T 0881/13 () of 16.4.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T088113.20180416
Datum der Entscheidung: 16 April 2018
Aktenzeichen: T 0881/13
Anmeldenummer: 03028034.1
IPC-Klasse: G08B 19/00
G08B 25/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Gefahrenmeldeanlage
Name des Anmelders: Siemens Schweiz AG
Name des Einsprechenden: Novar GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät eingereichte Dokumente - zugelassen (nein)
Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ - nicht zugelassen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents Nr. EP 1 538 580 in geändertem Umfang. Die Änderung des Umfangs des Patents besteht lediglich in der Streichung des abhängigen Anspruchs 2 aufgrund eines Verstoßes gegen Artikel 100 c) EPÜ.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Das folgende Dokument wurde im Einspruchsverfahren und in der Beschwerdebegründung genannt.

D1: EP 0 689 145 A1

Die Einsprechende beantragte ferner die folgenden, gemeinsam mit ihrer Beschwerdebegründung vorgelegten Dokumente in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

D3: "Failsafe Biasing of Differential Buses", National Semiconductor, Application Note 847, John Goldie, July 1992

D4: RS-485, Ausdruck von http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=RS-485&oldid=533632251, 18. Januar 2013

V. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit. Insbesondere wies die Kammer darauf hin, dass sie dazu neige, das Merkmal "in Software nachgebildet" so zu interpretieren, dass Software einen elektrischen Schalter nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen könne. Die Auslegung der Einsprechenden, dass das Schaltmittel bzw. die Schalter auch in Software nachgebildet sein könnten, erscheine fernliegend. Darüber hinaus neige die Kammer zu der Auffassung, dass die Dokumente D3 und D4 nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen werden sollten.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 in der der Zwischenentscheidung zugrundeliegenden Fassung lautet:

"Gefahrenmeldeanlage mit einer Alarmzentrale (1), einer Melderschleife (2), mit an dieser Melderschleife (2) angeschlossenen Gefahrenmeldern (3) und an dieser Melderschleife (2) zusätzlich zu den Gefahrenmeldern (3) angeschlossenen weiteren Geräte [sic] (4-7) eines anderen Typs, wobei den weiteren Geräten (4-7) eine zusätzliche Zentrale (7) zugeordnet ist und wobei die Kommunikation zwischen den Gefahrenmeldern (3) und der Alarmzentrale (1) und die Kommunikation zwischen den weiteren Geräten (4-7) und der zusätzlichen Zentrale (7) in verschiedenen Zeitfenstern erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Durchschalten der Melderschleife (2) an eine der Zentralen (1, 7) durch ein von der Alarmzentrale (1) gesteuertes Schaltmittel erfolgt."

Die Ansprüche 2 bis 12 sind von Anspruch 1 abhängig.

VII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Einsprechenden waren folgende:

Neuheit

Der Oberbegriff des Anspruchs 1 sei unstrittig aus dem Dokument D1 bekannt. Das Kennzeichen sei nicht dahingehend zu verstehen, dass die Alarmzentrale eine andere Zentrale vom Bus trennen oder diese durchschalten könne. Es sei zur Erfüllung des Wortlauts des Anspruchs 1 vielmehr völlig ausreichend, dass die Alarmzentrale sich selbst durchschalte. Dies könne nach erfolgter Konfliktlösung auch laut der Offenbarung von D1 irgendwann passieren. Anspruch 1 enthalte keinerlei zeitlichen Bezug, sodass Dokument D1 auch das Kennzeichen des Anspruchs 1 offenbare. Zudem könne das Schaltmittel des Anspruchs 1 laut Anspruch 5 auch in Software nachgebildet sein, wofür kein elektrischer Schaltvorgang erforderlich sei. Darüber hinaus bleibe laut Absatz [0018] des Patents die Alarmzentrale stets mit dem Bus verbunden, wie dies auch gemäß D1 der Fall sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher durch D1 vorweggenommen.

Erfinderische Tätigkeit

Aus D1, Spalte 1, Zeile 30 sei eine zeitlich entzerrte Nutzung eines Busses durch mehrere Zentralen in unterschiedlichen Zeitfenstern bekannt. Es sei ferner davon auszugehen, dass jede Zentrale eine Uhr aufweise, also auch die Alarmzentrale. Diese schalte dann mittels ihrer Uhr den Bus entsprechend zu sich durch, wodurch der Wortlaut des Anspruchs 1 erfüllt sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nahegelegt.

Darüber hinaus könnten die Zentralen auch jeweils in Software realisiert sein, welche auf demselben Computer ausgeführt würden. Der Prozessor stelle hierbei das Schaltmittel dar. Dies löse auch den Widerspruch in Anspruch 5 auf. Auch in dieser Interpretation sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nahegelegt.

Einführung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ

Der Anspruch 5 sei nicht ausführbar. Hiervon sei auch die Kammer in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK ausgegangen. Gemäß Artikel 13 VOBK könne die Kammer den Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ in das Beschwerdeverfahren einführen.

VIII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Patentinhaberin waren folgende:

Neuheit

Das Patent richte sich an den Fachmann, einen Ingenieur der Sicherheitstechnik mit entsprechender Berufserfahrung, für welchen "Durchschalten" im Sinne des Patents einen elektrischen Schaltvorgang bedeute. D1 offenbare keinerlei Schaltmittel im Sinne des Anspruchs 1. In D1 gehe es lediglich um die Hoheit über den Bus, welche mittels einer Konfliktkontrolle ermittelt werde. Der Ausgang dieser Konfliktkontrolle könne jedoch nicht durch die Alarmzentrale beeinflusst werden, da im Prinzip jeder der Busteilnehmer nach D1 die Hoheit über den Bus gewinnen könne. Daher sei mit dem aus D1 bekannten System ein Durchschalten des Busses durch die Alarmzentrale im Gefahrenfall nicht gewährleistet. Die in Absatz [0017] des Streitpatents erwähnte Verbindung 9 betreffe lediglich eine weitere Ausgestaltung der Gefahrenmeldeanlage nach Anspruch 1 und bedeute nicht, dass die Alarmzentrale nach Anspruch 1 permanent mit dem Bus verbunden sei.

Erfinderische Tätigkeit

Der Zeitrang des Patents sei Dezember 2003. Zu diesem Zeitpunkt sei es nicht üblich gewesen, Gefahrenmeldeanlagen vollständig in Software zu realisieren. Der Fachmann gehe daher beim Patent von zwei physikalisch getrennt aufgebauten Zentralen aus. Eine Interpretation des Anspruchs 1 dahingehend, dass auch rein in Software realisierte Gefahrenmeldeanlagen umfasst seien, sei abwegig.

Als Unterschied gegenüber der Offenbarung von D1 ergebe sich jedenfalls das von der Alarmzentrale gesteuerte Durchschalten. Dieser Unterschied sei weder aus D1 bekannt noch durch eine Zusammenschau mit dem allgemeinen Fachwissen nahegelegt.

Einführung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ

Der Anspruch 5 sei ausführbar. "In Software nachgebildet" bedeute softwareunterstützt, d.h. die Software ergänze lediglich das physikalisch vorhandene Schaltmittel, welches beispielsweise ein computergesteuertes Halbleiter-Relais sein könne. Eine Wiedereinführung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ sei daher nicht angebracht.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Auslegung des Anspruchs 1

2.1 Gegenstand des Anspruchs 1 in der der Zwischenentscheidung zugrundeliegenden Fassung ist eine Gefahrenmeldeanlage mit einer Alarmzentrale, einer weiteren Zentrale und einer Melderschleife, an welche Gefahrenmelder und Geräte eines weiteren Typs angeschlossen sind. Der Oberbegriff des Anspruchs 1 ist unstrittig aus der Offenbarung des Dokuments D1 bekannt.

Das strittige Kennzeichen des Anspruchs 1 lautet:

"dass das Durchschalten der Melderschleife (2) an eine der Zentralen (1, 7) durch ein von der Alarmzentrale (1) gesteuertes Schaltmittel erfolgt."

2.2 Die Einsprechende behauptet insbesondere, dass unter "Durchschalten" kein elektrischer Schaltvorgang zu verstehen sei, da in Absatz [0017] und Anspruch 5 des Patents angegeben sei, dass das Schaltmittel bzw. die Schalter auch in Software nachgebildet sein könnten. Die im Patent verwendeten, das Schalten betreffenden Ausdrücke, wie "angeschaltet", "Einschalten", "durchgeschaltet" oder "über Umschalter 8 durchgeschaltet", seien nicht als Synonyme zu verstehen. Folglich sei das Schaltmittel des Anspruchs 1 kein Umschalter, sondern lediglich ein beliebiger Schalter, der auch in Software realisiert sein könne.

2.3 Die Kammer schließt sich der Auffassung der Einsprechenden nicht an. Die fragliche Offenbarungsstelle in Absatz [0017] und Anspruch 5 des Patents passt nicht zur Offenbarung der einzigen Figur des Patents, welche unzweifelhaft einen elektrischen Umschalter zeigt. In der Figurenbeschreibung, welche in Absatz [0016] die Schalter als "Umschalter 8" definiert, sind dementsprechend die elektrischen Umschalter gemeint, die in der Figur des Patents dargestellt sind. Die von der Einsprechenden im Patent als nicht synonym angesehenen Ausdrücke hinsichtlich des Schaltens mögen zwar nicht als Synonyme zu verstehen sein, allen gemeinsam ist jedoch ihr eindeutiger Bezug zu elektrischen Schaltvorgängen.

Die Einsprechende legt den Anspruch 1 anhand des Absatzes [0017] und anhand des Anspruchs 5 nach dem Wortlaut des Ausdrucks "in Software nachgebildet" dahingehend aus, dass statt des elektrischen Schalters eine Software den Schaltvorgang bewirkt. Eine derartige Auslegung ignoriert jedoch die technische Realität und ist auch bei wortgetreuer Auslegung nicht zwingend, da der Begriff "nachgebildet" keine eindeutige, feststehende Bedeutung hat. Es ist nämlich technisch nicht möglich, einen elektrischen Schalter vollständig durch Software zu ersetzen. Allenfalls ist es möglich einen elektrischen Schalter durch Software zu ergänzen, wie dies beispielsweise bei einem softwaregesteuerten Halbleiter-Relais der Fall ist. Derartige technische Zusammenhänge sind dem Fachmann bekannt, sodass er bei der Auslegung des Ausdrucks "in Software nachgebildet" auch erkennt, dass damit kein vollständiger Ersatz durch Software, sondern eine Ergänzung durch Software gemeint ist.

Insofern besteht hinsichtlich des Anspruchs 5 auch kein Problem der Ausführbarkeit unter Artikel 100 b) EPÜ.

Die fragliche Offenbarung in Absatz [0017] und Anspruch 5 des Patents, dass die Schalter auch in Software nachgebildet sein können, stellt lediglich eine Unklarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ dar, welche im Einspruchbeschwerdeverfahren nicht mehr zu prüfen ist, da sie bereits im Patent in der erteilten Fassung enthalten war.

2.4 Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass die beanspruchten Schaltmittel nicht dahingehend auszulegen sind, dass sie in Software nachgebildete Schaltmittel umfassen, welche einen elektrischen Schaltvorgang tatsächlich durchführen können. Vielmehr versteht der Fachmann unter in Software nachgebildeten Schaltmitteln solche, die durch Software gesteuert sind, wie beispielsweise softwaregesteuerte Halbleiter-Relais. Es folgt daraus, dass "Durchschalten" im Sinne des Kennzeichens des Anspruchs 1 als elektrischer Schaltvorgang mittels eines physikalisch vorhandenen Schalters zu verstehen ist.

3. Neuheit (Artikel 54 (2) EPÜ)

3.1 Aus der Offenbarung des Dokuments D1 sind jedoch keinerlei Schaltmittel bekannt, welche einen elektrischen Schaltvorgang ausführen, durch welche eine der mit dem Bus verbundenen Zentralen vom Bus getrennt würde und eine andere der mit dem Bus verbundenen Zentralen mit dem Bus verbunden würde.

Aus dem Dokument D1 ist lediglich bekannt, dass mehrere Zentralen nach Durchführung einer Konfliktkontrolle mittels eines dedizierten Kommunikations-Protokolls die Verfügbarkeit des Busses für eine der Zentralen bestimmen. Dieser Vorgang umfasst jedoch kein elektrisches Durchschalten im Sinne des Anspruchs 1, sondern regelt lediglich die Priorität für die Kommunikation über den Bus. Zudem ist es für eine erfolgreiche Durchführung der Konfliktkontrolle erforderlich, dass alle Busteilnehmer stets mit dem Bus verbunden sind, um über das Ergebnis der Konfliktkontrolle, d.h. die Verfügbarkeit des Busses für eine bestimmte Zentrale, informiert zu sein.

Darüber hinaus ist aus D1 auch nicht bekannt, dass nur eine bestimmte der Zentralen, nämlich die Alarmzentrale, das "Durchschalten" steuert. Nach der Offenbarung von D1 wird die den Zugriff auf den Bus erhaltende Zentrale immer neu mittels Durchführung der Konfliktkontrolle ermittelt, so dass in D1 mittels des Ergebnisses der Konfliktkontrolle, und damit nicht autonom durch eine bestimmte Zentrale, entschieden und gesteuert wird, welche Zentrale den Zugriff auf den Bus erhält. Daher ist das strittige Kennzeichen des Anspruchs 1 aus der Offenbarung des Dokuments D1 nicht bekannt.

3.2 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ ist.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1 Die Einsprechende hatte schriftsätzlich vorgetragen, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei aus einer Zusammenschau der Offenbarung des Dokuments D1 mit dem allgemeinen Wissen des Fachmanns, insbesondere einer bekannten RS-485 Schnittstelle, wie sie in den Dokumenten D3 und D4 gezeigt sei, nahegelegt.

Hierbei wiesen die RS-485-Schnittstellen geschaltete Operationsverstärker auf, die so ausgestaltet seien, dass während der abgeschalteten Perioden die jeweiligen Zentralen keinen Zugang zur Meldeschleife hätten. Die Operationsverstärker entsprächen den Schaltmitteln des Anspruchs 1 und würden auch gesteuert durch die Alarmzentrale durchgeschaltet. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nahegelegt.

Die Kammer vermag sich der schriftsätzlichen Argumentation der Einsprechenden nicht anzuschließen. Einerseits sind weder aus dem Dokument D1 noch aus den angebotenen Dokumenten D3 und D4 Schaltmittel im Sinne des Anspruchs 1, d.h. Schaltmittel, die einen elektrischen Schaltvorgang durchführen, bekannt. Andererseits findet sich auch kein Hinweis in D1, dass das Durchschalten der Melderschleife zur Alarmzentrale und zur weiteren Zentrale ausschließlich von der Alarmzentrale gesteuert wird. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Fachmann aufgrund der in D1 dargestellten Steuerung mittels einer Konfliktkontrolle eine Veranlassung gesehen hätte, auf eine Steuerung durch eine bestimmte Zentrale umzustellen.

Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 aus einer Kombination der Offenbarung des Dokuments D1 mit dem allgemeinen Fachwissen nicht nahegelegt ist.

4.2 Während der mündlichen Verhandlung argumentierte die Einsprechende zur erfinderischen Tätigkeit zusätzlich ausgehend von Spalte 1, Zeile 30 des Dokuments D1 und behauptete, eine Kommunikation auf einem Bus durch unterschiedliche Zentralen in unterschiedlichen Zeitfenstern sei aus D1 bekannt. Dem Fachmann sei auch klar, dass jede der Zentralen hierfür eine Uhr aufweisen müsse. Mittels der Uhr würde die Alarmzentrale dann zum gegebenen Zeitpunkt den Bus zu sich selbst durchschalten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nahegelegt.

Als weitere Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit gab die Einsprechende während der mündlichen Verhandlung an, die beiden Zentralen gemäß Anspruch 1 könnten auch jeweils in Software realisiert sein und auf demselben Computer ausgeführt werden, wodurch der Widerspruch mit Anspruch 5 aufgelöst werde und der Gegenstand des Anspruchs 1 nahegelegt sei.

Zu keiner der während der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumentationen gab die Einsprechende die Unterschiede zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und der von ihr zitierten Offenbarungsstelle in Dokument D1 an. Auch formulierte sie folglich weder einen technischen Effekt noch eine objektive zu lösende Aufgabe.

Darüber hinaus steht dieser Argumentationsansatz der Einsprechenden nicht im Einklang mit der oben dargelegten Auslegung der Kammer, wonach das in Anspruch 1 erwähnte "Durchschalten" einen elektrischen Schaltvorgang erfordert. Die Einsprechende hat nicht aufgezeigt, warum der Fachmann einen derartigen elektrischen Schaltvorgang, der von der Alarmzentrale gesteuert wird, in der D1, die sich mit Datenübertragung und nicht mit elektrischen Schaltvorgängen beschäftigt, erkennen bzw. ergänzen sollte. Es ist auch nicht erkennbar, warum die Steuerung eines Schaltvorgangs in D1 gerade durch die Alarmzentrale erfolgen sollte, weil die D1 eine Konfliktkontrolle mittels des Kommunikations-Protokolls vorsieht.

Die während der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argumentation der Einsprechenden ist daher nicht ausreichend substantiiert und überzeugt die Kammer daher nicht dahingehend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4.3 Die Kammer ist folglich zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

5. Zulassung der Dokumente D3 und D4 (Artikel 12 (4) VOBK)

In ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK hatte die Kammer bereits zur Zulassung der Dokumente D3 und D4 ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der vorläufigen Meinung der Kammer zur Auslegung des Merkmals "Schaltmittel" in Anspruch 1 die Dokumente D3 und D4 prima facie nicht relevanter als das Dokument D1 sind, da in keinem der beiden Dokumente elektrische Schalter offenbart sind.

Die Einsprechende hat sich während der mündlichen Verhandlung nicht weiter zur Zulassung der Dokumente D3 und D4 geäußert.

Die Kammer sieht daher keinen Grund, von ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen.

Dementsprechend übt die Kammer das ihr durch Artikel 12 (4) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend aus, die Dokumente D3 und D4 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

6. Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ

Zu dem während des Einspruchsverfahrens erhobenen Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ hat die Einsprechende in ihrer Beschwerdebegründung nichts vorgetragen. Daher ist der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ gemäß Artikel 108 Satz 2; Regel 99 (2) EPÜ in Verbindung mit Artikel 12 (1) VOBK zunächst nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gewesen.

Die Einsprechende hat im Beschwerdeverfahren erstmals in ihrem Schriftsatz vom 16. März 2018 geltend gemacht, dass der Anspruch 5 des Patents nicht ausführbar sei. Sie hat hierzu vorgetragen dass auch die Kammer in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK ausgeführt habe, dass das Ausbilden der Schaltmittel in Software - und damit Anspruch 5 - technisch nicht umzusetzen sei.

Entgegen der Behauptung der Einsprechend entspricht es jedoch nicht den Tatsachen, dass die Kammer Anspruch 5 in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK als nicht ausführbar angesehen habe. Aus Seite 3, dritter Absatz dieser Mitteilung ergibt sich vielmehr unzweifelhaft, dass die Kammer den Anspruch 5 lediglich als unklar im Sinne des Artikels 84 EPÜ angesehen hat.

Vor dem Hintergrund der Auffassung der Kammer zur Auslegung des Patents, wie oben unter Punkt 2.3 angegeben, stellt sich die Frage der Ausführbarkeit ohnehin nicht.

Daher übt die Kammer das ihr gemäß Artikel 13 (1) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend aus, das verspätete Vorbringen der Einsprechenden und die damit verbundene Wiedereinführung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

7. Somit steht keiner der von der Einsprechenden vorgebrachten Gründe der Aufrechterhaltung des Patents in der der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden Fassung entgegen. Folglich ist die Beschwerde zurückzuweisen

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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