European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T119213.20161215 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Dezember 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1192/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05010374.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | H03M 1/10 G01D 5/244 G01D 18/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Positionsmesseinrichtung und Verfahren zur Positionsmessung | ||||||||
Name des Anmelders: | Dr. Johannes Heidenhain GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SICK STEGMANN GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.5.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (ja) Spät eingereichtes Dokument - zugelassen (nein) Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 614 990.
II. Der Einspruch der Einsprechenden (Beschwerdegegnerin) stützte sich auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikeln 54 und 56 EPÜ.
III. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung u. a. zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Streitpatents (Hauptantrag) und der Gegenstand der Ansprüche 1 und 6 des ersten und des zweiten Hilfsantrags nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ seien.
Als Stand der Technik wurden folgende Dokumente herangezogen:
D2: EP-A1-0 660 209
D4: DE-A1-101 22 868.
IV. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin neue Anspruchssätze gemäß einem ersten und einem zweiten Hilfsantrag ein.
Nach der Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 19. Februar 2014 einen dritten Hilfsantrag ein.
V. In ihrer Erwiderung vom 15. November 2016 auf eine Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK verwies die Beschwerdegegnerin u. a. auf folgendes zusätzliches Dokument:
E6: EP-A1-0 707 198.
Ferner brachte die Beschwerdegegnerin vor, dass die Frage der Neuheit des Gegenstandes der Ansprüche des Streitpatents auch im Hinblick auf das Dokument E6 zu diskutieren sei.
VI. Am 15. Dezember 2016 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent auf der Grundlage des ersten oder des zweiten Hilfsantrags, beide mit der Beschwerdebegründung eingereicht, oder des dritten Hilfsantrags vom 19. Februar 2014 aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:
"Positionsmesseinrichtung mit integriertem Funktionstest, bestehend aus einer Positionserfassungseinheit (10; 210), einer Verarbeitungseinheit (80; 280) und einem Kontrollwortgenerator (50; 250), wobei
in der Positionserfassungseinheit (10; 210) ein Positionsdatenwort, das einen aktuellen Positionswert enthält, und ein Kontrolldatenwort erzeugbar und an die Positionserfassungseinheit (10; 210) [sic] ausgebbar ist,
die Positionserfassungseinheit (10; 210) mit der Verarbeitungseinheit (80; 280) verbunden ist, die Mittel (81, 82; 281, 282, 283, 284) enthält, um aus dem Positionsdatenwort einen Positionswert und aus dem Kontrolldatenwort einen Kontrollwert zu generieren, wobei der Kontrollwert und der Positionswert einen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufweisen,
der Kontrollwortgenerator (50; 250) ein Mittel (51, 52; 251) enthält, durch das einstellbar ist, ob von der Positionserfassungseinheit (10; 210) das Positionsdatenwort oder das Kontrolldatenwort ausgegeben wird."
Der unabhängige Anspruch 8 lautet wie folgt:
"Verfahren zur Positionsmessung in einer Positionsmesseinrichtung mit integriertem Funktionstest, die aus einer Positionserfassungseinheit (10; 210), einer Verarbeitungseinheit (80; 280) und einem Kontrollwortgenerator (50; 250) besteht, mit folgenden Schritten:
Erzeugung eines Positionsdatenwortes in der Positionserfassungseinheit (10; 210) und Ausgabe des Positionsdatenwortes an die Verarbeitungseinheit (80; 280),
Verarbeitung des Positionsdatenwortes zu einem Positionswert in der Verarbeitungseinheit (80; 280),
Erzeugung eines Kontrolldatenwortes in der Positionserfassungseinheit (10; 210) anhand der Vorgabe des Kontrollwortgenerators (50; 250) und Ausgabe des Kontrolldatenwortes an die Verarbeitungseinheit (80; 280);
Verarbeitung des Kontrolldatenwortes in der Verarbeitungseinheit (80; 280) zu einem Kontrollwert, der einen definierten mathematischen Zusammenhang zum Positionswert aufweist."
IX. Da die Hilfsanträge nicht entscheidungsrelevant sind, braucht der Wortlaut der entsprechenden unabhängigen Ansprüche nicht wiedergegeben zu werden.
X. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das Streitpatent befasse sich mit einer Positionsmesseinrichtung, welche digitale Positionsdaten erzeugt. Im Gegensatz dazu beziehe sich das Dokument D4 auf einen rein analogen Sensor. Das Problem des "elektronischen Wellenbruchs" (siehe Absatz [0005] des Streitpatents), bei dem sich die in einem Zwischenspeicher gespeicherten Positionsdaten nicht mehr ändern, könne bei dem aus D4 bekannten analogen System nicht auftreten, da analoge Messwerte nicht in dieser Weise "einfrierbar" seien. Schon aus diesem Grund könne das Dokument D4 die Neuheit der beanspruchten Erfindung nicht in Frage stellen.
Ein weiterer Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents und der Positionsmesseinrichtung gemäß D4 bestehe darin, dass bei letzterer die an die Verarbeitungseinheit ausgegebenen Signalabschnitte mit und ohne Offset, die laut Einspruchsabteilung jeweils einem Kontrollwert und einem Positionswert entsprechen, keinen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufwiesen, weil sich die Messgröße und somit der Messwert ständig änderten. In der Tat könne ein definierter mathematischer Zusammenhang zwischen einem Kontrollwert und einem Positionswert nur dann bestehen, wenn wie im Falle des Streitpatents der Kontrollwert vom Positionswert mathematisch abgeleitet werde.
Das Dokument D2 sei in der angefochtenen Entscheidung lediglich im Hinblick auf Anspruch 8 herangezogen worden. Anspruch 8 enthalte u. a. das Merkmal, dass in der anspruchsgemäßen Positionserfassungseinheit ein Kontrolldatenwort erzeugt wird. Diesbezüglich weise die angefochtene Entscheidung auf CRC-Daten (CRC = Cyclic Redundance Check) hin, die nach Dokument D2 durch eine bekannte Verknüpfung der Datenbits gewonnen werden und zur Überprüfung der Datenübertragung dienen sollen. Die Textstelle von D2 (siehe Spalte 5, Zeilen 15 bis 23), welche die Einspruchsabteilung als Beweis für die Erzeugung der CRC-Daten in der Positions-erfassungseinheit (d. h. in den Bausteinen 2 und 10 von Figur 1) genannt hat, beziehe sich auf die Übertragung von Parameterdaten, insbesondere auf die Übertragung eines Speicherinhaltes aus dem Speicher 9, der durch einen CRC-Wert gesichert werden soll. Vielmehr würden gemäß Spalte 2, Zeile 37 bis Spalte 3, Zeile 2 aus dem Baustein 2 lediglich digitale Positionswerte dem Parallel-Serien-Wandler zugeführt.
Es sei daher davon auszugehen, dass die CRC-Daten zur Sicherung sämtlicher von der Sendeeinheit 12 übertragenen Daten, nämlich sowohl der Positionsmesswerte mit Start- und Alarmbits als auch der Parameterdaten, in der Sendeeinheit 12 generiert werden. Es gebe jedenfalls keinerlei Grundlage für die Annahme, dass die Erzeugung von CRC-Daten in den Bausteinen 2 und 10 der Positionsmesseinrichtung stattfinden könnte.
Damit sei der Gegenstand des Anspruchs 8 des Streitpatents neu gegenüber dem Dokument D2.
Das von der Beschwerdegegnerin verspätet genannte Dokument E6 befasse sich mit der Aufgabe, die Funktion der Triggerstufen zu überprüfen, welche die von den Detektoren einer Positionsmesseinrichtung erzeugten Abtastsignale digitalisieren. Die unterschiedlichen Prüfspannungen, die gemäß E6 als Triggerschwellenspannungen angelegt werden, stellten kein Kontrolldatenwort im Sinne des Streitpatents dar.
Das Dokument E6 sei in das Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen, da es verspätet eingereicht worden sei und die Neuheit des beanspruchten Gegenstands offensichtlich nicht in Frage stelle.
XI. Hinsichtlich des Einwands der mangelnden Neuheit des Gegenstandes der Patentansprüche 1 und 8 gegenüber den Dokumenten D2 und D4 bezog sich die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen auf die Argumentation der Einspruchsabteilung. Sie hob insbesondere hervor, dass der Begriff "Datenwort" im Streitpatent sowohl für digitale als auch für analoge Inhalte verwendet werde und dass die beanspruchte Erfindung sowohl digitale als auch analoge Positionsmesseinrichtungen umfasse.
Ferner brachte die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen noch Folgendes vor:
Dokument E6 offenbare eine Positionsmesseinrichtung mit integriertem Funktionstest. Eine Abtasteinheit 2 mit Triggerstufen 6 und 7 stelle eine Positionserfassungseinheit gemäß Anspruch 1 des Streitpatents dar, während die Logikschaltung 5.2 in Verbindung mit der Auswerteeinheit 8 und die Schalteinrichtung 5.1 in Verbindung mit der Steuereinrichtung 5.3 jeweils der Verarbeitungseinheit und dem Kontrollwortgenerator nach Anspruch 1 entsprächen. Bei einer Triggerschwellenspannung gleich U0 erzeuge die Positionserfassungseinheit ein Positionsdatenwort. Wenn jedoch die Triggerschwellenspannung ungleich U0 sei, werde ein Kontrolldatenwort erzeugt und an die Verarbeitungseinheit ausgegeben. Auch die weiteren auf das Positionsdatenwort bzw. Kontrolldatenwort bezogenen Merkmale von Anspruch 8 seien im Dokument E6 offenbart. Wegen seiner hohen Relevanz für die Frage der Neuheit des beanspruchten Gegenstands sei das Dokument E6 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Weitere entscheidungsrelevante Argumente der Beteiligten sind in den nachfolgenden Entscheidungsgründen ausführlich dargelegt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Das Streitpatent betrifft eine Positionsmesseinrichtung mit integriertem Funktionstest. Wie dem Absatz [0002] der Patentschrift zu entnehmen ist, stellen numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen ein weit verbreitetes Einsatzgebiet für Positionsmesseinrichtungen, insbesondere Winkelmessgeräte, dar. Diese werden z. B. dafür verwendet, Lageistwerte zur Steuerung des Vorschubs eines Werkzeugs bzw. eines Werkstückes zu ermitteln. Zu diesem Zweck werden die Positionsmessgeräte meist direkt oder indirekt mit der Welle eines Motors gekoppelt. Eine Fehlfunktion in der Positionsdatenerfassung kann durch den Verlust der Kopplung zwischen Motorwelle und Positionsmessgerät oder durch eine Störung bei der Übernahme der Positionsdaten in einen Zwischenspeicher hervorgerufen werden. Da das Positionsmessgerät im Falle eines mechanischen oder elektronischen "Wellenbruchs" immer den gleichen Positionswert liefert, ist eine korrekte und sichere Steuerung des Werkstücks bzw. des Werkzeugs nicht mehr möglich (vgl. Absätze [0003] und [0005]).
2.1 Im Absatz [0006] des Streitpatents wird darauf hingewiesen, dass die numerische Steuerung sowohl einen mechanischen als auch einen elektronischen Wellenbruch während des Positioniervorgangs schnell und zuverlässig erkennen kann. Dies ist jedoch nicht möglich während des Stillstandes einer Welle, also wenn eine Achse an einer bestimmten Position gehalten werden soll. Grund dafür ist, dass die numerische Steuerung nicht unterscheiden kann, ob sich der Antrieb einer Achse tatsächlich nicht bewegt oder ob sich nur der Positionswert nicht mehr ändert.
2.2 Das Streitpatent befasst sich mit der Aufgabe, ein Positionsmessgerät mit integriertem Funktionstest anzugeben, bei dem ein elektronischer Wellenbruch ohne analoge Spursignale zur analogen Positionsbestimmung auch während des Stillstandes einer Welle erkannt werden kann.
Anspruch 1
3. Anspruch 1 des angefochtenen Patents bezieht sich auf eine Positionsmesseinrichtung mit integriertem Funktionstest, welche folgende Merkmale aufweist:
a) die Positionsmesseinrichtung besteht aus:
i) einer Positionserfassungseinheit,
ii) einer Verarbeitungseinheit und
iii) einem Kontrollwortgenerator,
b) in der Positionserfassungseinheit sind ein Positionsdatenwort, das einen aktuellen Positionswert enthält, und ein Kontrolldatenwort erzeugbar und an die Verarbeitungseinheit [der an dieser Stelle im Anspruch 1 der Patentschrift verwendete Begriff "Positionserfassungseinheit" ist ein offensichtlicher Fehler, den der Fachmann sofort korrigiert und durch den Begriff "Verarbeitungseinheit" ersetzt- vgl. Anspruch 8 und Entscheidung der Einspruchsabteilung, Seite 3, Absatz 4] ausgebbar,
c) die Positionserfassungseinheit ist mit der Verarbeitungseinheit verbunden,
i) die Mittel enthält, um aus dem Positionsdatenwort einen Positionswert und aus dem Kontrolldatenwort einen Kontrollwert zu generieren,
ii) wobei der Kontrollwert und der Positionswert einen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufweisen,
d) der Kontrollwortgenerator enthält ein Mittel, durch das einstellbar ist, ob von der Positionserfassungseinheit das Positionsdatenwort oder das Kontrolldatenwort ausgegeben wird.
4. Gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung offenbart das Dokument D4 eine Positionsmesseinrichtung (siehe Bauteile 1 und 2 in Figur 1 und Absatz [0013]), die einen integrierten Funktionstest aufweist und aus einer Positionserfassungseinheit (1a), einer Verarbeitungseinheit (1b) und einem Kontrollwortgenerator (2) besteht (siehe Merkmal a) der vorstehenden Merkmalsanalyse).
4.1.1 Laut Einspruchsabteilung stellt der offsetlose Teil des durch die Positionserfassungseinheit 1a an die Verarbeitungseinheit 1b ausgegebenen Signals (siehe Figur 2c) ein Positionsdatenwort dar, das den aktuellen Positionswert enthält, während der mit einem Offset versehene Signalabschnitt dem erfindungsgemäßen Kontrolldatenwort entspricht. Somit weise die Positionseinrichtung gemäß D4 auch das Anspruchsmerkmal b) auf.
4.1.2 In Bezug auf die oben genannten Anspruchsmerkmale c)i) und c)ii) fand die Einspruchsabteilung, dass die Begriffe "Datenwort" und "Wert" im Streitpatent nicht näher definiert seien, weshalb das von der aus D4 bekannten Positionserfassungseinheit 1a ausgegebene Signal als "Datenwort" und das von der Verarbeitungseinheit 1b ausgegebene Signal S als "Wert" bezeichnet werden könnten. Nach der Einspruchsabteilung stellt der offsetlose Teil des Signals S einen Positionswert dar, weil er direkt mit der Messgröße verbunden ist, während der mit Offset versehene Signalabschnitt einem Kontrollwert entspricht, weil anhand des bekannten Offsets die Sensorfunktion kontrolliert wird. Der definierte mathematische Zusammenhang zwischen dem Positionswert und dem Kontrollwert ergebe sich daraus, dass der Kontrollwert der Summe von Positionswert und Offset entspricht.
4.1.3 Schließlich ist nach Auffassung der Einspruchsabteilung im Bauteil 2 ein Mittel enthalten, durch welches periodisch eingestellt wird, entweder das Signal 2c ohne Offset (d.h. das Positionsdatenwort) oder das Signal 2c mit Offset (d.h. das Kontrolldatenwort) auszugeben (vgl. Anspruchsmerkmal d).
4.1.4 Somit kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass sämtliche Merkmale von Anspruch 1 des Streitpatents aus Dokument D4 bekannt seien.
4.2 Dokument D4 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Überwachen eines Sensors. Gemäß Absatz [0013] umfasst ein Sensor 1, dessen Funktion überwacht werden soll, einen Signalaufnehmer 1a und eine Sensorelektronik 1b. Ein Offsetsignal (siehe Figur 2b) wird in einer Steuer- und Überwachungseinrichtung 2 erzeugt, dem Signalaufnehmer 1a des Sensors 1 zugeführt und auf die vom Sensor 1 erfasste Messgröße addiert. Das vom Sensor 1 ausgegebene und an die Steuer- und Überwachungseinrichtung 2 weitergeleitete Sensorsignal (Figur 2c) besteht somit aus der Überlagerung der Messgröße M und der Offsetansteuerung (Offsetsignal O). Dabei können Fehler in der Signalaufbereitung des Sensors, der Signalübertragung usw. erkannt werden (Absätze [0005] und [0016]).
4.2.1 In D4 werden das Offsetsignal, das Messsignal und das Positionssignal nicht als "Datenworte" definiert, sondern als analoge Signale dargestellt (siehe Figur 2a - Diagramm der Messgröße, Figur 2b - Diagramm der Offsetansteuerung und Figur 2c - Diagramm des Sensorsignals).
Zur Neuheit der beanspruchten Erfindung im Hinblick auf das Dokument D4 hat die Beschwerdeführerin zunächst geltend gemacht, dass sich Anspruch 1 mit einer digitalen Positionsmesseinrichtung befasse, während Dokument D4 einen rein analogen Sensor betreffe, bei dem das Problem des "elektronischen Wellenbruchs" (Absatz [0005] des Streitpatents) konstruktionsbedingt nicht auftreten kann. Schon aus diesem Grund könne das Dokument D4 keinen neuheitsschädlichen Stand der Technik darstellen.
4.3.1 Ferner hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass die in D4 dargestellten Signalabschnitte mit bzw. ohne Offset mit den erfindungsgemäßen Kontrollwerten bzw. Positionswerten nicht vergleichbar seien. Insbesondere sei ein definierter mathematischer Zusammenhang zwischen solchen Signalabschnitten nicht erkennbar, da die benachbarten Signalabschnitten zugrundeliegenden Positionsmesswerte nicht konstant blieben.
4.4 Laut Beschwerdegegnerin bedeutet die Verwendung der Begriffe "Positionsdatenwort" und "Kontrolldatenwort" im Anspruch 1 nicht, dass sich das Streitpatent lediglich auf eine digitale Positionsmesseinrichtung bezieht. In der Tat seien die Begriffe "Datenwort" und "Datenwert" im Streitpatent austauschbar. So sei z. B. im Absatz [0048] von einem "digitalen Datenwort" und von einem "analogen Datenwort" die Rede.
4.5 In der Fachwelt wird der Begriff "Datenwort" gewöhnlich in Verbindung gebracht mit der digitalen Datenverarbeitung und als die Grundverarbeitungsdatengröße bei einem Computer verstanden (siehe die von der Beschwerdeführerin als Anlage A1 eingereichte Definition von "Datenwort" aus "Wikipedia"). Daher kann für den Fachmann kein Zweifel bestehen, dass die Positionserfassungseinheit der erfindungsgemäßen Positionsmesseinrichtung die erfasste Positionsmessgröße (d.h. den Positionswert) als entsprechendes Datenwort (d.h. als digitale Messgröße) zur Weiterverarbeitung bereitstellt.
In der Tat gibt der gesamte Wortlaut der Patentansprüche keinen Anlass anzunehmen, dass der Begriff "Datenwort" eine spezielle, vom üblichen Sprachgebrauch abweichende Bedeutung haben könnte.
4.5.2 Die Beschwerdegegnerin hat u.a. auf Textstellen in der Beschreibung (siehe Absätze [0019], [0020] und [0048] der Patentschrift) verwiesen, die auf eine gewisse semantische Unschärfe im Streitpatent und insbesondere auf eine mögliche Austauschbarkeit der Begriffe "Datenwort" und "Datenwert" hindeuten würden.
4.5.3 Im Absatz [0019] wird die Erzeugung eines Positionsdatenwortes im Messwertaufnehmer beschrieben. Es wird insbesondere erklärt, dass es sich bei den Ausgangssignalen des Messwertaufnehmers um analoge Stromsignale handelt, deren Ausgangsstrom sich je nach Beleuchtungsstärke ändert. Jedes Bit des so erzeugten Positionsdatenwortes wird somit durch ein analoges Stromsignal repräsentiert.
4.5.4 Laut Absatz [0020] wird ein vom Kontrollwortgenerator vorgegebenes Kontrolldatenwort der Positionserfassungseinheit zugeführt, wobei die einzelnen Bits des Kontrolldatenwortes "in einem Spannungs-Stromwandler 15 ebenfalls in Stromsignale umgewandelt [werden], die mit den dazugehörigen Bits des Positionsdatenwortes über Stromknotenpunkte 12 verbunden sind. Die Amplitude der Stromsignale ist dabei so eingestellt, dass die jeweiligen Summenstromsignale an den Stromknotenpunkten 12 von den Stromsignalen des Kontrolldatenwortes dominiert werden. In anderen Worten wird das Positionsdatenwort am Ausgang des Messwertaufnehmers 11 vom Kontrolldatenwort überschrieben".
Dem Absatz [0019] ist daher zu entnehmen, dass analoge Stromsignale, die z. B. durch eine Anzahl von Fotodetektoren erzeugt werden, die Ausgangssignale des Messwertaufnehmers darstellen, wobei jedes analoge Stromsignal ein Bit eines Positionsdatenwortes repräsentiert. Im Absatz [0020] wird ferner klargestellt, dass die Amplitude der Stromsignale, welche die Bits eines Kontrolldatenwortes repräsentieren, die Stromsignale der entsprechenden Bits eines Positionsdatenwortes dominieren.
4.5.6 Der von der Beschwerdegegnerin genannte Absatz [0048] bezieht sich auf die in Figur 3 dargestellte Ausführungsform einer Positionsmesseinrichtung gemäß dem Streitpatent. Der durch den Kontrollgenerator 250 deaktivierte Messwertaufnehmer 211 gibt ein "analoges Kontrolldatenwort aus, bei dem alle Bits einen logischen Low-Pegel aufweisen" (Unterstreichung hinzugefügt). Auch im Absatz [0046] ist von einem "analogen" Datenwort die Rede.
Da der Begriff "analog" im Widerspruch zu der o. g. üblichen Bedeutung des Begriffs "Datenwort" steht, ist dieses im Streitpatent verwendete Oxymoron auslegungsbedürftig.
4.5.7 Wie oben dargelegt (siehe Punkte 4.5.3, 4.5.4 und 4.5.5), stellt die Beschreibung des Streitpatents klar, dass auch im Kontext der Erfindung ein Datenwort aus Bits besteht und somit lediglich digitale Werte darstellen kann. Die den einzelnen Bits zugeordneten logischen Werte ("0" oder "1") hängen jedoch von den Stromsignalen ab, die von entsprechenden Fotodetektoren des Messwertaufnehmers ausgegeben werden. So wird jedes Bit eines erzeugten Positionsdatenwortes mit einem analogen Stromsignal assoziiert.
Mit anderen Worten bedeutet der Begriff "analog" in Verbindung mit Positions- bzw. Kontrolldatenwort, dass bei der erfindungsgemäßen Positionserfassungseinheit die Bits eines digitalen Datenwortes durch analoge Stromsignalwerte repräsentiert sind. Diese Repräsentation der Bits ist einerseits konstruktionsbedingt, weil die Bits eines Positionsdatenwortes durch von Fotodetektoren ausgegebene analoge Stromsignale erzeugt werden. Andererseits werden die Bits eines Kontrolldatenwortes in Stromsignale umgewandelt, um mit den entsprechenden Bits eines Positionsdatenwortes verbunden zu werden (siehe Absätze [0019] und [0020]) oder um als Ausgangsignale des Messwertaufnehmers 211 zu dienen (siehe Absatz [0048]).
4.5.8 Zusammenfassend ist die Kammer der Auffassung, dass der im Streitpatent verwendete Begriff "analoges Positionsdatenwort" keine analoge Messgröße bezeichnet, sondern die Repräsentation der Bits eines Datenwortes durch entsprechende Stromsignale impliziert, die vom durch die Fotodetektoren erfassten Licht abhängig sind. Zur weiteren Verarbeitung eines Positionsdatenwortes werden die durch Stromsignale repräsentierten Bits in Spannungen (d. h. Logikpegel "0" oder "1") umgewandelt. Die Positionserfassungseinheit 10, die Verarbeitungseinheit 80 und der Kontrollwortgenerator 50 der erfindungsgemäßen Positionsmesseinrichtung geben keine analogen Werte aus, sondern lediglich digitale Datenworte. In der Tat kommt der Begriff "analoge Datenworte" nur bei der Beschreibung der Funktionsweise der Positionserfassungseinheit 10 vor, während die von der Positionserfassungseinheit 10, der Verarbeitungs-einheit 80 und dem Kontrollwortgenerator 50 ausgegebenen Datenworte offensichtlich aus logischen Bits bestehen.
4.6 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass es sich beim Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents um eine digitale Positionsmesseinrichtung handelt, wobei die Begriffe "Positionsdatenwort" und "Kontrolldatenwort" im Kontext des Anspruchs jeweils einen digitalen Positionsmesswert und einen digitalen Kontrollwert bezeichnen. Schon aus diesem Grund ist die Neuheit der beanspruchten Positionsmesseinrichtung gegenüber der im Dokument D4 offenbarten Lehre als gegeben anzusehen.
4.6.1 Der Vollständigkeit halber wird sich indes die Kammer mit dem weiteren von der Beschwerdeführerin als Unterscheidungsmerkmal identifizierten Anspruchsmerkmal c)ii) befassen.
4.7 Gemäß Absatz [0017] von D4 übermittelt der Sensor 1 an die Steuer- und Überwachungseinrichtung 2 ein Sensorsignal S, dessen zeitlicher Verlauf in Figur 2c dargestellt ist. Das Sensorsignal S besteht aus der Überlagerung der Messgröße M und des periodisch erzeugten Offsetsignals. Wenn das mit Offset versehene Sensorsignal als Kontrollsignal bzw. "Kontrolldatenwort" interpretiert wird, kann in der Tat angenommen werden, dass die Positionsmesseinrichtung gemäß D4 Mittel umfasst, durch das einstellbar ist, ob von der Positionserfassungseinheit ein Positionsdatenwort (Signal S ohne Offset) oder ein Kontrolldatenwort (Signal S mit Offset) ausgegeben wird.
4.7.1 Die Frage ist nun, ob der Wert des mit Offset versehenen Sensorsignals S (siehe Figur 2c) und der Wert des Sensorsignals ohne Offset einen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufweisen.
4.7.2 Bekanntlich sind Werte, die einen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufweisen, nicht mehr voneinander unabhängig. Dies bedeutet, dass ein Wert durch einen anderen Wert und deren mathematischen Zusammenhang eindeutig bestimmt werden kann. Dies kann im Allgemeinen für Werte der Sensorsignalabschnitte mit und ohne Offset nicht gelten, da sich der Messsignalwert M kontinuierlich und im Prinzip auf unvorhersehbare Weise ändert. Es könnte höchstens für Werte, welche die Flanke von zwei benachbarten Sensorsignalabschnitten definieren, gesagt werden, dass sie sich lediglich durch den Offsetwert unterscheiden und folglich einen definieren mathematischen Zusammenhang zueinander aufweisen. Alle anderen Werte eines Sensorsignalabschnitts ohne Offset und eines benachbarten Sensorsignalabschnitts mit Offset beziehen sich jedoch auf unterschiedliche Messsignalwerte und können daher keinen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufweisen.
4.8 Nach einer anderen möglichen Auslegung der in Figuren 2a bis 2c abgebildeten Signale könnte das Sensorsignal S (Figur 2c) als "Positionsdatenwort" betrachtet werden, da es Positionsmesswerte beinhaltet, und das Offsetsignal O (Figur 2b) als "Kontrolldatenwort". Ein mathematischer Zusammenhang zwischen den beiden Signalen könnte darin gesehen werden, dass der Zeitverlauf des Sensorsignals S nicht nur vom Zeitverlauf der Messgröße M (Figur 2a), sondern auch vom Zeitverlauf des Offsetsignals abhängig ist.
In diesem Fall wäre jedoch das Anspruchsmerkmal d) in Dokument D4 nicht offenbart, da die bekannte Positionserfassungseinheit kein Kontrolldatenwort im Sinne der Erfindung, sondern lediglich das Sensorsignal S (d. h. das "Positionsdatenwort") ausgibt.
5. Hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 des Streitpatents ist das Dokument D2 weder von der Einspruchsabteilung noch von der Beschwerdegegnerin herangezogen worden.
Anspruch 8
6. Anspruch 8 des Streitpatents betrifft ein Verfahren zur Positionsmessung in einer Positionsmesseinrichtung mit integriertem Funktionstest. Ebenso wie nach Anspruch 1 besteht die Positionsmesseinrichtung aus einer Positionserfassungseinheit, einer Verarbeitungseinheit und einem Kontrollwortgenerator.
Das beanspruchte Verfahren weist folgende Schritte auf:
j) Erzeugung eines Positionsdatenwortes in der Positionserfassungseinheit und Ausgabe des Positionsdatenwortes an die Verarbeitungseinheit;
k) Verarbeitung des Positionsdatenwortes zu einem Positionswert in der Verarbeitungseinheit;
l) Erzeugung eines Kontrolldatenwortes in der Positionserfassungseinheit anhand der Vorgabe des Kontrollwortgenerators und Ausgabe des Kontrolldatenwortes an die Verarbeitungseinheit;
m) Verarbeitung des Kontrolldatenwortes in der Verarbeitungseinheit zu einem Kontrollwert, der einen definierten mathematischen Zusammenhang zum Positionswert aufweist.
7. Wie von der Einspruchsabteilung festgestellt (siehe Entscheidungsgründe, 3.1.1), entsprechen sämtliche Verfahrensmerkmale von Anspruch 8 Vorrichtungsmerkmalen von Anspruch 1. Dies hat die Einspruchsabteilung zu dem Schluss veranlasst, dass Dokument D4 auch die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 8 vorwegnehme.
7.1 Aus den oben dargelegten Gründen, die die Kammer dazu veranlassten, die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 anzuerkennen, ergibt sich entsprechend, dass auch der Gegenstand von Anspruch 8 nicht neuheitsschädlich von der im Dokument D4 offenbarten Lehre getroffen wird.
8. In der angefochtenen Entscheidung (siehe 3.2.1 der Entscheidungsgründe) hat die Einspruchsabteilung zudem Dokument D2 als neuheitsschädlich gegenüber dem Gegenstand von Anspruch 8 angesehen. In diesem Zusammenhang hat sie die Kombination der in Figur 1 von D2 dargestellten Abtasteinheit 10 und des Bausteins 2 mit der "Positionserfassungseinheit" gemäß Anspruch 8, den Parallel-Serien-Wandler 3 mit der "Verarbeitungseinheit" und schließlich den Baustein 2 mit dem "Kontrollwortgenerator" gleichgesetzt. Ferner hat die Einspruchsabteilung das serielle Positionsdatenwort, das der Parallel-Serien-Wandler 3 erzeugt, als "Positionswert" gemäß der beanspruchten Erfindung ausgelegt (siehe Figur 1 von D2). Nach der Einspruchsabteilung erfolgt somit in D2 die Verarbeitung des Positionsdatenwortes zu einem Positionswert im Parallel-Serien-Wandler.
Was die Erzeugung eines Kontrolldatenwortes in der Positionserfassungseinheit anbelangt, war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass in der Vorrichtung gemäß D2 ein Programm vorhanden sei, das die Vorschriften zur Erzeugung des CRC-Codes enthält. Es sei implizit in D2 enthalten, dass der CRC-Code im Baustein 2 oder in einem nicht gezeigten Baustein zwischen den Bausteinen 2 und 3 generiert wird.
8.1.1 Nach der Einspruchsabteilung wird auch das Kontrolldatenwort (d.h. der parallele CRC-Code) zu einem Kontrollwert (d.h. zu einem seriellen Signal) im Parallel-Serien-Wandler verarbeitet.
8.1.2 Das Merkmal, dass der Kontrollwert einen definierten mathematischen Zusammenhang zum Positionswert aufweist, ist nach Meinung der Einspruchsabteilung auch in D2 (Spalte 5, Zeilen 15 bis 19) offenbart, da der CRC-Code als Datenwort definiert ist, dass durch eine bekannte Verknüpfung der Datenbits gewonnen wird.
8.1.3 Somit kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass das Verfahren gemäß Anspruch 8 gegenüber der im Dokument D2 offenbarten Lehre nicht neu sei.
8.2 Zur Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 8 gegenüber dem Dokument D2 hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausgeführt, dass es keinerlei Grundlage für die Annahme gebe, dass die Erzeugung von CRC-Daten in den Bausteinen 2 und 10 der Positionsmesseinrichtung stattfindet.
8.3 Dokument D2 bezieht sich auf eine Vorrichtung und ein Verfahren zur seriellen Datenübertragung zwischen einer Positionsmesseinrichtung 1 und einer Verarbeitungseinheit 4.
Bei dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel handelt es sich um eine Winkelmesseinrichtung. Wie in Spalte 2, Zeile 32, bis Spalte 3, Zeile 2, beschrieben, erzeugt eine Abtasteinrichtung 10 analoge Abtastsignale, die einem Baustein 2 zugeführt werden. Im Baustein 2 werden die Abtastsignale in Digitalsignale umgewandelt. Der Baustein 2 kann auch zur Korrektur der Analog- oder Digitalsignale dienen. Berechnungen, die zum korrekten Anschluss bzw. zur korrekten Kombination mehrerer Codespuren erforderlich sind, werden im Baustein 2 durchgeführt. Der absolute Positionsmesswert wird vom Baustein 2 dem Parallel-Serien-Wandler 3 zugeführt, um dann über einen Sender 12 an die Verarbeitungseinheit 4 übertragen zu werden.
8.3.2 Wie in Spalte 4, Zeile 49, bis Spalte 5, Zeile 2, angegeben, können Statusbefehle von der Verarbeitungseinheit 4 an die Messeinrichtung und entsprechende Fehlermeldungen von der Messeinrichtung zur Verarbeitungseinheit übertragen werden.
8.3.3 Von der Messeinrichtung 1 wird außer den Daten noch ein "cyclic redundance check" übertragen. "Diese Übertragung des CRC ermöglicht der Verarbeitungseinheit 4 eine Überprüfung, ob die Datenübertragung fehlerfrei erfolgt ist" (D2, Spalte 5, Zeilen 19 bis 22).
Dokument D2 lässt offen, wo das Datenwort CRC erzeugt wird, und offenbart somit nicht das Merkmal l) der obigen Merkmalsanalyse von Anspruch 8. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass das Datenwort CRC nicht im Baustein 2 oder in einem nicht gezeigten Baustein zwischen den Bausteinen 2 und 3 erzeugt werden könne, da dieses Datenwort auch zur Sicherung der Übertragung von im Speicher 9 abgelegten Daten diene, ist nach Überzeugung der Kammer zutreffend. In der Tat erfolgt die Übertragung der CRC-Daten, die "durch eine bekannte Verknüpfung der Datenbits gewonnen" werden (D2, Spalte 5, Zeilen 18 und 19), unmittelbar nach der Übertragung der entsprechenden Datenbits (siehe D2, Figur 2 und Spalte 6, Zeilen 13 bis 15).
8.3.5 Daher ist der Gegenstand von Anspruch 8 neu gegenüber Dokument D2.
Dokument E6
9. Das Dokument E6 war zwar im europäischen Recherchenbericht aufgeführt und in der angefochtenen Entscheidung genannt. Es wurde aber weder im Prüfungsverfahren noch im Einspruchsverfahren als relevanter Stand der Technik herangezogen. Erst mit der Eingabe vom 15. November 2016 (d.h. einen Monat vor der anberaumten mündlichen Verhandlung) bezog sich die Beschwerdegegnerin auf das Dokument E6. Sie machte insbesondere zum ersten Mal geltend, dass dieses Dokument neuheitsschädlich gegenüber dem Streitpatent sei, da es sämtliche Merkmale der Positionsmesseinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents offenbare (Artikel 54 EPÜ).
9.1 Laut Beschwerdegegnerin umfasst die aus E6 bekannte Positionsmesseinrichtung einen "Kontrollwortgenerator" (d.h. eine Schalteinrichtung 5.1), wobei die digitalisierten Abtastsignale D1 und D2 ein Kontrolldatenwort darstellen, wenn nicht die vorgesehene Triggerschwellenspannung an jede der Triggerstufen, sondern eine der verschiedenen Prüfspannungen angelegt wird.
Die Beschwerdegegnerin hat außerdem geltend gemacht, dass im Dokument E6 der Kontrollwert und der Positionswert einen definierten mathematischen Zusammenhang zueinander aufwiesen. Dies ergebe sich daraus, dass der Positionswert bei der Triggerschwelle U0 bestimmt wird, während Kontrollwerte bei Triggerschwellen U1 bis U4 entstehen, die zu U0 addierte Prüfspannungen darstellen.
9.2 Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen argumentiert, dass sowohl die verspätete Einreichung des Dokuments E6 als auch dessen mangelnde Relevanz im Hinblick auf die beanspruchte Erfindung eine Aufnahme dieses Dokuments in das Beschwerdeverfahren nicht rechtfertigen würden.
9.3 Nach Artikel 13 (1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen.
9.3.1 Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist ein wesentliches Kriterium für die Berücksichtigung eines späten Vorbringens dessen Relevanz für das Beschwerdeverfahren. Somit ist der Frage nachzugehen, ob das Dokument E6 prima facie insofern hoch relevant ist, als es mit gutem Grund eine Änderung des Verfahrensausgangs erwarten lässt, und ggf. ob eine stichhaltige Begründung für das verspätete Vorbringen der Beschwerdegegnerin vorliegt.
9.4 Dokument E6 "betrifft eine Positionsmeßeinrichtung mit einer Abtasteinrichtung zur Erzeugung von analogen positionsabhängigen Abtastsignalen, die mittels einer Triggerstufe digitalisiert werden" (E6, Spalte 1, Zeilen 3 bis 6). Es stellt sich als Aufgabe, "eine Positionsmeßeinrichtung mit einer Prüfeinrichtung anzugeben, bei der auch ein Ausfall der Triggerstufe eindeutig erkannt werden kann" (Spalte 1, Zeilen 15 bis 18).
9.4.1 Wie in Figur 1 dargestellt, umfasst die aus E6 bekannte Positionsmesseinrichtung u. a. eine Abtasteinheit 2, die positionsabhängige analoge elektrische Abtastsignale A1 und A2 erzeugt.
9.4.2 Zur Auswertung der Abtastsignale A1 und A2 ist jedem Detektor 2.1 bzw. 2.2 der Abtasteinheit 2 eine Triggerstufe 6 bzw. 7 nachgeordnet, welche die Amplitude der anstehenden Abtastsignale A1 bzw. A2 mit einer Triggerschwellenspannung UR vergleicht. "Aus den getriggerten, d.h. digitalisierten Abtastsignalen D1, D2 wird in einer Auswerteeinheit 8 in an sich bekannter Weise die Absolutposition bestimmt" (E6, Spalte 2, Zeilen 9 bis 11).
9.4.3 Dokument E6 sieht eine Prüfeinrichtung 5 vor, mit der die Triggerschwelle UR in fünf Stufen über eine Schalteinrichtung 5.1 verändert werden kann. In Abhängigkeit der eingestellten Triggerschwelle UR erfolgt dann die Überprüfung der getriggerten Abtastsignale D1, D2 mittels einer Logikschaltung 5.2. "Hat die Logik 5.2 einen fehlerhaften Zustand der Abtasteinheit 2 oder einer der Triggerstufen 6, 7 erkannt, wird ein Fehlersignal F zur Aktivierung einer Warneinrichtung 5.4 abgegeben" (E6, Spalte 2, Zeilen 32 bis 36).
9.5 Laut Beschwerdegegnerin stellt die variable Triggerschwelle der aus E6 bekannten Positionsmesseinrichtung einen Kontrollwert bzw. ein Kontrolldatenwort im Sinne des Streitpatents dar.
9.6 Die Funktionsweise der Triggerstufen und insbesondere deren Überprüfung mittels veränderbarer Triggerschwellen wird in E6 wie folgt beschrieben (Spalte 2, Zeilen 37 bis 55):
"Zur Triggerung der analogen Abtastsignale A1, A2 beim normalen Meßbetrieb wird die Triggerschwelle UR=U0 = Mittenspannung der analogen Abtastsignale A1, A2 gesetzt. Am Beispiel des Abtastsignales A1 ist dieser Zustand in Figur 2 dargestellt. Durch diese übliche Triggerung entsteht das Rechtecksignal D1 mit den logischen Pegeln 0 (low) und 1 (high). Durch die Abtastung von mehreren Teilungsspuren 3, 4 erhält man eine Kombination von logischen Pegeln, welche als Digitalwort die absolute Position definieren. Um Fehlmessungen auszuschließen, erfolgt erfindungsgemäß die Überprüfung der korrekten Arbeitsweise der Abtasteinheit 2, insbesondere der Lichtquelle 2.3 sowie der Triggerstufen 6 und 7, indem an jede der Triggerstufen 6, 7 die Prüfspannungen U1 bis U4 als Triggerschwellenspannungen UR angelegt werden. Die sich dabei ergebenden Signalpegel des getriggerten Abtastsignales D1 in Abhängigkeit der momentanen Amplitude des Abtastsignales A1 ist in den Figuren 2a bis 2e dargestellt" (Unterstreichung hinzugefügt).
9.6.1 Eine Verschiebung der Triggerschwelle in positive bzw. negative Richtung entweder innerhalb oder außerhalb der maximal und minimal zulässigen Amplitude des Abtastsignals kann einen Wechsel der Ausgangssignale von 0 auf 1 bzw. von 1 auf 0 bewirken. Wenn sich die Ausgangssignale der Triggerstufen bei einer bestimmten Veränderung der Triggerschwelle nicht wie erwartet verhalten, erzeugt die Logik 5.2 ein Fehlersignal.
9.6.2 Mit anderen Worten dient die veränderbare Triggerstufe lediglich dazu, die korrekte Funktionsweise der Abtasteinheit, insbesondere der Lichtquelle 2.3 und der Lichtdetektoren 2.1 zu überprüfen.
9.6.3 Ferner sind die Triggerschwellen analoge Prüfspannungen, die den logischen Ausgang der Triggerstufen beeinflussen können. Sie stellen keinen digitalen Kontrollwert dar, der mit dem erfindungsgemäßen Kontrolldatenwort und dessen Funktion vergleichbar wäre.
9.7 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das verspätet vorgebrachte Dokument E6 keine Relevanz für die Frage der Neuheit des beanspruchten Gegenstandes hat und somit nicht zuzulassen ist (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 13 (1) VOBK).
10. Angesichts der Tatsache, dass sich die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung lediglich mit Artikel 54 EPÜ befasst hatte, hat es die Kammer für angebracht gehalten, im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Diskussion auf das Erfordernis der Neuheit zu beschränken und angesichts des Beschwerdeausgangs die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen (Artikel 111 (1) EPÜ). Die Beteiligten haben sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt.
10.1 Bei der Sachlage erübrigt sich eine Prüfung der Hilfsanträge der Beschwerdeführerin.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.