European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T031113.20190228 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 Februar 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0311/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02405104.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02H 7/26 H02H 1/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Empfang von digital codierten Schutzsignalen in einem Fernauslösegerät | ||||||||
Name des Anmelders: | ABB Schweiz AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Siemens Aktiengesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 8 - nicht vom Umfang der Beschwerde umfasst Spät eingereichte Hilfsanträge 10 bis 13 Spät eingereichte Hilfsanträge - divergierende Anspruchsfassungen Neuheit - Hilfsantrag 9 (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 335 467 widerrufen worden ist.
Die Einspruchsabteilung war zu dem Schluss gelangt, dass Anspruch 1 des Patents gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 (JP 5 014442 A ) nicht neu ist. Dabei hat die Einspruchsabteilung auf eine computergenerierte Übersetzung des Dokuments D1 (D1t) zurückgegriffen. Beide Dokumente D1 und D1t sind auch für die Entscheidung der Kammer relevant.
II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit Schreiben vom 20. April 2018 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 11, oder eines der mit Schreiben vom 25. Januar 2019 eingereichten Hilfsanträge 12 und 13 aufrecht zu erhalten.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. In einer Mitteilung nach Regel 100 (2) EPÜ hatte die Kammer darauf hingewiesen, dass aufgrund der mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 20. Mai 2016 eingereichten Anträge einerseits die Antragslage unklar sei und andererseits bei der Abfassung geänderter Anträge darauf zu achten sei, dass diese nicht über den Umfang der Beschwerde hinausgingen.
V. Mit Schreiben vom 20. April 2018 reichte die Beschwerdeführerin die bereits mit Schreiben vom 20. Mai 2016 eingereichten Anträge erneut ein und behauptete, die Antragslage sei klar.
VI. In einer gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK hatte die Kammer mitgeteilt, dass aller Voraussicht nach der Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 1 bis 8 über den Umfang der Beschwerde hinausgingen und die Hilfsanträge 10 und 11 prima facie neue Probleme aufwerfen würden. Folglich tendiere die Kammer dazu, den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 8 sowie 10 und 11 nicht in das Verfahren zuzulassen. Darüber hinaus scheine der Gegenstand des Hilfsantrags 9 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 nicht neu zu sein.
VII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 28. Februar 2019 statt.
VIII. Der unabhängige Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 9 lautet:
"Verfahren zum Empfang von digital codierten Schutzsignalen in einem Fernauslösegerät für einen Distanzschutz in elektrischen Anlagen, in welchem eine Sequenz von digitalen Codewörtern auf einem Übertragungskanal empfangen wird und ein Schutzsignal als empfangen gilt, wenn in dieser Sequenz ein dem Schutzsignal entsprechender Code innerhalb eines Zeitfensters vorgegebener Länge eine Anzahl n mal detektiert wurde, dadurch gekennzeichnet,
dass im Fernauslösegerät die Anzahl n nach Massgabe [sic] einer Schätzung eines aktuellen Masses [sic] für eine Störung des Übertragungskanals bestimmt wird."
Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 6 betrifft ein entsprechendes Fernauslösegerät
IX. In den unabhängigen Ansprüchen des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 8 ist im Kennzeichen jeweils das Merkmal "im Fernauslösegerät" gestrichen worden.
X. Im unabhängigen Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 sind die Schutzsignale als "Schutzsignale elektrischer Anlagen" spezifiziert und die Zweckangabe "für einen Distanzschutz elektrischer Anlagen" ist gestrichen worden.
XI. In den unabhängigen Ansprüchen 1 und 6 des Hilfsantrags 11 sind die Schutzsignale in Distanzschutzsignale umbenannt worden.
XII. In den unabhängigen Ansprüchen 1 und 4 des Hilfsantrags 12 sind die Distanzschutzsignale wieder in Schutzsignale umbenannt worden. Im unabhängigen Vorrichtungsanspruch 4 des Hilfsantrags 12 ist abweichend vom unabhängigen Verfahrensanspruch 1 die Anzahl n zusätzlich als abhängig von Bitfehlern im detektierten Code definiert.
XIII. Im unabhängigen Vorrichtungsanspruch des Hilfsantrags 13 wurde die zusätzliche Abhängigkeit der Anzahl n von Bitfehlern im detektierten Code wieder gestrichen.
XIV. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 8 seien zuzulassen. Zwar fehle in diesen Anträgen im Vergleich zu dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Antrag ein Merkmal. Sämtliche hinsichtlich der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumente, insbesondere bezüglich des Dokuments D1, seien jedoch identisch, sodass durch den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 8 kein neuer Fall eröffnet werde. Bereits in der Beschwerdebegründung sei die Einreichung weiterer Anträge angekündigt worden.
Die in den Hilfsanträgen 10 und 11 weggelassene Zweckangabe bezüglich Distanzschutz verstoße nicht gegen Artikel 123 (2) oder (3) EPÜ. Die Änderung sei ursprünglich auf Seite 2, Zeilen 11 und 12 der A1-Schrift (EP 1 335 467 A1) offenbart. Mit dem Merkmal Distanzschutzsignale würde inhärent die Eignung für den Distanzschutz mitbeansprucht. Der Hilfsantrag 12 beruhe auf einem bona fide Versuch die gegen den Hilfsantrag 7 erhobenen Einwände zu überwinden. Der Hilfsantrag 13 bestehe aus einer Kombination der Ansprüche 6 und 7 des Hilfsantrags 9 und sei somit konvergent.
Das Merkmal "Schutzsignale elektrischer Anlagen" in den Hilfsanträgen 10 und 11 sei unabhängig von den in der Beschreibung genannten Hoch- und Mittelspannungsnetzen und -anlagen offenbart.
Das Dokument D1 offenbare keine Eignung für den Distanzschutz elektrischer Anlagen. Aus D1 seien weder Schutzrelais bekannt, noch die mit Schutzrelais verbundenen Anforderungen an die Anlagensicherheit, wie Fehlerraten und Verzögerungszeiten. Insofern sei das in D1 gezeigte Gerät nicht für den Distanzschutz geeignet. Darüber hinaus sei der Begriff Relais nicht eindeutig. Das Dokument D1 enthalte auch keine Angaben zu dem beanspruchten Zeitfenster vorgegebener Länge. Dabei ergebe sich das Zeitfenster auch nicht inhärent aus D1. In D1 werde lediglich die Anzahl n aufeinanderfolgender Signale gezählt. Absatz [0004] des Dokuments D1 offenbare, dass mit zunehmender Anzahl n mehr Zeit erforderlich sei und spreche dagegen, dass Dokument D1 ein Zeitfenster offenbare. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 9 sei daher neu.
XV. Die für das Verfahren relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die von der Beschwerdeführerin zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 8 vorgebrachten Argumente seien unerheblich, da sie von vornherein unzulässige Anträge beträfen.
Der Hilfsantrag 10 verstoße prima facie gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Der Bezug zum Distanzschutz sei sowohl in dem Merkmal Schutzsignal elektrischer Anlagen wie auch im Merkmal Fernauslösergerät entfernt worden. Ausweislich Seite 2, Zeilen 11 und 12 der A1-Schrift betreffe die Erfindung den Distanzschutz in elektrischen Hoch-und Mittelspannungsnetzen sowie -anlagen. Allgemeine elektrische Anlagen, wie in den unabhängigen Ansprüchen des Hilfsantrags 10 beansprucht, stellten demgegenüber eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar. Für den Hilfsantrag 11 gelte dies entsprechend, wobei zusätzlich keine ursprüngliche Offenbarung für die in Hilfsantrag 11 beanspruchten Distanzschutzsignale vorliege.
Die Hilfsanträge 12 und 13 widersprächen der Verfahrensökonomie. Sie hätten spätestens gemeinsam mit der Beschwerdebegründung eingereicht werden sollen.
Die strittigen Merkmale des Anspruchs 1 seien ebenfalls in Dokument D1 offenbart. Laut dem mit Schriftsatz vom 31. Juli 2013 eingereichten Wörterbuchauszug seien Relais durchaus auch Schaltschütze. Der Fachmann ordne Dokument D1 aufgrund der Tatsache, dass Relais auch Schaltschütze sein können sowie aufgrund der Ausdrücke "control signal" und "protection" in D1 ohne Problem dem Fachgebiet der Sicherheitstechnik zu. Darüber hinaus sei im Absatz [0003] des Dokuments D1 offenbart, dass das Schutzsignal n aufeinanderfolgende Male empfangen werden muss. Diese Aussage mache technisch nur Sinn, wenn der Empfang von aufeinanderfolgenden Signalen mit einem Zeitfenster korreliert würde. Anderenfalls könne das aus D1 bekannte Gerät nicht funktionieren. Außerdem umfasse die technische Lehre des Anspruchs 1 überhaupt keine Schutzwirkung. Auch der Absatz [0004] des Dokuments D1 spreche nicht gegen ein in der Lehre des Dokuments D1 vorgesehenes Zeitfenster. Es sei selbstverständlich, dass bei erhöhtem Rauschen im Übertragungskanal eine höhere Anzahl von aufeinanderfolgenden Schutzsignalen empfangen werden müsse, um die geforderte Sicherheit zu gewährleisten.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ist somit zulässig.
2. Zulässigkeit der nach Ablauf der Frist des Artikels 108 Satz 3 EPÜ eingereichten Anträge (Artikel 13 (1) VOBK)
2.1 Mit Schriftsatz vom 20. April 2018 hat die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 11 eingereicht. Die Gegenstände des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 8 gehen jedoch über den Umfang des einzigen mit der Beschwerdebegründung eingereichten Antrags hinaus, der als Grundlage des Beschwerdeverfahrens im Sinne des Artikel 12 (1) VOBK dient. In diesem Zusammenhang ist zudem zu bemerken, dass die Kammer bereits in ihrer Mitteilung unter Regel 100 (2) EPÜ vom 13. Februar 2018 darauf hingewiesen hat, dass bei der Abfassung geänderter Anträge darauf zu achten ist, dass diese nicht über den Umfang der Beschwerde hinausgehen.
In dem einzigen gemeinsam mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Antrag, der dem gültigen Hilfsantrag 9 entspricht, hatte die Beschwerdeführerin die Aufrechterhaltung in eingeschränktem Umfang beantragt. Insbesondere war in diesem Antrag spezifiziert, dass "im Fernauslösegerät die Anzahl n nach einer Schätzung eines aktuellen Masses für eine Störung des Übertragungskanals bestimmt wird". Das Teilmerkmal "im Fernauslösegerät" fehlt jedoch in den unabhängigen Ansprüchen des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 8. Daher gehen deren Gegenstände über den Umfang jenes mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchssatzes hinaus, der als Grundlage des Beschwerdeverfahrens im Sinne des Artikels 12 (1) VOBK dient, und stellen somit eine Änderung des Vorbringens dar, deren Zulassung im Ermessen der Kammer nach Artikel 13 (1) VOBK steht. Die von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Gründe für eine Zulassung der oben genannten Anträge erachtet die Kammer nicht als stichhaltig. Es ist zwar zutreffend, dass das Einreichen von Anspruchssätzen, die den Umfang des Schutzgegenstandes gegenüber den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchssätzen erweitern, nicht per se unzulässig ist, jedoch ändert dies nichts am Ermessen der Kammer, eine solche Änderung des Vorbringens unter Artikel 13 (1) VOBK nicht ins Verfahren zuzulassen. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung darauf hingewiesen hat, dass sie im Laufe des Verfahrens möglicherweise weitere Anträge stellen wird, ändert nichts an der Befugnis der Kammer, Anträge, die die Grundlage des Beschwerdeverfahrens ändern, nicht ins Verfahren zuzulassen. Nach Ansicht der Kammer bestehen keine stichhaltigen Gründe, weshalb der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 8 nicht bereits mit der Beschwerdebegründung hätten eingereicht werden können.
Die Kammer übte ihr Ermessen unter Artikel 13 (1) VOBK in der mündlichen Verhandlung daher dahingehend aus, den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 8 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
2.2 Im unabhängigen Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 10 wurde im Vergleich mit dem erteilten Patent der Aspekt weggelassen, dass das Verfahren für einen Distanzschutz in elektrischen Anlagen bestimmt ist. Die ursprüngliche Offenbarung betrifft jedoch ausschließlich den Distanzschutz. Eine derartige Änderung verstößt daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Zudem ist hierdurch auch der Schutzumfang erweitert worden, sodass der Hilfsantrag 10 auch gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstößt.
2.3 Dasselbe gilt sinngemäß für den Gegenstand des Hilfsantrags 11. Darüber hinaus wird im Hilfsantrag 11 das Merkmal "Distanzschutzsignal" eingeführt, für das es keine ursprüngliche Offenbarung gibt. Der Ausdruck "Distanzschutz" kommt in den ursprünglichen Unterlagen lediglich in Bezug auf das "Fernauslösegerät" vor. Der Bezug des Distanzschutzes auf das Fernauslösegerät kommt in den unabhängigen Ansprüchen des Hilfsantrags 11 jedoch nicht mehr vor. Der Hilfsantrag 11 verstößt somit ebenfalls gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
Prima facie werfen die Hilfsanträge 10 und 11 daher neue Probleme auf.
Zusätzlich konvergieren die Gegenstände der Hilfsanträge 10 und 11 aufgrund der darin durchgeführten Änderungen auch nicht mit den höherrangigen Anträgen.
2.4 Im Hilfsantrag 12 und 13 wurde das im Hilfsantrag 11 eingeführte Merkmal "Distanzschutzsignal" wieder gestrichen, sodass diese Anträge nicht mit dem höherrangigen Hilfsantrag 11 konvergieren. Darüber hinaus ist der Hilfsantrag 12 auch in sich nicht konvergent, da der Gegenstand des unabhängigen Vorrichtungsanspruchs 4 nicht an den geänderten Gegenstand des unabhängigen Verfahrensanspruchs 1 angepasst wurde. Laut Anspruch 1 ist die Anzahl n von der Bitfehlerrate im Übertragungskanal abhängig, wohingegen laut Anspruch 4 die Anzahl n zusätzlich von Bitfehlern im detektierten Code abhängt.
Die Beschwerdeführerin ist zwar der Ansicht, jedenfalls der Hilfsantrag 13 sei zuzulassen, da er konvergent zum einzigen in der Sache diskutierten Hilfsantrag 9 sei.
Die geforderte Konvergenz bei der Zulassung von geänderten Anträgen bedeutet jedoch nicht, dass lediglich gegenüber dem letztrangigen zulässigen Antrag Konvergenz bestehen muss. Vielmehr sind geänderte Anträge bezüglich sämtlicher höherrangiger Anträge auf Konvergenz zu prüfen. Würde Konvergenz nur zwischen dem zuletzt eingereichten Antrag und dem letztrangigen zulässigen Antrag bestehen müssen, hätte dies zur Folge, dass sich alle Parteien und die Kammer auf eine beliebige Vielzahl von in unterschiedliche Richtungen gehenden Gegenständen einstellen müssten. Dies würde jedoch dem Kriterium der Konvergenz der Anträge zugrundeliegenden Zweck der Verfahrensökonomie widersprechen.
Folglich übte die Kammer ihr Ermessen unter Artikel 13 (1) VOBK in der mündlichen Verhandlung dahingehend aus, die Hilfsanträge 10 bis 13 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
3. Hilfsantrag 9 (Artikel 54 (2) EPÜ)
3.1 Der Hilfsantrag 9 entspricht dem einzigen mit der Beschwerdebegründung eingereichten Antrag. Er lag außerdem der angefochtenen Entscheidung als Hilfsantrag 3 zugrunde und ist folglich zulässig.
3.2 Die Einspruchsabteilung war hinsichtlich des Gegenstands des jetzigen Hilfsantrags 9 zu der Auffassung gelangt, dass dieser gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 / D1t nicht neu ist. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Einschätzung der Einspruchsabteilung abzuweichen.
Auch die von der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Argumentation eingereichte beglaubigte Übersetzung der Absätze [0003] und [0004] des Dokuments D1 ändert daran nichts. Die beglaubigte Übersetzung bringt keine neue Beurteilung der Offenbarung des Dokuments D1 mit sich, da bereits aus der computergenerierten Übersetzung hervorgeht, dass die Codewörter aufeinanderfolgen müssen ("...are in agreement for N consecutive times...").
3.3 Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass das Dokument D1 auch die strittigen Merkmale offenbart. Das Dokument D1 offenbart ein Fernauslösegerät und ein Zeitfenster vorgegebener Länge. Auf die Frage, ob die "relay station" gemäß D1 ein Schutzrelais ist, kommt es bei der Prüfung der Neuheit des Anspruchs 1 nicht an, da in Anspruch 1 kein Schutzrelais beansprucht ist.
Gemäß den Absätzen [0002] und [0006] sowie Figur 1 werden in der Vorrichtung nach D1 Steuer- bzw. Schaltsignale 102 empfangen. Die D1 offenbarte Vorrichtung kann folglich als "Fernauslösegerät" im allgemeinen Sinn aufgefasst werden.
Das "Fernauslösegerät" ist in den unabhängigen Ansprüchen nur mittels einer Zweckangabe auf den Distanzschutz elektrischer Anlagen bezogen und weist keinerlei für den Distanzschutz spezifische Merkmale auf. Die angeblichen Eigenschaften von Schutzrelais, wie eine geforderte Fehlerrate und Reaktionszeit, findet im Anspruchswortlaut keinerlei Niederschlag, so dass diese Argumente der Beschwerdeführerin an der Sache vorbeigehen. Dem Fachmann ist allgemein bekannt, dass Relais für unterschiedliche Zwecke zum Einsatz kommen, sodass er, wie sich durch den von der Beschwerdegegnerin eingereichten Wörterbuchauszug ergibt, dem Ausdruck "relay station" jedenfalls auch die Bedeutung eines Schaltschütz beimisst.
Das Verfahren nach Anspruch 1 endet ferner bereits mit der Feststellung darüber, ob ein Schutzsignal als empfangen gilt. Welchen Inhalt das Signal hat, der es als Schutzsignal spezifiziert, gibt der Anspruch 1 nicht an. Weitere Maßnahmen sind laut Anspruch 1 nicht vorgesehen. In Hilfsantrag 9 wird somit überhaupt nicht angegeben, was das Schutzsignal ist und wozu ein als empfangen geltendes Schutzsignal verwendet wird. Daher kann es auch dahinstehen, was genau gemäß D1 mit dem entsprechenden Signal bewirkt wird.
Der Wortlaut des Anspruchs 1 umfasst auch den in D1 offenbarten Fall, dass sich zwischen den empfangenen Codewörtern keine Bitfehler befinden. Eine vorbestimmte Anzahl aufeinanderfolgenden Auftretens des erwarteten Codeworts impliziert folglich, eine fachübliche getaktete Übertragung vorausgesetzt, ein Zeitfenster. Außerdem könnte für die angestrebte Übertragungssicherheit ohne ein Zeitfenster aus einer vorbestimmten Anzahl von aufeinander empfangenen Codewörtern keine Aussage über die Übertragungsqualität getroffen werden. Auch die Aussage in Absatz [0004] des Dokuments D1 kann das inhärente Vorhandensein eines Zeitfensters nicht in Frage stellen.
Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 ist.
4. Da kein gewährbarer Antrag der Beschwerdeführerin vorliegt, gibt die Kammer dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückweisung der Beschwerde statt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.