T 0652/13 () of 18.1.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T065213.20180118
Datum der Entscheidung: 18 Januar 2018
Aktenzeichen: T 0652/13
Anmeldenummer: 01117285.5
IPC-Klasse: B42D 15/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Optisches Merkmal, insbesondere für Wertdokumente, und Herstellungsverfahren zur nachträglichen Individualisierung oder Datenspeicherung
Name des Anmelders: Giesecke+Devrient Mobile Security GmbH
Name des Einsprechenden: Bundesdruckerei GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
blankEPC 1973 Art 054
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 67
Schlagwörter: Neuheit - ja
Erfinderische Tätigkeit - ja
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die am 15. Januar 2013 zur Post gegeben wurde und mit der der Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. 1 197 350 zurückgewiesen wurde, am 12. März 2013 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 15. Mai 2013 eingegangen.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Produktanspruchs 1 sowie der Gegenstand der erteilten Verfahrensanspruch 17 gegenüber die Druckschriften D1 und D4 (siehe Punkt V unten) neu seien, siehe Entscheidungsgründe Punkte 3.1 bis 3.3. Ein Neuheitseinwand gegenüber Verfahrensanspruch 22 habe nicht vorgelegen und dessen Gegenstand sei auch neu, siehe Entscheidungsgründe Punkt 3.4. Insbesondere offenbare weder Druckschrift D1 noch Druckschrift D4 die ersten und zweiten kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1. Die Einspruchsabteilung war ferner der Auffassung, dass die Gegenstände der Ansprüche 1, 17 und 22 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, siehe Entscheidungsgründe Punkt 4.

II. In einer Mitteilung vom 7. Dezember 2017 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung äußerte die Kammer ihre vorläufige Auffassung (siehe Punkt 6.4 der Mitteilung), dass die Gegenstände der Ansprüche 1, 17 und 22 des Hauptantrags (Ansprüche wie erteilt) in Bezug auf die Druckschriften D1 und D4 neu zu sein scheinen. Ferner führte die Kammer unter anderem Folgendes aus:

,,8. Liegt in der angefochtenen Entscheidung ein wesentlicher Verfahrensmangel vor?

8.1 Die Beschwerdeführerin hat in Punkt 1 ihrer Beschwerdebegründung Folgendes vorgetragen:

"Die Entscheidung der Einspruchsabteilung ist falsch. Ferner ist das Verfahren vor der Einspruchsabteilung mit einem schweren Verfahrensmangel behaftet. Die Einsprechende ist der Auffassung, dass ihr das notwendige rechtliche Gehör in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchs­abteilung nicht in angemessener Weise gewährt wurde, da die Begründung der Entscheidung überraschend ist. Von der Einspruchsabteilung wurde erstmals in der angefochtenen Entscheidung ein Merkmal (das Vorliegen eines zweikanaligen Hologramms) als nicht im Stand der Technik der D4 offenbartes Merkmal bezeichnet und zur Begründung herangezogen. In der mündlichen Verhandlung wurde dieses Merkmal nicht erörtert. Die Patentinhaberin selbst hat das Vorliegen dieses Merkmals nie bestritten. Somit konnte die Einsprechende nicht damit rechnen, dass sie zu diesem Merkmal besondere Ausführungen machen musste."

Die Beschwerdeführerin hat in Punkt 5.1, letzter Absatz, ferner Folgendes vorgetragen:

"Hätte die Einsprechende gewusst, dass die Einspruchsabteilung der Ansicht war, dass die D4 kein zweikanaliges Hologramm offenbare, so hätte die Einsprechende bzw. ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung hierzu Ausführungen gemacht. Nach Auffas­sung der Einsprechenden ist die Auffassung der Einspruchsabteilung technisch falsch. Für das Vorliegen eines schweren Rechtsmangels ist es jedoch unerheblich, ob die Auffassung der Einspruchsabteilung vertretbar ist oder nicht, da im Nachhinein nicht beurteilt werden kann, ob der Vortrag des Vertreters der Einsprechenden die Meinungsbildung der Einspruchsabteilung dahingehend beeinflusst hätte, dass sie dieses technische Merkmal bzw. das Vorhandenseins dieses Merkmals im Stand der Technik D4 anders beurteilt hätte."

8.2 Einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne der Regel 103 (1) a) EPÜ vermag die Kammer darin nicht erkennen. Ein Beurteilungsfehler im Offenbarungsgehalt eines Standes der Technik seitens der Einspruchsabteilung wird normalerweise als ein technische Fehleinschätzung gesehen und nicht als ein Verfahrensmangel.

Die Einspruchsabteilung ist bei der Neuheitsprüfung zur Auffassung gelangt, dass weder Druckschrift D1 noch Druckschrift D4 die ersten und zweiten kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags offenbaren, siehe Entscheidungsgründe 3.1 und 3.2. Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift D1 hat die Einspruchsabteilung ausgeführt, dass wenn das erste kennzeichnende Merkmal (vgl. ,,Merkmal F1") in Druckschrift D1 offenbart gewesen wäre, das zweite kennzeichnenden Merkmal (vgl. ,,Merkmal F2") nicht durch den Stand der Technik nahegelegt wäre, siehe Entscheidungsgrund 4.1.1, vorletzter Absatz.

Es scheint somit, dass selbst wenn die Einspruchsabteilung der Beschwerdeführerin gefolgt wäre und das Vorhandenseins des ersten kennzeichnenden Merkmals des Anspruchs 1 des Hauptantrags in Druckschrift D4 bejaht hätte, das Endergebnis (die Zurückweisung des Einspruchs) das Gleiche gewesen wäre."

III. Am 18. Januar 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Weiterhin beantragte sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent in der Fassung eines der ersten bis achten Hilfsanträge, eingereicht mit Schreiben vom 18. Dezember 2017, aufrechtzuerhalten.

V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Druckschriften Bezug genommen:

D1 DE 196 11 383 A1;

D2 Practical volume holography, Syms, R. R. A., Oxford University Press 1990, Titelseite, Seiten 262 bis 267 und Seiten 282 bis 285;

D3 DE 43 23 554 A1;

D4 DE 198 09 503 A1;

D5 Diffractive optical code for IC-card Security, Tompkin, W. R. et al. in Optical Security and Counterfeit Deterrence Techniques III, Hrgb. Van Renesse, R. L. and Vliegenthart, W., Proceedings of SPIE Vol. 3973 (27-28. Januar 2000), Seiten 204 bis 215;

D8 DE 199 15 325 A1;

D9 DE 26 01 693 C;

D14 DE 39 32 505 A1.

VI. Ansprüche 1, 17 und 22 des Hauptantrags (Ansprüche wie erteilt) lauten wie folgt:

,,1. Optisches Merkmal, insbesondere für Wertdokumente, gekennzeichnet durch

zumindest ein wenigstens zweikanaliges Hologramm (1) zur holographischen Rekonstruktion verschiedener Bilder aus verschiedenen Blickrichtungen, bei dem den unterschiedlichen Kanälen verschiedene Bereiche (21, 22) des Hologramms zugeordnet sind und

die das jeweilige Bild unter Lichteinfall (70) rekonstruierenden Bereiche (21, 22) des Hologramms (1) Unterbereiche aufweisen, die an der Bildrekonstruktion nicht teilnehmen."

,,17. Verfahren zur Erzeugung eines optischen Merkmals, insbesondere für Wertdokumente, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

a) Herstellen eines zumindest zweikanaligen Hologramms (1), wobei die Information für die einzelnen Kanäle in verschiedenen Bereichen des Hologramms (1) aufgezeichnet werden,

b1) Verändern der optischen Eigenschaften eines Unterbereiches eines Bereiches zur Rekonstruktion in eine Blickrichtung in Form eines Musters,

b2) Wiederholen des Schrittes b1) für jeden Kanal mit gegebenenfalls verschiedenen Mustern."

,,22. Verfahren zur Erzeugung eines optischen Merkmales, insbesondere für Wertdokumente, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

alpha1) Herstellen einer ersten holographischen Struktur, die unter Lichteinfall einen ersten Kanal eines zumindest zweikanaligen Hologramms (1) rekonstruiert,

alpha2) Verändern der optischen Eigenschaften eines Unterbereiches der ersten holographischen Struktur in Form eines ersten Musters,

beta1) Herstellung einer zweiten holographischen Struktur, die unter Lichteinfall einen zweiten Kanal des zumindest zweikanaligen Hologramms (1) rekonstruiert, auf einer bzw. mehreren Teilregionen eines ansonsten transparenten Trägermateriales,

beta2) Verändern der optischen Eigenschaften eines Unterbereiches der zweiten holographischen Struktur in Form eines zweiten Musters,

gamma) Aufbringen des Trägermateriales der zweiten holographischen Struktur auf der ersten holographischen Struktur."

VII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Mangelnde Neuheit des Anspruchs 1 des Hauptantrags

Druckschrift D1 offenbare ein optisch variables Sicherheitselement, zum Beispiel in Form eines holografischen Streifens. In Spalte 7, Zeilen 39 bis 49 werde ausgeführt:

,,Neben Hologrammen können auch alle anderen optisch variablen Elemente eingesetzt werden, die zumindest bei zwei verschiedenen Betrachtungswinkeln einen unterschiedlichen optischen Eindruck vermitteln. So sind im Sinne dieser Erfindung auch optisch variable Tinten, optisch variable Dünnschichtfilme, Kinegramme, Pixelgramme, Stereogramme und andere Varianten von Hologrammen sowie Volumenhologramme, ... einsetzbar."

Die Einspruchsabteilung habe aus dem ersten Satz dieses Passus (,,Neben Hologrammen können auch alle anderen ...") in Kombination mit dem zweiten Satz abgeleitet, dass die im zweiten Satz erwähnten ,,Stereogramme" explizit keine Hologramme seien, siehe Entscheidungsgründe, Punkt 3.1. Mit derselben Logik müsste sich ergeben, dass ,,andere Varianten von Hologrammen sowie Volumenhologramme" ebenfalls keine Hologramme seien, was offensichtlich nicht stimme. Eine Verwendung des Begriffs ,,und andere Varianten von Hologrammen" als Nachstellung hinter ,,Stereogramme" könne nur bedeuten, dass mit den Stereogrammen eine erste Variante von Hologrammen gemeint sei. Stereogramme, welche Hologramme seien, erfüllen nicht nur das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 sondern auch zwangläufig das zweite kennzeichnende Merkmal. Die in unterschiedlichen Streifen einbelichteten unterschiedlichen, mit den verschiedenen Betrachtungsrichtungen korrespondieren Bilder des Objekts seien entlang einer Richtung nebeneinander angeordnet. Somit seien an unterschiedlichen Seiten des holografischen Stereogramms unterschiedliche Kanäle in unterschiedlichen Bereichen angeordnet, welche wiederum über die Zacken oder Muster Unterbereiche aufweisen (siehe Spalte 6, Zeilen 2 bis 8 in Verbindung mit Spalte 5, Zeilen 57 bis 66, und Spalte 6, Zeile 62 bis Spalte 7, Zeile 4), die nicht an der Rekonstruktion des jeweiligen Kanals (Bilds) der entsprechenden Betrachtungsrichtung des Stereogramms teilnehmen. Somit seien alle Merkmale des Anspruchs 1 aus der Druckschrift D1 bekannt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei auch nicht neu gegenüber einem Gegenstand, dessen Herstellung in Druckschrift D4 beschrieben sei. Diese Druckschrift offenbare (vgl. Anspruch 1) ein Masterhologramm für das Kopieren eines Hologramms im Kontaktverfahren, wobei der Gesamtmaster aus mehreren, vorzugsweise drei, einzelnen Mastern bestehe. Die einzelnen Master werden bei der Herstellung des Hologramms (siehe Spalte 4, Zeilen 21 bis 35) in einer festen Relation zueinander positioniert, können sich auch ganz oder teilweise überlappen und können jeweils einen verschiedenen Referenzwinkel haben sowie jeweils eine verschiedene Farbe. Weisen die drei Masterhologramme somit unterschiedliche Referenzwinkel auf, so erfolge die Belichtung unter unterschiedlichen Winkeln. Dies sei exemplarisch mit Bezug auf Figur 2 beispielsweise in Spalte 5, Zeile 47 bis 56 beschrieben. Ein so mittels der drei Masterhologramme hergestelltes Hologramm umfasse somit drei unterschiedliche Bildinformationen, die unter unterschiedlichen Betrachtungswinkel rekonstruieren. In diesem Beispiel werde der erste Master mit modulierter kohärenter Strahlung belichtet und so in dem diesem Master zugeordneten Bereich eine individuelle Information in das Hologramm eingeschrieben. Das Modulieren könne beispielsweise mittels eines LCD-Displays erfolgen, wie dies in Spalte 2, Zeile 63 bis Spalte 3, Zeile 7 erläutert werde. Dem Fachmann sei deshalb aus der Druckschrift D4 bekannt, wie ein LCD-Display genutzt werden könne, um eine Amplitudenmodulation des Lichts herbeizuführen. Hierzu könne die bereits existierende lineare Polarisation des zur Belichtung verwendeten Laserlichts ausgenutzt werden. Wenn dieses nicht so ausgerichtet sei, wie der auf der Eintrittsseite orientierte Polarisationsfilter, so werde die gesamte oder zumindest ein Teil der Lichtintensität bereits an diesem Polarisator aus dem weiteren Strahlengang entfernt. Andernfalls geschehe dies, wenn die Flüssigkristallzelle im feldorientierten Zustand sei. In einem solchen Fall passiere kein Licht durch die LCD-Zelle, sodass in diesem Bereich beim Belichten des Hologramms im Kontaktkopierverfahren Bereiche ausgebildet werden, die nicht an der Rekonstruktion teilnehmen. Dies sei auch bereits in Spalte 3, Zeile 23 bis 26 beschrieben, wo ausgeführt sei, dass über die einzelnen Pixel die Graustufen des vom Master abkopierten Hologramms in einer Mattscheibe festgelegt werden. Wenn der vollständig transparente Zustand als ein Graustufenzustand angesehen werden muss, so sei es nicht ersichtlich, dass der Fachmann nicht auch den Zustand der vollständigen Absorption, also die Farbe Schwarz, in diesem Fall als eine Graustufe ansehen wurde. Somit sei auch das angeblich zweite fehlende Merkmal, dass Bereiche in dem Hologramm existiere, die nicht an der Rekonstruktion teilnehmen, in der Druckschrift D4 sehr wohl in der Wiese offenbart, dass dieses unzweideutig durch den Fachmann mitgelesen werde. Zumindest die dem ersten Hologrammmaster und die dem dritten Hologrammmaster zugeordneten Bereiche des Hologramms wiesen somit Unterbereiche auf, die nicht an einer Rekonstruktion des dem entsprechenden Bereich zugeordneten Kanals teilnehmen. Somit sei in Druckschrift D4 die Herstellung eines optischen Elements beschrieben, welches neuheitsschädlich den Gegenstand des Anspruchs 1 vorwegnehme.

Mangelnde erfinderische Tätigkeit der Ansprüche 1, 17 und 22 des Hauptantrags

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem aus der Druckschrift D1 bekannten optisch variablen Sicherheitselement, oder aus der Druckschrift D4 bekannten optischen Element, durch die ersten und zweiten kennzeichnenden Merkmale, die voneinander unabhängige Probleme lösen. Durch die Bereitstellung eines zweikanaliges Hologramms zur holographischen Rekonstruktion verschiedener Bilder aus verschiedenen Blickrichtungen, bei dem den unterschiedlichen Kanälen verschiedene Bereiche des Hologramms zugeordnet sind (vgl. das erste kennzeichnende Merkmal), werde die Möglichkeit geschaffen, zusätzliche Informationen in den beugenden, d. h. rekonstruierenden Bereichen des Hologramms zu speichern. Da dem Fachmann beispielsweise holografische Stereohologramme, wie sie in Druckschrift D2 beschrieben seien, geläufig und bekannt seien, sei es für den Fachmann, der in dem optisch variablen Sicherheitselement zusätzliche Informationen vorsehen will, naheliegend anstelle des in Spalte 7, Zeile 45 der Druckschrift D1 erwähnten Stereogramms ein holografisches Stereogramm, d. h. ein zweikanaliges Hologramm, vorzunehmen. Durch die Bereitstellung von Unterbereichen der das jeweilige Bild unter Lichteinfall rekonstruierenden Bereichen des Hologramms, die an der Bildrekonstruktion nicht teilnehmen (vgl. das zweite kennzeichnende Merkmal), werde die Möglichkeit geschaffen eine nachträgliche Individualisierung oder Datenspeicherung vorzunehmen. Diese Maßnahme, insbesondere die partielle Zerstörung eines Hologramms für diesen Zweck, sei aus der Druckschriften D9 (siehe Spalte 4, Zeilen 30 bis 37), D14 (siehe Spalte 19, Zeile 33 bis Spalte 20, Zeile 19) und D8 (Spalte 1, Zeilen 47 bis 51) bekannt. Diese Druckschriften regten die Codierung einer Information über eine partielle Zerstörung eines Hologramms an.

Ausgehend von der Druckschrift D1 oder D4 sei der Gegenstand des Anspruchs 1 durch eine Kombination der Druckschrift D2 in Verbindung mit einer der Druckschriften D9, D14, D8, D3 oder D5 nahegelegt.

Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels

Der Vortrag zu diesem Punkt in den Abschnitten 1 und 5.1 der Beschwerdebegründung wird aufrechterhalten [zitiert in obigen Punkt II]. In der Antwort auf die Mitteilung der Kammer werde klargestellt, dass die Beschwerdeführerin nicht die technische Fehlauslegung rüge, sondern die Tatsache, dass die Entscheidung auf ein Merkmal gestützt sei, nämlich das Vorliegen eines zweikanaligen Hologramms in Druckschrift D4, welches zwischen den Parteien nicht als streitig angesehen wurde und in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert wurde. Der Verfahrensmangel bestehe in der Tatsache, dass die Entscheidung überraschend sei. Sie nutze zentral ein Merkmal, über dessen Relevanz in der Verhandlung zumindest im Hinblick auf die Druckschrift D4 nicht gesprochen wurde. Hierin liege die Versagung des rechtlichen Gehörs.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Mangelnde Neuheit des Anspruchs 1 des Hauptantrags

Die alleinige Nennung des Begriffs ,,Stereogramm" in Spalte 7, Zeile 45 der Druckschrift D1, die den alleinigen Hinweis auf ein gegebenenfalls mehrkanaliges Hologramm in der Druckschrift D1 darstelle, stelle keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung des gesamten ersten kennzeichnenden Merkmals dar. Weiterhin seien in Spalte 7, Zeile 3 der Druckschrift D1 ,,Zacken oder Muster" offenbart, wobei jedoch die nähere Ausgestaltung dieser ,,Zacken oder Muster" weder aus den Figuren noch aus der übrigen Beschreibung der Druckschrift D1 hervorgehe. Diese Zacken und Muster könnten Randaussparungen darstellen, womit sie dann jedoch gerade nicht mehr Teil des Hologramms wären und sie folglich nicht mehr mit den Unterbereichen gemäß dem zweiten kennzeichnenden Merkmals identifiziert werden können. In jedem Fall fehle es der Druckschrift D1 an jeglicher Offenbarung dahingehend, dass die erwähnten ,,Zacken oder Muster" nicht an der Bildrekonstruktion teilnehmen. Es werde lediglich von ,,schwer nachahmbaren Effekten" gesprochen (siehe Spalte 7, Zeile 1). Auch die ,,Information 7" (siehe Figur 3), die als Demetallisierung in einer ansonsten durchgängigen Metallschicht eines Prägehologramms ausgebildet sein kann (siehe Spalte 5, Zeilen 57 bis 66), stelle keinen Unterbereich im Sinne von Anspruch 1 dar, da durch die Demetallisierung die diffraktive Prägestruktur des in der Druckschrift D1 beschriebenen Prägehologramms nicht zerstört werde und somit diese Bereiche weiterhin an der holographischen Bildrekonstruktion teilnehmen.

Druckschrift D4 offenbare ebenfalls nicht das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Bezüglich des zweiten kennzeichnenden Merkmals verweise die Beschwerdeführerin in Punkt 5.4 ihrer Beschwerdebegründung auf die verschiedenen Graustufen, die durch die Modulationseinrichtung und den resultierenden amplitudenmodulierten Referenzstrahl erzeugt werden. Daraus schlussfolgere sie auf Basis der Annahme, dass ,,der vollständig transparente Zustand als ein Graustufenzustand angesehen werden muss", dass auch die Farbe Schwarz ... als eine Graustufe angesehen werden müsse. Worauf die Annahme hinsichtlich des vollständig transparenten Zustands basiere, sei jedoch unklar. Entsprechend sei auch die Schlussfolgerung nicht haltbar. Dagegen fehle der Druckschrift D4 - wie in der Entscheidung unter Punkt 3.2 zutreffend festgestellt - an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung einer Intensität von Null für den amplitudenmodulierten Referenzstrahl.

Im Ergebnis sei somit festzuhalten, dass beide kennzeichnenden Merkmale weder aus der Druckschrift D1 noch aus der Druckschrift D4 bekannt seien und somit die Neuheit klar gegeben sei.

Mangelnde erfinderische Tätigkeit der Ansprüche 1, 17 und 22 des Hauptantrags

Druckschrift D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Bezüglich der Druckschrift D2 argumentiere die Beschwerdeführerin in Punkt 6 der Beschwerdebegründung, dass aufgrund des Augenabstands (8 cm) und der sich daraus ergebenden Blickrichtungsdifferenz (+/- 6°) die Augen auf unterschiedliche ,,stripes" blicken würden. Dies stehe jedoch im Gegensatz zu der Beschreibung der Druckschrift D2, wo es auf Seite 283 heiße: ,,When it [the complete hologram] is viewed, the observer sees the image reconstructed by a single strip". Weiterhin ergebe sich aus dem nachfolgenden Satz, dass sich der Eindruck von Dreidimensionalität, das heiße der stereoskopische Effekt, aus einer Bewegung des Betrachters ergebe. Die angebliche Separierung der verschiedenen Kanäle für die verschiedenen Augen finde in der Druckschrift D2 überhaupt nicht statt. Entsprechend werde das zweite kennzeichnende Merkmal durch die Druckschrift D2 nicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe vorgetragen, dass jedwede Veränderung eines Hologramms (wie in den Druckschriften D8, D9 oder D14 beschrieben) die Unterbereiche gemäß Anspruch 1 nahelegen würde. In diesem Zusammenhang spekuliere die Beschwerdeführerin, dass es ein ,,Zufall" wäre, wenn diese Modifikationen ,,nur einen Streifen" träfe. Zu diesem Zweck geht die Beschwerdeführerin zudem von schmalen Streifen aus. Dazu ist festzuhalten, dass Druckschrift D2 keine Information über die Breite der Streifen gebe und auch sonst ein mehrkanaliges Hologramm mit dem ersten kennzeichnenden Merkmal überhaupt nicht nahegelegt sei und entsprechend auch nicht als Basis für derartige Spekulationen zur Verfügung stehe. Zudem schaffen die Unterbereiche gemäß Anspruch 1 erst in Kombination mit dem vollständigen ersten kennzeichnenden Merkmal die Möglichkeit zwei zusätzliche, voneinander unabhängige Informationen in das optische Merkmal einzubringen. Dieser Vorteil wird in dem gesamten Stand der Technik nicht erkannt, weswegen Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels

Dass Druckschrift D4 ein zweikanaliges Hologramm offenbare, wurde im Einspruchsverfahren von der Beschwerdegegnerin niemals zugestanden. Es bestand deshalb keine Verpflichtung für die Einspruchsabteilung während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung bei der Beschwerdegegnerin nachzufragen, welche kennzeichnenden Merkmale des erteilten Anspruchs 1 durch Druckschrift D1 oder D4 bereits neuheitsschädlich vorweggenommen waren. Ein wesentlichen Verfahrensfehler seitens der Einspruchabteilung sei nicht zu erkennen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

HAUPTANTRAG

2. Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit, Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ 1973

2.1 Auslegung des Anspruchs 1 des Hauptantrags

Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft ein optisches Merkmal, insbesondere für Wertdokumente, gekennzeichnet durch (römische Nummerierung durch die Kammer):

i) zumindest ein wenigstens zweikanaliges Hologramm (1) zur holographischen Rekonstruktion verschiedener Bilder aus verschiedenen Blickrichtungen, bei dem den unterschiedlichen Kanälen verschiedene Bereiche (21, 22) des Hologramms zugeordnet sind und

ii) die das jeweilige Bild unter Lichteinfall (70) rekonstruierenden Bereiche (21, 22) des Hologramms (1) Unterbereiche aufweisen, die an der Bildrekonstruktion nicht teilnehmen."

Merkmal i) fordert ein zwei- oder mehrkanaliges Hologramm mit getrennten Bereichen für die Kanäle, d. h. ein partitioniertes Hologramm, bei dem den unterschiedlichen Bildern der Kanäle verschiedene Blickrichtungen zugeordnet sind. Hierbei stellt sich die Frage, ob aus einer Blickrichtung mehrere sichtbar sind oder nur eines der Hologramme. Eine Definition eines zwei- oder mehrkanaligen Hologramm ist der Patentschrift nicht zu entnehmen. In den Absätzen [0010] bis [0012] der Patentschrift wird Folgendes ausgeführt:

,,Ein erfindungsgemäßes optisches Merkmal umfaßt zumindest ein wenigstens zweikanaliges Hologramm. Dieses Hologramm dient der holographischen Rekonstruktion verschiedener Bilder aus verschiedenen Blickrichtungen, wobei ein zweikanaliges Hologramm zwei verschiedene Blickrichtungen zur Verfügung stellt. Das Hologramm weist Bereiche auf, die unter Lichteinfall jeweils eine Blickrichtung rekonstruieren. Jeder Blickrichtung, d. h. jedem Kanal, ist ein Bereich zugeordnet. Dabei kann ein Bereich, der zur Rekonstruktion eines Bildes aus einer Blickrichtung dient, aus mehreren über das Hologramm verteilten Teilen bestehen. ... Ein solches optisches Merkmal ermöglicht verschiedene Ansichten, wenn es unter verschiedenen Blickrichtungen, z. B. bei einem zweikanaligen Hologramm aus zwei verschiedenen Blickrichtungen, betrachtet wird. Auf diese Weise läßt sich ein Kippeffekt realisieren."

Aufgrund dieser Beschreibung und der in den Absätzen [0066] bis [0092] der Patentschrift beschriebenen und in Figur 3 gezeigten Ausführungsform der Erfindung, ist die Kammer zur Auffassung gelangt, dass der Fachmann Merkmal i) so versteht, dass einer bestimmten Blickrichtung höchstens ein rekonstruiertes Bild und somit ein Kanal zugeordnet ist.

Nach Auffassung der Kammer wird der Fachmann Merkmal ii) so verstehen, dass es Unterbereiche [der verschiedenen Bereiche 21, 22] des Hologramms gibt, die an der Bildrekonstruktion nicht teilnehmen. Die Unterbereiche müssen somit Teil des Hologramms sein.

2.2 Druckschrift D1 offenbart einen Datenträger mit einem optisch variablen Element (siehe Spalte 4, Zeile 50 bis Spalte 6, Zeilen 30), bei dem das optisch variable auf eine Untergrundschicht 3 aufgebrachte Element 2 in Form eines holografischen Streifens 2 (siehe Figur 3) oder als Einzelelement 8 (siehe Figur 4 und Spalte 6, Zeilen 31 bis 53; siehe auch Figur 5 und Spalte 6, Zeile 62 bis Spalte 7, Zeile 4) vorliegt.

Das optisch variable Element kann auch in Form eines Stereogramms vorliegen, siehe der letzte Absatz der Beschreibung, Spalte 7, Zeilen 39 bis 49, insbesondere Zeile 45. Dieser Passus (siehe Punkt VII oben) wiedergegeben wurde, scheint einen Widerspruch zu enthalten, weil der Leser aufgrund des Satzteiles ,,Neben Hologramme ..." im ersten Satz, nicht erwartet, dass im zweiten Satz nochmals Hologramme erwähnt werden (,,und andere Varianten von Hologrammen sowie Volumenhologramme").

Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass der Ausdruck ,,Stereogramme und andere Varianten von Hologrammen" nur bedeuten könne, dass besagte Stereogramme Hologramme seien.

Dem kann die Kammer nicht folgen. Ausführungsformen der Erfindung nach der Druckschrift D1 werden in Spalte 3, Zeile 31 bis einschließlich des oben erwähnten letzten Absatzes beschrieben. Außer im letzten Absatz wird das Wort ,,Hologramm" nur einmal erwähnt, siehe Spalte 6, Zeilen 54 bis 59, und zwar als Prägehologramm. Der Ausdruck ,,und andere Varianten von Hologrammen" könnte somit ein Verweis auf Hologramme sein, die keine Prägehologramme sind. Dies ist aus Folgende Gründen auch plausibel. Vor dem genannten Ausdruck steht der Satzteil ,,auch optisch variable Tinten, optisch variable Dünnschichtfilme, Kinegramme, Pixelgramme, Stereogramme". Die ersten vier in diesem Satzteil genannten optisch variablen Elemente sind keine Hologramme. Da der Begriff ,,Stereogramm" nicht zwangsläufig ,,holografisches Stereogramm" bedeutet, kann mit dem Ausdruck ,,und andere Varianten von Hologrammen" ebenfalls ein optisch variables Element gemeint sein, das kein Prägehologramm ist.

Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass Druckschrift D1 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, dass das optisch variable Element ein holografisches Stereogramm ist.

Druckschrift D1 offenbart deshalb nicht das erste kennzeichnende Merkmal i) des Anspruchs 1 des Hauptantrags, wonach das beanspruchte optisches Merkmal durch ,,ein wenigstens zweikanaliges Hologramm (1) ..." gekennzeichnet ist. Da das zweite kennzeichnende Merkmal ii) auf ,,Bereiche (21, 22) des Hologramms (1)" verweist, offenbart Druckschrift D1 auch Merkmal ii) nicht. Die in Figur 3 dargestellte Ausführungsform zeigt (siehe auch Spalte 4, Zeile 50 bis Spalte 6, Zeile 30) das optisch variable Element 2 und zusätzliche Informationen 5 und 6, die nicht in Unterbereichen des optisch variablen Elements 2 aufgebracht sind und deswegen Merkmal ii) nicht erfüllen. Die im Element vorhandenen Informationen 7, die in Form einer lichtbeugenden Reliefstruktur vorliegen und aus den Buchstaben ,,GD" bestehen, sind zwar in einem Unterbereich des optisch variablen Elements 2 aufgebracht, aber ob die Bereiche ,,GD" an der Bildrekonstruktion des holografischen Streifens nicht teilnehmen, ist der Druckschrift D1 nicht zu entnehmen.

Die Beschwerdeführerin hat während der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die durch Demetallisierung erzeugten Buchstaben ,,GD" in der Untergrundschicht 3 (Information 6, siehe Spalte 5, Zeilen 57 bis 66, der Druckschrift D1) nicht an der Bildrekonstruktion teilnahmen und dass die in Spalte 6, Zeilen 3 bis 8, erwähnte im Element 2 vorhandene Information 7 in Form von größeren Buchstaben ,,GD" ebenfalls durch Demetallisierung erzeugt wurden und deshalb an der Bildrekonstruktion ebenfalls nicht teilnehmen. Die Beschwerdeführerin hat dazu ausgeführt, dass der Passus in Spalte 6, Zeilen 3 bis 8, ausdrücklich auf den Passus in Spalte 5, Zeilen 57 bis 66, verwies (vgl. ,,Auch bei diesem Ausführungsbeispiel kann ...") und dass der Fachmann deshalb mitlesen würde, dass die größeren Buchstaben ,,GD" ebenfalls durch Demetallisierung erzeugt wurden.

Dem kann die Kammer nicht folgen. Dem Passus in Spalte 6, Zeilen 3 bis 8 der Druckschrift D1 ist nicht zu entnehmen, wie die Information 7 erzeugt wurde und ob die Bereiche ,,GD" an der Bildrekonstruktion des holografischen Streifens teilnehmen oder nicht.

2.3 Druckschrift D4 offenbart eine Vorrichtung zur Herstellung eines individuellen Hologramms mit einer Strahlungsquelle für (kohärente) Laserstrahlung zum Bestrahlen eines Masters H2 und eines Films 7 (siehe Spalte 2, Zeile 63 bis Spalte 3, Zeile 19 und Anspruch 12), bei der eine Modulationseinrichtung, insbesondere eine LCD, zum Modulieren der Laserstrahlung eingesetzt wird. Figur 2 zeigt (siehe auch Spalte 5, Zeilen 47 bis 56), wie bei der Herstellung eines individuellen Hologramms durch eine erneute Bestrahlung durch Laserstrahlen in einem von der ersten Laserstrahlung abweichenden Winkel ein Stereoeffekt erzielt werden kann, siehe auch Spalte 1, Zeile 64 bis Spalte 2, Zeile 5).

Diese Druckschrift offenbart kein wenigstens zweikanaliges Hologramm (vgl. Merkmal i)), bei dem einer gegebenen Blickrichtung höchstens ein rekonstruiertes Bild und somit ein Kanal zugeordnet ist.

Aus dem Passus in Spalte 2, Zeile 63 bis Spalte 3, Zeile 16, worin eine Modulationseinrichtung zum Modulieren der kohärenten Strahlung beschrieben wird, ergibt sich nicht ,,eindeutig und unmittelbar" das zweite kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 des Hauptantrags, da der Fachmann vielmehr mitlesen würde, dass die kohärente Strahlung gesamtflächig auf den Master und den Film aufgebracht werden kann, also durch Strahlung, die den gesamten Bildbereich auf einmal belichtet, siehe Spalte 3, Zeilen 17 bis 19.

2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist deshalb in Bezug auf die Druckschriften D1 und D4 neu. Keine der Druckschriften offenbart ein zumindest zweikanaligen Hologramm mit den Merkmalen i) und ii.

Dies gilt sinngemäß auch für den Gegenstände der Ansprüche 17 und 22 des Hauptantrags, da Schritt b1) des Anspruchs 17 und Schritt alpha1) des Anspruchs 22 ein solches zumindest zweikanaligen Hologramm erwähnen.

3. Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ 1973

3.1 Druckschrift D1 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von dem aus der Druckschrift D1 bekannten optischen Merkmal durch die in Punkt 2.1 zitierten kennzeichnenden Merkmale i) und ii).

Das durch die beiden kennzeichnenden Merkmale definierte optische Merkmal weist eine erhöhte Fälschungssicherheit auf, da es ein zweikanaliges Hologramm aufweist, vgl. Merkmal i). Ein solches optisches Merkmal ermöglicht verschiedene Ansichten, wenn es unter verschiedenen Blickrichtungen, z. B. bei einem zweikanaligen Hologramm aus zwei verschiedenen Blickrichtungen, betrachtet wird. Auf diese Weise läßt sich ein Kippeffekt realisieren, siehe Absatz [0012] des Patents. Das Merkmal ii), wonach die rekonstruierenden Bereiche 21, 22 (,,Kanäle") des Hologramms Unterbereiche aufweisen, die an der Bildrekonstruktion nicht teilnehmen, ermöglicht es, diese Unterbereiche derart anzuordnen, daß sich bei der holographischen Rekonstruktion des Bereiches 21, 22 zu dem der Unterbereich gehört, ein erkennbares Bildmuster oder erkennbare Information ergibt, und zwar für jeden Kanal.

3.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass ein wenigstens zweikanaliges Hologramm in Form eines holografischen Hologramms aus der Druckschrift D2 bekannt sei.

Auf Seite 283, Absatz 2, wird eine übliche Multiplexing Methode (,,Partitionierung") beschrieben, die angewendet wird, wenn die Daten von Bildern stammen, die aus verschiedenen Blickwickeln aufgenommen wurden. Eine Möglichkeit ist, das Subjekt von gleichmäßig verteilten Positionen entlang einer geraden Linie zu fotografieren. Das daraus resultierende Hologramm ist allgemein als ein holographisches Stereogramm bekannt. In Figur 10.3-6 wird ein Aufnahme-System mit einem Filmstreifen mit diesen Bilder (die computergeneriert sein können) gezeigt. Jedes Bild wird einzeln auf einem Bildschirm (diffusing screen) projiziert, um ein streifenförmiges Hologramm auf die fotografische Platte aufzuzeichnen, wobei eine bewegliche Maske nach jeder Belichtung schrittweise verschoben wird. Das ganze Hologramm enthält dann eine Reihe von 1 bis N Aufzeichnungen. Wenn das Hologramm betrachtet wird, sieht ein stillstehender Betrachter das von einem einzigen Streifen rekonstruierte Bild. Wenn das Hologramm bewegt wird, oder wenn der Betrachter sich bewegt, scheint sich das rekonstruierte Bild zu drehen, wodurch der Eindruck von Dreidimensionalität entsteht.

Das aus der Druckschrift D2 bekannte partitionierte holographische Stereogramm benutzt ein völlig anderes Prinzip, als das was in Absatz [0013] des Patents beschrieben wird. Dort wird ausgeführt: ,,Bei Einsatz eines zweikanaligen Hologrammes kann ein stereoskopischer Effekt erzeugt werden, wenn die einzelnen Kanäle die Blickrichtungen für die einzelnen Augen des Betrachters darstellen". Das holographische Stereogramm besteht aus einer Reihe von unterschiedlichen Bildern, die aus verschiedenen Blickwickeln aufgenommen wurden.

Druckschrift D2 offenbart deshalb kein ,,zumindest ... wenigstens zweikanaliges Hologramm" wie es im Anspruch 1 des Hauptantrags definiert ist. Dies gilt auch für alle anderen im Verfahren zitierten Druckschriften.

Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob es für den Fachmann nahegelegen hat Merkmal ii) zu verwiklichen.

3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ergibt sich deshalb nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit. Diese Ausführungen gelten auch für die Gegenstände der Ansprüche 17 und 22.

4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Nach Regel 67 EPÜ 1973 wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.

Da im vorliegenden Fall die Beschwerde zurückzuweisen ist, kann dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht stattgegeben werden.

5. Wesentlicher Verfahrensmangel?

5.1 Da dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht stattgegeben werden kann, ist die Frage, ob in der angefochtenen Entscheidung ein wesentlicher Verfahrensmangel vorlag, nicht entscheidungsrelevant.

5.2 Am Ende der mündlichen Verhandlung hatte die Beschwerdeführerin nichtsdestotrotz zu dem angeblichen wesentlichen Verfahrensmangel auf Folgendes hingewiesen. Sie trug vor, dass die Beschwerdegegnerin nie bestritten habe, dass Druckschrift D4 ein zweikanaliges Hologramm offenbare, und dass in der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung über dessen Relevanz im Hinblick auf diese Druckschrift deswegen nicht mehr gesprochen wurde. Der Verfahrensmangel bestehe in der Tatsache, dass die Entscheidung deshalb überraschend sei und dass hierin die Versagung des rechtlichen Gehörs liege.

Dazu möchte die Kammer Folgendes feststellen: Die Beschwerdegegnerin hat auf den Einspruch in ihrer Erwiderungsschrift vom 27. April 2009 (siehe Punkt III, Seiten 2 bis 13) auf Seite 10 bis 12 in Bezug auf Anspruch 1 des geänderten Hauptantrags zu Druckschrift D4 Stellung genommen und vorgetragen, dass diese Druckschrift einen amplitudenmodulierten Referenzstrahl offenbare, aber nicht, dass die Intensität dieses Referenzstrahls bereichsweise null sei und dass erst in einem solchen Fall Bereiche entstehen würden, die "an der Bildrekonstruktion nicht teilnehmen". Damit sei bereits der erteilte Anspruch 1 neu gegenüber der Druckschrift D4. Die Beschwerdegegnerin hat also offengelassen, ob Druckschrift D4 ein zweikanaliges Hologramm offenbart oder nicht. Aus der Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin in ihrer Erwiderungsschrift den erteilten Anspruch 1 nicht verteidigt hat, kann nicht gefolgert werden, dass sie Druckschrift D4 als neuheitsschädlich für diesen Anspruch angesehen hat. Außerdem hat sie in ihrem Schriftsatz vom 23. Januar 2012, knapp zehn Monate vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten (Hauptantrag). In Punkt 2.2.2 dieses Schriftsatzes führt sie aus (siehe erster Absatz): ,,Die Entgegenhaltung D4 offenbart kein zwei- oder mehrkanaliges Hologramm, bei dem die Kanäle verschiedenen Bereichen zugeordnet sind. Dagegen führt beispielsweise die Beschreibung in Spalte 5, Zeilen 54 bis 56, wo eine mehrfache Belichtung unter verschiedenen Winkeln offenbart ist, davon weg". Nach Auffassung der Kammer zeigt diesen Passus, dass die Offenbarung des Merkmals i) in der Druckschrift D4 nicht von der Beschwerdegegnerin zugestanden worden ist.

In ihrer Beschwerdebegründung (siehe Seite 9, erste Absätze 2 und 3) führt die Beschwerdeführerin hierzu Folgendes aus: ,,Diese Aussage bestreitet nicht das Vorliegen eines zweikanaligen Hologramms, sondern lediglich, dass dieses so ausgebildet ist, dass den Kanälen unterschiedliche Bereiche des Hologramms zugeordnet sind. Somit ist an keiner Stelle im Verfahren das als nicht vorhanden durch die Einspruchsabteilung angesehene Merkmal, nämlich das Nichtvorliegen eines zweikanaligen Hologramms, jemals bestritten oder diskutiert worden. Hätte die Einsprechende gewusst, dass die Einspruchsabteilung der Ansicht war, dass die D4 kein zweikanaliges Hologramm offenbare, so hätte die Einsprechende bzw. ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlungen hierzu Ausführungen gemacht."

5.3 Die Kammer hat in der erstinstanzlichen Akte keinen Hinweis gefunden, dass die Beschwerdegegnerin zugestanden hätte, dass Druckschrift D4 das erste kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 1 offenbart. Nach Auffassung der Kammer konnte die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung deshalb nicht davon ausgehen, dass dieses Merkmal nicht zu diskutieren war, siehe auch Punkt 8.2 der Mitteilung der Kammer vom 7. Dezember 2017, dessen Text in Punkt II wiedergegeben ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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