stützwalze verhindert werden. Dies sei in den Figuren 7 bis 9 von Dl auch eindeutig gezeigt, wo die Ballenkontur ohne einen Sprung in die korrigierte Ballenkontur übergehe. D3 spreche in Absatz 1 auf Seite 314 ebenfalls das Problem von Linienlasten zwischen Walzen an und schlage zur Reduzierung der Linienlasten vor, eine Durchmesserreduzierung entsprechend Figur 5 von D3 vorzunehmen. Auch dort sei ein abgerundeter Übergang zwischen Ballenkontur und korrigierter Ballenkontur offenbart, wie in Merkmal 1-8) definiert. D4 betreffe die Optimierung eines Walzenprofils und schlage hierzu die Ausbildung einer Stützwalze entsprechend Figur 1 von D4 vor. Die Stützwalze weise zwei angefaste Randbereiche mit jeweils einem abgerundeten Übergang gemäß Merkmal 1-8) auf. D5 spreche in Absatz 2 auf Seite 2 der deutschen Übersetzung die Linienlasten auf Walzen durch eine umlaufende Kante an einer Walze an. Zur Reduzierung solcher Linienlasten schlage D5 vor, eine mehrstufige Fase an einer Walze anzuordnen, wie sie beispielsweise in Figur 5 gezeigt sei. Auch dort sei ein abgerundeter Übergang gemäß Merkmal 1-8) offenbart. Gemäß den Absätzen 44 und 45 von D6 werde eine Abnutzung einer Walze dadurch verhindert, dass ein Startpunkt eines endseitigen, verjüngten Abschnitts einer Walze abgerundet ausgebildet werde, entsprechend Merkmal 1-8).
Angesichts der Lehre von D1, D3, D4, D5 oder D6 würde der Fachmann mithin statt der in D7 offenbarten Kante eine Abrundung in dem jeweiligen Übergangsbereich von der Ballenkontur zur korrigierten Ballenkontur ausbilden, ohne hierzu erfinderisch tätig werden zu müssen. Daher beruhe Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die obigen Ausführungen gälten bezüglich entsprechender Merkmale ebenfalls für Anspruch 3. Insbesondere offenbare D7 in Figur 2 unstreitig ein Sexto-Walzgerüst mit den Merkmalen 3-1) bis 3-4) und 3-6). Wie sich aus dem Vorstehenden ergebe, offenbare D7 auch die Merkmale 3-5) und 3-7). Das fehlende Merkmal 3-8) sei dem Fachmann durch die Lehre von Dl, D3, D4, D5 oder D6 nahegelegt. Folglich beruhe auch Anspruch 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Merkmal 1-5) von Anspruch 1 und Merkmal 3-5) von Anspruch 3 seien aus D7 nicht zu entnehmen. D7 offenbare zwar wiederholt, dass die Ballenkonturen der Stützwalzen und ihrer Nachbarwalzen sich in einer bestimmten Axialstellung der Walzen vollständig ergänzen. In Figur 1 bzw. 2 sei ersichtlich, dass diese Ergänzung im belasteten Zustand auftrete (siehe Walzband 17 bzw. 27). Nirgends in D7 finde sich hingegen die ausdrückliche Aussage, dass diese Ergänzung in einem unbelasteten Zustand auftrete. Eine Ergänzung stets und unbedingt im unbelasteten Zustand sei auch nicht selbstverständlich. Beispielweise sei in D8 ein ähnliches Quarto-Walzgerüst offenbart, bei dem sich die Ballenkonturen der Stützwalzen und ihrer Nachbarwalzen im unbelasteten Zustand nicht ergänzten, sondern - nahezu vollständig - erst im belasteten Zustand, d. h. im Betrieb des Walzwerkes, insbesondere im Bereich der Bandbreite (in D8 siehe Seite 2, Zeilen 26 bis 31, Seite 16, Zeile 12 und Figur 3).
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von D7 durch die Merkmale 1-5) und 1-8). Merkmal 1-5) gewährleiste eine Vergleichmäßigung der Lastverteilung im laufenden Walzbetrieb zwischen den Stützwalzen und ihren Nachbarwalzen über die Ballenlänge, wobei dank Merkmal 1-8) Belastungsspitzen im Bereich des Übergangs von der Ballenkontur zur korrigierten Ballenkontur vermieden würden.
Die mit diesen Merkmalen gelöste Aufgabe sei daher, die Inhomogenitäten in der Lastverteilung entlang der Kontaktlinie der Stützwalzen und ihrer Nachbarwalzen zu minimieren und insbesondere örtliche Belastungsspitzen im Lastverteilungsverlauf, speziell im Kantenbereich, abzubauen und damit die Einsatzdauer der Walzen und die notwendigen Nachschleifintervalle zu verlängern (siehe Absatz 7 der Patentschrift).
Die beanspruchte Lösung sei in ihrer Gesamtheit durch keine der Entgegenhaltungen Dl bis D6 nahegelegt. Insbesondere sei Merkmal 1-5) in keinen der Entgegenhaltungen offenbart. Bezüglich des Merkmals 1-8) finde sich in Dl ebenfalls kein eindeutiger Offenbarungsgehalt. Insbesondere könne dieses Merkmal den schematischen Darstellungen in Figuren 7 bis 9 von D1 nicht entnommen werden. Figur 5 von D3 und Figur 1 von D4 zeigen zwar nichtlineare Anfasungen und einen abgerundeten Übergangsbereich, jedoch nur für eine Stützwalze mit einer zylindrischen Ballenkontur, d. h. einer linearen Ballenkonturfunktion.
Das in Anspruch 3 definierte Sexto-Walzgerüst sei in analoger Weise ausgehend von Figur 2 von D7 durch keine der Entgegenhaltungen D1, D3, D4, D5 und D6 nahegelegt.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung des Hauptantrags zum Verfahren
1.1 Der mit Schriftsatz vom 10. Mai 2016 eingereichte Hauptantrag der Beschwerdegegnerin stellt eine wesentliche Änderung ihres Vorbringens zu einem späten Verfahrensstadium dar.
1.2 Nach Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 13 (1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, diesen Antrag zuzulassen und zu berücksichtigen.
1.3 Im vorliegenden Fall ist die Stellung dieses Antrags als sachdienliche Reaktion auf die vorläufige Meinung der Kammer in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK anzusehen, dass die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 gemäß Hilfsantrag 2 - entgegen der in der Zwischenentscheidung geäußerten Auffassung der Einspruchsabteilung - gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstießen.
1.4 Die Ansprüche 1 und 3 des Hauptantrags unterscheiden sich von Anspruch 1 bzw. 3 des Hilfsantrags 2 lediglich dadurch, dass die im erteilten Anspruch 1 enthaltene Beschränkung wieder aufgenommen wurde, wonach die Ballenkontur "über die gesamte wirksame Ballenlänge" verläuft. Diese Änderung führt keinen neuen Streitstoff ein, dessen Behandlung der Kammer oder der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden und der zu einer Verlegung der mündlichen Verhandlung oder zu einer Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung führen könnte.
1.5 Aus diesen Gründen lässt die Kammer den Hauptantrag in das Verfahren zu.
2. Berücksichtigung von D2a im Verfahren
2.1 D2a ist zum Nachweis der Vorveröffentlichung von D2 eingereicht worden.
2.2 Dieses Dokument ist in dem Verfahren zu berücksichtigen, denn es dient nur dazu, das erstinstanzliche Vorbringen der Beschwerdeführerin zu dieser Frage zu untermauern (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 12 (4) VOBK).
3. Dokument D2
3.1 Der vollständige Bericht, aus dem D2 entnommen wurde, weist auf der Titelseite die Angabe "2006" auf (Seite 1 von D2) und wurde somit offensichtlich 2006 gedruckt, wie durch D2a bestätigt wurde.
3.2 In ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK hat die Kammer den Beteiligten mitgeteilt, dass sie die Bedenken der Beschwerdegegnerin teile, dass D2 möglicherweise nicht vor dem Prioritätsdatum des Patents (14. Juni 2006) veröffentlicht wurde und das Datum der Veröffentlichung müsse eindeutig sein. Das Dokument D2a enthält keine Angaben darüber.
3.3 Die Beschwerdeführerin hat weder in ihrer Erwiderung auf diese Mitteilung der Kammer noch in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auf diese vorläufige Meinung reagiert. Die Kammer sieht daher keinen Anlass, ihre vorläufige Meinung zu ändern. D2 gehört daher nicht zum Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ.
4. Artikel 123 EPÜ
4.1 Die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 unterscheiden sich jeweils vom erteilten Anspruch 1 nur dadurch, dass zusätzliche Merkmale aufgenommen worden sind, die den beanspruchten Gegenstand auf das in Figur 3 bzw. 5 dargestellte Ausführungsbeispiel des Patents beschränken. Die vorgenommenen Änderungen lassen sich der technischen Lehre in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens direkt und eindeutig ableiten (dort siehe Seite 5, Absätze 2 und 3). Es liegt daher kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
4.2 Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, d. h. zum spätmöglichsten Zeitpunkt, hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass das in Anspruch 1 aufgenommene Merkmal 1-5) nicht durch die Lehre auf Seite 15, Zeilen 13 bis 15 der ursprünglich eingereichten Anmeldung gestützt sei. Die Kammer ist zu der Ansicht gelangt, dass dieser Einwand prima facie nicht relevant ist. Das strittige Merkmal 1-5) ist im Gesamtzusammenhang des Anspruchs 1 zu lesen, insbesondere in Kombination mit den Merkmalen 1-3) und 1-4) des Anspruchs. Ein fachkundiger Leser des Anspruchs 1 erkennt aufgrund seines allgemeinen Fachwissens auf Anhieb, dass Merkmal 1-5) sinnvoll nur so zu verstehen ist, dass die Ballenkonturen der benachbarten, zusammenwirkenden Arbeits- und Stützwalzen sich in einer Axialstellung der Arbeitswalzen in einem unbelasteten Zustand vollständig ergänzen. Dieses Verständnis stimmt mit der Lehre auf Seite 15, Zeilen 13 bis 15 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung überein. Der verspätet erhobene Einwand einer unzulässigen Änderung ist daher nicht zum Verfahren zugelassen worden (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 13 (1) VOBK).
5. Artikel 84 EPÜ
5.1 Die Ansprüche eines Patents dürfen während des Einspruchsverfahrens nur dann auf die Erfüllung von Artikel 84 EPÜ geprüft werden, wenn die Änderung einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ einführt (siehe G 3/14, ABl. 2015, A102, Leitsatz), und dann auch nur in diesem Ausmaß.
5.2 Der von der Beschwerdeführerin erhobene, auf Artikel 84 EPÜ gestützte Einwand gegen die Formulierung in Merkmal 1-6) von Anspruch 1 und in Merkmal 3-6) von Anspruch 3, dass die Ballenkontur zumindest einer Walze in den Randbereichen "Anfasungen aufweist" und dort "eine korrigierte Ballenkontur bildet", ist unzulässig, weil diese Formulierung bereits im erteilten Anspruch 1 vorhanden war (siehe G 3/14, Nr. 80 der Gründe).
5.3 Folglich muss der Einwand nach Artikel 84 EPÜ unberücksichtigt bleiben.
6. Artikel 83 EPÜ
6.1 Die Beschwerdeführerin hat gegen die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 Einwände nach Artikel 83 EPÜ erhoben. Diese Einwände beziehen sich auf die Merkmale 1-6) und 1-7) von Anspruch 1 und die Merkmale 3-6) und 3-7) von Anspruch 3.
6.2 Die Kammer stellt jedoch fest, dass diese Einwände nicht durch die im erteilten Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen veranlasst wurden, sondern sich bereits aus der erteilten Fassung des Patents ergeben.
6.3 Anspruch 1 bzw. 3 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass zusätzliche Merkmale aufgenommen worden sind, die durch das Ausführungsbeispiel in Figur 3 bzw. 5 gestützt sind. Dabei wurde Merkmal 1-6) bzw. 3-6) lediglich auf dasjenige beschränkt, was in Figur 3 bzw. 5 gezeigt ist, während Merkmal 1-7) bzw. 3-7) unverändert geblieben ist. Diese Änderungen können nicht zu einer vorher nicht vorhanden gewesenen mangelnden Ausführbarkeit führen.
6.4 Demnach betreffen die Einwände nach Artikel 83 EPÜ einen neuen Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ im Sinne der Entscheidung G 10/91 (siehe ABl. 1993, 420, Gründe Nr. 18). Die Berücksichtigung dieser Einwände setzt das Einverständnis der Beschwerdegegnerin voraus, das aber nicht vorliegt.
6.5 Auch die Einwände nach Artikel 83 EPÜ müssen daher unberücksichtigt bleiben.
7. Erfinderische Tätigkeit
7.1 Anspruch 1
7.1.1 Die Beteiligten sind sich einig, dass D7 einen geeigneten Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildet und dass in Figur 1 von D7 (siehe unten) die Merkmale 1-1) bis 1-4) und 1-6) von Anspruch 1 ihrem Wortlaut nach verwirklicht sind. Die Kammer teilt diese Auffassung.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
7.1.2 Bezüglich des Merkmals 1-5) teilt die Kammer die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass es in D7 nicht direkt und unmittelbar offenbart ist. D7 lehrt im allgemeinen Teil der Beschreibung, dass die Konturen der Arbeitswalzen und ihrer Nachbarwalzen "sich ausschließlich in einer bestimmten Axialstellung der Walzen zueinander lückenlos ergänzen" (Spalte 1, Zeilen 11 bis 14). Diese Passage gibt aber keine Auskunft darüber, dass die Ergänzung der Ballenkonturen bereits in einem unbelasteten Zustand erfolgen soll. Dies ist für den Fachmann auch keineswegs selbstverständlich. Wie die Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt hat (Gründe Nr. 3 und 8.3.2), ist beispielweise in D8 offenbart, dass die Ballenkonturen der benachbarten Arbeits- und Stützwalzen eines Quarto-Walzgerüsts sich nicht im unbelasteten Zustand ergänzen, sondern erst im Belastungszustand (Seite 2, Zeilen 26 bis 31, Seite 6, Zeile 12 und Figur 3). Figur 1 von D7 zeigt die Walzen des Quarto-Walzgerüsts im Belastungszustand (siehe Walzband 17), nicht im unbelasteten Zustand. In diesem dargestellten Belastungszustand sind die Ballenkonturen der Arbeitswalzen 14 und 15 und die Ballenkonturen der benachbarten Stützwalzen 12 und 13 komplementär (Spalte 4, Zeile 54 bis Spalte 5, Zeile 1). Aus der schematischen Darstellung in Figur 1 lässt sich aber nicht direkt und eindeutig ableiten, dass die Ergänzung der Ballenkonturen ebenfalls im unbelasteten Zustand gegeben ist.
7.1.3 Bezüglich des Merkmals 1-7) hat die Beschwerdeführerin überzeugend argumentiert, dass es in Figur 1 von D7 verwirklicht ist, weil die in Merkmal 1-7) erwähnte, beliebige nichtlineare mathematische Anfasungfunktion nicht näher definiert ist und die in Figur 1 dargestellten, korrigierten Ballenkonturen der Randbereichen sich offensichtlich durch Subtraktion einer nichtlinearen mathematischen Anfasungfunktion von der nichtlinearen Ballenkonturfunktion ergeben. Diesem Vortrag wurde von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.
7.1.4 Bezüglich des Merkmals 1-8) hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass im rechten Randbereich der Stützwalze 12 ein Knick am Übergang von der Ballenkontur 12a zu der zylindrischen Anfasung 12b vorhanden sei, entgegen dem Erfordernis von Merkmal 1-8), wohingegen im linken Randbereich der Stützwalze 12 am Übergang von der Ballenkontur 12a zu der als Verjüngung des Walzenballenendes ausgeführten Anfasung kein Knick zu sehen sei. Die Beteiligten haben dieser Feststellung nicht widersprochen und die Kammer sieht auch keine Veranlassung, davon abzuweichen.
7.1.5 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich von D7 also durch die Merkmale 1-5) und 1-8).
7.1.6 Dank Merkmal 1-8) werden im Vergleich zu D7 die Belastungsspitzen im jeweiligen Übergangsbereich von der Ballenkontur zur korrigierten Ballenkontur abgebaut (siehe Absätze 8 und 15 und Figur 4 in der Patentschrift). Dies bewirkt eine Vergleichmäßigung der Lastverteilung zwischen den Stützwalzen und ihren Nachbarwalzen über die Ballenlänge.
7.1.7 Wie die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen hat, stellt Merkmal 1-5) sicher, dass die Ballenkonturen sich im Belastungszustand vollständig ergänzen. Dies unterstützt die Vergleichmäßigung der Lastverteilung im laufenden Walzbetrieb zwischen den Stützwalzen und ihren Nachbarwalzen. Diesem Vortrag ist die Beschwerdeführerin auch nicht entgegengetreten.
7.1.8 Ausgehend von D7 kann die objektiv zu lösende technische Aufgabe deshalb so formuliert werden, Inhomogenitäten in der Lastverteilung entlang der Kontaktlinie der Stützwalzen und ihrer Nachbarwalzen zu minimieren und insbesondere örtliche Belastungsspitzen im Lastverteilungsverlauf, speziell im Kantenbereich, abzubauen und damit die Einsatzdauer der Walzen und die notwendigen Nachschleifintervalle zu vergrößern (siehe Absatz 7 in der Patentschrift).
7.1.9 Die Kammer kann der Beschwerdeführerin zwar insoweit folgen, dass es nahe liegt, die in Figur 1 von D7 offenbarte umlaufende Kante im Übergangsbereich von der Ballenkontur 12a zu der korrigierten Ballenkontur 12b durch einen abgerundeten Übergang zu ersetzen, um Belastungsspitzen im Kantenbereich abzubauen. Diese Maßnahme ist nämlich für den gleichen Zweck bei den angefasten Randbereichen der Stützwalzen von Quarto-Walzgerüsten in D1 (Seite 3, Absatz 3 mit Figur 9), D3 (Seite 314, Absatz 1 mit Figuren 5, 7 und 11) und D4 (Figur 1) angewendet worden. Der Fachmann erkennt den Vorteil dieser bekannten Maßnahme und hätte keinerlei praktische Schwierigkeiten, sie beim rechten angefasten Randbereich der Stützwalze 12 in Figur 1 von D7 anzuwenden, selbst wenn diese Stützwalze im Unterschied zu D3 und D4 eine nichtlineare Ballenkonturfunktion aufweist. Der Fachmann gelangte mithin in naheliegender Weise zu Merkmal 1-8) von Anspruch 1.
7.1.10 Es liegt jedoch nicht nahe, das in Figur 1 von D7 offenbarte Quarto-Walzgerüst gemäß Merkmal 1-5) so weiterzubilden, dass die Ballenkonturen der benachbarten, zusammenwirkenden Arbeits- und Stützwalzen sich in einer Axialstellung der Arbeitswalzen in einem unbelasteten Zustand vollständig ergänzen. Merkmal 1-5) ist in keinem der entgegengehaltenen Dokumente D1 und D3 bis D6 offenbart, wie die Beschwerdegegnerin wohl zutreffend argumentiert. Die Beschwerdeführerin hat ohnehin nicht behauptet, dass Merkmal 1-5) durch den vorliegenden Stand der Technik nahegelegt sei. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass in der Patentschrift offenbart ist, dass die Ballenkonturen unmittelbar benachbarter Walzen sich im unbelasteten Zustand entweder vollständig (Figur 1) oder teilweise bis gar nicht ergänzen können (Figur 6) und dass es nur diese zwei Möglichkeiten gebe. Die Kammer stellt diesbezüglich aber fest, dass die Beschwerdegegnerin bei der Anpassung der Beschreibung an die geänderten Ansprüche die Passage gestrichen hat, wo das Ausführungsbeispiel nach Figur 6 als zur Erfindung gehörig beschrieben war (vgl. "[deleted: gemäß der Erfindung]" in Spalte 3, Zeilen 42 und 43 der Patentschrift).
7.1.11 Zusammenfassend kann die Kammer also nicht feststellen, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D7 entgegen Artikel 56 EPÜ in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt.
7.2 Anspruch 3
7.2.1 Die Kammer teilt die Auffassung der Beteiligten, dass das in Figur 2 von D7 offenbarte Sexto-Walzgerüst einen geeigneten Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildet. Es weist unstreitig die Merkmale 3-1) bis 3-4) und 3-6) von Anspruch 1 auf.
7.2.2 Der Gegenstand von Anspruch 3 unterscheidet sich davon zumindest durch die Merkmale 3-5) und 3-8) (siehe Punkte 7.1.2 und 7.1.4).
7.2.3 Ausgehend von D7 kann die dank dieser Merkmale gelöste Aufgabe ebenso wie unter Punkt 7.1.8 formuliert werden.
7.2.4 Aus den in Bezug auf Anspruch 1 genannten Gründen gelangt ein mit dieser Aufgabe befasster Fachmann unter Berücksichtigung des entgegengehaltenen Standes der Technik nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung.
7.2.5 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 3 ausgehend von D7 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
8. Die Beschreibung wurde in der mündlichen Verhandlung an die neuen Ansprüche angepasst, während die Figurenblätter 1 bis 9 der Patentschrift unverändert blieben. Diesbezüglich erhob die Beschwerdegegnerin auch keine Einwände. Soweit der verkündete Tenor dieser Entscheidung anstelle der Figurenblätter 1 bis 9 "Figuren 1 bis 9" nennt, handelt es sich um einen berichtigungsbedürftigen, offenkundigen Fehler.
9. Die Kammer kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin nicht entgegensteht.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang auf Basis folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1 bis 7 des mit Schriftsatz vom 10. Mai 2016 als Hauptantrag eingereichten Anspruchssatzes;
- Seiten 2 und 3 der Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 13. März 2013, und Seite 4 der Beschreibung in der Fassung der Patentschrift; und
- Figurenblätter 1 bis 9 der Patentschrift.