European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T129013.20171005 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 October 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1290/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02002945.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01V 8/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Optoelektronische Vorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | Leuze electronic GmbH + Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SICK AG | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja) Erfinderische Tätigkeit - (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. EP-B-1 233 283 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten (Artikel 101(3) a) EPÜ).
II. Der Einspruch war gegen das Patent im gesamten Umfang gerichtet und darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit Artikel 54 und 56 EPÜ 1973), insbesondere gegenüber den folgenden Dokumenten:
D1: US-A-5,596,310,
D7: DE 44 23 264 A.
III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents in vollem Umfang.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hilfsantrags 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 30. August 2017.
IV. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 des einzigen Antrags lautet wie folgt (Merkmalskennzeichnung "i)", "ii)" und "iii)" durch die Kammer):
"1. Optoelektronische Vorrichtung (1) mit zwei in Abstand zueinander angeordneten Sensoreinheiten (2a, 2b), wobei die erste Sensoreinheit (2a) einen ersten Sendelichtstrahlen (8) emittierenden Sender (6) und die zweite Sensoreinheit (2b) einen ersten Empfänger (7) zum Empfang der Sendelichtstrahlen (8) aufweist,
i) wobei die optoelektronische Vorrichtung (1) zwischen einem Arbeitsbetrieb und einem Justagebetrieb mittels eines Schaltmittels umschaltbar ist,
wobei die zweite Sensoreinheit (2b) Mittel zur Erfassung der auf den ersten Empfänger (7) auftreffenden Empfangslichtmenge aufweist, wobei die zweite Sensoreinheit (2b) einen zweiten Sendelichtstrahlen (8') emittierenden Sender (6') und die erste Sensoreinheit (2a) einen zweiten Empfänger (7') aufweist, wobei der zweite Sender (6') und der zweite Empfänger (7') eine zweite optische Übertragungsstrecke bilden, und der erste Sender (6) und der erste Empfänger (7) eine erste optische Übertragungsstrecke bilden, dass die erste Sensoreinheit (2a) Mittel zur Erfassung der auf den zweiten Empfänger (7') dieser ersten Sensoreinheit (2a) auftreffenden Empfangslichtmenge aufweist, und
ii) wobei nur während des Justagebetriebs die Werte der am ersten Empfänger (7) erfassten Empfangslichtmengen mittels der zweiten Sendelichtstrahlen (8') über die zweite optische Übertragungsstrecke übertragen werden, wobei die erste Sensoreinheit (2a) eine erste Anzeigeeinheit (10a) und die zweite Sensoreinheit (2b) eine zweite Anzeigeeinheit (10b) aufweist, wobei mit der ersten Anzeigeeinheit (10a) der ersten Sensoreinheit (2a) die übertragenen Werte der Empfangslichtmengen angezeigt werden, wobei die Werte der erfassten Empfangslichtmenge des zweiten Empfängers (7') über die erste optische Übertragungsstrecke übertragen werden und in der zweiten Anzeigeeinheit (10b) angezeigt werden, und
iii) wobei während des Arbeitsbetriebs über jede optische Übertragungsstrecke Nutzdaten übertragen werden."
V. Die Parteien haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
a) Zulassung des neuen Anspruchssatzes
Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass der Anspruchssatz des damaligen Hilfsantrags 3 mit Schreiben vom 30. August 2017 und somit verspätet eingereicht worden sei und daher nicht zuzulassen sei.
Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass der neue Anspruchssatz vor der von der Kammer gesetzten Frist für etwaige schriftliche Eingaben von einem Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereicht worden sei und somit nicht verspätet sei.
b) Erfinderische Tätigkeit
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei es im Dokument D7 implizit offenbart, dass die optoelektronische Vorrichtung Schaltmittel zur Umschaltung zwischen Arbeits- und Justagebetrieb aufweise. Ferner würden Nutzdaten in beiden Richtungen ausgetauscht. Es werde zwar nicht explizit beschrieben, wo die Anzeigen der optoelektronischen Vorrichtung angeordnet seien. Es sei aber anzunehmen, dass jedem Empfänger je eine Anzeige zugeordnet sei. Somit verbleibe als einziges Unterschiedsmerkmal, dass die Anzeigen jeweils am gegenüberliegenden Gerät angeordnet seien. Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, die Justage zu vereinfachen und insbesondere die Sichtbarkeit der Justage zu verbessern. Dokument D1 offenbare das in Dokument D7 fehlende Merkmal, nämlich dass die Anzeige zur Empfangskontrolle jeweils am gegenüberliegenden Gerät angeordnet sei. Damit werde dem Fachmann der Gegenstand des Anspruchs 1 durch eine Kombination von D7 mit D1 nahegelegt.
Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die in Dokument D7 offenbarte Vorrichtung keine Schaltmittel zur Umschaltung zwischen Arbeits- und Justagebetrieb aufweise. Es werde nämlich in D7 nicht beschrieben, wann eine Justage erfolge und wie diese gestartet werde. Auch die Übertragung der die Empfangslichtmenge betreffenden Daten und deren Anzeige an der Senderseite werde nicht offenbart. Eine bidirektionale Übertragung von Nutzdaten werde ebenfalls nicht beschrieben. Vielmehr werde vom Hilfssender lediglich quittiert, dass der Empfänger eine Nachricht empfangen habe. Somit seien die Merkmale i), ii) und iii) als Unterschiedsmerkmale gegenüber der aus Dokument D7 bekannten Vorrichtung anzusehen. Vorteil der beanspruchten Erfindung sei die vereinfachte Justage. Der in Dokument D1 offenbarte Sender 13 und der Empfänger 4 bildeten keine Sensoreinheiten zur Objekterfassung, sondern dienten allein zur Übertragung der am Empfänger R empfangenen Lichtmenge. Selbst bei Heranziehung des Dokuments D1 zur Lösung der gestellten Aufgabe würde der Fachmann nicht zur beanspruchten Vorrichtung gelangen, da er in der Vorrichtung nach D7 zusätzlich zu dem offenbarten Hilfssender und -empfänger einen weiteren Sender 13 und Empfänger 4 vorsehen würde. Außerdem würde er keine Schaltmittel zur Umschaltung zwischen Arbeits- und Justagebetrieb und keine symmetrische Übertragung der Daten vorsehen.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung des neuen Anspruchssatzes
Nach ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 30. August 2017 einen neuen Anspruchssatz ein (damaliger Hilfsantrag 3), auf Grundlage dessen sie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer die Aufrechterhaltung des Patents beantragte. Somit stellt sich die Frage, ob der neue Anspruchssatz in das Beschwerdeverfahren zugelassen wird (Artikel 13(1) VOBK).
Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass der neue Anspruchssatz verspätet eingereicht worden sei und daher nicht zuzulassen sei.
Die Kammer ist der Ansicht, dass der neue Anspruchssatz in Erwiderung auf Einwände eingereicht wurde, welche von der Beschwerdeführerin erstmals in der Beschwerdebegründung erhoben wurden. Die geänderte Definition in Anspruch 1 des neuen Anspruchssatzes bezüglich der ersten und zweiten Übertragungsstrecke und die Streichung der ersten Alternative im letzten Merkmal dieses Anspruchs sind nämlich Versuche, die dort erhobenen Einwände bezüglich mangelnder Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973) beziehungsweise mangelnder Basis in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen (Artikel 123(2) EPÜ) zu beheben. Die Änderungen sind überdies von geringer Komplexität und ohne Weiteres verständlich und übersehbar. Unter diesen Umständen ist es unerheblich, dass der neue Anspruchsatz nicht unmittelbar in Erwiderung auf die Beschwerdebegründung, sondern lediglich vor Ablauf der Frist für schriftliche Eingaben vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht wurde.
Die Kammer übt daher ihr Ermessen unter Artikel 13(1) VOBK dahingehend aus, den neuen Anspruchssatz in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Nächstliegender Stand der Technik
In der angefochtenen Entscheidung ging die Einspruchsabteilung von Dokument D7 als dem nächstliegenden Stand der Technik aus (siehe Punkt 4 der Entscheidung). Beide Parteien gingen in ihrer Argumentation bezüglich erfinderischer Tätigkeit ebenfalls von diesem Dokument aus.
In der Tat offenbart Dokument D7 einen Gegenstand, der zum gleichen Zweck entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung, nämlich zur Bereitstellung einer optoelektronischen Vorrichtung mit zwei Sensoreinheiten, welche einander zugeordnete Sender und Empfänger aufweisen, und die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein hat. Dokument D7 wird daher als der nächstliegende Stand der Technik angesehen.
2.2 Unterschiedsmerkmale
2.2.1 In der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass die in Dokument D7 beschriebene optoelektronische Vorrichtung die oben unter Punkt IV. nicht gekennzeichneten Merkmale des Anspruchs 1 aufweist (siehe Punkt 4.1 der Entscheidungsgründe). Dies ist auch zwischen den Parteien unstrittig.
2.2.2 In der Tat offenbart Dokument D7 (siehe Spalte 2, Zeilen 24-37; Spalte 3, Zeilen 11-14; Spalte 3, Zeile 64 - Spalte 4, Zeile 10; Spalte 4, Zeilen 43-52; Spalte 5, Zeilen 59-63; Spalte 6, Zeilen 15-33) eine optoelektronische Vorrichtung 1 zum Übertragen von Datenworten, welche einen den Sendelichtstrahl 2 emittierenden Sender 3 und einen in Abstand zum Sender 3 angeordneten Empfänger 4 aufweist. Im Empfänger 4 ist eine Auswerteeinheit zur Auswertung der Empfangssignale integriert, welche beispielsweise von einem Mikrokontroller gebildet wird. Die in Form von Bitfolgen vorliegenden Datenworte werden im Sender 3 in optische Signalfolgen umgewandelt und mittels des Sendelichtstrahls 2 zum Empfänger 4 übertragen. In den Sendepausen, in denen keine Datenworte übertragen werden, werden innerhalb vorgegebener Zeitintervalle Pulsfolgen von Überwachungs-Sendelichtimpulsen ausgesandt. Dies hat den Vorteil, dass die Funktion der Vorrichtung 1 fortlaufend auch während der Sendepausen überwacht werden kann. Nur wenn die Überwachungs-Sendelichtimpulse in der Auswerteeinheit erkannt werden, liegt ein fehlerfreier Betrieb der Vorrichtung 1 vor. Zweckmäßigerweise erfolgt ein Aussenden von Datenworten nur dann, wenn in der Sendepause zuvor die Überwachungs-Sendelichtimpulse erkannt wurden.
Dem Sender 3 kann ein Hilfsempfänger und dem Empfänger ein Hilfssender zum bidirektionalen Datenaustausch zugeordnet sein. Der Sender 3 und der Hilfssender einerseits sowie der Empfänger 4 und der Hilfsempfänger andererseits sind jeweils identisch aufgebaut. Der Sender 3 und der Hilfsempfänger sowie der Hilfssender und der Empfänger 4 bilden jeweils eine Funktionseinheit und können in einem gemeinsamen Gehäuse integriert sein. Werden vom Sender 3 an den Empfänger 4 Datenworte gesendet, wird diese Nachricht umgehend durch eine Nachricht des Hilfssenders an den Hilfsempfänger quittiert. Dasselbe gilt beim Datenaustausch in umgekehrter Richtung. Wird die Quittierung im Empfänger 4 bzw. im Hilfsempfänger nach Aussendung einer Nachricht durch den Sender 3 bzw. Hilfssender nicht empfangen, so wird dieser umgehend abgeschaltet oder zumindest die Sendeleistung reduziert.
Zur Justierung der Vorrichtung werden der Sender 3 und der Empfänger 4 solange gegeneinander bewegt, bis die Sendeimpulse am Empfänger 4 vollständig registriert wurden und die Empfangssignale eine vorgegebene Schwelle überschreiten. Zur Vereinfachung der Justage weist die Vorrichtung 1 Anzeigemittel (Leuchtdiode LED, Warnsignalgeber W und Störsignalgeber S) auf, welche Anzeigezustände einnehmen, die in eindeutiger Weise von der auf den Empfänger 4 auftreffenden Strahlungsleistung abhängig sind. Somit können sie als Indikator dienen, wie gut der Sender 3 und der Empfänger 4 zueinander ausgerichtet sind.
Somit offenbart Dokument D7 - unter Verwendung des Wortlauts von Anspruch 1 - eine optoelektronische Vorrichtung (1) mit zwei in Abstand zueinander angeordneten Sensoreinheiten (Funktionseinheiten aus (Hilfs-)Sendern und (Hilfs-)Empfängern), wobei die erste Sensoreinheit (Funktionseinheit von Sender 3 und entsprechendem Hilfsempfänger) einen ersten Sendelichtstrahlen (2) emittierenden Sender (3) und die zweite Sensoreinheit (Funktionseinheit von Empfänger 4 und entsprechendem Hilfssender) einen ersten Empfänger (4) zum Empfang der Sendelichtstrahlen (2) aufweist, wobei die zweite Sensoreinheit (Funktionseinheit von Empfänger 4 und entsprechendem Hilfssender) Mittel zur Erfassung der auf den ersten Empfänger (4) auftreffenden Empfangslichtmenge aufweist (Mittel zur Bestimmung der auf den Empfänger 4 auftreffenden Strahlungsleistung, welche zur Steuerung der Anzeigemittel LED, W und S verwendet wird), wobei die zweite Sensoreinheit (Funktionseinheit von Empfänger 4 und entsprechendem Hilfssender) einen zweiten Sendelichtstrahlen emittierenden Sender (Hilfssender) und die erste Sensoreinheit (Funktionseinheit von Sender 3 und entsprechendem Hilfsempfänger) einen zweiten Empfänger (Hilfsempfänger) aufweist, wobei der zweite Sender (Hilfssender) und der zweite Empfänger (Hilfsempfänger) eine zweite optische Übertragungsstrecke bilden (z.B. zur Übertragung der Quittierung der im Empfänger 4 empfangenen Datenworte), und der erste Sender (3) und der erste Empfänger (4) eine erste optische Übertragungsstrecke bilden (z.B. zur Übertragung von Datenworten), wobei die erste Sensoreinheit (Funktionseinheit von Sender 3 und entsprechendem Hilfsempfänger) Mittel zur Erfassung der auf den zweiten Empfänger (Hilfsempfänger) dieser ersten Sensoreinheit auftreffenden Empfangslichtmenge aufweist (Mittel zur Bestimmung der auf den Hilfsempfänger auftreffenden Lichtstärke des Quittierungssignals, welche zur etwaigen Abschaltung des Senders 3 verwendet wird).
2.2.3 Bezüglich Merkmal i) entschied die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung, dass sich die Vorrichtung von D7 zur Justage zwangsläufig im Justagebetrieb befinden müsse und auch Mittel vorhanden sein müssten, um vom Arbeitsbetrieb in den Justagebetrieb zu gelangen (Punkt 4.1, dritter Spiegelstrich, der Entscheidungsgründe).
Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die in Dokument D7 offenbarte Vorrichtung keine Schaltmittel zur Umschaltung zwischen Arbeits- und Justagebetrieb aufweise. Es werde nämlich in D7 nicht beschrieben, wann eine Justage erfolge und wie diese gestartet werde.
Die Kammer stellt fest, dass in Dokument D7 beschrieben wird (siehe Spalte 5, Zeile 37 - Spalte 6, Zeile 14), dass die Justierung der Vorrichtung 1 in jedem Fall bei der Inbetriebnahme erfolgt. Dabei ist die Signalamplitude der zur Justierung verwendeten Sendelichtimpulse kleiner als die Amplituden der die Datenworte kodierenden Sendelichtimpulse, sodass nach erfolgter Justierung die Empfangssignalamplituden im Datenübertragungsbetrieb die vorgegebene Schwelle auf jeden Fall überschreiten. Zudem kann die Justierung bei Auftreten von Fehlerfällen wiederholt werden: bei Nichterkennen der Überwachungs-Sendelichtimpulse wird der Sender 3 zur Justage auf Dauerstrichbetrieb umgeschaltet und mit verminderter Sendeleistung augensicher betrieben. Somit wird zur Justierung sowohl bei Inbetriebnahme als auch nach Auftreten von Fehlerfällen eine besondere, speziell für diesen Zweck bestimmte Amplitude der Sendelichtstrahlen verwendet, welche sich von der Amplitude der für die Datenworte bzw. Überwachung während der Sendepausen verwendeten Lichtstrahlen unterscheidet.
Außerdem werden in D7 ausschließlich in Bezug auf die Justierung die Anzeigemittel LED, W und S beschrieben (siehe Spalte 6, Zeilen 15-68). Diese nehmen Anzeigezustände ein, welche speziell auf die Justierung der Vorrichtung 1 ausgelegt sind (Ein-Zustand, Aus-Zustand, blinkender Zustand mit variabler Blinkfrequenz). Die Verwendung der Anzeigemittel für andere Zwecke als die Justierung ist in D7 nicht beschrieben. Eine eventuell denkbare Verwendung zur Funktionsüberwachung der Vorrichtung wäre nicht notwendig, da zu diesem Zweck bereits Überwachungs-Sendeimpulse während der Sendepausen vorgesehen sind.
Deshalb lässt sich nach Ansicht der Kammer aus Dokument D7 unmittelbar und eindeutig ableiten, dass die Justierung der Vorrichtung 1 in einem besonderen Justagemodus erfolgt, der sich insbesondere durch die verwendete Amplitude der Sendelichtstrahlen und den Betrieb der Anzeigemittel LED, W und S auszeichnet. Daraus ergibt sich, dass die Vorrichtung 1 auch Schaltmittel aufweisen muss, mit deren Hilfe die Vorrichtung 1 in diesen Modus gebracht und nach Beendigung der Justierung (wieder) in den Arbeitsmodus zur Übermittlung von Datenworten versetzt werden kann. Folglich stimmt die Kammer mit der Einspruchsabteilung darin überein, dass die in Dokument D7 beschriebene Vorrichtung 1 das Merkmal i) aufweist.
2.2.4 Bezüglich dem damals beanspruchten Merkmal, welches dem gegenwärtigen Merkmal iii) entspricht und lediglich etwas breiter formuliert war, verwies die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung auf den in D7 beschriebenen bidirektionalen Datenaustausch (Punkt 4.1, vorletzter Spiegelstrich, der Entscheidungsgründe).
Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass in D7 keine bidirektionale Übertragung von Nutzdaten beschrieben werde. Vielmehr werde vom Hilfssender lediglich quittiert, dass der Empfänger eine Nachricht empfangen habe.
Die Kammer merkt an, dass in der Patentschrift des angefochtenen Patents bezüglich der übertragenen Nutzdaten lediglich erwähnt ist, dass sie "über ein Bussystem zur Verfügung gestellt werden, an welcher die optoelektronische Vorrichtung angeschlossen ist" (siehe Absatz [0031]). Es wird jedoch nicht genauer beschrieben, welche Informationen übertragen werden sollen. Dementsprechend ist der Begriff "Nutzdaten" so zu verstehen, dass diese Daten beliebige übertragbare Informationen betreffen.
Die in Dokument D7 beschriebene Quittierung stellt eine solche übertragbare Information dar (siehe D7, Spalte 4, Zeilen 6-9). Somit werden in der Vorrichtung 1 von D7 Nutzdaten sowohl vom Sender 3 an den Empfänger 4 (nämlich die Datenworte) also auch vom Hilfssender an den Hilfsempfänger (nämlich die Daten, welche die Quittierung kodieren) übertragen. Darüber hinaus wird in D7 aber auch eine Übertragung der Datenworte beziehungsweise Quittierung in umgekehrter Richtung offenbart. Dies wird in Spalte 4, Zeilen 9-10 explizit erwähnt und geht auch daraus hervor, dass im darauf folgenden Absatz (Spalte 4, Zeilen 11-15) eine Senderabschaltung oder Reduzierung der Sendeleistung für den Fall beschrieben wird, dass die Quittierung "im Empfänger bzw. im Hilfsempfänger" nach Aussendung einer Nachricht durch "den Sender 3 bzw. Hilfssender" nicht empfangen wird.
Somit weist die in Dokument D7 beschriebene Vorrichtung 1 auch das Merkmal iii) auf.
2.2.5 Dokument D7 offenbart nicht die Übertragung der die Empfangslichtmenge betreffenden Daten und deren Anzeige an der jeweiligen Senderseite. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich daher durch das Merkmal ii) von der aus D7 bekannten Vorrichtung.
2.3 Objektive technische Aufgabe
Beide Parteien sehen die von der Erfindung zu lösende Aufgabe in einer vereinfachten Justage, was im Wesentlichen der in der angefochtenen Entscheidung formulierten Aufgabenstellung entspricht (siehe Punkt 4.3 der Entscheidungsgründe). Die Kammer sieht keine Gründe, hiervon abzuweichen, sodass die objektive technische Aufgabe der Erfindung darin gesehen wird, die Justage zu vereinfachen.
2.4 Naheliegen
2.4.1 Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Entscheidung der Ansicht, dass der Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe das Dokument D1 zwar in Betracht ziehen würde, aber nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand gelangen würde. Insbesondere ergäbe sich bei der Anwendung der Lehre des Dokuments D1 auf D7 (siehe Punkt 4.4.4 der Entscheidungsgründe)
- kein symmetrischer Aufbau bezüglich der Justage, insbesondere keine Übertragung der Werte der mit dem Hilfsempfänger erfassten Empfangslichtmengen zur gegenüberliegenden Sensoreinheit und
- "nicht zwingend" eine Übertragung der Werte über die zweite optische Übertragungsstrecke.
2.4.2 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass der Fachmann selbst bei Heranziehung des Dokuments D1 zur Lösung der gestellten Aufgabe nicht zur beanspruchten Vorrichtung gelangen würde, da er in der Vorrichtung nach D7 zusätzlich zu dem offenbarten Hilfssender und -empfänger einen weiteren Sender 13 und Empfänger 4 vorsehen würde.
2.4.3 Dokument D1 offenbart (siehe Spalte 2, Zeile 55 - Spalte 3, Zeile 2; Spalte 3, Zeilen 8-29 und 48-59; Spalte 4, Zeilen 24-46) ein Strahlsensorsystem mit einem Lichtsender 1, welcher eine Lichtquelle T aufweist, welche ihrerseits eine Infrarotstrahlung emittierende Quelle und eine entsprechende Treiberschaltung enthält. Außerdem weist der Lichtsender 1 eine LED 2, eine Anzeigensteuerung 3 und einen Empfänger 4 auf. Das Strahlsensorsystem umfasst ferner einen Lichtempfänger 10 mit Lichtempfangsmitteln R, einer Anzeigensteuerung 11, einer LED 12 und einem Sender 13.
Die Anzeigensteuerung 11 treibt die LED 12 mit einer Blinkfrequenz an, welche der von den Lichtempfangsmitteln R empfangenen Lichtstärke entspricht. Dabei ist die Blinkfrequenz insbesondere desto niedriger je größer die Lichtstärke ist. Die empfangene Lichtstärke wird außerdem von dem Sender 13 an den Empfänger 4 übertragen, welcher das Signal an die Anzeigensteuerung 3 weiterleitet. Letztere treibt die LED 2 wiederum mit einer der Lichtstärke entsprechenden Blinkfrequenz an. Somit kann ein Betreiber zur Einstellung der optischen Achse den Winkel der optischen Sendeanordnung der Lichtquelle T in der vertikalen und horizontalen Richtung einstellen, sodass sich die Blinkfrequenz verringert bis die LED 2 letztendlich erlöscht.
2.4.4 Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass der Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe in der Tat Dokument D1 heranziehen würde, welches ebenfalls eine optoelektronische Vorrichtung mit zwei Sensoreinheiten betrifft. Ferner besteht darin Einigkeit, dass in der Vorrichtung gemäß D1 zur Kontrolle der Justage der Sendereinheit zur Empfängereinheit in beiden Einheiten eine Anzeigeeinheit in Form von LEDs 2 und 12 vorgesehen ist, mit deren Hilfe durch Blinkanzeige signalisiert wird, wie gut die Justage ist.
2.4.5 Bezüglich der Frage, ob der Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe einen symmetrischen Aufbau vorsehen würde, merkt die Kammer an, dass es für den Fachmann offenkundig ist, dass Hilfssender und -empfänger in der Vorrichtung gemäß dem nächstliegenden Stand der Technik D7 einer separaten Justage bedürfen. Auch bei justiertem Sender und Empfänger kann nämlich das Gehäuse mit der Funktionseinheit aus Empfänger und Hilfssender in solcher Weise geneigt oder gekippt sein, dass der Empfänger zwar die Sendelichtstrahlen des Senders in ausreichendem Maß empfängt, aber der Hilfsempfänger die Sendelichtstrahlen des Hilfssenders nur mit unzureichender Lichtstärke empfängt, d.h. dass der Hilfsempfänger in Bezug auf den Hilfssender nicht justiert ist.
Der Fachmann würde daher nach Ansicht der Kammer die Lehre des Dokuments D1 dahingehend auf die Vorrichtung gemäß D7 anwenden, dass entsprechende Anzeigen sowohl in Bezug auf die Sender/Empfänger-Justage als auch in Bezug auf die Hilfssender/Hilfsempfänger-Justage vorgesehen werden. Insbesondere würde der Fachmann zwei LED-Paare vorsehen, wobei die Blinkfrequenz des ersten bzw. zweiten Paares der von dem Empfänger bzw. Hilfsempfänger empfangenen Lichtstärke entspricht. Jeweils eine LED eines Paares würde an der Funktionseinheit von Sender 3 und Hilfsempfänger und die andere LED des Paares an der Funktionseinheit von Empfänger 4 und Hilfssender angeordnet werden.
2.4.6 Generell ist bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit lediglich danach zu fragen, ob der Fachmann zur Lösung der gestellten objektiven technischen Aufgabe die Lehre des nächstliegenden Standes der Technik angesichts anderer Lehren des Standes der Technik so abgewandelt hätte, dass er zu dem beanspruchten Gegenstand gelangt wäre. Dabei ist es unerheblich, ob der Fachmann zwangsläufig zu dem beanspruchten Gegenstand gelangt wäre oder ob er alternativ die Lehre des nächstliegenden Standes der Technik in naheliegender Weise auch so hätte abgewandeln können, dass er nicht zu dem beanspruchten Gegenstand gelangt wäre.
2.4.7 Im vorliegenden Fall ist somit ferner zu prüfen, ob der Fachmann bei der genannten Anwendung der Lehre des Dokuments D1 auf die Vorrichtung gemäß D7 zur Übertragung der die empfangenen Lichtstärken betreffenden Daten die jeweils andere optische Übertragungsstrecke verwendet hätte, insbesondere ob der Fachmann zur Übertragung der Daten, welche sich auf die von dem Empfänger bzw. Hilfsempfänger empfangene Lichtstärke beziehen, den Hilfssender bzw. Sender als Signalgeber eingesetzt hätte.
Wie oben beschrieben überträgt der in Dokument D7 beschriebene Sender 3 sowie der identisch aufgebaute Hilfssender mittels Sendelichtstrahlen Datenworte an den zugeordneten Empfänger bzw. Hilfsempfänger. Somit entsprechen die in Dokument D7 offenbarten optischen Übertragungsstrecken einer der in Dokument D1 in Spalte 3, Zeilen 33-37, beispielhaft genannten Übertragungsarten und sind auch zur Übermittlung der die empfangenen Lichtstärken betreffenden Daten geeignet. Eine solche Übermittlung findet überdies während des oben beschriebenen Justagemodus statt und kann daher nicht die Übertragung der Datenworte während des Arbeitsmodus beeinträchtigen. Daher ist die Kammer der Meinung, dass der Fachmann zur Übertragung der Daten, mit Hilfe derer die empfangenen Lichtstärken kodiert sind, die jeweils andere optische Übertragungsstrecke verwendet hätte.
Ob der Fachmann alternativ auch die Verwendung von weiteren Sendern und Empfängern erwogen hätte, welche allein der Übertragung dieser Daten gewidmet wären, ist für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes unerheblich. Parenthetisch bemerkt die Kammer, dass der Fachmann wegen der erhöhten Komplexität und Kosten davon abgeneigt wäre, diese Variante zu wählen.
2.4.8 Unter Verwendung des Wortlauts von Anspruch 1 stellt die Kammer zusammenfassend fest, dass es für den Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe naheliegend ist, nur während des Justagebetriebs (Justagemodus) die Werte der am ersten Empfänger (4) erfassten Empfangslichtmengen mittels der (vom Hilfssender ausgesendeten) zweiten Sendelichtstrahlen über die zweite optische Übertragungsstrecke zu übertragen, wobei die erste Sensoreinheit (Funktionseinheit von Sender 3 und entsprechendem Hilfsempfänger) eine erste Anzeigeeinheit (LED des ersten LED-Paares) und die zweite Sensoreinheit (Funktionseinheit von Empfänger 4 und entsprechendem Hilfssender) eine zweite Anzeigeeinheit (LED des zweiten LED-Paares) aufweist, wobei mit der ersten Anzeigeeinheit (LED des ersten LED-Paares) der ersten Sensoreinheit (Funktionseinheit von Sender 3 und entsprechendem Hilfsempfänger) die übertragenen Werte der Empfangslichtmengen angezeigt werden, wobei die Werte der erfassten Empfangslichtmenge des zweiten Empfängers (Hilfsempfängers) über die (durch Sender 3 und Empfänger 4 gebildete) erste optische Übertragungsstrecke übertragen werden und in der zweiten Anzeigeeinheit (LED des zweiten LED-Paares) angezeigt werden.
2.4.9 Folglich weist der Gegenstand des Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52(1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).
3. Schlussfolgerung
Da die Kammer zu dem Schluss kommt, dass der beanspruchte Gegenstand des Patents keine erfinderische Tätigkeit aufweist, ist das Patent zu widerrufen (Artikel 111(1) EPÜ 1973 und Artikel 101(3) b) EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.