T 0765/13 (Anpassung einer intelligenten Einheit/PHOENIX) of 15.2.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T076513.20190215
Datum der Entscheidung: 15 Februar 2019
Aktenzeichen: T 0765/13
Anmeldenummer: 03767812.5
IPC-Klasse: G06F 9/445
H04L 29/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: ORTSGEBUNDENE ANPASSUNG EINER INTELLIGENTEN EINHEIT
Name des Anmelders: PHOENIX CONTACT GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG
Kammer: 3.5.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention Art 123(3)
Schlagwörter: Neuheit Hauptantrag und 1. Hilfsantrag (nein)
Änderungen - zulässig (nein) 2. Hilfsantrag
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 30. Januar 2013, das Patent EP 1 573 527 B1 zu widerrufen wegen mangelnder Neuheit gegenüber E1:

E1 WO 94/25906 A1.

II. Die Beschwerdeschrift wurde am 27. März 2013 einge­reicht. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Beschwerde­begründung wurde am 7. Juni 2013 eingereicht. Anspruchssätze 7-12 wurden beigefügt, aber keine sich darauf beziehenden Anträge gestellt. Mündliche Verhandlung wurde hilfsweise beantragt.

III. In einem Schreiben vom 22. Oktober 2013 argumentierte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) im wesentlichen, warum Anspruch 1 des einzigen Antrags (d.h. des Patents) nicht neu sei.

IV. In einem Schreiben vom 31. Oktober 2014 übersandte die Patentinhaberin u.a. die Anspruchsätze 13-18, die aber (noch) nicht beantragt wurden.

V. In einer Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit, wonach die Widerrufungsentscheidung zu bestätigen sei.

VI. In einem Schreiben vom 14. Januar 2019 argumentierte die Patentinhaberin, warum Anspruch 1 des einzigen Antrags (d.h. des Patents) erfinderisch sei.

VII. Am 15. Februar 2019 fand die mündliche Verhandlung statt, während der die Patentinhaberin zwei Hilfsanträge stellte. Am Ende der Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.

VIII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents wie erteilt (Hauptantrag), oder die Aufrechterhaltung des Patents in veränderter Form auf der Grundlage des Anspruchs­satzes 18, datiert auf den 22. September 2014 und eingereicht am 31. Oktober 2014 (1. Hilfs­antrag), oder auf der Grundlage dieses Anspruchs­satzes 18, wobei vor dem ersten Wort ("Speichern") in Zeile 14 von Anspruch 1 das Wort "anschließendes" eingefügt wurde (2. Hilfsantrag).

Die weiteren Anmeldeunterlagen sind die gleichen wie in der Patentschrift.

IX. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

X. Anspruch 1 des Hauptantrags (Patents) lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Anpassung einer intelligenten Einheit an einen Kopplungsort (2) der intelligenten Einheit, umfassend die Schritte:

Verbinden einer Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25) mit dem Kopplungsort (2), wobei die Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25) Teil einer stehenden Verdrahtung ist, an welche die intelligente Einheit (11, 12, 13, 14, 15) koppelbar ist, oder einer an dem Kopplungsort (2) ange­ordneten Verbindungseinrichtung zum Verbinden der intelligenten Einheit (11, 12, 13, 14, 15) zugeordnet ist,

Speichern von Konfigurationsdaten und/oder Verhaltensbeschreibungsdaten, welche jeweils ortsbasiert sind, in der Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25) derart, dass diese von der Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25) an eine Logik zum Verarbeiten der Konfigurationsdaten und/oder Verhaltensbeschreibungsdaten zur Anpassung der intelligenten Einheit (11, 12, 13, 14, 15) übertragbar sind,

Bereitstellen der intelligenten Einheit (11, 12, 13, 14, 15) mit zugeordneter Logik zum Verarbeiten der Konfigurationsdaten und/oder Verhaltens­beschreibungsdaten,

Koppeln der intelligenten Einheit mit der stehenden Verdrahtung oder der Verbindungs­einrichtung,

Verbinden der intelligenten Einheit mit der Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25), und

Übertragen der Konfigurationsdaten und/oder Verhaltensbeschreibungsdaten von der Konfigu­rations­einrichtung (21, 22, 24, 25) an die Logik."

XI. Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags (Anspruchssatz 18) unterscheidet sich vom Hauptantrag, indem der erste Absatz ersetzt wird durch (dabei sind Hinzufügungen gegenüber dem Hauptantrag kursiv gesetzt):

"1. Verfahren zur Anpassung einer austauschbaren intelligenten Einheit, welche einen Sensor und/oder Aktor umfasst, an einen Kopplungsort (2) der intelligenten Einheit, umfassend die Schritte:",

indem im Schritt des Verbindens der Halbsatz beginnend mit "oder einer an dem Kopplungsort (2) ange­ordneten..." gelöscht wird,

indem der Schritt des Speicherns ersetzt wird durch:

"Speichern von Konfigurationsdaten und/oder Verhaltensbeschreibungsdaten, welche jeweils orts­basiert sind, in der Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25) derart, dass diese durch eine dezentrale Zuordnungseinheit mit entsprechender Verarbeitungslogik ferngesteuert auslesbar und veränderbar sind und von der Konfigurationseinrichtung (21, 22, 24, 25) an eine Logik zum Verarbeiten der Konfigurationsdaten und/oder Verhaltensbeschreibungsdaten zur Anpassung der intelli­genten Einheit (11, 12, 13, 14, 15) übertragbar sind,",

indem der Schritt des Bereitstellens nun beginnt mit:

"Bereitstellen der intelligenten Einheit (11,12, 13, 14, 15), welche den Sensor und/oder Aktor umfasst"

und indem im Schritt des Koppelns der Halbsatz "oder der Verbindungseinrichtung" fehlt.

XII. Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich vom 1. Hilfsantrag, indem das Wort "anschließendes" vor den Schritt des Speicherns eingefügt wird.

Entscheidungsgründe

1. Zusammenfassung der Erfindung

1.1 Das Patent betrifft die Übertragung von Daten von einer sogenannten Konfigurationseinrichtung (ein Speicher mit Konfigurations-/Verhaltensbeschreibungs-Daten) zu einer sogenannten intelligenten Einheit. Letztere ist ein vernetzter Computer mit Anlagen­komponenten (Sensoren oder Aktoren) im Bereich der Automatisierungstechnik (siehe die Absätze [27]-[29] der Patentbeschreibung), des Personentransports oder der Gebäudeleittechnik ([48]). Das Netzwerk ist beispielsweise vom bekannten Typ "Ether­net" ([47]); siehe auch Figur 1: die Verbindungs-Striche zwischen den intelligenten Einheiten 11-15.

1.2 Zur Netzwerk-Adressierung der intelligenten Einheiten und zur Organisation der Netzwerk-Verbindung zwischen ihnen sind in den jeweiligen Konfigurations­einrich­tungen (auch Marker genannt) beispielsweise eine Netzwerk-Adresse und eine Gerätekennung für die am Applikationsort einzubindende intelligente Einheit gespeichert ([30], [31]). Außerdem können auch Parametrierungs-Daten dort gespeichert werden (siehe [31] und Figur 1: Konfigurations­einrichtung/Marker 22 mit Adresse, Gerätekennung, Parametrierung und Parametrierungskennung). Die Konfigurationseinrichtung selbst ist mit dem Applikationsort verbunden, und zwar "als Teil der stehenden Verdrahtung des Applikations­ortes" ([33]). Sie ist jedoch übertragungsmäßig nicht an das Netzwerk angeschlossen, sondern hat eine eigene Daten-Verbindung (zum "Ankoppeln") über einen Stecker zur intelligenten Einheit ([34], [35]; siehe auch Figur 1: der Doppelpfeil zwischen intelligenter Einheit 12 und Konfigurations­einrichtung/Marker 22). Ihr Speicherinhalt kann von der intelligenten Einheit sowohl ausgelesen (siehe oben), als auch beschrieben werden ([38], letzter Satz: "liest" und "überträgt"; [39]: "upload-" und "download-Prozesse"). Die intelligente Einheit ist austauschbar, während die Konfigurations­einrichtung (Marker) am Applikationsort verbleibt, um nach dem Austausch die ortsgebundenen Daten bzgl. Netzwerk und Komponenten­eigenschaften an die neu eingesetzte intelligente Einheit zu übermitteln ([40]).

2. Zusammenfassung der Einwände

2.1 Die Ent­scheidung über die mangelnder Neuheit von Anspruch 1 des Patents (Haupt­antrags) wird bestätigt (Artikel 54 und 100(a) EPÜ 1973).

2.2 Auch der Gegenstand von Anspruch 1 des 1. Hilfs­antrags ist nicht neu (Artikel 54 EPÜ 1973).

2.3 Die Änderung in Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags ist nicht ursprünglich offenbart (Artikel 123(2) EPÜ).

3. Neuheit des Hauptantrags

3.1 In ihrer Beschwerdebegründung (Seiten 3-4) belegt die Patent­inhaberin hauptsächlich ihre Behauptung, dass das Merkmal b1) (in der Nummerierung der Entscheidung, siehe Absatz 10: "b1) ¦ wobei die Konfigurations­ein­richtung Teil einer stehenden Verdrahtung ist, an welche die intelligente Einheit koppelbar ist") nicht in E1 offenbart sei. Für die anderen bestrittenen Merkmale c2), d) und g) verweist sie auf ihren Brief vom 14. Dezember 2012. In der Entscheidung wurde auf letztere in den Absätzen 13.2-13.6 eingegangen.

3.2 Das Hauptargument der Patentinhaberin bzgl. b1) ist, dass die stehende Verdrahtung mit der "FIXED PLANT CONTROL WIRING 42" aus Figur 1 in E1 gleichzusetzen ist und dass dann das "NON-VOLATILE MEMORY 15" (d.h. die Konfigurations­einheit der Erfindung) nicht Teil der stehenden Verdrahtung sein könne (Entschei­dung 13.2.1).

3.3 Die Einspruchsabteilung gibt in Absatz 13.3 Text­passagen aus E1 an, die zeigten, dass der Speicher 15 (auch PAMM genannt) im Verdrahtungsbereich fest angebracht ist und die Steckverbindung 17 zwischen der Steuerungs­einheit 13 (d.h. die intelligente Einheit der Erfindung) und dem Speicher 15 (Konfigurations­einheit) als Teil der stehenden Verdrahtung zu betrachten ist.

3.4 Das bestreitet die Patentinhaberin in ihrer Beschwerde­begründung (Seite 4, Absätze 4-5), da E1 auf Seite 4, Zeilen 15-19 klar zwischen Speicher 15 und Steuerungs­verdrahtung 42 unterscheide, u.a. auch durch verschie­dene Steckverbindungen (Figur 1: 17, 19). Daher könne der Speicher nicht Teil der Verkabelung sein.

3.5 Dazu erwidert die Einsprechende in ihrem Brief vom 22. Oktober 2013 (Seite 3, Absatz 2), dass das "FIXED PLANT CONTROL WIRING 42" nur ein Teil der stehenden Verdrahtung sei. Diese umfasse sämtliche stehenden festen Verdrahtungen, also auch die des Speichers 15 (d.h. der Konfigurationseinrichtung).

3.6 Die Kammer ist der Auffassung, dass man den Begriff "Teil einer stehenden Verdrahtung [zu sein]" im Sinne der Beschreibung interpretieren müsse, welche dies­bezüglich sehr knapp ist. In [33] wird lediglich beschrieben, dass die Konfigurations­einrichtung mit dem Applikationsort verbunden ist, und zwar bevorzugt fest und beispielsweise als Teil der stehenden Verdrahtung am Applikationsort. Genau dies ist auch in E1 der Fall. Die Beschreibung ([33]-[35]) belegt, dass die Konfigurations­einrichtung nicht mit demjenigen Teil der stehenden Verdrahtung übertragungs­mäßig verbunden ist, mit welchem die intelligente Einheit verbunden ist, sondern mit einem anderen Teil der Verdrahtung. Siehe Figur 1: die Verbindungen zwischen den intelligenten Einheiten auf der einen Seite und die Doppelpfeil-Verbindung zwischen intelligenter Einheit und Marker/Konfigu­rations­einrichtung. D.h. man muss unterscheiden zwischen "verbunden im Sinne von befestigt" und "übertragungsmäßig verbunden". Befestigt ist die Konfigurations­einrichtung demnach zwar mit dem Applikationsort, "beispielsweise als Teil der stehenden Verdrahtung", aber übertragungsmäßig ist sie nicht mit dem Netzwerk verbunden, sondern hat eine eigene Daten-Verbindung mit der intelligenten Einheit.

3.7 Außerdem offenbart die E1 auf Seite 4, Zeilen 4-5, dass der Speicher (d.h. die Konfigurationseinheit) physi­kalisch mit der Anlage (plant) assoziiert ist. Deshalb wird er auch "Plant Associated Memory Module (PAMM)" genannt (siehe Zeile 8). Zusätzlich heißt es im übernächsten Absatz:

"The PAMM (eg 15) for each CCU (eg 13) is resident in the cabling/marshalling area of the motor control centre cubicle. Just as the plant control wiring 42 is fixed, so is the PAMM."

3.8 Die Patentinhaberin argumentierte in der mündlichen Verhandlung, dass E1 den Speicher als physikalisch mit der Funktionseinheit assoziiert bezeichnet (Seite 3, erster Absatz). Letztere umfasst im Beispiel von Figur 1 hauptsächlich den Motor (z.B. M1; siehe Seite 3, letzter Absatz, fünfter Satz), welcher über eine semi-permanente Verbindung abnehmbar (removable) ist (Seite 4, letzter Absatz). Daher sei auch der Speicher abnehmbar und nicht Teil der feststehenden Verdrahtung.

3.9 Die Kammer ist von letzterem Argument nicht überzeugt. Vielmehr muss es möglich sein, jeden Teil der Anlage irgendwie zu entfernen oder auszutauschen, insbesondere die Funktionseinheit "Motor", den Speicher und dessen Verkabelung (bis zum Interface 17). Zum einen ist nun der Motor M1 laut Figur 1 unabhängig vom Speicher 15 austauschbar, nämlich über das Inter­face 40 (mit seinen drei Steck­verbindungen zum Schütz/Contactor 11). Zum andern zeigt auch die Bezeichnung des Speichers als physi­kalisch mit der Anlage assoziiert, als "Plant Associated Memory Module (PAMM)", als "resident in the cabling/marshalling area of the motor" und als "fixed [just as the plant control wiring 42]", dass er als Teil der stehenden Verdrahtung im Sinne des Patents (siehe oben) zu betrachten ist.

3.10 Was das auch bestrittene Merkmal "Speichern von Konfigu­rationsdaten und/oder Verhaltens­beschreibungs­daten, welche jeweils ortsbasiert sind, in der Konfigurations­einrichtung" angeht, bestreitet die Patentinhaberin, dass in E1 nach dem Verbinden der Konfigurationseinrichtung (dem Speicher) am Kopplungsort (d.h. nach Schritt a) im beanspruchten Verfahren) Daten in den Speicher geschrieben werden könnten. Dies folge aus der Verbindungslinie zwischen Speicher 15 und Einheit 13 in Figur 1, welche nur einen Pfeil in Richtung Einheit (d.h. nur zum Auslesen des Speichers) aufweist.

3.11 Die Einsprechende entgegnet, dass zum einen ein Beschreiben des Speichers im verbundenem Zustand nicht beansprucht sei. Die Reihenfolge der Schritte im Anspruch lege per se keine zeitliche Reihenfolge bei ihrer Ausführung fest. Zum andern offenbare E1 ein Beschreiben des Speichers, und zwar sogar im verbundenen Zustand, siehe Seite 4, Zeilen 25-28:

"The PAMM may also include other parameters relating to the installation i.e. a history of faults and operational measurements and apparatus specific data, eg relating to loss of power and associated temperature conditions."

Da die Daten über Fehler und Messungen während des Betriebs anfallen, müssen sie in den schon verbundenen Speicher geschrieben worden sein.

3.12 Die Kammer schließt sich der Meinung der Einsprechenden an und macht sich deren Begründung zu eigen.

3.13 Was das bestrittene Merkmal "Bereitstellen der intelligenten Einheit mit zugeordneter Logik zum Verarbeiten der Konfigurationsdaten und oder Verhal­tens­beschreibungsdaten" angeht, bestreitet die Patentinhaberin die "Intelligenz" bzw. "Logik" der Einheit aus E1, d.h. sie ist der Meinung dass die Einheit keine Programme ausführen könne.

3.14 Die Einsprechende führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass E1 die Kontrolleinheit als programmierbar (Seite 2, Zeilen 6-9) bezeichnet. Außerdem wird in den Zeilen 14-20 gesagt, dass die Adresse der Funktions­einheit in Software in der assoziierten Kontroll­einheit gehalten werden muss.

3.15 Die Kammer ist darüber hinaus der Meinung, dass die Einheit schon allein deshalb mehr als ein bloßer Speicher sein muss, in welchen Daten von Speicher 15 übertragen werden (siehe Seite 4, Zeilen 29-31), weil ein zweiter Speicher zusätzlich zu Speicher 15 überflüssig wäre. Zusammen mit der oben gesagten Programmierbarkeit folgert daraus eine Verarbeitungs- "Intelligenz"/"Logik" der Einheit von E1. Sie stellt somit eine intelligente Einheit im Sinne des Patents dar.

3.16 Damit kommt auch die Kammer zum Ergebnis, dass Anspruch 1 des Patents nicht neu ist.

4. Neuheit des 1. Hilfsantrags (Anspruchssatz 18)

4.1 Über das zusätzliche Merkmal, dass die Daten derart in der Konfigurations­einheit gespeichert sind, dass sie "ferngesteuert auslesbar und veränderbar sind", wird in der Entscheidung (15.2) festgestellt, dass es nur um eine "ferngesteuerte" Auslesbarkeit und Veränderbarkeit des Speicherinhalts gehe, und nicht um tatsächliche Auslese- oder Veränderungsschritte.

4.2 Dem stimmt die Kammer zu und merkt an, dass der Begriff einer "ferngesteuerten" Auslesbarkeit und Veränder­barkeit eines Speicherinhalts in der Informatik und der Automatisierungstechnik völlig unüblich ist. Wohl­wollend interpretierend kommt die Kammer zu dem Schluss, dass jeder beschreibbare Speicher über die Ferne (üblicherweise über einen Bus) ausgelesen und beschrieben werden kann, also "ferngesteuert" auslesbar und veränderbar ist. Da E1 offenbart, dass das "Non-volatile Memory" mit Daten beschrieben werden kann (siehe Seite 4, Zeilen 22-25), ist es ein beschreibbarer Speicher und somit "ferngesteuert" auslesbar und veränderbar.

4.3 Was die zusätzliche Charakterisierung angeht, nämlich dass die Daten durch eine "dezentrale Zuordnungseinheit mit entsprechender Verarbeitungslogik" ferngesteuert auslesbar und veränderbar sind, so ist die Kammer der Meinung, dass jeder beschreibbare Speicher durch jede beliebige damit verbundene Schreib-Lese-Einheit auslesbar und veränderbar ist, also insbesondere auch durch eine sogenannte "dezentrale Zuordnungseinheit mit entspre­chender Verarbeitungs­logik". Im übrigen steht in der Beschreibung nichts weiteres über diese "dezentrale Zuordnungseinheit mit entsprechender Verarbeitungs­logik" ([45]). Insbesondere findet man dort nichts über die Distanz zwischen dieser Zuordnungseinheit und der Konfigurations­einheit (d.h. dem Speicher).

4.4 Darüberhinaus stimmt die Kammer der Argumentation im Schreiben der Einsprechenden (Seiten 5-7) vom 22. Oktober 2013 über die identische Rolle der Steuereinheit von E1 und der beanspruchten intelligenten Einheit für das Lesen und Beschreiben des Speichers zu. Das Beschreiben des Speichers ist in beiden Fällen nur über die Steuereinheit/intelligente Einheit möglich.

4.5 Was das zusätzliche Merkmal betrifft, dass die intelligente Einheit einen Sensor und/oder Aktor umfasst, stimmt die Kammer der Auffassung der Einsprechenden zu (Schreiben vom 22. Oktober 2013, Seiten 8-9; insbesondere Seite 8, Absatz 4 und 6 bis Seite 9, Absatz 2 und 5), dass der Begriff "umfasst" im Sinne der Beschreibung keine räumliche Zusammenfassung in einem Block oder Gehäuse beinhalten muss, sondern lediglich eine funktionsmäßig zusammen­gehörige Applikation definiert (siehe Beschrei­bung [28], [29]). Außerdem teilt die Kammer die Meinung der Entscheidung (19.4), dass E1 eine feste Zuordnung der Steuer­einheit 13 (entspre­chend der intelligenten Einheit) zu dem Schütz/contactor 11 offenbart. So wird z.B. die Steuereinheit 13 als CCU bezeichnet, was "contactor control unit" heißt. Damit kann die Gesamtheit aus Steuereinheit und Schalter als intelligente Einheit, die einen Aktor umfasst, angesehen werden.

4.6 Was die Austauschbarkeit der intelligenten Einheit betrifft, so ist diese in E1, Seite 5, zweiter Absatz offenbart ("replacement of a control unit").

4.7 Somit ist auch der Gegenstand von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags nicht neu.

5. Ursprüngliche Offenbarung des 2. Hilfsantrags

5.1 Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des 1. Hilfsantrags durch das hinzugefügte Wort "anschließendes" vor dem Schritt des Speicherns.

5.2 Der Patentinhaber hat Seite 6, dritter Absatz ([19]) in der ursprüng­lichen Anmeldung angegeben, die diese Ausführungsform offenbare. Dieser Absatz besteht aus folgendem Satz:

"Um eine vielseitige Anwendung der Erfindung zu ermöglichen, sieht die Erfindung in Praktischer Weiterbildung ferner vor, dass die Schritte des Speicherns und/oder des Übertragens der appli­kations- und/oder ortsbasierten Konfigurationsdaten im Wesentlichen einmalig, insbesondere nach dem Einbinden und/oder Austauschen einer intelligenten Einheit durchführbar sind und/oder mehrmalig, insbesondere zur Sicherstellung einer Aktua­lisierung oder Adaption der Konfigurationsdaten nach wählbaren Zeitintervallen erfolgen."

5.3 Darin wird aber nur offenbart, dass das Speichern nach dem Einbinden der intelligenten Einheit erfolgen soll, und nicht nach dem Verbinden des Speichers (Konfigu­rationseinrichtung) mit der stehenden Verdrahtung. Dieses Speichern kann also durchaus außerhalb der Anlage geschehen, d.h. vor Verbinden des Speichers mit deren stehender Verdrahtung.

5.4 Somit ist die Änderung im 2. Hilfsantrag nicht ursprünglich offenbart und verletzt Artikel 123(2) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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