European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T098113.20151104 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 November 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0981/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10183225.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B24B 13/005 B24B 9/14 B24B 41/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vakuumspannfutter zum Haltern eines Brillenrohlings | ||||||||
Name des Anmelders: | Carl Zeiss Vision GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Teilanmeldung - Gegenstand geht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (nein) Änderungen - nach Erhalt des Erstbescheids |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin (nunmehr Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung, die europäische Patentanmeldung Nr. 10 183 225.1 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.
II. Die folgenden Dokumente wurden im Prüfungsverfahren erwähnt:
Dl: JP 3 121 763 A;
D2: DE 25 31 134;
D3: US 3 134 208;
D4: US 4 089 102;
D5: DE 39 24 078 A1;
D6: US 4 938 489 A;
D7: US 5 161 846 A;
D8: EP 0 281 754 A2;
D9: EP 0 307 874 A2;
D10: EP 0 103 217 A2.
III. Die Prüfungsabteilung entschied, den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrag in Ausübung ihres Ermessens nach Regel 137 (3) EPÜ nicht ins Verfahren zuzulassen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 der in der mündlichen Verhandlung eingereichten fünf Hilfsanträge wurde als über den Inhalt der früheren europäischen Anmeldungen 06003745.4 (Mutteranmeldung) und 97121716.1 (Stammanmeldung) in deren ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehend bewertet (Artikel 76(1) EPÜ).
Die Prüfungsabteilung erhob zudem weitere Einwände (siehe obiter dictum in der angefochtenen Entscheidung), und zwar eine mangelnde Ausführbarkeit (im Sinne des Artikels 83 EPÜ) alle Anträge betreffend, so dass der Fachmann nicht in der Lage sei, die in den vorgelegten Anträgen beanspruchten Erfindungen auszuführen.
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 sei dazu auch nicht neu gegenüber dem Gegenstand der D1 und der der Ansprüche 3 und 4 des Hilfsantrags 1, sowie der des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 2-5 beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber der Kombination der Lehren der Dokumente D1 und D6 oder D1 und D7.
IV. Die Anträge der Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren waren darauf gerichtet dass ein Patent mit neu formulierten Ansprüchen erteilt werden sollte (Hauptantrag, Hilfsanträge 1-9) oder, hilfsweise, eine mündliche Verhandlung einzuräumen (Schriftsatz vom 22. März 2013).
Die folgenden Dokumente wurden im Laufe des Beschwerdeverfahrens zusätzlich erwähnt:
D1a: Übersetzung von D1 ins Englische
D11: Michael Widmann, Herstellung und Versteifungswirkung von geschlossenen Halbrundsicken; Doktorarbeit der Universität Stuttgart, 1983;
D12: "PROGRESSIV life total integrated performance", Processing Manual, Rodenstock.
V. In der als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung mit und wies u.a. auf die mangelnde Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags gegenüber D1 hin.
VI. In ihrer Erwiderung vom 2. Oktober 2015 reichte die Beschwerdeführerin einen geänderten Hauptantrag und einen geänderten ersten Hilfsantrag ein.
VII. Am 4. November 2015 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, wegen deren Inhalts und Verlaufs auf das Protokoll Bezug genommen wird.
Nach der Diskussion dieses Hauptantrags und Verkündung des Beratungsergebnisses seitens der Kammer reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag mit geänderter Beschreibung ein und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Basis dieses (neuen) Hauptantrages nebst angepasster Beschreibung, oder, hilfsweise, auf der Basis eines der Hilfsanträge 2 bis 9, eingereicht mit Schriftsatz vom 22. März 2013.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (Änderungen gegenüber den ursprünglichen Anspruch 1 wurden durch die Kammer hervorgehoben):
Vakuumspannfutter zum Haltern eines Brillenlinsenrohlings mit einer sphärischen Vorderfläche, mit einer an die Form der Vorderfläche angepassten sphärischen Anlageflache (A)
[deleted: dadurch gekennzeichnet, dass ], wobei
-in die Anlagefläche (A) [deleted: ringförmige] Sicken (Si) [deleted: aufweist] eingearbeitet sind, in denen ein Vakuum erzeugt werden kann [deleted: oder dass über die Anlagefläche verteilte Vertiefungen angebracht sind, die evakuiert werden können],
und wobei
-die Anlagefläche (A) einen festen Radius (R) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
-die Sicken (Si) ringförmig ausgebildet sind.
IX. Die Beschwerdeführerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt.
Weder das EPÜ, noch die Richtlinien für die Prüfung enthielten das Erfordernis, dass beanspruchte Gegenstände in den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als Erfindung gekennzeichnet sein müssen, dass ein Gegenstand "ursprünglich beansprucht sein muss" oder dass "die Aufgabe und Lösung des neu beanspruchten Gegenstands in der Aufgabe und/oder der beanspruchten Lösung enthalten sein müssen".
Es sei somit nicht relevant, dass in der Stamm- und der Mutteranmeldung eine Brillenlinse sowie ein Verfahren zur Herstellung der Brillenlinse und nicht den jetzt beanspruchten Spannfutter beansprucht gewesen seien.
Das in der vorliegenden Anmeldung beanspruchte Vakuumspannfutter sei in der Stamm- bzw. Mutteranmeldung als ein eigenständiger Gegenstand mit eigenen strukturellen Merkmalen ausführlich beschrieben.
Es könne somit kein Verstoß gegen Artikel 76 (1) EPC vorliegen, wenn in dieser Teilanmeldung Ansprüche auf diesen Gegenstand gerichtet würden.
Die Ausführbarkeit (im Sinne vom Artikel 83 EPÜ) sei gegeben, weil der in diesem technischen Gebiet arbeitende Fachmann ausreichend Kenntnisse zur Gestaltung der Anlagefläche und Erzeugung des Vakuums besitze.
Das dem Anspruch 1 des Hauptantrags hinzugefügten Merkmal, dass die Sicken in die Anlagefläche eingearbeitet sind, habe eine Basis sowohl in den ursprünglichen Unterlagen (Seite 11, Absatz 4) als auch in der Stamm- bzw. Mutteranmeldung und bringe zum Ausdruck, dass die Sicken durch Anlageflächenanteile umgeben seien und somit die Fläche in der Tat eine wesentliche flächige Ausdehnung aufweise.
Dl sei für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neuheitsschädlich, weil dort keine Anlagefläche, und vor allem keine an die Form einer Linsenvorderfläche angepasste Anlagefläche mit eingearbeiteten Sicken offenbart seien.
D2 und D3 offenbarten keine Anlagefläche mit einem festen Radius und keine ringförmigen Sicken.
D4 offenbare eine Anlagefläche mit einem festen Radius, jedoch keine ringförmigen Sicken.
Alle anderen Dokumente seien weniger relevant als D2, D3 und D4.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei demzufolge neu.
D4 stelle den für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit nächstliegenden Stand der Technik dar.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei auch erfinderisch, weil nur D1 ringförmige Vertiefungen zeige, aber eine Kombination der Lehren der D4 und der D1 nicht zu einer Anlagefläche mit einem festen Radius und eingearbeiteten ringförmigen Sicken führen könne.
Entscheidungsgründe
1. Artikel 76 (1) EPÜ
1.1 Ein Verstöß gegen die Erfordernisse des Artikels 76 (1) EPÜ liegt nur vor, wenn in die Teilanmeldung technische Informationen aufgenommen wurden, die für den Fachmann nicht objektiv und eindeutig aus der früheren Anmeldung in der eingereichten Fassung zu entnehmen waren (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 7. Auflage 2013, Kapitel II.F.1.1.1).
Bei einer Kette von Anmeldungen bestehend aus einer (ursprünglichen) Stammanmeldung und darauf folgenden Teilanmeldungen, von denen jede einzelne aus der jeweiligen Vorgängerin ausgeschieden wurde, ist es eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass eine Teilanmeldung dieser Kette den Erfordernissen des Artikels 76 (1) EPÜ genügt, dass sich die gesamte Offenbarung dieser Teilanmeldung unmittelbar und eindeutig aus dem Offenbarungsgehalt jeder vorangehenden Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableiten lässt (siehe G 1/06, ABl. EPA 2008, 307, Leitsatz).
1.2 Dies ist eindeutig der Fall für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags.
Die Stammanmeldung 97121716.1 erklärt, dass das Vakuumspannfutter die Vorderfläche eines Brillenlinsenrohlings mittels (siehe den die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatz und Seite 10, letzten Absatz) einer an die Form der Vorderfläche angepassten Anlageflache (A) hält.
Ein Vakuumspannfutter gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags wird in der ursprünglichen Stammanmeldung in den Figuren 2a und 2b gezeigt und auf Seite 11, erster Absatz, wie folgt beschrieben:
"Eine Ausführungsform eines derartigen Spannfutters mit festem Radius R der Anlagefläche ist in Fig. 2a und b dargestellt. In die Anlagefläche A sind ringförmige Sicken Si eingearbeitet in denen ein Vakuum erzeugt werden kann."
Diese Merkmale sind auch aus der Mutteranmeldung 06003745.4 zu entnehmen (siehe Figuren 2a und 2b, und den die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatz, Seite 10, letzten Absatz und Seite 11, ersten Absatz).
1.3 Der Argumentationslinie der angefochtenen Entscheidung, wonach bei diesem erstmalig in der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Gegenstand, der ursprünglich nur in Kombination mit einem bestimmten Verfahren zur Herstellung von Brillenlinsen offenbart sei, jetzt nicht losgelöst von diesem Verfahren beansprucht werden dürfe, wird nicht gefolgt.
Grund dafür ist, dass für den fachkundigen Leser ein Bezug zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des vorliegenden Hauptantrags und dem Herstellungsverfahren (siehe die Ansprüche 6 der Stamm- bzw. Mutteranmeldung) nur sehr begrenzt vorhanden ist.
Der in dem Verfahren bearbeitete Linsenrohling (als Halbfabrikat in den Ansprüchen 6 der Stamm- bzw. Mutteranmeldung genannt) weist eine sphärische Vorderfläche auf, genau so wie die daran angepasste Anlagefläche des Vakuumspannfutters.
Das Verfahren sieht vor, dass die gesamte dioptrische Wirkungsanpassung durch Bearbeitung der Rückfläche des Linsenrohlings stattfindet. Dabei muss das Spannfutter irgendwie die Linse haltern. Genau das macht das beanspruchte Spannfutter, indem es die Vorderfläche fixiert und hält. Damit ist die Rückfläche völlig frei für diese Bearbeitung.
Der fachkundige Leser der Stamm- und Mutteranmeldung erkennt nicht nur, dass es sich dabei um einen individuellen Gegenstand handelt, der zunächst im in diesen Anmeldungen beschriebenen Verfahren verwendet wird, sondern auch, dass dieser Gegenstand an sich nicht vom Bearbeitungsverfahren abhängig ist.
Es liegt somit nicht der Fall vor, dass ursprünglich in Kombination miteinander offenbarte Merkmale in unzulässiger Weise voneinander getrennt werden.
1.4 Auch die Auffassung, dass die in Punkt 1.2 oben zitierten Passagen der Beschreibung so verstanden werden könnten, dass sie sich auf ein Standard-Spannfutter beziehen, wird von der Kammer nicht geteilt.
Nichts in diesen Passagen weist in diese Richtung. Sie befinden sich nicht im allgemeinen Teil, sondern bei den Beispielen der Erfindung, und auch die Bezeichnungen der Figuren 2a und 2b erwähnen nichts davon, dass es um einen Standardspannfutter geht.
1.5 Weil die Beschreibungen der Stamm- bzw. Mutteranmeldung bereits ausreichend Basis für das Vakuumspannfutter nach Anspruch 1 bilden, erübrigt sich eine Diskussion darüber, ob die Figuren dieser Anmeldungen eine solche Basis bilden könnten.
1.6 Die Bedingungen des Artikels 76 (1) EPÜ sind somit erfüllt.
2. Artikel 83 EPÜ
Die Kammer kann sich auch nicht der Argumentationslinie der angefochtenen Entscheidung anschließen, wonach die vorliegende Anmeldung an einer mangelnden Offenbarung leide, nur weil zur Gestaltung der Anlagefläche und Erzeugung des Vakuums in der Anmeldung keinerlei Angaben enthalten seien.
Grund dafür ist, dass sowohl die Gestaltung einer Anlagefläche als auch die Erzeugung eines Vakuums dem in diesem technischen Gebiet arbeitenden Fachmann keine Maßnahmen abverlangen, die seine Fachkenntnisse und Fähigkeiten übersteigen.
Wie eine sphärische Fläche in der Praxis zu erreichen ist, wie Sicken eingearbeitet und diese (z.B. durch das Vakuumspannfutter hindurch) mit einer Vakuumquelle verbunden werden können, erschließt sich jedem einigermaßen erfahrenen Schlosser.
3. Artikel 123 (2) EPÜ
3.1 Anspruch 1
Die Streichung der ursprünglich offenbarten Alternative, wonach über die Anlagefläche verteilte Vertiefungen angebracht sind, die evakuiert werden können, kann keine unzulässige Änderung gemäß Artikel 123 (2) EPÜ darstellen.
Dass die Sicken in die Anlagefläche eingearbeitet sind und die Anlagefläche einen festen Radius aufweist, findet sich auf Seite 11, dritter und vierter Absatz, der ursprünglich eingereichten Beschreibung der vorliegenden Anmeldung.
Die Halterung und Bearbeitung von Rohlingen mit sphärischer Vorderfläche wird u.a. auf Seite 5, Zeilen 4 und 16, Seite 5, Zeile 36 und Seite 8, Zeile 34 und Seite 11, Zeile 13, beschrieben.
Das Merkmal, dass die Anlagefläche des Vakuumspannfutters auch sphärisch ist, ist als implizit offenbart anzusehen. Grund dafür ist, dass die Form der Anlagefläche sich unmittelbar aus der Bedingung (siehe z. B. den ursprünglichen Anspruch 1) ergibt, dass diese an die Form der (sphärischen) Vorderfläche des Rohlings angepasst ist und einen (einzigen) festen Radius (Seite 11, Zeilen 18 bis 21, Figur 2b) aufweist, so dass eine Vakuumhalterung erst recht möglich wird.
Die im Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltenen Änderungen erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
3.2 Beschreibung
Die auf Seite 4 und 4a der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Beschreibung durchgeführten Änderungen erfüllen ebenfalls die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, weil dort der einschlägige Stand der Technik abgehandelt wird, ohne dass technische Informationen über das beschriebene Vakuumspannfutter hinzugefügt werden.
Die in der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 5, Zeilen 37-39, enthaltene Passage, wonach die erfindungsgemäße Anlagefläche aus beweglichen ringförmigen Elementen bestehen kann, sowie die Klauseln A-H (Seite 9) wurden gestrichen. Diese Änderungen, die ursprünglich offenbarte andere Ausführungsformen jetzt ausschließen, erfüllen ebenfalls die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
4. Anspruch 1 des Hauptantrags - Neuheit gegenüber D1
4.1 D1 betrifft ein Vakuumspannfutter (siehe Figur 1) zum Haltern eines Brillenlinsenrohlings (16) mit einer Vorderfläche, mit einer an die Form dieser Vorderfläche angepassten Anlagevorrichtung, die aus den Spitzen der Zylinderkörper 20 besteht.
Diese ringförmigen Elemente werden durch eine Feder (23) gegen die Vorderfläche eines zu bearbeitenden Brillenlinsenrohlings elastisch beaufschlagt.
Dies ermöglicht, dass, wenn der Brillenlinsenrohling durch den Ring 32 in seiner Position gehaltert wird (siehe Figur 1), alle kreisförmigen Elemente der Anlagevorrichtung in Kontakt mit der Vorderfläche des Brillenlinsenrohlings stehen und sich an unterschiedlichen sphärischen Vorderflächenradien anpassen.
D1 offenbart somit ein Vakuumspannfutter, das zum Haltern eines Brillenlinsenrohlings mit einer sphärischen Vorderfläche geeignet ist, mit einer an die Form der Vorderfläche angepassten Anlagevorrichtung.
4.2 D1 offenbart eine Anlagefläche, aber, wie die Beschwerdeführerin zu Recht argumentiert, keine anspruchsgemäße sphärische Anlagefläche, die einen festen Radius aufweist und in welche Fläche Sicken eingearbeitet sind.
4.2.1 Anlagefläche
Eine Anlagefläche ist in D1 zumindest in dem Sinne offenbart, dass die einzelnen kreisförmigen Auflagelinien der Zylinderkörper 20 zumindest eine gewisse Breite haben, denn auch wenn der Schnitt in Figur 5 eine scharfkantige Spitze zeigt, kann diese wegen ihrer notwendigen Rundung nie in eine reine Linienauflage resultieren. So entsteht eine Anlagefläche, die von konzentrischen Linien gewisser Breite gebildet wird.
Diese Mehrzahl konzentrischer und ringförmiger Kontaktflächen in D1 definiert somit eine Anlagefläche des Spannfutters für den Linsenrohling, die an unterschiedlichen Formen und Krümmungsradien der Vorderfläche des Linsenrohlings angepasst werden kann (siehe D1a, Seite 1, Zeilen 30-35, sowie Seite 3, Zeilen 2-9). Ob die gezeigte Linse (und damit die Auflagefläche) sphärisch ist, erwähnt D1a nicht.
D1 offenbart somit eine variable Anlagefläche, aber nicht eine sphärische Anlagefläche.
4.2.2 Sicken
Diese Anlagefläche der D1 weist ringförmige Vertiefungen auf (die Hohlräume zwischen den zugespitzten Zylinderkörpern 20), in denen ein Vakuum erzeugt wird, weil diese durch radial verlaufende Verbindungskanäle mit dem mittleren Bereich 25 verbunden sind.
Wie die Beschwerdeführerin zu Recht argumentiert, können diese Vertiefungen nicht als Sicken, die in die Anlagefläche eingearbeitet sind, angesehen werden, weil diese Hohlräume zwischen verschiebbaren, konzentrischen Zylinderkörpern eindeutig nicht das Ergebnis einer Einarbeitung, geschweige denn einer solchen in einer Fläche, sind.
Diese anspruchsgemäße Formulierung bewirkt somit auch einen weiteren Unterschied, nämlich dass die Anlagefläche einen festen Radius unhabhängig von der gehalterten Linse hat.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags wird somit als neu gegenüber D1 bewertet.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 D4 als Startpunkt
D1 kann nicht als Startpunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit dienen, denn davon ausgehend gelangte der Fachmann nicht in auf der Hand liegenden Weise zur Erfindung.
D4 offenbart dagegen ein Vakuumspannfutter (siehe Figuren 4 und 5) zum Haltern eines Brillenlinsenrohlings (25) mit einer Vorderfläche, mit einer an die Form der Vorderfläche angepassten Anlageflache (22, siehe Spalte 3, Zeilen 6-25), wobei die Anlagefläche (siehe Figur 4) Vertiefungen (24) aufweist, in denen ein Vakuum erzeugt werden kann.
Diese Anlagefläche (26) weist zudem einen festen Radius auf, weil sie der Kontur des Elements 20 ("toric surface", Spalte 3, Zeile 8) folgt.
Die Kammer betrachtet D4 als einen geeigneten Startpunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags, weil dieses Dokument nicht nur das Merkmal offenbart, dass die Anlagefläche einen festen Radius aufweist, sondern auch, dass die Anlagefläche Vertiefungen aufweist, in denen ein Vakuum erzeugt werden kann.
5.1.1 Unterschiede
Als Unterschiede gelten, dass die Vertiefungen 24 der D4 keine ringförmige Sicken sind, und dass der Spannfutter zum Haltern von sphärischen Vorderflächen von Brillenlinsenrohlingen geeignet ist.
Die Kammer richtet sich nur auf den ersten Unterschied.
5.1.2 Wirkung - zu lösende Aufgabe
Die in der Figur 4 der D4 gezeigten Vertiefungen haben den Nachteil, dass, wenn eine davon durch den Linsenrohling nicht vollständig abgedeckt ist, keine zuverlässige Vakuumbildung im gesamten Bereich möglich ist, und somit der Linsenrohling nicht fest genug gehaltert wird.
Konzentrische ringförmige Sicken sind in der Anlagefläche voneinander getrennt und erlauben eine zuverlässigere Vakuumbildung, sobald die Linse bereits eine einzelne Sicke vollständig abdeckt.
Die auf der Basis dieser Wirkung zu lösende Aufgabe ist darin zu sehen, die Form der Vertiefungen in der Auflagefläche des Vakuumspannfutters der D4 so zu ändern, dass auch kleinere oder nicht kreisförmige Linsenrohlinge zuverlässiger gehaltert werden können (siehe auch D4, Spalte 3, Zeilen 12-14).
5.1.3 Erfinderische Tätigkeit
Das einzige zur Verfügung stehende Dokument, das ringförmige Vakuum erzeugende Strukturen beschreibt, ist D1 (D3, Figur 4, zeigt nur teilringförmige Sicken (38)).
Die Lehre dieses Dokument ist jedoch nicht auf die Vorrichtung nach D4 übertragbar, denn es gibt die folgenden wichtigen strukturellen Unterschieden zwischen diesen Spannvorrichtungen.
D1 offenbart eine Vakuumspannvorrichtung, die sich mittels konzentrischer verschiebbarer Zylinder an die Linsenfläche anpasst, wobei D4 dagegen ein verformbares Anlageelement aufweist.
Das Vakuum wird in D1 in Vertiefungen erzeugt, die in der Anlagefläche nicht miteinander kommunizieren, wobei in D4 verlangt wird, dass die Vertiefungen in der Anlagefläche miteinander verbunden sind.
Um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen, müsste der Fachmann zunächst einmal die Anordnung der D1 zu ringförmigen Sicken umwandeln, um diese auf die flexible Anlagefläche der D4 zu übertragen. Dies geht über eine fachübliche Maßnahme hinaus und ist dazu auch nicht ohne rückschauende Betrachtung als auf der Hand liegend zu betrachten.
5.1.4 Die andere Druckschriften aus dem Prüfungsverfahren führen ebenso wenig zum Anspruchsgegenstand.
5.1.5 Die Kammer ist somit der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags eine erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) aufweist.
Die Unteransprüche betreffen bevorzugte Ausführungsformen des Vakuumspannfutters nach Anspruch 1. Sind somit nicht zu beanstanden
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der
Anordnung zurückverwiesen, ein Patent auf der Basis
folgender Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche
1 bis 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung als neuer Hauptantrag.
Beschreibung
Seiten 1 bis 4, 4a und 5 bis 16, eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Figuren
1 bis 4b wie ursprünglich eingereicht.