T 1070/13 () of 7.1.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T107013.20150107
Datum der Entscheidung: 07 Januar 2015
Aktenzeichen: T 1070/13
Anmeldenummer: 06828670.7
IPC-Klasse: C22C 38/06
C22C 38/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: WERKSTOFF FÜR BAUTEILE EINER GASTURBINE
Name des Anmelders: MTU Aero Engines AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention R 137(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein)
Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 19. Oktober 2012 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die Europäische Patentanmeldung Nr. 06828670.7 zurückgewiesen.

Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass die Anmeldung die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die üblichen und dem Fachmann bekannten Verfahren zur Herstellung von Fe-Al-Werkstoffen mit eingelagerten Laves-Phasen führen nämlich nicht zu einem Werkstoff gemäß der vorliegenden Anmeldung, und die Beschreibung weise hierzu auch keinerlei Offenbarungen bzw. Beispiele auf.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Am 11. Dezember 2014 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

IV. Am Ende der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. Februar 2013 eingereichten Hauptantrags oder hilfsweise auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags zu erteilen.

V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Werkstoff für Bauteile einer Gasturbine, insbesondere Bauteile eines Gasturbinenflugtriebwerks, mit einer Matrix aus einem Eisenbasislegierungswerkstoff, wobei die Matrix aus dem Eisenbasislegierungswerkstoff mit einem intermetallischen Werkstoff der Laves-Phase ausgehärtet ist, der in die Matrix aus dem Eisenbasislegierungswerkstoff eingelagert ist, und wobei der Werkstoff zu 70,0 bis 99,9 Vol.-% den Eisenbasislegierungswerkstoff und zu 0,1 bis 30,0 Vol.-% den intermetallischen Werkstoff der Laves-Phase umfasst,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Eisenbasislegierungswerkstoff zumindest Eisen, Aluminium, Chrom, Yttrium und/oder Hafnium enthält."

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der kennzeichnende Teil wie folgt lautet:

"dadurch gekennzeichnet,

dass der Eisen-Aluminium-Legierungswerkstoff

31,0 bis 91,9 Gew.-% Eisen, und

6,0 bis 40,0 Gew.-% Aluminium, und

2,0 bis 25,0 Gew.-% Chrom, und

0,1 bis 2,0 Gew.-% Yttrium,

und/oder 0,1 bis 2,0 Gew.-% Hafnium enthält."

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Einführung des Hauptantrags ins Verfahren

Es stimme, dass Anspruch 1 des Hauptantrags dem mit Schreiben vom 17. September 2009 eingereichten Anspruch 1 entspreche, und dass dieser im Prüfungsverfahren durch neue Ansprüche ersetzt worden sei. Das sei jedoch durch nicht gerechtfertigte Einwände der Prüfungs­abteilung veranlasst worden. Dass Anspruch 1 nicht der Entscheidung der Prüfungsabteilung zugrunde gelegt wurde, sei daher mindestens teilweise durch das Verhalten der Prüfungsabteilung verursacht worden. Ferner erfülle der Hauptantrag die Erfordernisse des EPÜs. Dieser Antrag sei daher zum Verfahren zuzulassen und zu gewähren.

Hilfsantrag

Der Hilfsantrag erfülle ebenso die Erfordernisse des EPÜs. Insbesondere sei die Erfindung wie von Artikel 83 EPÜ verlangt ausreichend offenbart. Der Fachmann wisse, wie eine Laves-Phase herzustellen sei. Es sei zwar richtig, dass in der Beschreibung eine Matrix­zusammensetzung von 100% definiert werde, für welche die Herstellung einer Laves-Phase wie in der Beschreibung auf Seite 3 offenbart problematisch sein könnte. Das stelle jedoch für die beanspruchte Erfindung kein Problem dar, weil im Anspruch 1 die Zusammensetzung der Matrixlegierung und der Laves-Phase nicht zu 100% definiert seien. Sollte es nötig sein, könnte die 100% Definition auch aus der Beschreibung gestrichen werden.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

Der Hauptantrag entspricht nicht dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Antrag. Es liegt daher gemäß Artikel 12(4) VOBK und Regel 137(3) EPÜ im Ermessen der Kammer den Hauptantrag zuzulassen oder nicht.

Anspruch 1, der die Zusammensetzungen des Legierungswerkstoffs und des intermetallischen Werkstoffs nicht quantitativ definiert, betrifft einen grundsätzlich unterschiedlichen Gegenstand, als der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruch 1.

Darüber hinaus entspricht Anspruch 1 im Wesentlichen dem mit Schreiben vom 17. September 2009 eingereichten Anspruch 1. Dagegen wurden in der Mitteilung vom 15. März 2010 sowohl Klarheits- als auch Neuheitseinwände erhoben. Mindestens einige dieser Einwände sind nicht prima facie unbegründet: so ist z.B. nicht klar in welchen Mindestanteilen die Legierungselemente des Matrixwerkstoffes vorhanden sein müssen (siehe Punkt 2.1 der Mitteilung vom 15. März 2010). Somit ist der Hauptantrag prima facie nicht gewährbar.

Im übrigen hat die Beschwerdeführerin durch ihr prozessuales Verhalten verhindert, dass die Prüfungsabteilung über diesen Anspruch entscheiden konnte, da der mit Schreiben vom 17. September 2009 eingereichten Anspruch 1 nicht weiter verfolgt sondern durch einen geänderten Anspruch ersetzt wurde. Die Zulassung des Hauptantrags würde daher gegen die Verfahrensökonomie verstoßen. Die Kammer wäre nämlich im Fall der Zulassung des Antrags gezwungen, entweder erstmalig über diesen Antrag zu entscheiden, was nicht mit ihrer Rolle als Überprüfungsinstanz vereinbar ist, oder den Fall zurückzuverweisen, was nicht nur eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens mit sich bringen würde, sondern auch noch dazu führen würde, dass sich die Prüfungsabteilung zum zweiten Mal mit diesem Antrag befassen müsste.

Unter diesen Umständen hat die Kammer entschieden den Hauptantrag nicht zum Verfahren zuzulassen.

2. Hilfsantrag

Anspruch 1 des Hilfsantrags betrifft einen Werkstoff mit einer Matrix aus einem Eisenbasislegierungs­werkstoff, wobei die Matrix aus dem Eisenbasis­legierungs­werkstoff mit einem intermetallischen Werkstoff der Laves-Phase ausgehärtet ist. Die Zusammensetzung des Eisenbasislegierungs­werkstoffes ist nicht zu 100% definiert, sondern kann bis zu insgesamt 40,2 Gew.% weitere nicht definierte Elemente enthalten. Die Zusammensetzung der Laves-Phase ist im Anspruch 1 nicht angegeben. Es ist daher zu entscheiden, ob der Fachmann anhand der Anmeldung und unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens in der Lage ist, für die verschiedenen Matrix­zusammensetzungen des Anspruchs 1 eine Laves-Phase herzustellen.

Unter Laves-Phasen werden drei Strukturtypen (MgCu2, MgZn2 und MgNi2) von intermetallischen Phasen der Zusammensetzung AB2 zusammengefasst, die üblicherweise durch eine Wärmebehandlung in einem Matrixwerkstoff ausgeschieden werden.

Die Anmeldung enthält keinerlei konkrete Ausführungs­beispiele, die offenbaren, wie man für den erfindungs­gemäßen Werkstoff die Laves-Phase herstellen kann. Die einzige Matrixzusammensetzung, die zu 100% definiert in der Anmeldung offenbart wird, besteht aus Fe, Al, Cr, Y und/oder Hf (Seite 2, letzter Absatz). Die zur Aushärtung dieser Matrix dienende Laves-Phase enthält Fe, Al, und Nb oder Ta. Die Beschreibung offenbart jedoch nicht, wie eine derartige Laves Phase, die Nb und Ta enthält, aus einer Matrix, die weder Nb noch Ta sondern lediglich Fe, Al, Cr, Y und/oder Hf enthält, ausscheiden oder anders entstehen kann.

Es mag sein, dass die anderen Matrixzusammensetzungen gemäß Anspruch 1, die weitere Elemente in einem Anteil von insgesamt bis zu 40,2% enthalten, auch Werkstoffe umfassen, für die der Fachmann nur auf Grund seines allgemeinen Fachwissen eine Laves-Phase herstellen kann. Für die Gesamtheit dieser anderen Matrix­zusammensetzungen, trifft dies aber nicht zu, weil die Beschreibung keine konkrete Angabe enthält, welche Elemente und in welchen Anteilen als weitere Legierungs­elemente in Frage kommen. Der Fachmann weiß daher nicht, wie die Erfindung über ihre gesamte Breite auszuführen ist.

Die beanspruchte Erfindung ist deshalb nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, wie es Artikel 83 EPÜ verlangt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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