European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T002713.20140129 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 Januar 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0027/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07802701.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | C23C 2/02 C23C 2/06 C23C 2/12 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUM BESCHICHTEN EINES 6 - 30 GEW.-% MN ENTHALTENDEN WARM- ODER KALTGEWALZTEN STAHLBANDS MIT EINER METALLISCHEN SCHUTZSCHICHT | ||||||||
Name des Anmelders: | ThyssenKrupp Steel Europe AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Salzgitter Flachstahl GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerdebegründung hat keinen Bezug zur angefochtenen Entscheidung, sondern stellt einen neuen Einspruchsgrund dar (unzulässig; siehe Punkte 1.2.7 bis 1.5 der Entscheidungsgründe) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent 2 054 536 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt und die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents beantragt. Für den Fall, dass diesem Antrag nicht im schriftlichen Verfahren entsprochen werden kann, wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.
II. In der vorliegenden Entscheidung sind die folgenden Dokumente aus dem Einspruchsverfahren zitiert:
E1 = Dissertation J. Staudte, "Surface Conditioning of High-Strength Steels for lmproved Hot-Dip Coating Behaviour", Seiten 26-30, RWTH Aachen, Shaker Verlag 2003
E2 = Stöcker, Taschenbuch der Physik, Seiten 685-687, Verlag Harri Deutsch, 3. Auflage, 1998
E3 = C. Shastry et al., "Characterization of selective oxidation of alloying elements in an advanced high strength steel from theoretical and experimental viewpoints", Galvatech, '07, Seiten 403-408
E4 = DE 10 2005 008 410 B3
E5 = EP-A-1 612 288
E6 = L. Zhang et al., "Hot dip galvannealing of interstitial free steel strengthened by manganese", Galvatech 95 Conference Proceedings, Seiten 115-120
sowie aus dem Beschwerdeverfahren das folgende Dokument:
E7 = R. Bode et al., "Selection and Use of Coated Advanced High-Strength Steels for Automotive Applications", "Galvatech 04 Conference Proceedings", Seiten 107-118
III. Der Einspruch war nur unter Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit eingelegt worden.
Die Einspruchsabteilung entschied, dass der Einspruch insbesondere im Hinblick auf Regel 76 (2)(c) EPÜ zulässig ist. Sie entschied weiters, dass das Verfahren von Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung auf erfinderischer Tätigkeit beruht, insbesondere gegenüber einer Kombination der Lehren von E6 und E4, E6 und E5, oder E6 und E1. Der Einspruch wurde deshalb zurückgewiesen.
Im Hinblick auf diese angefochtene Entscheidung kann der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 31. Oktober 2012 entnommen werden, dass in dieser mündlichen Verhandlung die Fragen der Zulässigkeit des Einspruches und der Zulässigkeit der erst nach dem Ablauf der Einspruchsfrist eingereichten Dokumente E5 und E6 neben der Hauptfrage der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 diskutiert wurden (siehe Punkte 2 bis 5.8).
IV. Mit ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung basierend auf den Ansprüchen 1-14 des Streitpatents in der erteilten Fassung gemäß dem einzigen Antrag mit.
In Reaktion auf die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) legte die Kammer bezüglich der zu diskutierenden Frage der Zulässigkeit der Beschwerde dar, warum die Beschwerde - deren Beschwerdebegründung sich ausschließlich auf mangelnde Klarheit (Artikel 84 EPÜ) bzw. den neuen Einspruchsgrund mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 100 b)) bezog und i. E. nirgends auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung bzw. deren Argumentation im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit einging - in Übereinstimmung mit der von der Beschwerdegegnerin zitierten Entscheidung T 1007/95 (ABl. EPA, 1999, 733) nicht zulässig zu sein schien.
V. Mit dem Schreiben vom 16. Dezember 2013 machte die Beschwerdeführerin Ausführungen bezüglich der Zulässigkeit der Beschwerde, der Zulässigkeit des neuen Einspruchsgrundes und die erfinderische Tätigkeit. Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde zurückgezogen.
VI. Am 29. Januar 2014 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die Beschwerdeführerin erschien, wie mit Schreiben vom 22. Januar 2014 angekündigt, nicht zur mündlichen Verhandlung. Die mündliche Verhandlung wurde in Übereinstimmung mit Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK ohne diese Partei fortgesetzt. Es wurde die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde aufgrund der ihr zugrunde liegenden Beschwerdebegründung und unter Berücksichtigung der weiteren Argumente der Beschwerdeführerin diskutiert.
a) Die Beschwerdeführerin hatte im schriftlichen Verfahren die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents beantragt (siehe Punkt I oben).
b) Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
VII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Unter Berücksichtigung des dem Streitpatent zugrunde liegenden Problems bei der Schmelztauchbeschichtung von Stahlbändern mit hohen Mangangehalten sowie des Standes der Technik E4 (der diese Benetzungsprobleme mit Mangan ebenfalls offenbart) und E1 (das diese Probleme auch mit anderen Elementen wie Silicium erwähnt) sei es für den Fachmann überraschend, dass das Streitpatent auf diese grundlegende Problematik mit z.B. Silicium überhaupt nicht eingehe. Damit stelle sich aber die Frage, ob aus dem Anspruch bzw. dem Streitpatent eine Lehre zum technischen Handeln entnehmbar sei, oder es dem Anspruch an Klarheit mangelte.
Dieser Einwand wurde zwar nicht im Einspruchsschriftsatz angesprochen, doch sollte die Beschwerdekammer diesen Einwand wegen der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente bzw. Gegenargumente prüfen.
Dieser Einwand sei auch im Hinblick auf die in Anspruch 1 enthaltene empirische Formel zu sehen, deren Allgemeingültigkeit nicht nachgewiesen wurde, da gemäß Tabelle 1 des Streitpatents lediglich Versuche mit drei Stahllegierungen mit geringen Si-Gehalten durchgeführt wurden, wobei dem Fachmann bekannt sei, dass Silicium einen ebenso oder sogar stärkeren Einfluss auf die Benetzbarkeit als Mangan habe. Daher könne die Klarheit von Anspruch 1 nur in Zweifel gezogen werden, da ein Hinweis auf den Si-Gehalt fehle. Der Einfluss des ansteigenden Si-Gehalts auf die Benetzbarkeit werde durch die neu eingeführte E7 belegt (siehe Seite 112, Tabelle 2), deren Relevanz damit gegeben sei.
Dem Fachmann war von E1-E7 die Problematik der mangelnden Benetzbarkeit durch die Entstehung von "Oxidinseln" bekannt, ebenso wie die Tatsache, dass nicht nur Mn sondern auch Al und Si zu berücksichtigen seien (was z.B. bei Si andere Glühtemperaturen und Atmosphären notwendig machen würde; siehe E7, Seite 111, Tabelle 1 mit Text rechts daneben). Ohne eine entsprechende Berücksichtigung könne eine allgemein gültige Aussage zur Beschichtung von Mn-haltigen Stahlbändern nicht getroffen werden; sie wäre niemals vollständig und klar. Deshalb könne aber eine auf drei Stählen gestützte Untersuchung, welche als wesentlichen Einflussfaktor nur eines der relevanten Elemente enthielt, nicht zu einer allgemein gültigen (empirischen) Formel führen, die eine nachvollziehbare Lehre offenbare. Ein Stahl mit beispielsweise 22,5% Mn und 2,5% Si wäre nicht generell mit der Formel des Streitpatents ohne Verzinkungsfehler darstellbar, wobei Zweifel bestünden, ob eine im Sinne der Formel definierte Glühatmosphäre überhaupt großtechnisch einstellbar sei.
Mit dem Schriftsatz vom 16. Dezember 2013 als Reaktion auf den Bescheid der Kammer wurden die nachfolgenden Ausführungen gemacht:
Nur die Entscheidung müsse angefochten werden, es sei nicht notwendig, dass sich die Beschwerdebegründung mit den Argumenten der angefochtenen Entscheidung auseinandersetze.
Eine Beschwerde werde auch dann als ausreichend begründet angesehen, wenn sie sich auf eine neue Tatsache stütze, die der angefochtenen Entscheidung die rechtliche Grundlage entziehen würde. Dies bedeute im vorliegenden Fall, dass die Kammer bei der Prüfung der Plausibilität bezüglich einer Kombination der Lehren von E6 und E4 gemäß Punkt 9.2 der Entscheidungsgründe berücksichtigen hätte müssen, dass in der Beschwerdebegründung (siehe Seite 5, Absätze 3 bis 5) bemerkt werde, dass E6 nicht nur die Absenkung des Mangangehaltes (wie unter Punkt 9.2 ausgeführt) sondern auch die Anpassung der Glühtemperatur offenbare. Dieses Argument sei auch schon im Einspruchsschriftsatz (siehe Seiten 3/4) mit Hinweis auf E4 erwähnt worden.
Außerdem werde auf Seite 4 der Beschwerdebegründung zusammenfassend auf die Entgegenhaltungen E1 bis E7 eingegangen, wobei darauf hingewiesen werde, dass bei E6 geringe Mangangehalte zu Fehlern führten, was in Zusammenhang mit den Absätzen 1 bis 3 auf Seite 5 der Beschwerdebegründung zu sehen sei, da sie die Auffassung gemäß Punkt 9.2 der Entscheidungsgründe direkt widerlegten. Somit sei in der Beschwerdebegründung auf die schriftliche Entscheidung Bezug genommen.
Es sei zutreffend, dass der Einspruchsgrund "Klarheit" im ursprünglichen Einspruchsschriftsatz nicht erhoben wurde.
Es sei auch zutreffend, dass in der Beschwerdebegründung ausführlich auf die Bedeutung von Si in Zusammenhang mit Mn eingegangen wurde, wobei sich die Frage stelle, ob dadurch nicht eine neue Tatsache behandelt werde, welche bei richtiger Würdigung unter Umständen die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents in Frage stellen könnte, insbesondere wenn die Einspruchsabteilung den vorliegenden Stand der Technik vollständig berücksichtigt hätte. Die Offenbarung von E5 im Abschnitt [0005] gehe weiter, als es in Punkt 9.3 der Entscheidungsgründe dargestellt werde, und hätte daher bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit die Frage bezüglich der Berücksichtigung des Si-Gehaltes im Streitpatent aufwerfen müssen. Die Beschwerdeführerin habe lediglich nachgeholt, was im Prüfungsverfahren gegenüber E5 nicht erfolgt sei.
Da E5 eindeutig Mn und Si auf eine Stufe im Hinblick auf die Haftung der nachfolgenden Beschichtung stelle, sei die Aussage in Punkt 9.4 der Entscheidungsgründe, wonach die Haftung durch Vermeidung der Bildung von Manganoxid verbessert werde, nicht zutreffend bzw. nur teilweise richtig.
Der Einwand der fehlenden Klarheit werde zurückgenommen, aber diese Beanstandungen könnten auch unter dem Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit gesehen werden.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Beschwerde sei unzulässig, da sie sich auf Gründe stütze, die nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind. Sie richte sich gegen den Beschluss der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das Patent zurückgewiesen worden ist. Gegenstand des Einspruchsverfahrens sei in sachlicher Hinsicht ausschließlich die Frage der erfinderischen Tätigkeit der Erfindung, d.h. der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ gewesen. Dies gelte sowohl für das schriftliche Verfahren als auch für die mündliche Verhandlung, die der angefochtenen Entscheidung vorangegangen sei.
Nachdem die Zulässigkeit des Einspruchs bejaht und die Dokumente E5 und E6 als wesentlich angesehen wurden, sei in der angefochtenen Entscheidung in sachlicher Hinsicht alleine über den einzigen im Einspruch geltend gemachten Einspruchsgrund "mangelnde erfinderische Tätigkeit" entschieden worden (siehe Abschnitt 9.7 der Entscheidung). Hierzu sei darin festgestellt worden, dass die durch das Patent geschützte Erfindung auch gegenüber dem von der Beschwerdeführerin in das Einspruchsverfahren eingebrachten, in E1-E6 dokumentierten Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
In der nun vorliegenden Beschwerdebegründung versuche die Beschwerdeführerin, den Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit (Einspruchsgrund gemäß Art. 100 b) EPÜ) in das Einspruchsverfahren einzubringen. Im Übrigen gehe die Beschwerdeführerin jedoch mit keinem Wort auf die Gründe ein, mit denen die angefochtene Entscheidung begründet worden sei.
Es werde an keiner Stelle der Beschwerdebegründung dargelegt, warum die in der angefochtenen Entscheidung zusammengefassten Entscheidungsgründe falsch seien oder, warum es für den Fachmann, anders als von der Einspruchsabteilung festgestellt, unter Berücksichtigung des in E1-E6 sowie der zusätzlich in der Beschwerdebegründung vorgelegten E7 nahegelegen haben könnte, die durch das Patent geschützte Erfindung vorzuschlagen. Sämtliche in der Beschwerdebegründung enthaltenen Überlegungen zielten vielmehr auf den Nachweis ab, dass der Fachmann unter Berücksichtigung des insbesondere in E5, E6 und E7 dokumentierten Fachwissens erkennen müsste, dass die Erfindung nicht ausführbar sei.
Somit gehe aus der Beschwerdebegründung zwar hervor, warum die Beschwerdeführerin meine, dass die Erfindung die an die Patentfähigkeit gemäß EPÜ gestellten Anforderungen nicht erfülle, es bliebe jedoch unklar, in welcher Hinsicht die Beschwerdeführerin der Meinung sei, dass die angefochtene Entscheidung fehlerhaft sei und insoweit einer Überprüfung im Beschwerdeverfahren bedürfe.
Die Begründung der Beschwerde stelle zwar immer auf das fachmännische Verständnis ab, allerdings ohne einen Zusammenhang mit mangelnder erfinderischer Tätigkeit herzustellen bzw. eine entsprechende Schlussfolgerung nahezulegen, da die Schlussfolgerung - auch bezüglich E5 und E6 - immer im neuen Einspruchsgrund gipfelte, nämlich dass die Erfindung unklar (weil sie nicht alle wesentlichen Merkmale aufweise) oder nicht ausreichend offenbart sei. Sie weise daher keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung (mangelnde erfinderische Tätigkeit) auf. Vielmehr beziehe sie sich, gestützt auf die neue Entgegenhaltung E7, auf den neuen Einspruchsgrund mangelnder Ausführbarkeit gemäß Artikel 100 b) EPÜ. Auch die Hinweise auf den Fachmann bzw. sein fachmännisches Wissen implizierten nicht einen Vortrag über (mangelnde) erfinderische Tätigkeit.
In der Beschwerdebegründung sei auch nicht argumentiert worden, dass die erfinderische Tätigkeit falsch beurteilt wurde und im Übrigen die Erfindung auch nicht ausführbar wäre. Dabei hätte sich diese Frage der Ausführbarkeit bereits schon bei der Einreichung des Einspruches stellen müssen.
Die vorliegende Beschwerdebegründung entspreche nicht den in G 9/91 und G 10/91 (ABl. EPA 1993, 408 und 420) aufgestellten Grundsätzen, wonach der rechtliche und faktische Rahmen bei einer Beschwerde derselbe sein müsse wie beim Einspruchsverfahren. Die vorliegende Beschwerde komme vielmehr einem neuen Einspruch gleich und sei somit unzulässig (T 1007/95, supra).
Die Entwicklung der Rechtsprechung in Bezug auf den Einspruchsgrund der ausreichenden Offenbarung stelle nunmehr höhere Anforderungen an den Fachmann, was dazu führe, dass jüngere Patente im Einspruchsverfahren widerrufen würden, während bei Patenten älterer Verfahren dieser Aspekt bei der Einreichung des Einspruches noch nicht berücksichtigt worden sei. Die vorliegende Beschwerde stelle einen Versuch dar, dies nachzuholen.
Gemäß der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern werde eine spätere Änderung der Argumentation innerhalb eines bestehenden Einspruchsgrundes schon nicht zugelassen, wenn damit ein völlig neuer Fall geschaffen werde, der in der Vorinstanz nicht diskutiert worden sei. Der vorliegende Fall gehe noch einen Schritt weiter, da ein völlig neuer Einspruchsgrund diskutiert werden solle. Damit lägen aber zwei völlig getrennte Argumentationslinien bezüglich der Artikel 83 und 56 EPÜ vor, ohne dass irgendeine Brücke zwischen den beiden geschaffen worden sei.
Bei der von der Kammer in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Entscheidung T 389/95 (unveröffentlicht im ABl. EPA) werde zwar der faktische Rahmen mit der Beschwerdebegründung durch die erstmalige Geltendmachung einer öffentlichen Vorbenutzung geändert, aber die Beschwerdeführerin bleibe innerhalb desselben Einspruchsgrundes der mangelnden Neuheit, d.h. innerhalb desselben rechtlichen Rahmens. In diesem Zusammenhang müsse auch berücksichtigt werden, dass die Rechtsprechung, wie in der zitierten T 1007/95 (supra), schon bei den Einspruchsgründen unter Artikel 100 a) EPÜ genau zwischen Neuheit und erfinderische Tätigkeit differenziere, so dass dies umso mehr für den Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ gelten müsse.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde (Regel 99 (2) und Artikel 108 EPÜ)
1.1 Die am 20. Dezember 2012 eingereichte Beschwerdeschrift nennt den Namen und die Anschrift der Beschwerdeführerin, spezifiziert das Streitpatent und die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 31. Oktober 2012, sowie die gestellten Anträge und enthält den Abbuchungsauftrag für die Beschwerdegebühr.
Somit erfüllt die Beschwerdeschrift die Erfordernisse von Regel 99 (1)a) bis (1)c) sowie der Artikel 106, 107 und 108 (erster und zweiter Satz) EPÜ.
1.2 Die mit Schreiben vom 22. Februar 2013 fristgerecht eingereichte Beschwerdebegründung erfüllt aber nicht die in der Rechtsprechung der G 9/91 und G 10/91 (supra) aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Artikel 108 (dritter Satz) in Kombination mit Regel 99 (2) EPÜ, wonach der rechtliche und faktische Rahmen bei einer Beschwerde derselbe sein muss, wie im Einspruchsverfahren (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage, 2013, Abschnitt IV.E.2.6.5; und T 1007/95 (supra).
Die Beschwerdebegründung legt nämlich nicht dar, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf den einzigen im Einspruchsverfahren geltend gemachten Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit aufzuheben ist, da sie sich nirgends auf den Inhalt und die dieser Entscheidung im Hinblick auf erfinderische Tätigkeit zugrundeliegende Argumentation bezieht. Die Beschwerdebegründung basiert nämlich auf einem neuen rechtlichen und faktischen Rahmen, wie nachfolgend dargelegt wird:
1.2.1 Die Beschwerdebegründung verweist auf Seite 1 zunächst auf die "Kernmerkmale" des Verfahrensanspruchs 1 des Streitpatentes, nämlich
- einen Mn-Gehalt des Stahlbands zwischen 6 und 30%,
- es erfolgt eine Glühung bei 800-1100°C,
- in Abhängigkeit von der Glühtemperatur wird eine der Formel entsprechende Atmosphäre eingestellt, und
- das Stahlband wird mit einer auf Zn-basierenden Schmelztauchschutzschicht versehen.
1.2.2 Dann wird ausgeführt, dass das in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents dargelegte Problem ("Oxidinseln") bei der Schmelztauchbeschichtung auch in der Entgegenhaltung E4 angesprochen werde (wobei im Absatz [0005] von E4 und dem Absatz [0007] des Streitpatentes ein fast übereinstimmender Wortlaut verwendet werde). In beiden Dokumenten werde auf die durch Mn entstehenden Probleme im Einzelnen eingegangen. Den Fachmann müsse es aber überraschen, dass nur Mn bzw. Mn-Oxid in Betracht gezogen werde, obwohl bekannt sei, dass Si ähnliche Probleme verursache (siehe z.B. Abschnitt 3.4.1 der im Verfahren befindlichen E1, welche auf die "leicht oxidierbaren" Elemente Si, Mn, Cr und Al hinweise und die Schwierigkeit der Benetzbarkeit dieser Oxide mit geschmolzenem Zink erwähne).
Weder Anspruch 1 noch das Streitpatent gehe auf diese grundlegende Problematik ein und dem Fachmann werde somit gelehrt, dass bei Stählen mit hohen Mn Gehalten von 6-30% nur Mn kritisch für die Verzinkbarkeit sei, d.h. den Einfluss von z.B. Si unbeachtet zu lassen. "Damit würde sich aber die Frage stellen, ob nach Artikel 83 EPÜ überhaupt eine Lehre zum technischen Handeln aus dem Anspruch entnehmbar ist oder es - so gesehen - dem Anspruch an der Klarheit mangelt" (Betonung von der Kammer hinzugefügt).
Des weiteren wird dann zugestanden: "Dieser Einwand war zwar nicht im Einspruchsschriftsatz angesprochen worden, der Ablauf der mdl.Verhandlung vor der Einspruchsabteilung mit den dort vorgebrachten bzw. entgegengehaltenen Argumenten lässt es jedoch ratsam erscheinen, diesen Einwand zumindest seitens der Beschwerdekammer zu prüfen" (siehe Beschwerdebegründung, Seite 2, erster bis achter Absatz).
Somit werden hier nur Beanstandungen unter Artikel 83 oder Artikel 84 EPÜ gemacht. Außerdem wird Bezug auf nicht spezifizierte und daher nicht nachvollziehbare Argumente der mündlichen Verhandlung aber nicht auf die Argumentation bzw. die Gründe der angefochtenen Entscheidung genommen.
1.2.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert dann im Hinblick auf die Tabelle 1 des Streitpatentes weiter: "Dieser Einwand muss nun auch noch in einem anderen Zusammenhang gesehen werden", da die Formel von Anspruch 1 die Glühatmosphäre in Abhängigkeit von der Glühtemperatur definiere und als empirische Formel aufgestellt wurde, welche (lediglich) auf Versuchen mit drei Stahllegierungen basiere, die mit 22,2 bis 22,5 % Mn sowie geringen Si-Gehalten von 0,2 bis 0,3% durchgeführt wurden.
Diese Aussagen resultieren in der Schlussfolgerung: "Die Allgemeingültigkeit für 6-30% Mangan ist damit aber nicht nachgewiesen worden. Wenn dem Fachmann aber nun weiterhin bekannt ist, dass Si einen ebenso oder sogar stärkeren Einfluss auf die Benetzbarkeit hat, also durch Bildung von störenden Oxidinseln, so kann die Klarheit des Anspruchs 1 nur in Zweifel gezogen werden, denn ein Hinweis auf den Si Gehalt fehlt" (siehe Beschwerdebegründung, Seite 2, neunter Absatz bis Seite 3, fünfter Absatz).
Somit werden auch hier Beanstandungen unter Artikel 83 EPÜ bzw. unter Artikel 84 EPÜ im Hinblick auf ein fehlendes wesentliches Merkmal vorgetragen.
1.2.4 Die Beschwerdeführerin argumentiert weiters: "Wenn andererseits sich durch die Versuche ergeben habe, dass bei einem Si Gehalt zwischen 0,2 und 0,3 % das Silizium keine Probleme bereite, dann bestätige das, dass der Anspruch 1 in seiner Verallgemeinerung so nicht gelten kann" und verweist diesbezüglich auf die mit der Beschwerdebegründung neu eingereichte E7. Diese müsse der Patentinhaberin bekannt sein, weil ein Co-Author von E7 Miterfinder des Streitpatents ist. Der Fachmann sehe in E7 (siehe Seite 112, Tabelle 2), dass bei Si-Gehalten von 1,490 % (Nr. 5) und 1,290 (Nr.6) die Benetzbarkeit sehr schlecht sei (siehe auch die Analysen Nr. 12 und 18) während bei kleineren Si-Gehalten von z.B. 0,32% (Analyse 14) die Verzinkbarkeit deutlich besser sei, d.h. Si habe hier keinen wesentlichen negativen Einfluss mehr. Der Fachmann könne somit erkennen, dass die Si-Gehalte eine wesentliche Rolle spielen (siehe Beschwerdebegründung, Seite 3, sechster Absatz bis Seite 4, zweiter Absatz).
1.2.5 Dann wird weiter ausgeführt: "Im Einspruchsverfahren hat auch die E5 bzw. E6 eine Rolle gespielt" (Betonung von der Kammer hinzugefügt), dabei sei unstrittig gewesen, dass sich diese auch im Einzelnen mit den durch die "Oxidinseln" entstehenden Benetzungs- oder Beschichtungsproblemen beschäftigen. E5 lehre die schädliche Wirkung von Si und Mn, die entstehenden Oxide dieser beiden Elemente, auf die Benetzbarkeit gemeinsam zu betrachten (siehe E5, Absatz [0005]). Den Entgegenhaltungen E1-E7 sei gemeinsam, dass die mangelhafte Benetzbarkeit durch die Entstehung von örtlichen Oxidansammlungen ("Oxidinseln") angesprochen werde, also grundsätzlich bekannt war.
Es sei auch bekannt gewesen, dass man nicht alleine Mn betrachten dürfe, sondern auch die anderen sauerstoffaffinen Elemente in Betracht ziehen müsse. Zwar sei es zutreffend, dass die E6 einen sehr niedrigen Gehalt von 1,62% Mn mit einem geringen Gehalt von 0,114 % Si angebe; dennoch traten bei diesen Gehalten die bekannten Probleme auf. Als Ursache seien nur Mn-Oxide identifiziert worden, da der geringe Si-Gehalt von 0,114% zu keinen nachweisbaren Verzinkungsfehlern führe, was im Lichte der E7 auch folgerichtig sei.
Wenn dann E6 lehre, dass entweder der Mn-Gehalt gesenkt oder aber Glühtemperatur und Glühatmosphäre angepasst werden müssen (siehe Abschnitt 4.2), so entspreche dies vollständig dem Denken und Wissen des Fachmannes.
Das bedeute für das Streitpatent, dass der Mangangehalt nicht gesenkt werden solle, weil er mit 6-30% hoch gewünscht sei. Folglich bleibe als Lösung die Anpassung von Glühtemperatur und Atmosphäre, wofür der Fachmann aber entsprechende Hinweise in E1 mit dem Bild 3.21 auf Seite 30 und dem zugehörigen Text unterhalb des Bildes erhalte.
Dem Fachmann sei somit die Problematik der schädlichen Oxidinseln bekannt gewesen bzw. dass bei dieser Problematik nicht allein Mn sondern auch Si und Al eine wesentliche Rolle spielen (siehe Beschwerdebegründung, Seite 4, dritter Absatz bis Seite 5, siebenter Absatz).
Diese Aussagen führen zur Schlussfolgerung: "Ohne eine entsprechende Bewertung oder Beachtung des beispielweise Si Gehaltes kann eine allgemein gültige Aussage zur Beschichtung von Manganhaltigen Stahlbändern nicht getroffen werden, sie ist niemals vollständig und klar. Damit kann aber auch eine allein auf drei Stähle gestützte Untersuchung, die als wesentlichen Einflussfaktor nur eines der relevanten Elemente enthielt, nicht zu einer allgemeingültigen (empirischen) Formel führen, die eine nachvollziehbare Lehre offenbart" (siehe Beschwerdebegründung, Seite 5, achter und neunter Absatz; Betonung von der Kammer hinzugefügt).
Mit allen diesen Argumenten wird somit ebenfalls eine Beanstandung unter den Artikeln 84 bzw. 83 EPÜ vorgetragen.
1.2.6 Es wird dann weiter ausgeführt, aufgrund der Tatsache, dass Si sauerstoffaffiner, d.h. schwieriger zu reduzieren, als Mn ist (siehe E7, Seite 111, Tabelle 1 und Text rechts daneben), seien zur Vermeidung von Si-Oxiden andere Glühtemperaturen und Atmosphären notwendig. Dies zeige, dass eine empirische Formel aus Versuchen mit unkritischen Si-Gehalten bis 0,3 % nicht auf alle Stähle mit 6-30% Mangan ausgeweitet werden könne (siehe Beschwerdebegründung, Seite 5, zehnter und elfter Absatz).
Daran anschließend wird dann bemerkt, dass ein Stahl beispielsweise mit 22,5% Mn und 2,5% Si eben nicht generell mit der Formel des Streitpatentes ohne Verzinkungsfehler darstellbar wäre und dass Zweifel bestehen, ob eine im Sinne der Formel definierte Glühatmosphäre überhaupt großtechnisch einstellbar sei (siehe Beschwerdebegründung, Seite 6, erster und zweiter Absatz).
Somit stellen auch diese Argumente einen Angriff unter Artikel 83 EPÜ dar.
1.2.7 Die gesamte Argumentation der Beschwerdebegründung beinhaltet somit - während des gesamten Einspruchsverfahrens nicht geltend gemachte - Beanstandungen unter den Artikeln 83 bzw. 84 EPÜ, welche zum ersten Mal im Beschwerdeverfahren vorgetragen werden (siehe Punkt III, oben). Diese Tatsache wird von der Beschwerdeführerin dadurch bestätigt, dass sie einerseits explizit zugesteht, dass dieser Einwand im Einspruchsschriftsatz nicht enthalten war, während andererseits der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die - nicht näher spezifizierten - in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente (siehe oberen Punkt 1.2.2) sowie das Protokoll dieser Verhandlung zum Schluss führt, dass in der mündlichen Verhandlung ein Einwand unter Artikel 83 EPÜ offensichtlich nicht vorgetragen wurde.
Ein derartiger Vortrag in Hinblick auf einen neuen Einspruchsgrund müsste nämlich im Protokoll der mündlichen Verhandlung vermerkt sein, was aber nicht der Fall ist (siehe Punkt III oben). Im Übrigen hatte die Beschwerdeführerin diesbezüglich auch keine Berichtigung dieses Protokolls beantragt.
In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, dass das Beschwerdeverfahren keine Fortsetzung des Einspruchsverfahrens mit anderen Mitteln ist, sondern in erster Linie der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung dient (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Abschnitt IV.E.2.6.3; und G 10/91, supra; G 9/92 und G 4/93, beide im ABl. EPA 1994, 875).
1.2.8 Die Beanstandung unter Artikel 84 EPÜ stellt keinen in Artikel 100 a) bis Artikel 100 c) EPÜ definierten Einspruchsgrund dar und ist daher im vorliegenden Fall, dem das Streitpatent in der erteilten Fassung zugrunde liegt, unerheblich (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Abschnitt II.A.1.4).
1.2.9 Die Beanstandung unter Artikel 83 EPÜ in der Beschwerdebegründung stellt hingegen einen neuen Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ dar, der ausserhalb des rechtlichen Rahmens des Einspruchsverfahrens, das auf den Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ beschränkt war, fällt.
1.2.10 Die gegenteiligen Argumente der Beschwerdeführerin sind aus den folgenden Gründen nicht haltbar:
Es ist zwar richtig, dass eine Einspruchsbeschwerde auch dann als ausreichend begründet angesehen werden kann, wenn sie sich auf eine neue Tatsache stützt, die der angefochtenen Entscheidung die rechtliche Grundlage entziehen würde, dies gilt aber nur, wenn sich die Beschwerde im selben rechtlichen Rahmen wie das Einspruchsverfahren bewegt (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Abschnitt IV.E.2.6.5 a)).
Es ist weder die Aufgabe der Kammer noch jene der Beschwerdegegnerin, sich Gedanken in Bezug auf mögliche zusätzliche Interpretationen der in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumente, insbesondere im Hinblick auf möglicherweise im Einspruchsverfahren vorgetragene Argumente zu machen. Dies gilt umso mehr, wenn in der Beschwerdebegründung weder explizit noch implizit auf eine bestimmte Begründung oder ein bestimmtes Argument der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung hingewiesen wird. Im vorliegenden Fall ist in der Beschwerdebegründung weder z.B. Punkt 9.2 der Entscheidungsgründe, der im Zusammenhang mit der Offenbarung von E6 bzw. von E1 bis E7 zu sehen ist, noch Punkt 9.3 der Entscheidungsgründe, der bezüglich der Lehre von E5 zu einem anderen Ergebnis der erfinderischen Tätigkeit hätte führen können, angesprochen. Ebensowenig ist erkennbar, dass diese Begründung im Zusammenhang mit weiteren Argumenten des Einspruchsschriftsatzes zu sehen wäre, da dieser nicht automatisch Bestandteil des Beschwerdeverfahrens ist und die darin enthaltenen Argumente nicht in das Beschwerdeverfahren eingebracht wurden.
Es ist auch überhaupt nicht erkennbar, dass die gemachten Einwände (siehe obere Punkte 1.2.1 bis 1.2.6) unter dem Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit gesehen werden sollten geschweige denn konnten. Die Beschwerdebegründung stellt zwar immer auf das fachmännische Verständnis ab, allerdings ohne einen Zusammenhang mit mangelnder erfinderischer Tätigkeit herzustellen bzw. eine entsprechende Schlussfolgerung zu ziehen, bzw. eine solche nahezulegen. Jede Schlussfolgerung - auch jene bezüglich E5 und E6 - gipfelt letztendlich immer im neuen Einspruchsgrund, nämlich dass die Erfindung nicht ausreichend offenbart sei oder dass sie wie beansprucht unklar sei (nämlich weil der Anspruch nicht alle wesentlichen Merkmale aufweise).
Auch die expliziten Hinweise auf den Fachmann bzw. sein fachmännisches Wissen implizieren nicht den bereits bestehenden rechtlichen Rahmen bzw. die Frage der erfinderischen Tätigkeit. Der Fachmann bzw. sein fachmännisches Wissen spielen auch eine große Rolle bei anderen Fragestellungen, z.B. für die Frage der Neuheit (z.B. bei impliziter mangelnder Neuheit gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ), der Frage, ob der Gegenstand eines Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 100 c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123 (2) EPÜ), oder der Frage der Klarheit, wie z.B. ein bestimmter Begriff zu verstehen ist.
In diesem Zusammenhang wird von der Beschwerdegegnerin zutreffend angemerkt, dass in der Beschwerdebegründung auch nicht argumentiert wurde, dass die erfinderische Tätigkeit falsch beurteilt worden sei und im Übrigen die Erfindung auch nicht ausführbar wäre. Aufgrund einer derartigen fehlenden Verknüpfung gibt es keinen inhaltlichen Zusammenhang in der Beschwerdebegründung mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf mangelnde erfinderische Tätigkeit.
1.3 Die in der Entscheidung T 1007/95 (supra) zitierte T 389/95 (supra)führt in einem obiter dictum aus, dass aus der Entscheidung im Verfahren G 10/91 (supra), im Beschwerdeverfahren mit Zustimmung des Patentinhabers sogar neue Einspruchsgründe zuzulassen, folgt, dass eine Beschwerde, die sich ausschließlich auf solche Gründe stützt, nicht ipso facto unzulässig ist (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Abschnitt IV.E.2.6.5).
Diese Aussage wird nicht näher erklärt oder in sonstiger Weise in der Entscheidung begründet. Es ist dabei auch zu beachten, dass diese Entscheidung sich primär mit der Zulässigkeit erst mit der Beschwerde eingereichter neuer Tatsachen und Beweismittel auseinander setzt, die allerdings die bereits mit dem Einspruchsschriftsatz eingeführten Gründe betreffen.
Punkt 2.7 der Entscheidungsgründe, der sich mit dem Begriff "neuer Einspruchsgrund" auseinandersetzt, zitiert die in der Entscheidung G 1/95 (ABl. EPA 1996, 615, Punkte 5.3 und 5.4 der Gründe) ausgeführte Erklärung, dass mit diesem Begriff ein Einspruchsgrund gemeint ist, der weder in der Einspruchsschrift geltend gemacht und substantiiert noch von der Einspruchsabteilung in Anwendung des Artikels 114 (1) EPÜ in Beachtung der in der G 10/91 (supra) aufgestellten Grundsätze in das Verfahren eingeführt worden ist; somit kann nur eine neue Rechtsgrundlage für einen Einwand gegen die Aufrechterhaltung des Patents gemeint gewesen sein.
1.4 Im Lichte der detaillierten Ausführungen in G 10/91 (supra) bezüglich des Rechtscharakters des Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahrens und der besonderen Bedeutung, die den Einspruchsgründen zugesprochen wird, in dem sie den rechtlichen Rahmen festlegen, innerhalb dessen die materiellrechtliche Prüfung des Einspruchs grundsätzlich durchzuführen ist (Punkt 6 der Gründe), kann die Kammer 3.2.07 die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde nur dann bejahen - unter Annahme, dass alle andere Bedingungen erfüllt sind - wenn die Beschwerdebegründung zumindest den so festgelegten rechtlichen Rahmen respektiert, in anderen Worten: wenn bei Einreichung der Beschwerde der gleiche Einspruchsgrund zugrundegelegt wird. Erst dann kann die Diskussion über die potenzielle Einführung eines neuen, zusätzlichen Einspruchsgrundes stattfinden.
1.5 Die Kammer ist daher der Ansicht, dass die oben (siehe Punkt 1.3) erwähnte Aussage keine Grundlage in der Entscheidung G 10/91 (supra) hat. Letztere stellt nämlich nach diesseitigem Verständnis darauf ab, dass die Beschwerde schon zulässig eingereicht worden ist, mit dem Ergebnis dass sie keine Anwendung auf Fälle wie den Vorliegenden finden kann, bei dem die Beschwerde ausschließlich auf einem völlig neuen Einspruchsgrund basiert. Nachdem diese Aussage in der späteren relevanten Rechtssprechung keinen Eingang gefunden hat, obwohl die Entscheidung T 398/95 (supra) recht oft zitiert wird, betrachtet sie die Kammer in Bezug auf die vorliegende Frage als Einzelentscheidung, der es nicht zu folgen gilt, und schließt sie sich eher der Entscheidung T 1007/05 (supra) an.
1.6 Die Beschwerde ist daher unzulässig.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.