T 0255/13 () of 5.10.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T025513.20161005
Datum der Entscheidung: 05 October 2016
Aktenzeichen: T 0255/13
Anmeldenummer: 00100535.4
IPC-Klasse: B05B 1/18
B05B 1/34
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Brausekopf
Name des Anmelders: Hansgrohe AG
Name des Einsprechenden: Grohe AG
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 54(2)
Schlagwörter: Neuheit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 1 020 230 Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegenstünden.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte in ihrer Beschwerdebegründung die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte in ihrer Beschwerdeerwiderung die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

VI. In ihrem Ladungsbescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK, welcher der Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 28. Oktober 2016 beigefügt war, teilte die Kammer den Parteien unter den Punkten 2.1 bis 2.3 dieser Mitteilung ihre Auslegung der Begriffe des Anspruchs 1 "Strahlglättungsmittel", "angeformt" und "einzeln getrenntes Einsatzteil" mit. Unter den Punkten 3.3.1 bis 3.3.4 desselben Bescheids begründete die Kammer, warum ihrer Meinung nach der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber der Offenbarung der E4 (DE 44 04 966 A) sei.

VII. Mit Fax vom 15. September 2016 teilte die Beschwerdegegnerin der Kammer mit, dass sie den Termin der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2016 nicht wahrnehmen werde.

VIII. In Anbetracht der o.g. Lage hob die Kammer den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung auf und entschied die vorliegende Angelegenheit im schriftlichen Verfahren.

IX. Der unabhängige Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"1. Brausekopf, mit

1.1 einer Strahlscheibe (1),

1.2 einer Vielzahl von Strahlenaustrittsöffnungen (3), sowie mit

1.3 einem Strahlglättungsmittel, das

1.3.1 den Querschnitt mindestens einer Strahlaustrittsöffnung (3) unterteilt,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.4 das Strahlglättungsmittel für alle Strahlaustrittsöffnungen (3) an einem einzelnen getrennten Einsatzteil (6) angeformt ist".

Entscheidungsgründe

1. Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung

1.1 Die Beschwerdegegnerin beantragte in ihrer Beschwerdeerwiderung hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Nachdem die Kammer daraufhin die Parteien mit ihrer Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 28. Oktober 2016 geladen hatte, teilte die Beschwerdegegnerin mit ihrem Fax vom 15. September 2016 der Kammer mit, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

1.2 Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016, III.C.2.3.1, wird die Erklärung einer Partei, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt hat, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, als Rücknahme des diesbezüglichen Antrags dieser Partei behandelt.

Die Kammer konnte somit den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufheben und die vorliegende Angelegenheit im schriftlichen Verfahren entscheiden, ohne das Recht der Beschwerdegegnerin auf rechtliches Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ zu verletzen.

2. Anspruch 1 - Neuheit, Artikel 52 und 54 (2) EPÜ

2.1 Unter den Punkten 2.1 bis 2.3 ihres Ladungsbescheids teilte die Kammer den Parteien folgende Auslegung der Begriffe des Anspruchs 1 "Strahlglättungsmittel", "angeformt" und "einzeln getrenntes Einsatzteil" mit:

2.2 "2.1 "Strahlglättungsmittel"

Die Kammer ist der vorläufigen Meinung, den Vortrag unter Punkt I.a der Beschwerdebegründung folgend, dass unter Berücksichtigung der Erläuterungen in Absatz [0001] der Streitpatentschrift, der Begriff "Strahlglättungsmittel" von dem Fachmann so verstanden wird, dass ggf. im Innenraum des Brausekopfs entstehende Turbulenzen bzw. Queranströmungen hin zur Austrittsöffnung reduziert werden und damit das Wasser mit einer größeren axialen Strömungskomponente der Strahlaustrittsöffnung zugeführt wird.

Betreffend die von der Einspruchsabteilung unter Punkt 3.2 ihrer Entscheidung angegebenen Definition der "Strahlglättungsmittel", als jedes Mittel, "dass dahingehend Einfluss auf die Form eines Strahls nimmt, dass diese ohne wesentliche Änderungen der Oberfläche, des Querschnitts oder der Ausbreitungsrichtung beibehalten wird", ist die Kammer der vorläufigen Meinung, dass in der Streitpatentschrift keine Basis für ein solche Definition zu finden ist. Bei dieser Auslegung bleibt unklar, was z.B. der Begriff "ohne wesentliche Änderung" bedeuten soll. Wie groß darf z.B. die Verkleinerung oder evtl. Vergrößerung des Strahlquerschnitts sein, um noch als nicht wesentliche Änderung betrachtet zu werden.

2.2 "angeformt"

Die Kammer ist der vorläufigen Meinung, dem Vortrag unter Punkt I.b der Beschwerdebegründung folgend, dass gemäß dem Begriff "angeformt" Einzelbauteile während deren Herstellung zu einem übergeordneten Bauteil zusammengefügt sind, wobei völlig offen gelassen wird, ob hierbei eine Formänderung der Einzelbauteile erforderlich ist oder nicht.

2.3 "einzeln getrenntes Einsatzteil"

Die Kammer ist der vorläufigen Meinung, dem Vortrag unter Punkt I.c der Beschwerdebegründung folgend, dass durch den Begriff "einzeln getrenntes Einsatzteil" nichts anderes zum Ausdruck gebracht wird, als dass ein Einsatzteil vorliegen soll, das alle Strahlglättungsmittel für die Strahlaustrittsöffnungen (in einer Baueinheit) umfasst und von anderen Bauteilen des Brausekopfs getrennt ist. Zu diesen Bauteilen gehört nicht die Strahlscheibe, denn die Strahlglättungsmittel können nach Anspruch 8 daran angeformt sein".

2.3 Basierend auf ihrer o.g. Auslegung teilte die Kammer den Parteien unter den Punkten 3.3.1 bis 3.3.4 desselben Bescheids, zur Frage der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber dem aus E4 bekannten Brausekopf, Folgendes mit:

2.4 "3.3.1 Die Kammer ist der vorläufigen Meinung, dass ein Brausekopf mit einem Bodenteil gemäß den Figuren 12 und 13 der E4 folgende Merkmale des Anspruchs 1 aufweist:

"1. Brausekopf,

1.1 mit einer Strahlscheibe 8,

1.2 einer Vielzahl von Strahlenaustrittsöffnungen 9, sowie mit

1.3 einem Strahlglättungsmittel 3, 11, das

1.3.1 den Querschnitt mindestens einer Strahlaustrittsöffnung 9 unterteilt, dadurch gekennzeichnet, dass

1.4 das Strahlglättungsmittel für alle Strahlaustrittsöffnungen 9 an einem einzelnen getrennten Einsatzteil (Bodenteil) 1 angeformt ist".

3.3.1 Zum o.g. Merkmal 1.3 merkt die Kammer an, dass durch den Einsatz des Vorsprungs 3, der mittels vier Stege mit dem Zapfen 11 verbunden ist, bewirkt wird, dass ggf. im Innenraum des Brausekopfs entstehende Turbulenzen bzw. Queranströmungen hin zur Austrittsöffnung reduziert werden und damit das Wasser mit einer größeren axialen Strömungskomponente der Strahlaustrittsöffnung zugeführt wird. Die Vorsprünge 3, bzw. Zapfen 11 können somit als "Strahlglättungsmittel" im Sinne der Streitpatentschrift betrachtet werden. Dies dürfte auch durch die Aussage der Beschwerdegegnerin auf Seite 6, zweiter Absatz in der Beschwerdeerwiderung bestätigt sein, wo es um ähnlich geformte Mittel 23 in Figur 24a der E1 geht.

3.3.3 Zum o.g. Merkmal 1.3.1 merkt die Kammer an, dass durch den Einsatz der Vorsprünge 3, bzw. Zapfen 11 in die jeweilige Strahlaustrittsöffnung 9 eine Unterteilung der jeweiligen Strahlaustrittsöffnung 9 statt zu finden scheint. Dabei weist ein zentraler Abschnitt der Strahlaustrittsöffnung 9 einen Vorsprung 3 und ein ringförmiger peripherer Abschnitt der Strahlaustrittsöffnung 9 einen Zapfen 11 auf. Ein mittlerer, ringförmiger Abschnitt der Strahlaustrittsöffnung 9 und der äußere, zwischen der Außenseite 4 des Bodenteils 1 und der Außenseite 10 des Trägerteils 8 sich erstreckende, ringförmige Abschnitt der Strahlaustrittsöffnung 9 sind dabei materialfrei.

3.3.4 Aus den o.g. Gründen scheint der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber der Offenbarung der E4 zu sein".

2.5 Die Beschwerdegegnerin hat zu dieser vorläufigen Meinung der Kammer im Rahmen des ihr gewährten rechtlichen Gehörs während des bisherigen schriftlichen Verfahrens keine Stellung genommen, bzw. dieser nicht widersprochen.

2.6 Die Kammer hält auch nach nochmaliger Würdigung der Sach- und Rechtslage an ihrer in dem o.g. Bescheid geäußerten Auffassung fest und kommt zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem aus E4 bekannten Brausekopf nicht neu ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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