T 1071/13 () of 27.10.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T107113.20161027
Datum der Entscheidung: 27 October 2016
Aktenzeichen: T 1071/13
Anmeldenummer: 06026391.0
IPC-Klasse: F16D 13/72
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kühlmediumverteileinrichtung
Name des Anmelders: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Name des Einsprechenden: ZF Friedrichshafen AG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention R 77(1)
European Patent Convention R 76(2)(c)
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit
Änderungen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0610/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der am 28. Februar 2013 zur Post gegebenen Zwischen­entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das europäische Patent Nr. 1 813 831 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 2, unter Berücksichtigung der von der Patentin­haberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügt.

II. Gegen diese Zwischenentscheidung hat die Beschwerde­führerin (Patentinhaberin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 27. Oktober 2016 statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurück­weisung des Einspruchs als unzulässig, hilfsweise Zurückweisung des Einspruchs als unbegründet und damit die Aufrecht­erhaltung des Patents wie erteilt. Weiter hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage einer der Hilfsanträge 1 oder 2 eingereicht mit Schreiben vom 26. Juni 2013, des Hilfsantrags 3 eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder des Hilfsantrags 4 eingereicht mit Schreiben vom 27. September 2016.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, die Hilfsanträge nicht in das Verfahren zuzulassen, sowie erforderlichenfalls Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchs­abteilung zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit.

V. Das Patent wie erteilt (Hauptantrag) umfasst den unabhängigen Anspruch 1, der auf eine Kühlmedium­verteileinrichtung gerichtet ist, und Anspruch 9, der auf eine Kupplungseinrichtung gerichtet ist. Ansprüche 1 und 9 lauten wie folgt:

"1. Kühlmediumverteileinrichtung für eine nasslaufende Kupplungseinrichtung (56), mit mehreren Kühlmedium­verteil­flächen (21-23), an denen entlang Kühlmedium radial nach außen gefördert wird, wobei die Kühlmedium­verteilflächen (21-23) so ausgeführt sind, dass das radial nach außen geförderte Kühlmedium unter­schiedliche axiale Kühlmediümabspritzstellen und/oder Kühlmediumabspritzrichtungen aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Kühlmediumverteileinrichtung (1) einen Kühlmediumverteilkörper (20) umfasst, der im Wesentlichen die Gestalt einer Kreisringscheibe aufweist an dem die Kühlmediumverteilflächen (21-23) vorgesehen sind."

"9. Nasslaufende Kupplungseinrichtung (6) mit antriebsseitigen und abtriebsseitigen Reibeinheiten, die aus einer Mehrzahl schichtweise in axialer Richtung antriebsseitig und abtriebsseitig abwechselnder Reibpartner gebildet sind, die zur Bildung eines Reibeingriff axial miteinander verpressbar sind, mit einer Kühlmediumverteileinrichtung (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 8."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch das Merkmal, wonach:

"die Kühlmediumverteilflächen (21-23) auf einer ersten Seite des Kühlmediumverteilkörpers (20) angeordnet sind, und dass das Kühlmedium von den Kühlmedium­verteil­flächen (21-23) und von den axialen Kühlmedium­abspritzstellen nur auf der ersten Seite des Kühl­medium­verteilkörpers (20) geführt wird."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch das Merkmal, wonach:

"die Kühlmediumverteilflächen (21-23) auf einer ersten Seite des Kühlmediumverteilkörpers (20) angeordnet sind, dass das Kühlmedium von den Kühl­medium­verteil­flächen (21-23) und von den axialen Kühlmediumabspritz­stellen nur auf der ersten Seite des Kuhlmediumverteil­korpers (20) geführt wird, dass die Kühlmediumverteil­flächen (21-23) und die axialen Kühlmediumabspritz­stellen und/oder die Kühlmedium­abspritzrichtungen so ausgeführt sind, dass das radial nach außen geförderte Kühlmedium nur in einen Bereich gefördert wird, der in axialer Richtung gesehen vor der ersten Seite des Kühlmediumverteilkörpers (20) angeordnet ist."

Der Hilfsantrag 3 umfasst zwei unabhängige Ansprüche (1 und 9). Anspruch 1 entspricht Anspruch 1 gemäß Hilfs­antrag 4. Anspruch 9 lautet wie folgt:

"9. Nasslaufende Kupplungseinrichtung (6) mit antriebs­seitigen und abtriebsseitigen Reibeinheiten, die aus einer Mehrzahl schichtweise in axialer Richtung antriebs­seitig und abtriebsseitig abwechselnder Reib­partner gebildet sind, die zur Bildung eines Reib­eingriff axial miteinander verpressbar sind, mit einer Kühlmediumverteileinrichtung (1) für die nasslaufende Kupplungseinrichtung (6), mit mehreren Kühlmedium­verteil­flächen (21-23), an denen entlang Kühlmedium radial nach außen gefördert wird, wobei die Kühlmedium­verteilflächen (21-23) so ausgeführt sind, dass das radial nach außen geförderte Kühlmedium unter­schiedliche axiale Kühlmediümabspritzstellen und/oder Kühlmediumabspritzrichtungen aufweist, wobei die Kühl­mediumverteileinrichtung (1) einen Kühlmedium­verteil­körper (20) umfasst, der im Wesentlichen die Gestalt einer Kreisringscheibe aufweist an dem die Kühlmedium­verteilflächen (21-23) vorgesehen sind."

Der Hilfsantrag 4 entspricht der von der Einspruchs­abteilung aufrechterhaltenen Fassung.

VI. Folgende Entgegenhaltung spielt für die vorliegende Entscheidung eine Rolle:

D7: DE -A- 101 25 628.

VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Zulässigkeit des Einspruchs

Im Einspruchsschriftsatz werde in erster Linie auf die Darstellungen der Zeichnungen des Stands der Technik in den Anlagen verwiesen, jedoch ohne jeglichen Verweis auf die schriftliche Offenbarung der Entgegenhaltungen. Vielmehr würden lediglich einzelne Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents wiederholt.

Die Einspruchsschrift greife somit nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 in einer Weise an, dass für die Patent­inhaberin klar sei, durch welche Merkmale im Stand der Technik die Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents vorweggenommen oder nahegelegt seien. Daher sei das Vorbringen der Einsprechenden in der Einspruchsschrift objektiv nicht verständlich. Der Einspruch sei deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Hauptantrag - Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei im Hinblick auf den Stand der Technik, insbesondere D7, neu. D7 offenbare eine Kupplungseinrichtung, die jedoch nicht durch eine von den Reiborganen getrennte Kühl­mediumverteileinrichtung gekühlt werde. Diese Entgegen­haltung offenbare somit keine Kühlmedium­verteil­­einrichtung für eine nasslaufende Kupplungseinrichtung.

Ferner stellten beim Kühlmediumverteilkörper der Figuren 2 und 3 der D7 nicht die Flächen 74 und 76 sondern die Flächen 60 die Abspritzstellen der Kühl­mediumverteil­flächen dar. Da die Flächen 60 aber nicht axial versetzt seien, weise der Kühlmedium­verteil­körper keine unterschiedliche axiale Kühlmedium­abspritzstellen auf.

Folglich seien nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 aus D7 bekannt.

Zulassung ins Verfahren der Hilfsanträge 1 und 2

Die Hilfsanträge 1 und 2 seien schon mit der Beschwerde­­begründung eingereicht worden. Sie stellten eine Präzisierung des erteilten Anspruchs 1 dar. In der Tat sei die seitliche Anordnung der Kühlmediumverteil­flächen, wenn auch mit einem anderen Wortlaut, schon in den im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsanträgen angesprochen worden. Die Hilfsanträge 1 und 2 seien deshalb ins Verfahren zuzulassen.

Hilfsanträge 1 und 2 - Artikel 123(2) EPÜ

Die ursprünglich eingereichten Zeichnungen zeigten ausschließlich Ausführungsformen bei denen die Kühl­medium­verteil­flächen nur auf einer Seite der Kreis­ringscheibe angeordnet sind. Anordnungen mit Kühl­medium­verteil­flächen auf beiden Seiten des Kühlmedium­verteilkörpers seien in der Anmeldung nicht offenbart. Die einseitige Anordnung der Kühlmediumverteil­flächen stehe in keinem Zusammenhang mit den anderen in den Zeichnungen gezeigten Merkmalen, insbesondere nicht mit den Rampen oder mit der Anordnung des Kühlmedium­verteil­­körpers innerhalb der Kupplungseinrichtung. Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 erfülle daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Hilfsantrag 3 - Zulassung ins Verfahren

Hilfsantrag 3 sei im Vergleich zum erteilten Patent abgegrenzt worden. Die Kupplungseinrichtung gemäß Anspruch 9 sei immer Teil des Verfahrens gewesen. Es bestehe seitens der Beschwerdeführerin ein legitimes Interesse sowohl die Kühlmedium­verteileinrichtung des Anspruchs 1 als auch die Kupplungseinrichtung des Anspruchs 9 unter Schutz zu stellen. Der Hilfsantrag 3 sei deshalb ins Verfahren zuzulassen.

Hilfsantrag 3 - Neuheit

In der nasslaufenden Kupplungseinrichtung der D7 werde das Kühlmedium nicht von einer getrennten Kühlmedium­verteileinrichtung, sondern von Teilen der Reib­einheiten verteilt. D7 offenbare daher keine Kupplungs­einrichtung mit einer Kühlmediumverteileinrichtung. Der Gegenstand des Anspruchs 9 sei deshalb neu.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Zulässigkeit des Einspruchs

Aus den der Einspruchschrift als Anhang beigefügten Figuren des Stands der Technik mit farblich hervorgehobenen Merkmalen zusammen mit den ergänzenden Erklärungen in der Einspruchsschrift sei objektiv verständlich, warum der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht patentfähig sei. Der Einspruch sei deshalb zulässig.

Hauptantrag - Neuheit

Der Wortlaut des Anspruchs 1 verlange nicht, dass die Kühlmediumverteileinrichtung von den Reiborganen getrennt sei. D7 offenbare deshalb eine Kühlmedium­verteileinrichtung für eine nasslaufende Kupplungs­einrichtung in Sinne des Anspruchs 1.

Da das Kühlmedium an den sich in axialer Richtung erstreckenden "Fluidförderflächen" 74 und 76 entlang radial nach außen gefördert werde, wiesen die Kühl­mediumverteilflächen 74 und 76 unterschiedliche axiale Kühlmediumabspritzstellen auf.

D7 sei daher für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich.

Zulassung ins Verfahren der Hilfsanträge 1 und 2

Die Hilfsanträge 1 und 2 seien nicht während des Einspruchs­­verfahrens eingereicht worden. Sie divergierten von den im Einspruchsverfahren eingereichten Anträgen, die keine einseitige Anordnung der Kühlmediumverteilflächen verlangten. Die Hilfs­anträge 1 und 2 seien deshalb nicht ins Verfahren zuzulassen.

Hilfsanträge 1 und 2 - Artikel 123(2) EPÜ

Weder die Beschreibung noch die Ansprüche der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarten eine einseitige Anordnung der Kühlmediumverteilflächen. Dieses Merkmal sei auch nicht aus den Zeichnungen isoliert zu entnehmen. Welche Flächen als Kühlmedium­verteil­flächen zu verstehen seien, sei nämlich nur in montiertem Zustand der Kühlmediumverteileinrichtung in der Kupplungseinrichtung zu bestimmen. Ferner zeigten alle Figuren rampen­förmige Kühlmediumverteil­flächen. Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 stelle daher eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar, und verstoße gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Zulassung ins Verfahren des Hilfsantrags 3

Der Hilfsantrag 3 umfasse einen zweiten unabhängigen Anspruch 9, der eine Kupplungseinrichtung betreffe. Ein derartiger Anspruch sei aber nicht Teil des bisherigen Verfahrens gewesen. Darüber hinaus sei die Einreichung eines zweiten unabhängigen Anspruchs nicht durch einen Einspruchsgrund bedingt (siehe T 610/95). Der Hilfsantrag 3 sei deshalb nicht ins Verfahren zuzulassen.

Hilfsantrag 3 - Neuheit

D7 offenbare eine nasslaufende Kupplungseinrichtung mit antriebsseitigen und abtriebsseitigen Reibeinheiten, die aus einer Mehrzahl schichtweise in axialer Richtung antriebsseitig und abtriebsseitig abwechselnder Reib­partner gebildet sind, die zur Bildung eines Reib­eingriffs axial miteinander verpressbar sind. Der Wort­laut des vorliegenden Anspruchs 9 schließe nicht aus, dass die Kühlmediumverteileinrichtung der Kupplungs­einrichtung - wie in D7 gezeigt - Teil der Reib­einheiten sei. Deshalb sei der Gegenstand dieses Anspruchs nicht neu.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit des Einspruchs

Gemäß Regel 77(1) EPÜ ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen, wenn er den Erfordernissen der Regel 76(2) c) EPÜ nicht entspricht. Regel 76(2) c) verlangt dabei unter anderem die Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel.

Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die Einspruchs­schrift vom Inhalt her geeignet ist, das Vorbringen des Einsprechenden objektiv verständlich zu machen. Diese Frage lässt sich nur aus dem Gesamtzusammenhang des betreffenden Falles heraus entscheiden.

Im vorliegenden Fall hat die Einsprechende eine elfseitge Einspruchsschrift zusammen mit drei Anhängen eingereicht, die die Figuren einiger Entgegenhaltungen darstellten, in denen die relevanten Merkmale im Bezug auf Anspruch 1 des Patents farblich hervorgehoben wurden. In der Einspruchsbegründung hat sie außerdem die Bezugszeichen der jeweiligen Entgegenhaltungen genannt und ist auch darauf eingegangen, wie gewisse Anspruchsmerkmale in den jeweiligen Entgegenhaltungen zu verstehen sind. Es ist somit für Patentinhaberin und Einspruchsabteilung klar erkennbar und nachvollziehbar gewesen, in welcher Weise das Patent angegriffen wurde. Da das EPÜ nicht vorschreibt, dass bei der Begründung eines Einspruchs explizit auf Textstellen der Entgegenhaltungen eingegangen werden muss und da auch Figuren zum Offenbarungsgehalt eines Patents beitragen und als Stand der Technik zu würdigen sind, genügt der Einspruch den Erfordernissen der Regel 76(2) c) EPÜ und ist somit zulässig.

2. Hauptantrag - Neuheit

D7 betrifft eine nasslaufende Kupplungseinrichtung (Spalte 1, Zeilen 3-13 und 44-48). Die durch die Reiborgane induzierte umströmende Fluidzirkulation dient zur Kühlung der Kupplung (Absätze [0005] und [0006]). Die Fluidzirkulation wird z.B. durch die in Figuren 2 und 3 gezeigten Reibbelagträger erzeugt (siehe auch Absatz [0061]). Da der Anspruchs­wortlaut nicht erfordert, dass die Kühl­mediumverteileinrichtung von den Reiborganen getrennt ist, ist der Reibbelag­träger als Kühlmediumverteileinrichtung für eine nasslaufende Kupplungseinrichtung in Sinne des vorliegenden Anspruchs 1 zu betrachten.

Der Reibbelagträger der D7 umfasst einen Kühlmedium­verteilkörper, der im Wesentlichen die Gestalt einer Kreisringscheibe aufweist (Absatz [0060]). An dem Kühlmedium­verteilkörper sind mehrere Kühlmediumverteil­flächen vorgesehen - u.a. die "Fluidförderflächen" 74 und 76 - an denen entlang Kühlmedium radial nach außen gefördert wird (siehe Spalte 7, Zeile 65 bis Spalte 8, Zeile 4). Die Fluidförderflächen 74 und 76 haben eine axiale Erstreckung (siehe Figur 3). Das Kühlmedium wird dadurch an in axialer Richtung verschiedenen Positionen abgespritzt. Da der vorliegende Anspruch 1 nicht verlangt, dass jede Kühlmediumverteilfläche eine einzige Kühlmediumabspritzstelle definiert, die axial eine unterschiedliche Lage hat, als die der benachbarten Kühlmediumverteilflächen, sind die Abspritz­positionen der D7 als unter­schiedliche axiale Kühlmediumabspritzstellen im Sinne des Anspruchs 1 zu betrachten.

Dem Gegenstand des Anspruchs 1 fehlt deshalb die Neuheit im Hinblick auf D7.

3. Zulassung ins Verfahren der Hilfsanträge 1 und 2

Die Hilfsanträge 1 und 2 sind nicht im Einspruchs­verfahren, sondern erst zusammen mit der Beschwerde­begründung eingereicht worden. Die seitliche Anordnung der Kühlmediumverteilflächen wurde aber schon - wenn auch mit einem anderen Wortlaut - in den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfs­anträge 1 und 1.1 angesprochen (angefochtene Entscheidung, Punkt 4). Folglich divergieren sie nicht von den im Einspruchsverfahren eingereichten Anträgen. Da sie darüber hinaus zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens eingereicht wurden, hat die Kammer entschieden sie ins Verfahren zuzulassen.

4. Hilfsantrag 1 - Artikel 123(2) EPÜ

Weder die Beschreibung noch die Ansprüche der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbaren, dass - wie vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 verlangt - Kühl­mediumverteilflächen auf einer ersten Seite des Kühl­medium­verteilkörpers angeordnet sind, und dass das Kühl­medium von den Kühlmediumverteilflächen und von den axialen Kühlmediumabspritzstellen nur auf der ersten Seite des Kühlmediumverteilkörpers geführt wird.

Es ist zwar richtig, dass die Zeichnungen ausschließlich Ausführungsformen zeigen, bei denen die Rampen mit unterschiedlichen Steigungen, die als Kühlmedium­verteil­flächen dienen, nur auf einer Seite der Kreis­ring­scheibe angeordnet sind. Es ist jedoch weder aus den Zeichnungen selbst noch aus der Beschreibung zu entnehmen, dass diese einseitige Anordnung einen Aspekt dieser Ausführungsformen darstellt, der von den anderen Merkmalen isoliert werden kann. Vielmehr ergibt sich aus der Beschreibung, dass alle Ausführungsformen Kühlmediumverteil­einrichtungen betreffen, die durch die rampenförmigen Kühlmedium­verteilflächen gekennzeichnet sind (sie z.B. Absatz [0015]).

In der Tat können für eine - wie im Fall des Anspruchs 1 - nicht montierte Kühlmediumverteileinrichtung die Flächen, über die das Kühlmedium verteilt wird, nur anhand ihrer Geometrie identifiziert werden. In den Zeichnungen umfasst die Geometrie der Kühlmedium­verteil­flächen, wie oben ausgeführt, Rampen mit unterschiedlichen Steigungen.

Eine einseitige Anordnung der Kühlmediumverteilflächen ohne eine derartige Geometrie ist somit aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht zu entnehmen. Da Anspruch 1 aber auch Kühl­medium­­verteil­­einrichtungen umfasst, die diese Geometrie nicht aufweisen, erfüllt er nicht die Erfordenisse des Artikels 123(2) EPÜ.

5. Hilfsantrag 2 - Artikel 123(2) EPÜ

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 richtet sich, wie im Fall des Hilfsantrags 1, auf eine Kühlmediumverteil­einrichtung mit einer einseitigen Anordnung der Kühl­mediumverteil­flächen. Da auch in diesem Anspruch 1 das Merkmal nicht enthalten ist, wonach die Kühlmedium­verteil­flächen Rampen mit unterschiedlichen Steigungen aufweisen, verstößt er ebenfalls gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

6. Zulassung ins Verfahren des Hilfsantrags 3

Der Hilfsantrag 3 umfasst zwei unabhängige Ansprüche. Anspruch 1 ist auf eine Kühlmediumverteil­einrichtung gerichtet und entspricht dem von der Einspruchs­abteilung aufrechterhaltenen Anspruch 1. Anspruch 9 ist auf eine Kupplungseinrichtung gerichtet und entspricht inhaltlich dem erteilten Anspruch 9, wobei der Anspruch als unabhängiger Anspruch umformuliert wurde.

Anspruch 1 wurde im Vergleich zum erteilten Anspruch 1 abgegrenzt, um die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit herzustellen. Als Konsequenz musste Anspruch 9, um die Kupplungseinrichtung des erteilten Anspruchs 9 weiterhin unter Schutz zu stellen, als unabhängiger Anspruch umformuliert werden. Die Änderungen sind somit durch einen Einspruchsgrund veranlasst, wie von der Regel 80 EPÜ vorgesehen.

Der vorliegende Fall, bei dem die zwei unabhängigen Ansprüche zwei unterschiedliche Produkte betreffen, unterscheidet sich im Wesentlich von der von der Beschwerdegegnerin zitierten Entscheidung T 610/95 dadurch, dass in der Entscheidung T 610/95 zwei unabhängige Ansprüche, die auf Produkte der selben Art (einen Wundverband) gerichtet waren, nicht zugelassen wurden. In der Tat besteht ein legitimes Interesse der Beschwerde­führerin sowohl die Kühl­medium­­verteil­einrichtung als auch die Kupplungs­einrichtung in ihrer breitesten Form zu schützen.

Ferner, da der Gegenstand des Anspruchs 9 schon im erteilten Patent beansprucht wurde, hätte er schon im vorherigen Verfahren angegriffen werden können (siehe Seiten 10 und 11 der Einspruchsschrift). Folglich wirft der Hilfsantrag 3, auch wenn er in einem sehr späten Stadium des Beschwerdeverfahrens eingereicht wurde, keine Fragen auf, deren Behandlung der Kammer oder der Beschwerdegegnerin ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung zuzumuten ist.

Unter diesen Umständen hat die Kammer entschieden den Hilfsantrag 3 ins Verfahren zuzulassen.

7. Hilfsantrag 3 - Neuheit

Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag 3 betrifft eine nass­laufende Kupplungs­einrichtung mit einer Kühlmedium­verteileinrichtung nach Anspruch 1 des Hauptantrags.

D7 offenbart unstreitig eine nasslaufende Kupplungs­einrichtung (Absatz [0003]) mit antriebs­seitigen und abtriebsseitigen Reibeinheiten, die aus einer Mehrzahl schichtweise in axialer Richtung antriebsseitig und abtriebsseitig abwechselnder Reibpartner gebildet sind, die zur Bildung eines Reibeingriffs axial miteinander verpressbar sind (siehe Figur 1).

Wie oben unter Punkt 2 zum Hauptantrag erklärt weist die Kupplungseinrichtung der D7 eine Kühlmedium­verteileinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 auf. Es stimmt zwar, dass die besagte Kühlmedium­verteil­einrichtung von Teilen der Reib­einheiten dargestellt wird. Da dies vom Wort­laut des Anspruchs 9 nicht ausgeschlossen ist, fehlt dem beanspruchten Gegenstand die Neuheit.

8. Hilfsantrag 4

Der Hilfsantrag 4 entspricht der von der Einspruchs­abteilung aufrechterhaltenen Fassung. Da von der Einsprechenden dagegen keine Beschwerde eingereicht wurde, ist dieser Antrag nicht weiter zu prüfen. Durch die Zurückweisung der Beschwerde der einzigen Beschwerde­führerin wird die angefochtene Entscheidung rechtsbeständig und das Patent ist in dieser Form aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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