T 2535/12 () of 24.2.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T253512.20150224
Datum der Entscheidung: 24 Februar 2015
Aktenzeichen: T 2535/12
Anmeldenummer: 02026617.7
IPC-Klasse: F16F 9/05
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schlauchrollbalg-Feder
Name des Anmelders: ContiTech Luftfedersysteme GmbH
Name des Einsprechenden: Carl Freudenberg KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Europäische Patent Nr. EP 1 321 694 wurde am 5. Oktober 2012 zur Post gegeben.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen diese Entscheidung unter gleich­zeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 4. Dezember 2012 Beschwerde ein­gelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 13. Februar 2013 eingereicht.

Die Einspruchsabteilung fand, dass die Erfindung ausreichend offenbart sei und der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Am 24. Februar 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Im Wesentlichen aus Schlauchrollbalg (4) und Abroll­kolben (10) bestehende Schlauchrollbalg-Feder (2)

mit mindestens einer aus Anschlussteil (8, 10) und Spannring (12, 14) bestehenden Klemmeinheit zur druck­dichten Befestigung des aus elastomerem Material bestehenden und mit einer Verstärkungseinlage versehenen Schlauchrollbalgs (4), dessen Enden weder Wülste noch Kerne aufweisen, an den als Anschlussteil dienenden Deckel (8) und/oder Abrollkolben (10) der Schlauch­rollbalg-Feder (2), wobei der jeweilige Klemmbereich (18, 20) des Anschluss­teils (Deckel, 8, und/oder Abrollkolben, 10) mit einer ein­gezogenen Anschlagfläche mit mindestens einer auf­gesetzten, umlaufenden Erhebung (22, 24) ausgestattet ist, wobei der dem Klemmbereich (18, 20) des Anschlussteils (8, 10) zugeordnete Spannring (12, 14) eine umlaufende Vertiefung (26, 28) aufweist, dadurch gekennzeichnet,

- dass die auf der Anschlagfläche des jeweiligen Anschlussteils (8, 10) aufgesetzte umlaufende Erhebung (22, 24) und die im zugeordneten Spann­ring (12, 14) befindliche umlaufende Vertiefung (26, 28) einen rechtekkigen [sic] Querschnitt aufweisen,

- wodurch sich beim Klemmvorgang ein Formschluss des eingeklemmten Rollbalgendes nebst Umlenkung der im Elastomermaterial des Rollbalgendes eingebetteten Verstärkungseinlage ergibt, und

wobei die Dimensionierungen von Anschlussteil, Spann­ring und Rollbalgenden-Dicke derartig aufeinander ab­gestimmt sind, dass das Rollbalgende im eingebauten Zustand nur leicht eingeklemmt, aber weder gequetscht noch gedehnt ist (Merkmal 8)."

Die Merkmalsbezeichnung "Merkmal 8" wurde von der Kammer hinzugefügt.

V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Merkmal 8 beinhalte vage Ausdrücke, die nicht aus­reichten, die beanspruchte Erfindung zu definieren, sondern viel mehr ein zu erreichendes Ergebnis be­schrieben.

Ferner sei weder dem Anspruchswortlaut noch der Beschreibung oder den Figuren zu entnehmen, wie es möglich sei, einen schlauchartigen Balg in einer Ver­tiefung mit recht­eckigem Querschnitt zu verklemmen, ohne dass sich am Innenradius eine Quetschung und am Außenradius eine Dehnung des Material ergebe. Selbst die Figuren B und C des Streitpatents zeigten, dass das Elastomer in die Ecken des Anschluss­teils bzw. des Spannrings fließe. Folglich werde der Balg in seiner Gesamtheit - anders als von Anspruch 1 ver­langt - zwingend gedehnt bzw. gequetscht.

Da also kein Ausführungsbeispiel gezeigt sei, bei dem das Merkmal 8 erfüllt sei und es auch für den Fachmann nicht durch einfache Experimente möglich sei dieses Merkmal zu erfüllen, offenbare das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestehe darin, die Beschädigung des Balgs in dem Bereich, wo er zwischen Spannring und Anschlussteil eingeklemmt wird, zu reduzieren. Dies werde dadurch erreicht, dass der zwischen den senk­rechten Wänden von Anschlussteil und Spannring verlaufende Bereich des Rollbalgendes weder gequetscht noch gedehnt werde. Im Bereich der Umlenkung des Balgs sei eine Dehnung bzw. eine Quetschung des Materials nicht zu vermeiden. Diese hätte aber keinen negativen Einfluss auf die Lebensdauer des Balgs, weil sich die Verstärkungseinlage in der neutralen Phase (also in der Mitte) des Balgs befinde, wo selbst im Umlenkbereich weder Quetschung noch Dehnung statt­finde und dadurch ein Abreißen des Elastomers verhindert werde.

Ferner übersteige es das normale fachmännische Können nicht die vom Spann­ring auf das Elastomer ausgeübte Kraft in Abhängig­keit vom der Festigkeit des Elastomers und der Geometrie von Anschlussteil und Spannring so zu wählen, dass die Erfordernisse des Merkmals 8 erfüllt werden.

Folglich genüge das Patent den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Offenbarung der Erfindung

2.1 Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass Merkmal 8 des erteilten Anspruchs nicht nur vage formuliert sei, sondern auch, dass das gesamte Patent nicht offenbare, wie der Fachmann die Dimensio­nierungen von Anschluss­teil, Spannring und Rollbalgenden-Dicke derart auf­einander abstimmten kann, dass "das Roll­balg­ende im eingebauten Zustand nur leicht eingeklemmt, aber weder gequetscht noch gedehnt ist".

2.2 Es ist unstreitig, dass der Balg in den Bereichen, in denen er durch die rechteckigen Querschnitte von Anschluss­teil und Spannring umgelenkt wird, gedehnt bzw. gequetscht wird.

Die Beschwerdegegnerin vertritt die Meinung, dass die Quetschung bzw. die Dehnung ausschließlich in den externen Bereichen des Balgs stattfinde, dass aber die Mitte des Balgquerschnittes, wo sich die Verstärkungs­einlage befinde, weder einer Quetschung noch einer Dehnung unterworfen sei, so dass das Risiko der Ablösung des Elastomers von der Verstärkungs­einlage vermieden werde.

2.3 Merkmal 8 verlangt aber weder, dass die Ver­stärkungs­einlage in der Mitte des Balgquerschnitts angeordnet ist noch, dass nur dieser mittlere Bereich nicht gequetscht bzw. gedehnt wird. Folglich ist Merkmal 8 so zu verstehen, dass das (gesamte) Roll­balg­ende "im eingebauten Zustand nur leicht eingeklemmt, aber weder gequetscht noch gedehnt ist". Dieses Merkmal schließt somit das Quetschen und Dehnen nicht nur in denjenigen Bereichen des Rollbalgendes aus, die gerade verlaufen, sondern verlangt, dass Verformungen entlang des gesamten Rollbalg­endes unterbleiben.

Auch das in den Figuren der streitgegenständlichen An­meldung gezeigte Ausführungsbeispiel zeigt Rollbalg­enden, die die gesamten rechteckigen Querschnitte der Vertiefungen in Spannring und Anschluss­­­teil ausfüllen. Dies ist nur möglich ist, wenn das Elastomer in diese Bereiche "fließt", was wiederum erfordert, dass das Material gedehnt und/oder gequetscht wird.

Folglich offenbart das Streitpatent kein Ausführungs­beispiel, welches das Merkmal 8 erfüllt. Der Fachmann ist auch nicht durch sein Fachwissen in der Lage eine entsprechende Gestaltung vorzunehmen, da es - wie von beiden Parteien bestätigt - unmöglich ist, das gesamte Rollbalgende ohne Dehnung bzw. Quetschung umzulenken.

2.4 Deswegen erfüllt das Streitpatent nicht die Erforder­nisse des Artikels 83 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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