European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T016713.20150304 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 04 März 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0167/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01124724.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B30B 11/02 B30B 11/00 B30B 15/26 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Bestimmen von Pressparametern zum Pressen komplex aufgebauter Presslinge | ||||||||
Name des Anmelders: | Dorst Technologies GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SMS Meer GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 1 199 150 Beschwerde eingelegt.
II. Der Beschwerde liegen die folgende Entgegenhaltungen zugrunde:
D1: DE-A-29 51 716
D2: "Die Presstechnik in der Pulvermetallurgie", Seiten 3-6; Sonderdruck aus der Zeitschrift "Das Industrieblatt", 62. Jahrgang, 1962, Heft 10, Seiten 623 - 626, Heft 11, Seiten 679 - 685 und Heft 12, Seiten 749 - 754
D3: DE-A-39 19 821
D4: "Sinterteile, ihre Eigenschaften und Anwendung", Sonderdruck der DEMAG-MEER, 1975
D5: DE-A-39 19 821.
III. Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ (Ausführbarkeit) angegriffen worden.
IV. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass diese Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegenstünden.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent, auf Grund mangelnder erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1, zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.
Beide Parteien beantragten hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
VI. Mit ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 mit.
VII. Mit Schreiben vom 9. Februar 2015 reichte die Beschwerdegegnerin weitere Ausführungen bezüglich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1, zusammen mit 14 neuen Hilfsanträgen.
Die Beschwerdeführerin nahm zu dem Bescheid der Kammer keine Stellung.
VIII. Am 4. März 2015 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.
IX. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:
Verfahren zum Bestimmen von Pressparametern zum Pressen von Presslingen (9) aus einem zu verpressenden Grundstoff mit den Schritten:
Pressen eines versuchsweise gepressten Presslings (9) und solange eine Messdichte (rhoMess) außerhalb eines Toleranzmaßes von einer Solldichte (rhosoll) liegt, Fertigen eines weiteren versuchsweise gepressten Presslings mit jeweils einer neuen Pressguthöhe (HPulverNeu),
nach dem Erreichen einer Solldichte (rhosoll) für den versuchsweise gepressten Pressling Bestimmen der Höhe (hsi) des Presslings und Vergleichen mit einer Sollhöhe(hsi,Soll) und
solange Sollhöhe (hsi,Soll) und Messhöhe (hsi,Mess) nicht innerhalb einer Toleranz abweichen, erneutes Pressen mit einer neuen Pressguthöhe (HPulverNeu) bei konstanter Presskraft.
X. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
D1 sei besonders geeignet, als Startpunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit zu dienen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem in dieser Schrift beschriebenen Verfahren dadurch, dass die Höhe des Presslings mit der Soll-Höhe verglichen werde, und dass solange Sollhöhe und Messhöhe nicht innerhalb einer Toleranz abweichten, ein erneutes Pressen mit einer neuen Pressguthöhe bei konstanter Presskraft stattfinde.
Diese Merkmale bewirkten, dass die Abweichung der Höhe der hergestellten Presslinge von der Sollhöhe minimiert werde, ohne dass die an Hand des bekannten Verfahrens erreichte Solldichte verloren gehe.
Die zu lösende Aufgabe sei einfach, nämlich eine alternative Form der Prozesskontrolle zu erreichen, bei der Abweichungen von der Sollhöhe überwacht und minimiert würden.
Alle Unterscheidungsmerkmale, die gemäß Anspruch 1 die Herstellung von Formkörpern mit einer Sollhöhe ermöglichen, seien für den Fachmann als naheliegend anzusehen.
Das erneute Pressen könne nur mit konstanter Presskraft erfolgen, weil D1 lehre, dass hydraulisch angetriebene Pressen Formteile gleicher Dichte als Funktion des ausgeübten Pressdrucks produzieren.
Die Höhe mit einer Sollhöhe zu vergleichen und bei Abweichungen ein erneutes Pressen mit geänderten Pressparametern durchzuführen, könne keine erfinderische Tätigkeit begründen.
D1 lehre, dass die Höhe eines Presslings nur durch den Abstand zwischen Oberstempel und Unterstempel definiert werde.
Bei Änderung des Abstands müsse, wenn die im vorherigen Schritt erreichte Solldichte erhalten bleiben sollte, auch die Menge des Pressguts (d.h. die Füllhöhe) zwingend geändert werden.
Der Fachmann gelange somit, ausgehend von der Dl und lediglich unter Berücksichtigung seines Fachwissens zwangsläufig und ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents.
D5 lehre, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Presskraft und Bauteildichte bestehe, so dass für den Fachmann sofort erkennbar sei, dass nach Aufbringen einer bestimmten Presskraft, die die gewünschte Dichte garantiere, eine Anpassung der Bauteilhöhe, genau wie beim Anspruch 1 des Streitpatents, stattfinden solle.
Auch D4 lehre, die gewünschte Dichte durch Anwendung des Pressdrucks zu erreichen.
Der Fachmann gelange somit, ausgehend von der Dl auch unter Berücksichtigung der Lehren von D4 oder D5 zwangsläufig und ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents.
XI. Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Dl sei nicht geeignet, als Startpunkt für eine Diskussion der erfinderischen Tätigkeit zu dienen, weil diese Schrift kein Verfahren zum Bestimmen von Pressparametern offenbare.
D1 beschreibe die Serienproduktion von Formkörpern, und offenbare keine Durchführung von Versuche zur Bestimmung von Pressparametern, was vor der Serienproduktion stattfindet.
Der Vergleich einer Messdichte mit einer Solldichte sei als zusätzlicher Unterschied gegenüber dem Inhalt der Offenbarung der D1 zu betrachten, weil bei D1 lediglich Kraftwerte mit Kraftwerten, oder Druckwerte mit Druckwerten verglichen würden.
Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, ein Verfahren zum Bestimmen von Pressparametern zum Pressen komplex aufgebauter Presslinge vorzuschlagen, bei dem die Anzahl der Pressversuche reduziert werde.
Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 sei aus den folgenden Gründen anzuerkennen.
Weder dem allgemeinen Fachwissen noch der D1 sei die Lehre zu entnehmen, dass eine Messung der Dichte und die Durchführung einer Optimierung der Höhe bei konstanter Presskraft in einem nachfolgenden weiteren Presszyklus diese Aufgabe lösen können.
D4 enthalte dazu keine genaue und in der Praxis einsetzbare Hinweise, die zur erfindungsgemäßen Lösung führen könnten.
D5 befasse sich mit einer anderen Aufgabe, nämlich Durchbiegungen und Stauchungen der Presswerkzeugen auszugleichen. Sie biete somit dem Fachmann auch keine direkt anwendbare Lehre, die zur Lösung der formulierten Aufgabe führe.
Entscheidungsgründe
1. D1: Eignung als Startpunkt der Diskussion
1.1 D1 betrifft ein Sinterverfahren (siehe Anspruch 1 und die Figuren 2-2c und deren Beschreibung ab Seite 6) aus pulverförmigen metallischen Massen.
D1 offenbart das Pressen eines Presslings (18, siehe Anspruch 1 und Figur 2b) und auch das Prüfen, ob die Presskraft außerhalb eines Toleranzmaßes von einer im voraus bestimmten Maximalkraft (Sollkraft) liegt. Die Dichte des Presslings wird anhand der Presskraft geschätzt und mit der Soll-Dichte verglichen.
1.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass D1 lediglich zeigt, wie Abweichungen von im voraus bestimmten Parametersätzen erkannt und korrigiert werden können.
D1 ist somit kein geeigneter Startpunkt um die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des erteilten Patents in Frage zu stellen, weil ein solches Korrekturverfahren die Kenntnis der korrekten Pressparameter voraussetzt, wobei gerade diese Parameter bei dem beanspruchten Bestimmungsverfahren zunächst mal unbekannt sind.
1.3 Die Kammer kann sich dieser Argumentationslinie nicht anschließen, weil sie der Auffassung ist, dass bei der Korrektur von D1 die für den nächsten Arbeitschritt der Presse anzuwendenden Presseparameter bestimmt werden (siehe D1, Seite 10, Zeilen 6-24).
D1 betrifft somit ein Verfahren, bei dem das Füllvolumen beim Pressen von Presslingen aus pulverförmigen metallischen Massen bestimmt wird.
D1 ist an sich relevant, und kann als Startpunkt angewandt werden, weil dieses Dokument sich, genau wie das Streitpatent, auch mit der Aufgabe befasst, beim Sinterverfahren immer eine exakte Dichte des Presslings zu erreichen (siehe Anspruch 1 der D1 und Absatz [0005] des Streitpatents).
2. Inhalt der Offenbarung der D1
2.1 D1 lehrt, dass die maximale Presskraft bei einer bestimmten Kombination von Werkzeug und pulverförmiger Masse eine Schätzung der Dichte des hergestellten Presslings ermöglicht (siehe Figur 1 und die Beschreibung ab den letzten Absatz der Seite 5).
Das impliziert, dass bei dem Verfahren nach D1, wenn die Presskraft außerhalb eines Toleranzmaßes einer Sollkraft liegt, auch diese geschätzte Dichte außerhalb eines Toleranzmaßes für die Solldichte, nämlich die "gewünschte Dichte" des Anspruchs 1 der D1, liegt.
Wenn eine Abweichung der Dichte festgestellt wird, lehrt D1, dass bei unzulässig großen Unterschieden die Presse gestoppt werden sollte (siehe die letzten drei Zeilen der Seite 10), oder, falls die Abweichung klein ist, dass beim nächsten Arbeitszyklus, durch vertikales Justieren der Matrize (2, siehe Seite 10, Zeilen 14-17) das Füllvolumen (d.h. die Pressguthöhe) geändert werden sollte.
D1 offenbart somit jeden Pressschritt als eine Handlung, mit der das Erreichen der Solldichte angestrebt wird, und somit "versuchweise" durchgeführt wird.
Die Höhe des fertigen Presslings beim Verfahren nach D1 wird durch den (festen) Abstand zwischen Oberstempel und Unterstempel definiert.
D1 offenbart somit weder eine Höhenmessung, noch ein Vergleich der Höhe des fertigen Presslings mit einer Sollhöhe, noch Maßnahmen, die zu einer solchen Höhenanpassung ergriffen werden.
2.2 Die folgenden Merkmalen des Anspruchs 1 des erteilten Patents können somit als in D1 offenbart angesehen werden:
ein Verfahren zum Bestimmen von Pressparametern (die Pressguthöhe) zum Pressen von Presslingen aus einem zu verpressenden Grundstoff (Metallpulver, siehe z. B. Anspruch 1) mit den Schritten:
Pressen eines versuchsweise gepressten Presslings und solange eine (durch Presskraftmessung) geschätzte Dichte außerhalb eines Toleranzmaßes von einer Solldichte liegt, und Fertigen eines weiteren versuchsweise gepressten Presslings mit jeweils einer neuen Pressguthöhe (durch vertikale Justierung der Matrize).
2.3 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass D1 lediglich ein Vergleich zwischen gemessene Kraftwerte und Sollkraftwerte offenbare, wobei diese Kraftwerte nur einen Hinweis über den Energieverbrauch während des Verdichtungsvorgangs gäben, jedoch keine Schlussfolgerungen über die Dichten ermöglichten.
Das könne nicht als eine Messung der Dichte angesehen werden.
Sie betont, dass die dadurch geschätzte Werte der Dichte aufgrund deren Ungenauigkeit bei einer fachmännischen Prozesskontrolle oder zur Prozessoptimierung nicht anwendbar seien.
Aus diesem Grund könne D1 nicht den Verfahrenschritt des Anspruchs 1 des erteilten Patents offenbaren, dass geprüft werden solle, ob eine Messdichte außerhalb eines Toleranzmaßes für die Solldichte liege.
2.4 Die Kammer kann sich dieser Argumentationslinie aus den folgenden Gründen nicht anschließen.
Die Formulierung des Anspruchs 1 stellt der Messdichte keine Genauigkeitsanforderungen.
Etwas "Messen" kann auch bedeuten: "etwas in seinen Maßen, in seiner Größe, zu bestimmen". Die in D1 beschriebene Bestimmung der Dichte anhand ihrer Beziehung zur Presskraft kann demgemäß eine Messung sein, auch wenn es möglich ist durch andere Messverfahren eine höhere Präzision zu erreichen.
Die Kammer ist somit der Ansicht, dass die gemäß des Verfahrens der D1 bestimmte Dichte eine Messdichte im Sinne des Anspruchs 1 ist, und dass D1 tatsächlich den folgenden Verfahrenschritt offenbart:
solange eine Messdichte außerhalb eines Toleranzmaßes von einer Solldichte (die "gewünschte Dichte") liegt, Fertigen eines weiteren versuchsweise gepressten Presslings mit jeweils einer neuen Pressguthöhe.
2.5 Die Beschwerdegegnerin argumentiert weiterhin, dass der in D1 beschriebene Zusammenhang zwischen Dichte und Kraft nur theoretischer Natur sei, und nicht zur praktischen Zwecken, z. B. bei der Prozesskontrolle, anwendbar sei, weil viele Faktoren die die Presskraft, oder die Dichte beeinflussen, dort nicht berücksichtigt würden.
Die Kammer kann sich auch dieser Argumentationslinie nicht anschließen.
Grund dafür ist, dass sowohl D1 (die z. B. Figur 1 und Seite 4, Absatz 5) als auch D4 (siehe ab Seite 5) und D2 (Seite 4, Spalte 1: "Abhängigkeit der Dichte vom Pressdruck") zeigen, dass es dem Fachmann bekannt ist, dass bei einem bestimmten Werkzeug und einem bestimmten Grundstoff, die Dichte des Presslings bei steigender Presskraft steigt, auch wenn Störfaktoren den Verlauf der Kurve der Figur 1 beeinflussen.
3. Unterschiede
D1 offenbart die folgende Verfahrensschritte des Anspruchs 1 des erteilen Patents nicht:
a) nach dem Erreichen einer Solldichte (die "gewünschte Dichte" des Anspruchs 1) für den versuchsweise gepressten Pressling,
Bestimmen der Höhe des Presslings und Vergleichen mit einer Sollhöhe und
b) solange Sollhöhe und Messhöhe nicht innerhalb einer Toleranz abweichen, erneutes Pressen mit einer neuen Pressguthöhe bei konstanter Presskraft.
4. Wirkungen und Aufgaben
D1 (Figuren 2a,2b,2c und Beschreibung, ab Seite 6) betrifft ein Pressverfahren, bei dem die Presskraft gemessen, aber an sich nicht gesteuert werden kann, und die Höhe des fertiggestellten Presslings nur anhand des festen Abstands zwischen Ober- und Unterstempel definiert wird.
Die durch ein solches Verfahren erreichte Höhengenauigkeit ist für viele Anwendungen nicht ausreichend, weil (siehe Spalte 2, Zeile 32 des Streitpatents) die Genauigkeitsanforderungen an die Presslingen eng sind und oft im 0,01 mm Bereich liegen.
Merkmal a) bewirkt, dass nach Beendigung des bekannten Verfahrens eine Überprüfung der Höhe stattfindet.
Die zu lösende Aufgabe kann somit als "eine Kontrolle der Höhe der fertigen Presslings zu ermöglichen" formuliert werden.
Merkmal b) bewirkt, dass bei Abweichungen zwischen Sollhöhe und Messhöhe eine Korrektur stattfinden kann.
Die zu lösende Aufgabe kann somit als "eine Höhenkorrektur zu ermöglichen" formuliert werden (siehe Spalte 2, Zeile 14 des Streitpatents: "um exakte Dichten und Höhen...erzielen zu können...").
Die Kammer ist der Auffassung, dass, ausgehend von dem Verfahren nach D1, es nicht fachmännisch ist, nach Maßnahmen zur Höhenkorrektur zu greifen, solange nicht festgestellt werden kann, ob die Messhöhe der Sollhöhe entspricht.
Die Kammer wird somit, zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit, an erster Stelle die erste Aufgabe ohne Rücksicht auf die zweite Aufgabe diskutieren.
Die Diskussion der zweiten Aufgabe kann dagegen nach Auffassung der Kammer nur stattfinden, wenn eine Lösung der ersten Aufgabe vorliegt.
5. Naheliegende Lösung der ersten Aufgabe
Dass nach dem Erreichen einer Solldichte (die "gewünschte Dichte" des Anspruchs 1 der D1), der Fachmann die Höhe misst und diese mit einer Sollhöhe vergleicht, wird durch die Kammer als eine naheliegende Maßnahme angesehen, um zu überprüfen, dass die Höhe des Presslings innerhalb der gewünschten Toleranz liegt (siehe auch die in D4 vorhandene "Technische Lieferbedingungen für Lager und Formteile aus Sinterwerkstoffen", Punkte 4.2 und 4.3, "Prüfung der Maße).
Der Fachmann wird somit ohne erfinderisches Zutun die erste Aufgabe genau so lösen, wie es Anspruch 1 des erteilten Patents tut.
6. Nicht naheliegende Lösung der zweiten Aufgabe
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass es auch als naheliegend angesehen werden sollte, dass ein erneutes Pressen mit einer neuen Pressguthöhe bei konstanter Presskraft stattfinden soll, wenn Abweichungen von der Sollhöhe identifiziert werden.
6.1 Neue Pressguthöhe
6.1.1 Die Presslingshöhe wird gemäß D1 (siehe ab Seite 5, letzter Absatz, und Figuren 2a-2c) nur durch den Abstand zwischen Oberstempel und Unterstempel definiert (siehe auch Seite 4, Absatz 4).
Wenn der Fachmann dieser Lehre zur Höhenanpassung folgt, gelangt er zu einem Verfahren bei dem, solange Sollhöhe und Messhöhe nicht innerhalb einer Toleranz abweichen, ein erneutes Pressen mit einem neuen Abstand zwischen Oberstempel und Unterstempel stattfindet.
6.1.2 Die Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin, dass die Vorrichtung der D1 eine solche Änderung nicht ermöglicht, wird durch die Kammer nicht gefolgt.
Grund dafür ist, dass die Aussage (siehe D1, ab Seite 6, letzte Zeile) dass "Der Unterstempel 30 ist unbeweglich..." lediglich das beschriebene Produktionsverfahren betrifft, wobei es für den Fachmann klar ist, dass eine Änderung des Abstands im Rahmen der Einstellung der Maschine möglich (z. B. mittels Unterlegscheiben) sein muss.
6.1.3 Der Fachmann wird auch, nach Auffassung der Kammer, die Menge des Pressguts ändern, um einer Verschiebung des Unterstempels Rechnung zu tragen, wenn die im vorherigen Schritt erreichte Dichte erhalten bleiben soll.
Im Falle z. B. einer Abstandsverkleinerung, wäre nämlich ein Anstieg der Presskraft und der Dichte zu erwarten, wenn die Füllhöhe nicht zumindest geringfügig verringert wurde.
6.1.4 Der Fachmann wurde somit, ohne erfinderische Tätigkeit anwenden zu müssen, den nächsten Pressversuch mit einem angepassten Abstand und mit einer neuen, zumindest geringfügig geänderten, Pressguthöhe durchführen.
6.2 Konstante Presskraft
6.2.1 Die Kammer ist allerdings zum Schluss gekommen, dass eine Durchführung des erneuten Pressschritts mit konstanter Presskraft nicht als naheliegend angesehen werden kann.
Wie die Beschwerdegegnerin argumentiert, ist es technisch nicht möglich, bei der Presse der D1 die Presskraft einzustellen und konstant zu halten.
Grund dafür ist, dass bei dem aus D1 bekannten Verfahren (siehe Dl, Figuren 2a-2c) die Hubbewegung des Oberstempels 1 von einem Kurbeltrieb (29) abgeleitet und bestimmt ist, wobei der Unterstempel stationär bleibt.
Es handelt sich dabei um eine Excenterpresse, bei der Festanschläge den Weg des Pressstempels festlegen, so dass die ausgeübte Presskraft hauptsächlich von der Füllhöhe abhängig ist und durch die Steuerung dieser Maschine nicht als konstant einstellbar ist.
6.2.2 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Fachmann nur mit konstanter Presskraft arbeiten würde, weil es ihm bewusst ist, dass eine Presskraftänderung eine Abweichung von der Solldichte bewirken würde.
Die Durchführung dieses Schrittes ist mit der Vorrichtung der D1 möglich, weil die Presse angehalten wird, sobald die gemessene Kraft zu viel von der Sollkraft abweicht.
Die Kammer kann sich dieser Argumentationslinie nicht anschließen.
Die bekannte Presse erlaubt lediglich die Produktion zu stoppen, nachdem eine Maximalwert übersteigt wurde und nach Beendigung des noch laufenden Arbeitsspiels (Seite 10, letzter Absatz).
Diese Funktionsweise kann nicht als die Fähigkeit angesehen werden, die Presskraft als Konstante einzustellen, weil, obwohl der Maximalwert erreicht wurde, der Oberstempel sich weiter nach unten bewegt, was eine weitere Steigerung der Presskraft mit sich bringt.
Die Durchführung des letzen Schritts des Anspruchs 1 ist dadurch nicht möglich.
6.2.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert weiterhin, dass es im Rahmen fachmännischen Handelns wäre, die bekannte Presse hydraulisch anzutreiben, so dass eine Steuerung der Presskraft ermöglicht werde.
Grund dafür sei, dass D1, Seite 4, letzter Absatz, den Hinweis gibt, dass hydraulisch angetriebene Pressen Formteile gleicher Dichte produzieren, als Funktion des ausgeübtes Pressdruckes.
Die Kammer kann sich auch dieser Argumentationslinie nicht anschließen. Es ist nämlich nicht möglich, die den Oberstempel antreibende Kurbel unmittelbar durch eine hydraulische Vorrichtung zu ersetzen. Dies erfordert weitere umfassende Änderungen, insbesondere des Steuerungssystems, die nicht im fachüblichen Handeln liegen. Grund dafür ist, dass das aus D1 bekannte Pressenkontrollsystem nicht in der Lage ist, eine hydraulische Vorrichtung zum Pressen bei konstanter Presskraft zu steuern, weil das Ergebnis der Presskraftmessung die Bewegung des Oberstempels nur anhalten, jedoch nicht steuern kann.
D1 gibt keinen Hinweis, wie diese Steuerung in dieser Hinsicht geändert werden sollte.
Das zeigt, dass um die Durchführung des letzten Schritts des Anspruchs 1 zu ermöglichen, umfassende und grundsätzliche Änderungen der bekannten Pressvorrichtung benötigt werden, die ohne Ausübung erfinderischer Tätigkeit nicht möglich sind.
7. D1 in Kombination mit D4
D4 lehrt (siehe Seite 5) dass nach dem Sintern (d.h. nach dem in D1 offenbarten Verfahren) die gewünschte Maßgenauigkeit durch einen Kalibriervorgang erreicht werden kann.
Ein Kalibriervorgang kann auf keinen Fall als ein erneutes Pressen mit einer neuen Pressguthöhe bei konstanter Presskraft angesehen werden. Ein Kalibriervorgang erfolgt in allseitig geschlossenen Werkzeugen mit Drücken von mehreren hundert MN/m**(2) (ähnlich wie bei der Münzherstellung, siehe D4, Seite 12, Unten, Oberflächenbeschaffenheit von Sinterteilen).
Das entspricht nicht der Kombination von Merkmalen, die gemäß dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zur Lösung der zweiten Aufgabe vorgesehen sind.
D4 enthält sonst keine weitere Lehren (siehe insbesondere das Kapitel Presstechnik auf Seite 5, siehe auch die in D4 dokumentierten "Technische(n) Lieferbedingungen für Lager und Formteile aus Sinterwerkstoffen", Punkte 4.2 und 4.3, "Prüfung der Maße), die der Fachmann zur Lösung der zweiten Aufgabe anwenden könnte.
8. D1 in Verbindung mit D5
D5 lehrt (siehe Spalte 3, Zeilen 8-35), dass die während eines ersten Sintervorgangs gemessene Verformung der Stempel zur Höhenanpassung der Presslinge angewendet werden kann, wenn bei dem nächsten Zyklus (Zeilen 27, 28) eine Korrektur der Stempelsollpositionen die gemessene elastische Verformungen dieser Bauteilen berücksichtigt.
Dieser Vorschlag entspricht auch nicht der Kombination von Merkmalen, die gemäß dem Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents zur Lösung der zweiten Aufgabe vorgesehen sind.
9. Erfinderische Tätigkeit
Aus den oben diskutierten Gründen ist die Kammer zur Auffassung gekommen, dass dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents eine erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 und Artikel 56 EPÜ) zuerkannt werden sollte.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.