European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T018113.20170602 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 Juni 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0181/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05807985.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61M 5/178 A61J 1/00 A61K 9/12 B01F 5/04 B01F 13/00 A61M 39/18 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zur Erzeugung eines medizinischen Schaums | ||||||||
Name des Anmelders: | Chemische Fabrik Kreussler & Co. GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | BTG International Limited | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag 2 (ja) Klarheit und Ausführbarkeit - Hilfsantrag 2 (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein), Hilfsantrag 2 (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Zwischenentscheidung über die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents Nr. 1 796 761 in geändertem Umfang ist am 22. November 2012 zur Post gegeben worden. In der Entscheidung befand die Einspruchsabteilung, dass der damalige Hilfsantrag 2 den Anforderungen des EPÜ genüge.
II. Die Einsprechende hat am 18. Januar 2013 gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr am gleichen Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde von der Einsprechenden am 2. April 2013 eingereicht.
III. Die Patentinhaberin hat am 1. Februar 2013 gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr am gleichen Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde von der Patentinhaberin am 28. März 2013 eingereicht.
IV. Die folgenden Dokumente sind für diese Entscheidung von Bedeutung:
O1: GB-A-2 369 996
O3: J-C. G. R. Wollmann, "The History of Sclerosing
Foams", Dermatol. Surg., Vol. 30, Seiten 694-703, 2004
O12: US-A-5 380 306
O16: US-A-6 050 978.
V. Mit Bescheid vom 2. März 2017 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit.
VI. Am 2. Juni 2017 fand eine mündliche Verhandlung statt, an der die Beschwerdeführerin/Einsprechende (nachfolgend als "Einsprechende" bezeichnet) nicht teilnahm, wie sie mit Schreiben vom 2. Mai 2017 angekündigt hatte. Die Verhandlung wurde gemäß Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK ohne die Einsprechende durchgeführt.
Die Einsprechende hatte schriftlich beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das angefochtene Patent zu widerrufen.
Die abschließenden Anträge der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin (nachfolgend als "Patentinhaberin" bezeichnet) lauteten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 28. September 2012 eingereichten Hauptantrags, oder hilfsweise auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 28. September 2012 eingereichten Hilfsantrags 1, des während der mündlichen mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2017 eingereichten Hilfsantrags 2 oder des Hilfsantrags 3, der während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 28. September 2012 als Hilfsantrag 2 eingereicht worden war, aufrecht zu erhalten.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Vorrichtung zur Erzeugung eines Sklerosierungsschaums, mit
einem Gasbehälter (46) zur Aufnahme eines sterilen Gases,
einem Wirkstoffbehälter (48) zur Aufnahme eines Wirkstoffs,
einem Verbindungselement (10) zum Verbinden des Gasbehälters (46) mit dem Wirkstoffbehälter (48) und einer Fördereinrichtung zum Hin- und Herfördern des Gases und des Wirkstoffs zwischen den beiden Behältern (46, 48) zur Erzeugung des medizinischen Schaums,
wobei
das Verbindungselement (10) mit einem der Behälter (46, 48) verbunden ist und zum sterilen Verschließen des Behälters ein Verschlusselement (34, 62) aufweist.
Dadurch gekennzeichnet, dass das Verschlusselement (34, 62) durch Verbinden des Verbindungselementes (10) mit dem zweiten Behälter (48) automatisch öffenbar ist,
wobei das Öffnen durch Durchstoßen einer an dem Verschlusselement (34) vorgesehenen Membran (42) erfolgt,
das Verbindungselement (10) ein Rohr (20) aufweist, das beim Verbinden der beiden Behälter (46, 48) die Membran (42) durchstößt,
die Membran des Verschlusselements (34, 62) zum Öffnen einen Schlitz (34) aufweist,
das Öffnen des Verschlusselements (34, 62) derart erfolgt, dass es sich um einen reversiblen Vorgang handelt und das Verschlusselement (34, 62) somit den Behälter in unverbundenem Zustand wieder verschließt und
wobei die Membran (42) derart ausgebildet ist, dass sie einen Schlitz aufweist, der durch das Rohr (20) auseinandergedrückt werden kann und sich beim Herausziehen des Rohrs (20) wieder verschließt."
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet wie Anspruch 1 des Hauptantrags mit folgenden von der Kammer kenntlich gemachten Hinzufügungen im letzten Teil des Anspruchs:
"[...] Dadurch gekennzeichnet, dass das Verschlusselement (34, 62) durch vollständiges Verbinden des Verbindungselementes (10) mit dem zweiten Behälter (48) automatisch öffenbar ist,
wobei das Öffnen durch Durchstoßen einer an dem Verschlusselement (34) vorgesehenen Membran (42) erfolgt,
das Verbindungselement (10) ein Rohr (20) aufweist, das beim vollständigen Verbinden der beiden Behälter (46, 48) die Membran (42) durchstößt,
die Membran des Verschlusselements (34, 62) zum Öffnen einen Schlitz (34) aufweist,
das Öffnen des Verschlusselements (34, 62) derart erfolgt, dass es sich um einen reversiblen Vorgang handelt und das Verschlusselement (34, 62) somit den Behälter in unverbundenem Zustand wieder verschließt und
wobei die Membran (42) derart ausgebildet ist, dass sie einen Schlitz aufweist, der durch das Rohr (20) auseinandergedrückt werden kann und sich beim Herausziehen des Rohrs (20) wieder verschließt."
IX. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 des Hilfsantrags 2 lauten wie folgt (Hinzufügungen und Streichungen gegenüber den jeweiligen Ansprüchen 1 und 12 des Hilfsantrags 1 durch die Kammer kenntlich gemacht):
"1. Vorrichtung zur Erzeugung eines Sklerosierungsschaums, mit
einem Gasbehälter (46) zur Aufnahme eines sterilen Gases,
einem Wirkstoffbehälter (48) zur Aufnahme eines Wirkstoffs,
einem Verbindungselement (10) zum Verbinden des Gasbehälters (46) mit dem Wirkstoffbehälter (48) und einer Fördereinrichtung zum Hin- und Herfördern des Gases und des Wirkstoffs zwischen den beiden Behältern (46, 48) zur Erzeugung des [deleted: medizinischen Schaums,] Sklerosierungsschaums
wobei
das Verbindungselement (10) mit einem der Behälter (46, 48) verbunden ist und zum sterilen Verschließen des Behälters ein Verschlusselement (34, 62) aufweist[deleted: .],
[deleted: D]dadurch gekennzeichnet, dass die Behälter (46, 48) mit Hilfe des Verbindungselements (10) derart miteinander verbindbar sind, dass das Verschlusselement (34, 62) des Verbindungselements noch nicht geöffnet ist,
wobei das Verschlusselement (34, 62) durch vollständiges Verbinden des Verbindungselementes (10) mit dem zweiten Behälter (48) automatisch öffenbar ist,
wobei das Öffnen durch Durchstoßen einer an dem Verschlusselement (34) vorgesehenen Membran (42) erfolgt,
das Verbindungselement (10) ein Rohr (20) aufweist, das beim vollständigen Verbinden der beiden Behälter (46, 48) die Membran (42) durchstößt,
die Membran des Verschlusselements (34, 62) zum Öffnen einen Schlitz (34) aufweist,
das Öffnen des Verschlusselements (34, 62) derart erfolgt, dass es sich um einen reversiblen Vorgang handelt und das Verschlusselement (34, 62) somit den Behälter in unverbundenem Zustand wieder verschließt und
wobei die Membran (42) derart ausgebildet ist, dass [deleted: sie einen] der Schlitz [deleted: aufweist, der] durch das Rohr (20) auseinandergedrückt werden kann und sich beim Herausziehen des Rohrs (20) wieder verschließt."
"12. Vorrichtung zur Erzeugung eines Sklerosierungsschaums, mit
einem Gasbehälter (46) zur Aufnahme eines sterilen Gases,
einem Wirkstoffbehälter (48) zur Aufnahme eines Wirkstoffs,
einem Verbindungselement (10) zum Verbinden des Gasbehälters (46) mit dem Wirkstoffbehälter (48) und einer Fördereinrichtung zum Hin- und Herfördern des Gases und des Wirkstoffs zwischen den beiden Behältern (46, 48) zur Erzeugung des [deleted: medizinischen Schaums] Sklerosierungsschaums,
wobei
das Verbindungselement (10) mit einem der Behälter (46, 48) verbunden ist und zum sterilen Verschließen des Behälters ein Verschlusselement (34, 62) aufweist[deleted: .],
[deleted: D]dadurch gekennzeichnet, dass das Verschlusselement (34, 62) durch vollständiges Verbinden des Verbindungselementes (10) mit dem zweiten Behälter (48) automatisch öffenbar ist,
wobei das Öffnen durch Durchstoßen einer an dem Verschlusselement (34) vorgesehenen Membran (42) erfolgt,
das Verbindungselement (10) ein Rohr (20) aufweist, das beim vollständigen Verbinden der beiden Behälter (46, 48) die Membran (42) durchstößt,
die Membran des Verschlusselements (34, 62) zum Öffnen einen Schlitz (34) aufweist,
das Öffnen des Verschlusselements (34, 62) derart erfolgt, dass es sich um einen reversiblen Vorgang handelt und das Verschlusselement (34, 62) somit den Behälter in unverbundenem Zustand wieder verschließt und
wobei die Membran (42) derart ausgebildet ist, dass [deleted: sie einen] der Schlitz [deleted: aufweist, der] durch das Rohr (20) auseinandergedrückt werden kann und sich beim Herausziehen des Rohrs (20) wieder verschließt, wobei
der erste Behälter (46) mit Gas befüllt ist und mit [deleted: einem] dem Verbindungselement (10) verschlossen ist, und der zweite Behälter (48) mit Wirkstoff vorbefüllt und verschlossen ist und der erste Behälter (46) über das Verbindungselement (10) mit dem zweiten Behälter (48) verbunden, das Verschlusselement (34, 62) aber noch ungeöffnet ist."
Ansprüche 2 bis 11 des Hilfsantrags 2 sind abhängige Ansprüche.
X. Die von der Einsprechenden vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
(i) Haupt- und Hilfsantrag 1
- Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Der nächste Stand der Technik O3 erwähne zwar, dass in Laborversuchen verschiedene Parameter variiert worden seien, um eine optimale Schaumqualität mit der notwendigen Sterilität zu erzeugen. Allerdings würde der Fachmann hieraus nicht folgern, wie von der Patentinhaberin behauptet, dass der Fachmann die Parameter nicht ändern würde. Die wissenschaftliche Publikation O3 stelle zudem lediglich die Meinung ihres Autors dar und sei somit kein Standardwerk oder Textbuch, das ein allgemeines technisches Vorurteil beweisen könne. Der Fachmann würde somit veranlaßt sein, sich nach alternativen Verbindungselementen umzusehen, die die Sterilität verbessern. O12 offenbare derartige alternative Verbindungselemente mit geringem Risiko der Kontamination. Demzufolge würde der Fachmann die Lehre aus O12 zur Gestaltung eines sterilen Verbindungselements der Spritzen in O3 berücksichtigen.
(ii) Hilfsantrag 2
- Artikel 123(2) EPÜ
Die Merkmale der reversiblen Öffnung des Verschlusselements und des vollständigen Verbindens des Verbindungselements mit dem zweiten Behälter bzw. des vollständigen Verbindens der beiden Behälter seien in der Beschreibung (im die Seiten 9 und 10 überbrückenden Absatz) im Zusammenhang mit einer Luer-Lock-Verbindung offenbart. Da das Merkmal einer Luer-Lock-Verbindung in den Ansprüchen 1 und 12 fehle, stelle deren Gegenstand eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar.
- Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
Ansprüche 1 und 12 definierten das Öffnen des Verschlusselements als reversiblen Vorgang und die Membran derart, dass sie sich beim Herausziehen des Rohrs wieder verschließe. Allerdings fehlten in den Ansprüchen strukturelle Merkmale, die für das Erreichen dieses Ergebnisses notwendig seien.
- Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
Die Beschreibung des Streitpatents enthalte nicht genügend Informationen für die Ausführbarkeit des Gegenstandes gemäß Anspruch 12. Insbesondere seien keine Informationen darüber enthalten, auf welche Weise der in Figur 2 dargestellte männliche Luer-Lock-Anschluss ausgebildet sein müsse, um ein Greifen des Luer-Lock-Gewindes zu erlauben, solange das Rohr das Verschlusselement noch nicht durchstoßen hat. Das in Figur 2 dargestellte männliche Luer-Lock-Element könne die genannte Funktion nicht erfüllen, da es zu lang sei. Aufgrund der dargestellten relativen Dimensionen würde sich der Schlitz öffnen, bevor die zweite Spritze verbunden sei. Darüber hinaus erlaube das Patent nicht, den Gegenstand über den vollständigen beanspruchten Bereich auszuführen, da lediglich eine Luer-Lock-Verbindung, aber keine weiteren ausführbaren Verbindungen offenbart seien.
- Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Der Gegenstand des Anspruchs 12 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Hilfsantrags 2 sei durch eine Kombination von O1 und O16 nahegelegt. Der Fachmann würde den in O1 vorgesehenen drei-Wege-Hahn durch einen Konnektor, wie er aus O16 bekannt sei, ersetzen. Die Ähnlichkeit zwischen dem Konnektor des Patents und dem aus O16 würde dem Fachmann einen Zustand nahelegen, in dem die Behälter miteinander verbunden sind, während das Verschlusselement noch ungeöffnet ist.
XI. Die von der Patentinhaberin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
(i) Haupt- und Hilfsantrag 1
- Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und Hilfsantrags 1 sei erfinderisch gegenüber der Kombination der Schriften O3 und O12. Das Ziel des Doppelspritzensystems der O3 sei es, einen Sklerosierungsschaum mit gleichbleibender Konsistenz und homogenen Fließeigenschaften bereitzustellen. Dazu seien stets die gleichen Spritzentypen, -hersteller und -größen zu verwenden. Auch dürften keine Veränderungen im Durchmesser der Nadel oder ihrer Länge vorgenommen werden. O3 führe aus, dass in aufwendigen Laborexperimenten die genannten Parameter, die die Qualität des erhaltenen Schaums, insb. dessen Stabilität und Reproduzierbarkeit, beeinflussten, systematisch angepasst worden seien. So sei der Fachmann durch die Lehre von O3 daran gehindert, jegliche Veränderung an den in O3 beschriebenen Komponenten vorzunehmen. Die Verwendung des in O12 beschriebenen Adapters in O3 würde daher zu einer Verschlechterung des entstehenden Sklerosierungsschaums führen. Der erfindungsgemäße Adapter weise ein Rohr auf, das eine geeignete Länge und Dicke aufweisen müsse, um die geschlitzte Membran bei einer Verbindung der beiden Spritzen zu durchstoßen. Ferner sei eine "vollständige" Verbindung des Verbindungselements mit dem zweiten Behälter in O12 nicht offenbart, insbesondere nicht zusätzlich zu einer vorangehenden Verbindung, bei der das Verschlusselement noch nicht geöffnet ist, wie im Patent im Absatz [0028] erwähnt werde.
(ii) Hilfsantrag 2
Hinsichtlich der Zulässigkeit des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2 und der Erfüllung der Erfordernisse der Artikel 123(2), 84, 83 und 56 EPÜ trug die Patentinhaberin im Wesentlichen die Argumente vor, auf die sich die unten aufgeführten Entscheidungsgründe zum Hilfsantrag 2 stützen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. An der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahm die ordnungsgemäß geladene Einsprechende nicht teil, wie sie in ihrem Schreiben vom 2. Mai 2017 angekündigt hatte. Gemäß Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK wurde die Verhandlung ohne die Einsprechende durchgeführt, wobei die Kammer ihre Entscheidung auf das schriftliche Vorbringen der Einsprechenden stützte.
3. Hauptantrag und Hilfsantrag 1
3.1 Anspruch 1 definiert eine Vorrichtung zur Erzeugung eines Sklerosierungsschaums. Aus der Veröffentlichung O3 des Erfinders des angefochtenen Patents ist eine Vorrichtung zur Erzeugung eines Sklerosierungsschaums bereits bekannt (siehe die zwei letzten vollständigen Absätze auf Seite 701; Figur 9), die insbesondere einen Gasbehälter zur Aufnahme eines sterilen Gases und einen Wirkstoffbehälter zur Aufnahme eines Wirkstoffes, die durch ein Verbindungselement miteinander verbunden sind, und eine Fördereinrichtung zum Hin- und Herfördern des Gases und des Wirkstoffs zwischen den beiden Behältern zur Erzeugung des Sklerosierungsschaums besitzt. In O3 werden jedoch keine konstruktiven Details des als "Combidyn adapter" bezeichneten Verbindungselements offenbart.
3.2 Der beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich somit von der aus O3 bekannten Vorrichtung durch die Merkmale des Verschlusselements des Verbindungselements gemäß des kennzeichnenden Teils des Anspruchs. Die Unterscheidungsmerkmale sind im Wesentlichen darauf gerichtet, dass das Verbindungselement zum sterilen Verschließen eines der Behälter ein Verschlusselement aufweist, das eine geschlitzte Membran aufweist, und dass das Verbindungselement ein Rohr aufweist, das beim vollständigen Verbinden der beiden Behälter die Membran durchstößt, wobei sich der Schlitz beim Herausziehen des Rohrs wieder verschließt.
3.3 Ausgehend von den besagten Unterscheidungsmerkmalen des beanspruchten Gegenstandes besteht die objektive technische Aufgabe darin, ein steriles Verbindungselement bereit zu stellen, das eine sterile, kontaminationsfreie Präparation des Sklerosierungsschaums ermöglicht.
3.4 Dokument O12 offenbart konstruktive Details eines ebenfalls sterilen Verbindungselements zur kontaminationsfreien Verbindung von Gefäßen (Spalte 1, Zeilen 46 bis 58). Das in den Figuren 4A bis 4C und 5 gezeigte Verbindungselement besitzt insbesondere ein Verschlusselement (plug 4) mit einem Schlitz (4e), der durch ein Rohr (3) auseinandergedrückt wird, wenn eine Spritze (S) mit dem Verbindungselement verbunden wird. In der Figur 4C wird ein Verbindungszustand gezeigt, in dem der konische Zapfen der Spritze (Spalte 3, Zeilen 15 bis 20) so weit wie möglich in das Verbindungselement eingeführt ist (Spalte 4, Zeilen 13 bis 24). Diese Verbindung wird als eine kraftschlüssige Verbindung offenbart (Spalte 3, Zeilen 60 bis 63), die somit als eine "vollständige" Verbindung im Sinne von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 anzusehen ist. Beim Lösen der "vollständigen" Verbindung zieht sich das Rohr (3) aus dem Schlitz (4e) zurück, der somit wieder verschließt (Spalte 4, Zeilen 13 bis 24; Spalte 3, Zeilen 64 bis 68). Das mit dem Schlitz (4e) versehene Verschlusselement (4) ist folglich unter den beanspruchten Begriff einer "Membran" fallend anzusehen.
3.5 Demzufolge offenbart O12 ein Verbindungselement mit den Unterscheidungsmerkmalen des Anspruchs 1 des Haupt- und Hilfsantrags 1. Zur Lösung der gestellten objektiven technischen Aufgabe würde der Fachmann das Verbindungselement von O12 bei der in O3 offenbarten Vorrichtung vorsehen und somit ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand gelangen.
3.6 Die Argumente der Patentinhaberin, wonach der Fachmann keinerlei Veränderungen der konstruktiven Parameter von O3 vornehmen würde, da andernfalls eine Verschlechterung der Qualität des erhaltenen Sklerosierungsschaums, insb. dessen Stabilität und Reproduzierbarkeit, resultieren würde, vermögen die Kammer nicht zu überzeugen.
Zunächst ist festzustellen, dass von der Patentinhaberin kein Beweis für die Behauptung erbracht wurde, dass bei der oben erwähnten Einbeziehung der Lehre aus O12 in die Vorrichtung aus O3 tatsächlich eine Beeinträchtigung der Schaumqualität resultiert.
Auch wenn in O3 pauschal erwähnt wird, dass in Laborversuchen verschiedene Vorrichtungsparameter optimiert worden seien, um eine optimale Schaumqualität mit der notwendigen Sterilität zu erzeugen, werden in O3 diese kritischen Parameter nicht identifiziert - und O3 offenbart erst recht nicht, dass diese Parameter die Unterscheidungsmerkmale des beanspruchten Verbindungselements der Behälter tangieren. Darüber hinaus vermag die Kammer nicht erkennen, dass die Bestrebung, eine zufriedenstellende Schaumqualität zu erreichen, den Fachmann davon abhalten würde, bestimmte Parameter doch zu ändern bzw. weiter zu optimieren, insbesondere wenn er sich mit der gestellten objektiven technischen Aufgabe konfrontiert sieht. Die wissenschaftliche Publikation O3 stellt zudem lediglich die Meinung ihres Autors dar, ist jedoch kein Standardwerk oder Textbuch, das ein allgemeines technisches Vorurteil beweisen könnte.
3.7 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und Hilfsantrags 1 nicht das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ erfüllt.
4. Hilfsantrag 2
4.1 Zulässigkeit
Im Anschluss an die während der mündlichen Verhandlung erfolgten Erörterung des Merkmals von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 einer "vollständigen" Verbindung des Verbindungselements mit dem zweiten Behälter beantragte die Patentinhaberin, dieses Merkmal entsprechend der analogen Definition des unabhängigen Anspruchs 12 des Hilfsantrags 1 näher zu spezifizieren. Und zwar dahingehend, dass die "vollständige" Verbindung zusätzlich zu einer weiteren Verbindung zu sehen sei, bei der das Verschlusselement noch nicht geöffnet ist.
Da der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lediglich durch ein Merkmal näher spezifiziert wird, das im zweiten unabhängigen Anspruch (Anspruch 12) des Hilfsantrags 1 bereits vorhanden war und die abwesende Einsprechende nicht überraschen konnte, ließ die Kammer den Antrag in das Verfahren zu.
4.2 Artikel 123(2) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich eindeutig und unmissverständlich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4 nebst folgender Passagen der ursprünglichen Beschreibung: dem die Seiten 6 und 7 überbrückenden Satz; Seite 7, Zeilen 1 bis 4; Seite 10, Zeilen 2 bis 8. Letztere Passage offenbart, dass die Verbindung beider Behälter, bei der das Verschlusselement noch nicht geöffnet ist, und die vollständige Verbindung des zweiten Behälters mit dem Verbindungselement beispielsweise mittels eines Luer-Locks erfolgen kann. Daraus erkennt der Fachmann die fakultative Eigenschaft des Merkmals eines Luer-Locks, das somit aus der Definition des Anspruchs 1 ausgeklammert bleiben kann, ohne den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung unzulässig zu verallgemeinern.
Analoge Argumente gelten auch für den Gegenstand des Anspruchs 12, der auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4, 16, 19 und 20 nebst folgender Passagen der ursprünglichen Beschreibung basiert: dem die Seiten 6 und 7 überbrückenden Satz; Seite 7, Zeilen 1 bis 4; Seite 10, Zeilen 2 bis 8.
Demzufolge kann die Kammer hinsichtlich der Ansprüche 1 und 12 keinen Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ erkennen.
4.3 Artikel 84 EPÜ
Ansprüche 1 und 12 definieren, dass die Membran derart ausgebildet ist, dass sie einen Schlitz aufweist, der durch das Rohr auseinander gedrückt werden kann und sich beim Herausziehen des Rohrs wieder verschließt. Insofern sind in den Ansprüchen konkrete klare technische konstruktive und funktionelle Merkmale definiert, die es ermöglichen, das Verschlusselement im Rahmen eines reversiblen Vorgangs zu öffnen.
Ein Mangel an Klarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ vermag die Kammer in dieser Definition nicht zu erkennen.
4.4 Artikel 83 EPÜ
Auch teilt die Kammer die Auffassung der Einsprechenden nicht, dass das Streitpatent nicht genügend Informationen für die Ausführbarkeit des Gegenstandes des Anspruchs 12 enthalte. Um das beanspruchte Verbinden der beiden Behälter zu ermöglichen, solange das Verschlusselement noch ungeöffnet ist, muss ein Fachmann lediglich das männliche Ende des Luer-Lock-Verbinders 52 im Ausführungsbeispiel der Figur 2 derart gestalten, dass die erste Windung des Luer-Lock-Gewindes bereits greift und die beiden Behälter somit miteinander verbunden sind, bevor das Rohr 20 die Membran 42 durchstößt. Zu dieser Lösung würde der Fachmann aus der Lektüre der Ansprüche 1 und 12 in Verbindung mit dem Ausführungsbeispiel der Figur 2 und Absatz [0028] des Patents gelangen, ohne dass dazu komplexe Überlegungen notwendig wären. Die Figuren des Patents sind ferner keine maßstabsgetreuen Zeichnungen, aus denen sich konkrete konstruktive Abmessungen ablesen lassen, wie die Einspreche argumentierte. Zur Ausführbarkeit des beanspruchten Gegenstandes ist es im Übrigen auch ausreichend, dass das Verbindungselement mittels einer ausführbaren Verbindung, nämlich der erwähnten Luer-Lock-Verbindung, im Patent vollständig beschrieben wird.
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Ansprüche 1 und 12 die Anforderungen gemäß Artikel 83 EPÜ erfüllen.
4.5 Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
4.5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 definiert das Verbindungselement nicht nur mit der Eignung, dass durch "vollständiges" Verbinden mit einem der Behälter das Verschlusselement öffenbar ist (wie im Haupt- und Hilfsantrag 1), sondern zusätzlich mit dem Merkmal, wonach die Behälter mit Hilfe des Verbindungselements derart miteinander verbindbar sind, dass das Verschlusselement des Verbindungselements noch nicht geöffnet ist.
4.5.2 Letzteres Merkmal - im Gegensatz zum oben erörterten, in O12 offenbarten Merkmal einer "vollständigen" Verbindung - geht aus O12 nicht hervor. Der in der Figur 4B gezeigte Zustand stellt lediglich eine Kontaktierung des konischen Zapfens der Spritze mit dem Verbindungselement dar, ohne dass eine mechanische Verbindung der Spritze mit dem Verbindungselement bereits stattgefunden hat.
4.5.3 Das Merkmal, wonach die Behälter mit Hilfe des Verbindungselements miteinander verbindbar sind, ohne dass das Verschlusselement bereits geöffnet ist, hat den Effekt, dass die Vorrichtung als ein Kit hergestellt werden kann, in dem die Behälter mit dem Verbindungselement zwar verbunden, jedoch noch nicht vollständig aufgeschraubt sind. Dies gestattet dem behandelnden Arzt, den Sklerosierungsschaum ohne vorbereitende Arbeitsschritte herzustellen und Kontaminierungen beim Verbinden der einzelnen Bauteile zu vermeiden (siehe Absätze [0028] und [0029] des Patents).
4.5.4 Somit würde der Fachmann mittels der Kombination von O3 mit O12 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen. Das gleiche gilt für den analogen Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 12.
4.5.5 Die Einsprechende brachte den Einwand hervor, dass der Gegenstand des Anspruchs 12 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Hilfsantrags 2, der dem Gegenstand des Anspruchs 12 des jetzigen Hilfsantrags 2 entspricht, durch eine Kombination von O1 mit O16 nahegelegt sei. Die Einsprechende argumentierte, dass der Fachmann den in O1 vorgesehenen drei-Wege-Hahn durch einen Konnektor, wie er aus O16 bekannt ist, ersetzen würde.
Die Kammer kann dieser Argumentation schon deshalb nicht folgen, da keines der Dokumente O1 und O16 offenbart, dass die Behälter miteinander über das Verbindungselement verbunden sind, während das Verschlusselement aber noch ungeöffnet ist. Die von der Einsprechenden angeführten "essentiellen Ähnlichkeit" zwischen dem Luer-Konnektor aus O16 und dem des angefochtenen Patents ist nach Meinung der Kammer kein Grund, dass das genannte Merkmal aus O16 zwangsläufig hervorgeht.
Demzufolge würde der Fachmann aufgrund einer Kombination von O1 mit O16 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 12 gelangen. Das gleiche gilt für den analogen Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1.
4.5.6 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 12 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht. Das gleiche gilt um so mehr für die bevorzugten Ausführungen gemäß der abhängigen Ansprüche 2 bis 11.
5. Da die im Verfahren vorgebrachten Einwände der Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents in geändertem Umfange gemäß Hilfsantrag 2 nicht entgegen stehen, ist die Berücksichtigung des Hilfsantrags 3 nicht erforderlich.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
3. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in der folgenden Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: Nr. 1 bis 12 eingereicht als Hilfsantrag 2 während der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2017;
Beschreibung: Spalten Nr. 1 bis 10 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2017;
Zeichnungen: Figuren 1 bis 7 wie erteilt.