T 0203/13 () of 6.6.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T020313.20180606
Datum der Entscheidung: 06 Juni 2018
Aktenzeichen: T 0203/13
Anmeldenummer: 05804634.3
IPC-Klasse: H04N 5/335
H04N 5/225
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kameraanordnung mit Bildsensorabdichtung gegen Umwelteinflüsse
Name des Anmelders: Robert Bosch GmbH
Name des Einsprechenden: Leopold Kostal GmbH & Co. KG
Kammer: 3.5.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag, 2., 6. und 7. Hilfsantrag (nein)
Änderungen - unzulässige Erweiterung, 1. und 3. Hilfsantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent Nr. EP 1 897 365 B1 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem fünften Hilfsantrag den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genügt.

II. In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zum Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 2 und 4 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ) und die Hilfsanträge 1 und 3 nicht zuzulassen seien (Regel 80 bzw. Regel 116 EPÜ). Der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 5 sei aber neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Die Entscheidung stützt sich auf das folgende Dokument als nächstliegenden Stand der Technik:

D2: DE 103 44 760 A1.

III. Die Patentinhaberin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung reichte sie Patentansprüche gemäß einem Hauptantrag und acht Hilfsanträgen ein.

IV. Die Einsprechende/Beschwerdegegnerin beantragte mit Schreiben vom 30. September 2013 die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Die Kammer versandte eine Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK, in welcher sie den Parteien das vorläufige Ergebnis ihrer Prüfung der Beschwerde mitteilte.

VI. Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2018 brachte die Beschwerdeführerin zusätzliche Argumente vor und erklärte, dass sie hilfsweise die Aufrechterhaltung in dem Umfang beantrage, in dem die Einspruchsabteilung die Aufrechterhaltung beschlossen hat.

VII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 6. Juni 2018 statt.

Die Beschwerdeführerin nahm die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 3, 4, 5 und 8 zurück und reichte geänderte Ansprüche 1 bis 19 gemäß einem neuen Hilfsantrag 3 ein.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent mit den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Patentansprüchen gemäß dem Hauptantrag aufrechtzuerhalten, es hilfsweise mit den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Patentansprüchen gemäß einem der Hilfsanträge 1 oder 2 aufrechtzuerhalten, es hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2018 eingereichten Patentansprüchen gemäß neuem Hilfsantrag 3 aufrechtzuerhalten, oder es hilfsweise mit den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Patentansprüchen gemäß einem der Hilfsanträge 6 oder 7 aufrechtzuerhalten. Sollte keiner der vorstehenden Anträge gewährbar sein, so sollte das europäische Patent in der Fassung aufrechterhalten werden, die von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung als den Erfordernissen des EPÜ genügend angesehen wurde.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag der Beschwerdeführerin lautet: "Kameraanordnung (110) mit einem Außengehäuse (120; 142) und einem auf einem Elektronikträger (114) aufgebrachten Bildsensor (112), wobei das Außengehäuse (120; 142) einen Optikabschnitt (122) mit mindestens einer in den Optikabschnitt (122) eingebrachten Bildgebungsoptik (126) aufweist, wobei der Optikabschnitt (122) mediendicht gegen den Elektronikträger (114) abdichtet, wobei ein den Bildsensor (112) aufnehmender, mediendichter Sensorraum (140) ausgebildet ist, wobei die Abdichtung des Optikabschnitts (122) gegen den Elektronikträger (114) klebstofffrei erfolgt." IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags im ersten Merkmal, das wie folgt modifiziert wurde (Streichungen bzw. Hinzufügungen werden im Folgenden für alle Hilfsanträge durch Durchstreichen bzw. Fettdruck angezeigt):| "Kameraanordnung (110) mit einem Außengehäuse (120; 142) und einem direkt auf einem Elektronikträger (114) aufgebrachten Bildsensor (112) ... ". X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass seine abschließenden Merkmale wie folgt lauten: |

"... [deleted: wobei die Abdichtung des Optikabschnitts (122) gegen den Elektronikträger][deleted: ][deleted: (114) klebstofffrei erfolgt] mit mindestens einem Optikdichtungselement (130) zur Abdichtung zwischen dem Optikabschnitt (122) und der in den Optikabschnitt (122) eingebrachten Bildgebungsoptik (126), wobei das mindestens eine Optikdichtungselement (130) die Bildgebungsoptik (126) relativ zum Bildsensor (112) fixiert."

XI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 mit dem folgenden zusätzlichen Merkmal:

"..., wobei das Optikdichtungselement (130) auch als Justageelement dient."

XII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags in seinem letzten Merkmal, das wie folgt modifiziert wurde:

"... [deleted: wobei die Abdichtung des Optikabschnitts (122) gegen den Elektronikträger][deleted: ][deleted: (114) klebstofffrei erfolgt], mit mindestens einem Anpresselement (220), wobei das mindestens eine Anpresselement (220) auf der rückseitigen, der mindestens einen Bildgebungsoptik (126) abgewandten Seite (212) des Elektronikträgers (114) angeordnet ist und wobei das mindestens eine Anpresselement (220) derart mit dem Außengehäuse (120; 142) verbunden ist, dass das mindestens eine Anpresselement (220) rückseitig gegen den Elektronikträger (114) gepresst wird."

XIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 mit dem folgenden zusätzlichen Merkmal:

"..., wobei das mindestens eine Anpresselement (220) über mindestens eine Schraube (230) und/oder mindestens einen Stift (242), insbesondere einen Gewindestift, mit dem Außengehäuse (120; 142) verbunden ist, wobei die mindestens eine Schraube (230) und/oder der mindestens eine Stift (242) den Elektronikträger (114) durchdringt."

XIV. Die Argumente der Beschwerdeführerin - soweit sie für die Entscheidung wesentlich sind - lauten zusammengefasst wie folgt:

Hinsichtlich der Frage der erfinderischen Tätigkeit betreffend den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag argumentierte die Beschwerdeführerin, dass D2 nicht die folgenden Merkmale des Anspruchs 1 offenbare:

(1) dass ein den Bildsensor (112) aufnehmender, mediendichter Sensorraum (12) ausgebildet ist,

(2) dass der Optikabschnitt (122) mediendicht gegen den Elektronikträger (114) abdichtet und

(3) dass die Abdichtung des Optikabschnitts (122) gegen den Elektronikträger (114) klebstofffrei erfolgt.

D2 biete nur die Möglichkeit, ein hermetisch abgedichtetes Modul zu entwerfen (siehe Beschwerdebegründung, Seite 4, erster mehrzeiliger Absatz). Das Modul der D2 sei daher noch nicht hermetisch abgedichtet. In der D2 sei der mediendichte Sensorraum zwischen dem Halbleiterelement 12, dessen Gehäuse 13 und der Stützlinse 16 ausgebildet. Es bestünde daher überhaupt keine Notwendigkeit einer mediendichten Abdichtung zwischen dem Linsenhalter 14 und dem Schaltungsträger 10. Außerdem handele es sich bei dem schraffierten Element zwischen dem Linsenhalter 14 und dem Schaltungsträger 10 nicht um eine mediendichte Abdichtung in Form eines O-Rings sondern um eine Abstützung, da der Fachmann für einen O-Ring eine Nut zur Führung vorsehen würde (siehe auch Streitpatent, Figur 1, Nut über dem Sensordichtungselement 134).

Zudem argumentierte die Beschwerdeführerin, dass es sich bei dem Bildsensor des angegriffenen Patents um einen "ungehäusten Bildsensor" handele, während der Sensor der D2 ein gehäuster Sensor sei. Beim Einsatz eines ungehäusten Sensors ergäben sich Vorteile bezüglich Herstellungstoleranzen. Außerdem könnte nach der Erfindung auf eine (zusätzliche) Abdichtung des Bildgebungsmoduls verzichtet werden. Zur Stützung ihrer Argumentation verwies die Beschwerdeführerin auf die Figuren 1 bis 7 und 9 der Patentschrift.

Durch die klebstofffreie Abdichtung würde eine Kontamination des Bildsensors verhindert. Die technische Aufgabe wäre daher, eine Kameraanordnung bereitzustellen, welche die Vorteile eines ungehäusten Bildsensors bereitstelle und gleichzeitig eine möglichst fehlerfreie Herstellung sowie eine lange Lebensdauer der Kameraanordnung ermögliche. D2 würde in Anbetracht dieser Aufgabe nicht den nächsten Stand der Technik bilden, da aus D2 nicht entnommen werden könne, wie konkret ein mediendichtes Gehäuse entworfen werden könne (siehe Beschwerdebegründung, Seite 2, letzter Absatz und Punkt 4.5 beginnend auf Seite 6 sowie Schreiben vom 2. Mai 2018, Seiten 2 bis 4).

Hinsichtlich des Merkmals eines "direkt" auf dem Elektronikträger aufgebrachten Bildsensors in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 argumentierte die Beschwerdeführerin, dass damit der Unterschied zur D2 verdeutlicht werden solle, dass es sich im Streitpatent um einen ungehäusten Bildsensor handele, während die D2 einen gehäusten Bildsensor zeige. Das Merkmal werde im Streitpatent, Absatz [0026], zweiter Satz und in den Absätzen [0006] und [0010] bzw. in den entsprechenden Passagen der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart. Außerdem gehe es aus den Figuren 1 bis 7 und 9 hervor.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 verdeutliche, dass das Optikdichtungselement eine Doppelfunktion als Dichtung und zum Fixieren relativ zum Bildsensor übernähme. Im Unterschied zum beanspruchten Gegenstand würden die Komponenten 15a und 15b des Halteelements in D2 die Bildgebungsoptik relativ zum Optikabschnitt, aber nicht zum Bildsensor, abdichten und fixieren. Der Begriff "fixieren" sei so zu verstehen, dass eine Justagemöglichkeit von der Bildgebungsoptik zu dem Bildsensor gegeben sein sollte.

Die weitere Funktion des Optikdichtungselement als Justageelement - wie in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 spezifiziert - sei in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen und in entsprechenden Absätzen des Streitpatent offenbart (siehe Absätze [0022] und [0029] des Streitpatents).

Das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 spezifizierte Anpresselement löse das Problem, eine Verbiegung des Elektronikträgers zu vermeiden. Dieses Problem werde in D2 nicht angesprochen. Die Schraubverbindungen der D2 erfüllten nicht diese Grundidee eines Anpresselements im Sinne des Streitpatents, weshalb sie nicht als Anpresselemente angesehen werden könnten.

Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 würden die Elemente Anpresselement und Schraube, bzw. (Gewinde-)Stift klar als separate Komponenten spezifiziert. Damit sei eine Interpretation der Schraubverbindung 23 der D2 als Anpresselement ausgeschlossen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die vorliegende Erfindung betrifft eine Kameraanordnung mit einer Bildsensorabdichtung gegen Umwelteinflüsse wie z.B. Staub, Wasser und Ähnliches. Gemäß dem Streitpatent ist es aus dem Stand der Technik bekannt, ein separat abgedichtetes Bildgebungsmodul in ein Kameragehäuse einzubringen. Um die Herstellungskosten der Kameraanordnung zu verringern, wird eine Abdichtung des Optikabschnitts 122 des Außengehäuses gegen den Elektronikträger 114 vorgeschlagen, so dass ein mediendichter Sensorraum 140 entsteht. Außerdem wird der Einsatz von Klebstoffen vermieden, da für diese aufwändige Dosier- und Applikationsvorrichtungen erforderlich sind und zudem die Gefahr einer Kontamination empfindlicher optischer Bauteile mit Klebstoffen besteht (siehe Absätze [0001], [0006] bis [0008], [0012] des Streitpatents und Figur 1).

Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

3. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Druckschrift D2 eine Kameraanordnung (Figur 1) mit einem Außengehäuse (14, 15) und einem auf einem Elektronikträger (10) aufgebrachten Bildsensor (34) offenbart. Es ist auch unbestritten, dass das Außengehäuse (14, 15) einen Optikabschnitt (14) mit mindestens einer in den Optikabschnitt (14) eingebrachten Bildgebungsoptik (16, 18, 20) aufweist (siehe Punkt 4.3 der Beschwerdebegründung).

3.1 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (siehe Punkt XIV oben) zeigt die D2 jedoch nicht:

(1) dass ein den Bildsensor aufnehmender, mediendichter Sensorraum ausgebildet ist,

(2) dass der Optikabschnitt mediendicht gegen den Elektronikträger abdichtet und

(3) dass die Abdichtung des Optikabschnitts gegen den Elektronikträger klebstofffrei erfolgt.

3.2 Hinsichtlich Merkmal (1) stimmt die Kammer mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass durch die Kameraanordnung der D2 ein den Bildsensor aufnehmender, mediendichter Sensorraum realisiert wird (siehe Punkt 1.2 der Entscheidungsgründe). Ebenso wird Merkmal (2) in D2 offenbart, d.h. der Optikabschnitt wird mediendicht gegen den Elektronikträger abgedichtet (siehe D2, Absatz [0041] und Figur 1).

Hinsichtlich Merkmal (3) stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin zu, dass aus der D2 nicht zweifelsfrei auf das Vorhandensein einer klebstofffreien Abdichtung geschlossen werden kann. D2 offenbart zweifelsfrei weder das Vorhandensein noch das Fehlen einer klebstofffreien Abdichtung.

3.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass D2 nur die Möglichkeit biete, ein hermetisch abgedichtetes Modul zu entwerfen. Das Modul der D2 sei aber tatsächlich noch nicht hermetisch abgedichtet (Punkt XIV oben).

Die Kammer versteht Absatz [0041] der D2 jedoch so, dass das Ziel eines hermetisch abgedichteten Moduls durch die in D2 vorgeschlagenen Maßnahmen erreicht wird. Entsprechende Maßnahmen wie eine am Umfang der Linsen angeordnete "weiche Komponente zum Abdichten" und "eine dauerelastische Komponente" sind in D2 offenbart (siehe Absätze [0036] bis [0038] und Figur 1). Es ergibt sich auch implizit aus Absatz [0041] in Verbindung mit Figur 1, dass zur Erreichung des Ziels eines hermetisch abgedichteten Moduls das unbezeichnete Element zwischen Schaltungsträger 10 (der dem Elektronikträger 114 im Patentanspruch 1 entspricht) und Linsenhalter 14 (der dem Optikabschnitt im Patentanspruch 1 entspricht) eine weitere Abdichtung sein muss. Die Kammer kann sich auch nicht dem Argument der Beschwerdeführerin anschließen, dass in der D2 der mediendichte Sensorraum lediglich durch das gehäuste Halbleiterelement 12, dessen Gehäuse 13 und die Stützlinse 16 gebildet wird. Laut Absätzen [0016] und [0032] der D2 ist "am Gehäuse 13 des Halbleiterelements 12 wenigstens abschnittsweise eine Abstützung 13a ausgebildet". Da die Abstützung damit optional nur abschnittsweise in Kontakt mit der Stützlinse steht, ist sie offenbar nicht zwingend zum Abdichten gegen die Stützlinse vorgesehen.

Die Beschwerdeführerin argumentierte auch, dass es sich bei dem schraffierten Element zwischen dem Linsenhalter 14 und dem Schaltungsträger 10 nicht um eine mediendichte Abdichtung in Form eines O-Rings, sondern um eine Abstützung handeln würde, da der Fachmann für einen O-Ring eine Nut zur Führung vorsehen würde. Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, da eine Nut zur Führung eines O-Rings hilfreich, aber nicht notwendig ist. Vielmehr schließt sich die Kammer diesbezüglich der Meinung der Beschwerdegegnerin an, dass der mit technischen Zeichnungen vertraute Fachmann der Figur 1 der D2 die Funktion und Beschaffenheit des Dichtungselements in Art eines O-Rings entnehmen würde (siehe Erwiderung der Beschwerdegegnerin, Seite 3, dritter Absatz).

Zudem argumentiert die Beschwerdeführerin, dass es sich bei dem Bildsensor des angegriffenen Patents um einen "ungehäusten Bildsensor" handele, während der Sensor der D2 ein gehäuster Sensor sei. Eine derartige Beschränkung des Bildsensors ist Anspruch 1 jedoch nicht zu entnehmen und auch nicht durch die Beschreibung und die Zeichnungen des Streitpatents gestützt (siehe Figuren 1 bis 7 und 9 der Patentschrift und Punkt 4 unten).

3.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher nur durch Merkmal (3) (siehe Punkt 3.1 oben) von der Offenbarung der D2.

3.5 Das einzige Unterscheidungsmerkmal (3) hat den technischen Effekt, Kontamination des Bildsensors zu verhindern. Die Kammer akzeptiert den Teil der Formulierung der technische Aufgabe durch die Beschwerdeführerin, der sich auf Merkmal (3) bezieht (siehe Punkt XIV oben). D.h. das technische Problem liegt darin, eine Kameraanordnung bereitzustellen, welche eine möglichst fehlerfreie Herstellung sowie eine lange Lebensdauer der Kameraanordnung ermöglicht.

Da die D2 schon eine hermetisch abgedichtete Kameraanordnung zeigt, bei der ein Hinweis auf eine Abdichtung mittels Klebstoff fehlt, wird der Fachmann ausgehend von D2 keine Notwendigkeit sehen, eine der Abdichtungen mit Klebstoff auszuführen.

3.6 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die D2 nicht den nächsten Stand der Technik bildet, da aus D2 nicht entnommen werden kann, wie konkret ein mediendichtes Gehäuse entworfen werden kann. Wie oben ausgeführt, wird in der D2 jedoch ein hermetisch abgedichtetes Bildgebungsmodul realisiert (siehe Punkt 3.3 oben).

3.7 Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf D2.

Hilfsantrag 1 - Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

4. Gemäß Artikel 123(2) EPÜ darf das europäische Patent nicht in der Weise geändert werden, dass sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Das anwendbare Kriterium zur Beurteilung der Zulässigkeit von Änderungen der Offenbarung ist, dass Änderungen nur im Rahmen dessen erfolgen dürfen, was der Fachmann der Gesamtheit der die Offenbarung betreffenden Unterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens - objektiv und bezogen auf den Anmeldetag - unmittelbar und eindeutig entnehmen kann (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, 2016, Sektion II.E.1.2.1).

4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 enthält das zusätzliche Merkmal eines "direkt" auf dem Elektronikträger aufgebrachten Bildsensors (siehe Punkt IX oben).

4.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass damit der Unterschied zur D2 verdeutlicht werden solle, dass es sich im Streitpatent um einen ungehäusten Bildsensor handele, während die D2 einen gehäusten Bildsensor zeige.

Die Kammer hat Zweifel, ob das zusätzliche Merkmal eindeutig so zu verstehen ist, aber selbst wenn diese Interpretation des Worts "direkt" akzeptiert würde, wäre das Merkmal in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht offenbart.

Seitens der Beschwerdeführerin wurde nicht bestritten, dass das Merkmal eines "ungehäusten" Bildsensors oder auch eines "direkt" auf den Elektronikträger aufgebrachten Bildsensors nicht explizit in den Anmeldungsunterlagen erwähnt wird. Die Anmelderin argumentierte jedoch, dass das Merkmal im Streitpatent, Absatz [0026], zweiter Satz und in den Absätzen [0006] und [0010] offenbart werde (siehe auch entsprechende Passagen in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, Seite 8, Zeilen 7 und 8 sowie Seite 2, Zeilen 16 bis 21 und Seite 3, Zeilen 15 bis 25). Außerdem gehe das Merkmal aus den Figuren 1 bis 7 und 9 hervor.

Dieser Einschätzung stimmt die Kammer nicht zu. Absatz [0006] bezieht sich auf Druckschriften aus dem Stand der Technik und nicht auf die beanspruchte Kameraanordnung. Zudem ist dort nur von einem "Bildgebungssensor" die Rede, aber nicht von seiner Anordnung relativ zu einem Elektronikträger. Gemäß den Absätzen [0010] und [0026] sind der Bildsensor und weitere Bauelemente auf einem Elektronikträger aufgebracht. Es ist jedoch nicht angegeben, ob diese Bauelemente gehäust sind und wie sie auf dem Elektronikträger aufgebracht sind. Die Figuren 1 bis 7 und 9 zeigen einen Bildsensor in einem Gehäuse auf dem Elektronikträger. Bei dem Gehäuse könnte es sich um ein SOIC (small outline integrated circuit) Gehäuse handeln, womit auch die Zeichnungen keinen ungehäusten Sensor offenbaren.

4.3 Es folgt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mit den vorgenommenen Änderungen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Die vorgenommenen Änderungen verstoßen somit gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

Hilfsantrag 2 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

5. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält im Vergleich zum Hauptantrag das zusätzliche Merkmal "... mit mindestens einem Optikdichtungselement (130) zur Abdichtung zwischen dem Optikabschnitt (122) und der in den Optikabschnitt (122) eingebrachten Bildgebungsoptik (126), wobei das mindestens eine Optikdichtungselement (130) die Bildgebungsoptik (126) relativ zum Bildsensor (112) fixiert."

5.1 In der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten, dass die D2 ein Optikdichtungselement (15a und 15b) zur Abdichtung zwischen dem Optikabschnitt (14) und der in den Optikabschnitt eingebrachten Bildgebungsoptik (16, 18, 20) zeigt.

5.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte jedoch, dass das Optikdichtungselement des Streitpatents eine Doppelfunktion als Dichtung und zum Fixieren relativ zum Bildsensor übernähme. Im Unterschied zum beanspruchten Gegenstand würden die Komponenten 15a und 15b des Halteelements in D2 die Bildgebungsoptik relativ zum Optikabschnitt fixieren, aber nicht zum Bildsensor. Der Begriff "fixieren" sei so zu verstehen, dass eine Justagemöglichkeit von der Bildgebungsoptik zu dem Bildsensor gegeben sein sollte.

5.3 Die Kammer ist von diesen Argumenten nicht überzeugt.

Figur 1 und Absatz [0038] der D2 zeigen eine harte Komponente (15a) und eine dauerelastische Komponente (15b) eines Halteelements 15, welche die Linsenanordnung (16, 18, 20, 21) im Linsenhalter (14) haltern. Da sowohl der Linsenhalter als auch das gehäuste Halbleiterelement 12 am Schaltungsträger 10 fixiert sind, wird damit auch die Linsenanordnung (die der Bildgebungsoptik (126) im Anspruch 1 entspricht) relativ zum Halbleiterelement (das dem Bildsensor (112) im Anspruch 1 entspricht) fixiert (siehe Absatz [0035]). Eine Justagemöglichkeit ist weder explizit noch implizit Gegenstand des Anspruchs 1.

5.4 Damit beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Hilfsantrag 3 - Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

6. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 spezifiziert zusätzlich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, dass das Optikdichtungselement auch als Justageelement dient (siehe Punkt XI oben).

6.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass das Merkmal in den Absätzen [0022] und [0029] des Streitpatents (siehe auch entsprechende Passagen auf Seite 6, Zeilen 19 bis 29 und Seite 8, Zeile 31 bis Seite 9, Zeile 6 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen) offenbart sei.

6.2 Entsprechend Absatz [0029] kann das Optikdichtungselement 130 "auch [die Funktion] als Justageelement zur Fixierung der Bildgebungsoptik 126 übernehmen". Absatz [0022] beschreibt im Einzelnen, wie die Justage durchgeführt wird. Demnach erfolgt die Justage durch Einschrauben der Bildgebungsoptik in den Optikabschnitt. Die durch Verwendung des Optikdichtungselements bedingte Reibungskraft zwischen Bildgebungsoptik und Optikabschnitt ist konstruktiv so einstellbar, dass zur Justage ein geringfügig höheres Drehmoment auf die Bildgebungsoptik aufgebracht werden muss und eine zusätzliche Fixierung der Bildgebungsoptik entfallen kann. Demnach sind gemäß der ursprünglichen Offenbarung für die Justage der Bildgebungsoptik zusätzliche Komponenten neben dem Optikdichtungselement, wie bspw. die Verschraubung zwischen Bildgebungsoptik und Optikabschnitt erforderlich.

Es folgt, dass die Aufnahme des zusätzlichen isolierten Merkmals in den Anspruch 1 eine nicht unmittelbar und eindeutig entnehmbare (Zwischen-)Verallgemeinerung der Offenbarung der ursprünglich eingereichten Anmeldung darstellt.

6.3 Die vorgenommenen Änderungen verstoßen somit gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

Hilfsantrag 6 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

7. Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 definiert zusätzlich zu Anspruch 1 des Hauptantrags ein Anpresselement, welches auf der rückseitigen, der mindestens einen Bildgebungsoptik (126) abgewandten Seite (212) des Elektronikträgers (114) angeordnet ist und derart mit dem Außengehäuse (120; 142) verbunden ist, dass es rückseitig gegen den Elektronikträger (114) gepresst wird (siehe Punkt XII oben).

7.1 Gemäß der angefochtenen Entscheidung kann die in der D2 offenbarte Schraubverbindung (23) als Anpresselement im Sinne des Anspruchs 1 verstanden werden. Die Schraubverbindung ist derart mit dem Linsenhalter (14) verbunden, dass der Kopf der Schraubverbindung gegen den Schaltungsträger (10) gepresst wird. Hierbei stellt der Schraubenkopf das Anpresselement dar (siehe Entscheidungsgründe, Punkt 5.3).

7.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 spezifizierte Anpresselement das Problem löse, eine Verbiegung des Elektronikträgers zu vermeiden. Dieses Problem werde in D2 nicht angesprochen. Die Schraubverbindung der D2 erfülle nicht die Grundidee eines Anpresselements im Sinne des Streitpatents, weshalb sie nicht als Anpresselement angesehen werden könne.

Die Kammer stimmt der Einspruchsabteilung zu, welche in der angefochtenen Entscheidung bezüglich dieser Argumente befand, dass in Anspruch 1 keine konstruktiven Details enthalten sind, die eine Verbiegung ausschließen.

7.3 Zusammenfassend ist das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 aus der D2 bekannt. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Hilfsantrag 7 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

8. Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 definiert zusätzlich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 6, dass das mindestens eine Anpresselement (220) über mindestens eine Schraube (230) und/oder mindestens einen Stift (242), insbesondere einen Gewindestift, mit dem Außengehäuse (120; 142) verbunden ist, wobei die mindestens eine Schraube (230) und/oder der mindestens eine Stift (242) den Elektronikträger (114) durchdringt (siehe Punkt XIII oben).

8.1 Dieses zusätzliche Merkmal verdeutlicht nach Ansicht der Beschwerdeführerin, dass es sich bei den Elementen Anpresselement und Schraube, bzw. (Gewinde-)Stift um separate Komponenten handelt. Damit sei eine Interpretation der Schraubverbindung 23 der D2 als Anpresselement ausgeschlossen.

Die Kammer stimmt zwar zu, dass laut Anspruch 1 neben dem Anpresselement zusätzlich ein (Gewinde-)Stift oder eine Schraube vorhanden sein muss. Im Fall eines zusätzlichen Gewindestifts ist aber nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem Anpresselement um eine auf den Gewindestift aufgeschraubte Mutter handelt. Damit spezifiziert das zusätzliche Merkmal nur eine naheliegende Alternative zu einer Schraube. Wie in Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 sind zudem im vorliegenden Anspruch keine konstruktiven Details enthalten, die eine Verbiegung des Elektronikträgers ausschließen.

Des Weiteren zeigt D2, dass die dort zum Anpressen des Schaltungsträgers an den Linsenhalter vorgesehene Schraube den Schaltungsträger durchdringt.

8.2 Es folgt, dass das zusätzliche Merkmal im Kontext des Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit begründen kann. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Schlussfolgerung

9. Da keiner der Anträge der Beschwerdeführerin gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen. Damit verbleibt es bei der Entscheidung der Einspruchsabteilung.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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