European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T053413.20190516 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Mai 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0534/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04765590.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | C07C 51/265 C07C 51/31 B01J 23/22 B01J 27/198 B01J 37/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG EINES GASPHASENOXIDATIONSKATALYSATORS MIT DEFINIERTER VANADIUMOXID-TEILCHENGRÖSSENVERTEILUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Clariant Produkte (Deutschland) GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 2. Januar 2013, mit welcher der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 670 741 zurückgewiesen wurde. Der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 lautet:
"1. Verfahren zur Herstellung eines Katalysators für Gasphasenoxidationen, bei dem man auf einen fluidisierten inerten Träger eine Suspension von TiO2- und V2O5-Teilchen aufbringt, worin wenigstens 90 Vol.-% der V2O5-Teilchen einen Durchmesser von 20 µm oder weniger und wenigstens 95 Vol.-% der V2O5-Teilchen einen Durchmesser von 30 µm oder weniger aufweisen."
II. In ihrer Entscheidung bezog sich die Einspruchsabteilung u.a. auf die Druckschriften
(4) US 4,621,072 und
(11) WO 01/03832 A1.
Sie stellte fest, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche neu gegenüber den zitierten Druckschriften sei. Ausgehend von Druckschrift (4) als nächstliegendem Stand der Technik habe die technische Aufgabe darin bestanden, die Beschichtungseffizienz von Vanadiumoxid zu verbessern. Die Einsprechende habe behauptet, dass diese Verbesserung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich auftrete, ohne jedoch hierfür Belege vorzuweisen. Die Beweislast liege in diesem Fall jedoch auf Seiten der Einsprechenden, die für ihre Behauptung beweispflichtig sei. Da keine Belege dafür erbracht worden seien, dass die Verbesserung der Beschichtungseffizienz über den gesamten beanspruchten Bereich auftrete, gelte die im Streitpatent genannte Aufgabe als erfolgreich gelöst. Da keine der zitierten Druckschriften nahelege, zur Verbesserung der Beschichtungseffizienz von Vanadiumoxid eine Suspension einzusetzen, in welcher die V2O5-Teilchen die im Anspruch definierte Partikelgrößenverteilung aufweisen, beruhe das beanspruchte Verfahren auf einer erfinderischen Tätigkeit.
III. In ihrer Beschwerdebegründung trug die Beschwerdeführerin vor, dass der Gegenstand des Streitpatentes nicht so deutlich offenbart sei, dass ein Fachmann die Erfindung unter Zuhilfenahme seines Fachwissens in der gesamten beanspruchten Breite ausführen könne. Bei der Beurteilung der dem beanspruchten Gegenstand zugrunde liegenden erfinderischen Tätigkeit habe die Einspruchsabteilung die Regeln der Beweislast fehlerhaft angewendet, weshalb die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt sei. Wie aus den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Vergleichsversuchen hervorgehe, sei keine Verbesserung der Beschichtungseffizienz durch Auswahl einer bestimmten Partikelgrößenverteilung erkennbar. Da folglich die Aufgabe lediglich in der Bereitstellung einer Alternative bestand und die Auswahl der Partikelgrößenverteilung des Vanadiumoxids nur willkürlich gewählt sei, beruhe der Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
IV. In ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung widersprach die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) der Einführung des neuen Einspruchsgrundes unter Artikel 83 EPÜ in das Beschwerdeverfahren. Die Beweislastregeln seien von der Einspruchsabteilung korrekt angewendet worden. Sie trug vor, dass der Gegenstand aller Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Ergebnisse der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Vergleichsbeispiele seien nicht schlüssig und könnten daher auch den im Streitpatent gezeigten technischen Effekt, der bei Verwendung von Vanadiumoxid-Teilchen mit einer spezifischen Partikelgrößenverteilung auftritt, nicht widerlegen.
V. Mit Schriftsatz vom 16. April 2019 reichte die Beschwerdeführerin neben der Druckschrift (22) weitere Argumente ein und teilte der Kammer mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2019 nicht teilnehmen werde.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Nichtzulassung des neuen Einspruchsgrundes unter Artikel 100(b) EPÜ, sowie der verspätet eingereichten Druckschrift (21).
VII. In Abwesenheit der Beschwerdeführerin wurde am 16. Mai 2019 die mündliche Verhandlung vor der Kammer durchgeführt. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuer Einspruchsgrund
2.1 In ihrer Beschwerdebegründung hatte die Beschwerdeführerin erstmals im Verfahren gerügt, dass das beanspruchte Verfahren nicht so deutlich offenbart sei, dass ein Fachmann es unter Zuhilfenahme seines Fachwissens über den gesamten beanspruchten Bereich ausführen könne.
2.2 Da der Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens war und die Patentinhaberin der Einführung dieses neuen Einspruchsgrundes widersprochen hat, wird der Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit unter Artikel 100 b) EPÜ i.V.m. Artikel 83 EPÜ nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen (siehe auch G 9/91, ABl EPA 1993, 408; Entscheidungsgründe Punkt 18).
3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Das Streitpatent richtet sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines Vanadiumoxid und Titandioxid enthaltenden Gasphasenoxidationskatalysators. Ein ähnliches Verfahren ist bereits in der Druckschrift (4) beschrieben. Beide Parteien, sowie auch die Einspruchsabteilung gehen bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von dieser Druckschrift als nächstliegendem Stand der Technik aus. Die Kammer sieht keine Veranlassung hiervon abzuweichen und wird im Folgenden von dieser Druckschrift als nächstliegendem Stand der Technik ausgehen.
3.2 Druckschrift (4) offenbart ein Verfahren zur Herstellung beschichteter Gasphasenkatalysatoren, wobei ein inerter fluidisierter Träger mit einer Suspension eines Ausgangsmaterials für die Beschichtung besprüht wird. Das Ausgangsmaterial kann u.a. Vanadiumoxid und Titandioxid enthalten und zeigt eine Partikelgrößenverteilung im Bereich von 1 bis 150µm, bevorzugt 1.5 bis 30µm (siehe Ansprüche 1, 11, 12). Insbesondere das Beispiel 5 der Druckschrift (4) offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines beschichteten inerten Trägers mit einem calzinierten Copräzipitat, wobei das Copräzipitat aus einer Mischung aus Antimontrioxid, Ammoniummetavanadat, Titandioxid, Montmorillonit und pyrogenem Siliciumdioxid besteht und eine Partikelgrößenverteilung von 1 bis 20µm für 90% der Teilchen mit einem Maximum bei 15µm aufweist. Dieses Ausgangsmaterial wird in einer Mischung aus Wasser, Glucose und Pentaerythrit suspendiert und auf inerte Aluminiumsilikat-Kugeln aufgebracht.
3.2.1 Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Druckschrift (4) ein Gemisch offenbart, in welchem die Vanadiumverbindung als diskrete Vanadiumoxid-Teilchen mit einer Partikelgrößenverteilung wie in Anspruch 1 des Streitpatentes beansprucht vorliegen, oder nicht.
3.2.2 Die Copräzipitation verschiedener Metalloxide und Metallverbindungen, wie in Beispiel 5 der Druckschrift (4) offenbart, schließt das zufällige Entstehen vereinzelter Vanadiumoxid-Partikel nicht aus. Dennoch würde der Fachmann aus der in Beispiel 5 angegebenen Herstellungsweise lediglich die Bildung von Mischoxiden entnehmen. Die in Druckschrift (4) angegebene Partikelgrößenverteilung bezieht sich nur auf das gesamte Ausgangsmaterial und kann daher nicht auf Vanadiumoxid-Teilchen übertragen werden. Über die Partikelgrößen der in den Mischoxiden vorliegenden Vanadiumoxid-Anteile trifft die Druckschrift (4) keine Aussagen.
Daher stellt die Kammer fest, dass die Druckschrift (4) das Vorliegen von Vanadiumoxid mit einer Partikelgrößenverteilung wie in Anspruch 1 des Streitpatentes beansprucht nicht offenbart.
3.3 Als technische Aufgabe formuliert das Streitpatent die Bereitstellung eines wirtschaftlichen Verfahrens im Sinne einer verbesserten Beschichtungseffizienz in Bezug auf Vanadiumoxid, zur Herstellung von Titandioxid und Vanadiumoxid enthaltenden Gasphasenkatalysatoren (siehe Streitpatent, Paragraph [0012]).
3.4 Als eine Lösung dieser Aufgabe bietet das Streitpatent das Verfahren gemäß des erteilten Anspruchs 1 an, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass man zur Beschichtung des inerten fluidisierten Trägers eine Suspension aus Titandioxid-Teilchen und Vanadiumoxid-Teilchen aufbringt, worin wenigstens 90 Vol.-% der Vanadiumoxid-Teilchen einen Durchmesser von 20µm oder weniger und wenigstens 95 Vol.-% der Vanadiumoxid-Teilchen einen Durchmesser von 30µm oder weniger aufweisen.
3.4.1 Dass die in Paragraph 3.3 supra genannte Aufgabe tatsächlich gelöst wird, ist zwischen den Parteien strittig.
3.4.2 So hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 2. Mai 2013 Vergleichsbeispiele eingereicht, um zu belegen, dass der in den Beispielen des Streitpatentes gezeigte Effekt nicht über den gesamten beanspruchten Bereich erreicht werde. Folglich sei als objektive Aufgabe lediglich die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung von Titandioxid und Vanadiumoxid enthaltenden Gasphasenkatalysatoren zu sehen.
3.4.3 In ihren Vergleichsbeispielen versuchte die Beschwerdeführerin das Verfahren des Streitpatentes nachzustellen, wobei sie Vanadiumoxid mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen einsetzte. Dabei verwendeten die Beispiele 9 bis 12 Vanadiumoxid-Teilchen mit einer Partikelgrößenverteilung entsprechend des Streitpatents, die Beispiele 1 bis 8 und 13 enthielten Vanadiumoxid-Teilchen mit einer Partikelgrößenverteilung größer als gemäß Streitpatent.
3.4.4 Die nach der Beschichtung auf den Steatitringen gefundenen tatsächlichen Mengen an Vanadiumoxid sind in der letzten Spalte der Tabelle 3 angegeben. Dabei wurde in allen Versuchen der Beschwerdeführerin eine Anreicherung von Vanadiumoxid in der Beschichtung gegenüber den Gehalten in der Ausgangssuspension festgestellt, wohingegen im Streitpatent stets eine Abreicherung von Vanadiumoxid in der Beschichtung festgestellt worden war. In den Beispielen 9 bis 11 wurden identische Mengen an Vanadiumoxidteilchen mit identischer Teilchengrößenverteilung eingesetzt. Die in der letzten Spalte der Tabelle 3 angegebenen Werte weichen jedoch stark voneinander ab. Die Beschwerdeführerin hat weder für die gefundene Anreicherung Erklärungen gegeben, noch für die starken Abweichungen der für identische Partikelgrößen gefundenen Ergebnisse.
3.4.5 Da die Ergebnisse der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Versuche Fragen aufwerfen, die von der Beschwerdeführerin nicht beantwortet wurden, sieht die Kammer diese Versuche nicht als stichhaltig an und erachtet sie als nicht geeignet, die im Streitpatent belegte Verbesserung zu widerlegen.
3.4.6 Folglich sieht die Kammer die in Paragraph 3.3 supra genannte technische Aufgabe als erfolgreich gelöst an.
3.5 Es bleibt nunmehr zu untersuchen, ob die im Streitpatent gewählte Lösung, nämlich die Verwendung von Vanadiumoxid-Teilchen, worin wenigstens 90 Vol.-% der Vanadiumoxid-Teilchen einen Durchmesser von 20µm oder weniger und wenigstens 95 Vol.-% der Vanadiumoxid-Teilchen einen Durchmesser von 30µm oder weniger aufweisen, im Stand der Technik nahegelegen hat.
3.6 Die von der Beschwerdeführerin herangezogene Druckschrift (11) lehrt lediglich, dass zur Beschichtung von Gasphasenkatalysatoren eine Mischung eingesetzt werden kann, die neben Vanadiumoxid auch Titandioxid enthalten kann (siehe Seite 1, Zeile 37 bis Seite 2, Zeile 4). Sie enthält keinen Hinweis darauf, dass durch Auswahl der im Streitpatent definierten Partikelgröße für die Vanadiumoxid-Teilchen eine bessere Beschichtungseffizienz in Bezug auf Vanadiumoxid erreicht werden kann.
3.7 Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer daher zu der Schlussfolgerung dass das Verfahren des Streitpatentes auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
4.1 Die Beschwerdeführerin hatte mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt, da die Einspruchsabteilung die Regeln der Beweislast fehlerhaft angewendet habe. Entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung hätte die Patentinhaberin belegen müssen, dass der im Streitpatent in nur zwei Beispielen gezeigte Effekt über den gesamten beanspruchten Bereich auftrete.
4.2 Die in einem erteilten Patent gestellte Aufgabe gilt als durch die beanspruchte Erfindung glaubhaft gelöst, wenn kein Grund zu einer gegenteiligen Annahme besteht. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern reicht es in einem Einspruchs(beschwerde)verfahren nicht aus, wenn der Einsprechende ein erteiltes Patent mit einer nicht belegten Behauptung angreift. Unter diesen Umständen ist der Einsprechende für seine Behauptung beweispflichtig oder muss zumindest Beweise vorlegen, die Zweifel am Erfolg der Lösung der Aufgabe aufkommen lassen (siehe T 1797/09, Entscheidungsgründe Punkt 2.7).
4.3 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin während des Einspruchsverfahrens vorgetragen, dass die im Streitpatent aufgeführten Versuche nicht ausreichten, um eine Verbesserung über den gesamten beanspruchten Bereich zu belegen. Sie hat dafür jedoch im Einspruchsverfahren keine Beweise vorgelegt, die diese Behauptung stützen konnten.
4.4 Daher ist die Kammer der Auffassung, dass die Regeln zur Beweislast im Einspruchsverfahren nicht fehlerhaft angewendet wurden und kein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt.
4.5 Regel 103 EPÜ verlangt im übrigen als Voraussetzung der Rückzahlung, dass der Beschwerde stattgegeben wird. Da jedoch der Antrag der Beschwerdeführerin auf Widerruf des Patentes zurückgewiesen werden muss, ist auch diese Voraussetzung für eine Rückerstattung der Beschwerdegebühr nicht gegeben.
4.6 Die Kammer entscheidet daher, die Beschwerdegebühr nicht zurückzuerstatten.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.