T 2414/12 () of 18.8.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T241412.20140818
Datum der Entscheidung: 18 August 2014
Aktenzeichen: T 2414/12
Anmeldenummer: 07846919.4
IPC-Klasse: E03C 1/08
E03C 1/084
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: STRAHLBELÜFTER
Name des Anmelders: Neoperl GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Änderungen - zulässig (ja)
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Anmeldung Nr. 07 846 919.4 (im Folgenden: Anmeldung) betrifft einen Strahlbelüfter für eine sanitäre Auslaufarmatur.

II. Die Prüfungsabteilung hat die Anmeldung aufgrund des Artikels 97 (2) EPÜ zurückgewiesen, weil die Anmeldung in der Fassung des Hauptantrags gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße und die Anmeldung in der Fassung des Hilfsantrags die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ in Verbindung mit Regel 42 EPÜ nicht erfülle.

III. Gegen diese Zurückweisungsentscheidung wendet sich die Anmelderin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) mit ihrer Beschwerde.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 17 (2) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde mit.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patent auf der Basis der mit Schreiben vom 5. Mai 2014 eingereichten Ansprüche 1 bis 15 und eingereichten Beschreibungsseiten 1 und 5b, der ursprünglich eingereichten Beschreibungsseiten 6 bis 13, sowie der ursprünglich eingereichten Figuren 1 bis 24.

VI. Der Anspruch 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 sind durch Durchstreichen bzw. Fettdruck hervorgehoben):

"Sanitäre Einheit mit einem am Wasserauslauf einer Auslaufarmatur montierbaren Auslaufmundstück (9), in das ein Strahlbelüfter (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7) eingesetzt ist, der ein [deleted: mit einem] Belüftergehäuse (8) aufweist, das in [deleted: den Wasserauslauf einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist und in] seinem Gehäuseinneren einen, den zufließenden Wasserstrom in eine Vielzahl von Einzelstrahlen unterteilenden Strahlzerleger (12) hat, dem abströmseitig eine Mischzone (14) zum Belüften der Einzelstrahlen nachgeschaltet ist, wobei zumindest ein in der Mischzone (14) mündender Belüftungskanal [deleted: (8)] (16) vorgesehen ist, der wenigstens abschnittsweise zwischen dem Auslaufmundstück (9) und dem Belüftergehäuse (8) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass zum Drosseln und/oder wahlweisen Zu- oder Abschalten der Belüftungsfunktion ein Drossel- oder Schließstück (18) vorgesehen ist, das mittels einer Dreh- und/oder Schiebebewegung zwischen einer den zumindest einen Belüftungskanal [deleted: (8)] (16) öffnenden Offenposition und einer den wenigstens einen Belüftungskanal [deleted: (8)] (16) zumindest teilweise verschließenden Drossel- oder Schließstellung bewegbar ist, und dass das Drossel- oder Schließstück (18) in der Drossel- oder Schließstellung den zumindest einen Belüftungskanal (16) im Bereich seiner wenigstens einen, zur Mischzone (14) führenden Kanalmündung oder im Bereich seines mindestens einen Kanaleinlasses (19) zumindest teilweise verschließt".

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 15 betreffen bevorzugte Ausführungsformen der im Anspruch 1 definierten sanitären Einheit.

VII. In der angefochtenen Entscheidung sind folgende Druckschriften genannt:

D1: US 2004/0199995 A1

D2: DE 1 107 607 B1

D3: DE 1 184 706 B1

D4: DE 34 18 165 A1

D5: DE 20 2005 001165 U1

Mit der Mitteilung wurde auch die folgende Druckschrift von der Kammer in das Verfahren eingeführt:

D6: WO 2004/033108 A1

VIII. Die Prüfungsabteilung hat ihre Auffassung, die Anmeldung in der Fassung des Haupt- bzw. Hilfsantrags erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) bzw. 84 EPÜ, im Wesentlichen wie folgt begründet:

a) Artikel 123 (2) EPÜ

Das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag genannte Merkmal, wonach das Drossel- oder Schließstück "in seiner Relativposition zum Belüftergehäuse veränderbar ist", sei den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht entnehmbar. Im ursprünglichen Anspruch 5 sei offenbart, dass das Drossel- oder Schließstück am Belüftergehäuse drehbar und/oder verschiebbar gehalten sei. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag stelle eine Zwischenverallgemeinerung dieses Gegenstandes dar, denn der Anspruch 1 spezifiziere nicht, dass das Drossel- oder Schließstück am Belüftergehäuse gehalten sei. Diese Zwischenverallgemeinerung sei unzulässig, da das Streichen der Information, wo das Drossel- oder Schließstück gehalten sei, den sogenannten "Wesentlichkeitstest" nicht erfülle.

b) Artikel 84 EPÜ

Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ in Verbindung mit Regel 42 EPÜ seien nicht erfüllt, da die in den Figuren 7 bis 12 und 20 bis 24 gezeigten Ausführungsbeispiele der Erfindung sich dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht unterordnen ließen. Insbesondere würden diese Ausführungsbeispiele nicht die Merkmale des Anspruchs 1 zeigen, dass der Belüftungskanal in der Mischzone des Belüftergehäuses mündet und zugleich "wenigstens abschnittsweise zwischen dem Auslaufmundstück und dem Belüftergehäuse vorgesehen ist".

IX. Das schriftsätzliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Artikel 123 (2) EPÜ

Der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 entspreche dem Gegenstand der ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 4.

b) Artikel 84 EPÜ

Die in den Figuren 7 bis 12 bzw. 20 bis 24 dargestellten Ausführungsbeispiele fielen unter den Wortlaut des geänderten Anspruchs 1.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 123 (2) EPÜ

1.1 Die Änderungen der Ansprüche sind der technischen Lehre in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen direkt und eindeutig entnehmbar (zu Anspruch 1 siehe die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2 und 4; zu den abhängigen Ansprüchen 2 bis 15 siehe auch die ursprünglich eingereichten Ansprüche 3 und 5 bis 17). Diese Änderungen genügen somit Artikel 123 (2) EPÜ.

1.2 Die Beschwerdeführerin hat dem Einwand der Prüfungsabteilung unter Artikel 123 (2) EPÜ Rechnung getragen, in dem im Anspruch 1 das strittige Merkmal gestrichen wurde, wonach das Drossel- oder Schließstück "in seiner Relativposition zum Belüftergehäuse veränderbar ist". Demnach braucht weder auf diesen Einwand der Prüfungsabteilung noch auf den sogenannten Wesentlichkeitstest eingegangen werden.

1.3 Der Anspruch 1 unterscheidet sich von dem Anspruch 1 des erstinstanzlichen Hilfsantrags lediglich durch die geänderte zweiteilige Form. Damit entspricht der Anspruch 1 im Wesentlichen dem Anspruch 1 des erstinstanzlichen Hilfsantrags, der von der Prüfungsabteilung im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ als zulässig erachtet wurde.

2. Artikel 84 EPÜ

2.1 In der angefochtenen Entscheidung führt die Prüfungsabteilung aus, dass die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ in Verbindung mit Regel 42 EPÜ nicht erfüllt seien, da die in den Figuren 7 bis 12 und 20 bis 24 gezeigten Ausführungsbeispiele der Erfindung sich dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht unterordnen ließen.

2.2 Damit läge allenfalls ein Widerspruch zwischen der Beschreibung und dem Anspruch 1 vor, der zu Zweifeln über den Schutzbereich führen könnte und damit die Klarheit oder Stützung des Anspruchs nach Artikel 84 Satz 2 EPÜ beeinträchtigen oder alternativ dazu führen könnte, dass der Anspruch 1 nach Artikel 84 Satz 1 EPÜ beanstandet werden könnte. Ein solcher Widerspruch hätte mit Regel 42 EPÜ nichts zu tun. Die Erfordernisse von Regel 42 EPÜ sind erfüllt. Der Einwand der Prüfungsabteilung ist also als Einwand unter Artikel 84 EPÜ zu verstehen.

2.3 Entgegen der Auffassung der Prüfungsabteilung, stimmt die Kammer aus folgenden Gründen mit der Beschwerdeführerin überein, dass die strittigen Ausführungsbeispiele unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fallen.

2.4 Der Strahlbelüfter 3 bzw. 4, welchen die Figuren 7 und 8 bzw. 9 bis 12 zeigen, ist in ein (nicht dargestelltes) Auslaufmundstück 9 von der Zuströmseite des Auslaufmundstücks aus bis zu einem Einsteckanschlag eingesetzt (Seite 7, Zeile 27 bis Seite 8, Zeile 2), wobei "zwischen dem Auslaufmundstück 9 und dem Belüftergehäuse 8 ein als Ringraum ausgestalteter Belüftungskanal 16 vorgesehen (ist), der in mehrere am Gehäuseumfang des Belüftergehäuses 8 umlaufend angeordnete und als Kanalauslass dienende Mündungsöffnungen 17 mündet" (Seite 8, Zeile 23 bis 28). Es ist also implizit, dass das Auslaufmundstück das Belüftergehäuse 8 und das Drossel- oder Schließstück 18 des Strahlbelüfters 3 bzw. 4 so umgibt, dass zwischen dem Auslaufmundstück und dem Drossel- oder Schließstück ein erster, sich in vertikaler Richtung erstreckende Abschnitt des als Ringraum ausgestalteten Belüftungskanals 16 gebildet ist. In der in der Figur 8 bzw. 10 gezeigten Offenposition des Strahlbelüfters 3 bzw. 4 ist erkennbar, dass sich an diesen ersten Abschnitt des Belüftungskanals 16 horizontale Abschnitte anschließen, die sich jeweils vom (nicht gezeigten) Auslaufmundstück durch die Durchlassöffnung 26 des Drossel- oder Schließstücks hindurch bis zur jeweiligen Mündungsöffnung 17 des Belüftergehäuses 8 erstrecken, wobei die Mündungsöffnungen 17 zur Mischzone 14 führen (siehe auch Seite 10, Zeile 34 bis Seite 11, Zeile 7; Seite 11, Zeilen 11 bis 14). Damit sind horizontale Abschnitte des Belüftungskanals 16 jeweils zwischen dem (nicht gezeigten) Auslaufmundstück 9 und dem Belüftergehäuse 8 vorgesehen.

2.5 Bei dem in den Figuren 20 bis 24 dargestellten Ausführungsbeispiel ist ebenfalls zwischen dem Auslaufmundstück 9 und dem Drossel- oder Schließstück 18 ein erster, sich in vertikaler Richtung erstreckender Abschnitt des als Ringraum ausgestalteten Belüftungskanals 16 gebildet (Seite 8, Zeile 23 bis 28). In der in der Figur 21 gezeigten Offenposition des Strahlbelüfters 7 ist erkennbar, dass sich an diesen ersten Abschnitt des Belüftungskanals 16 einen zweiten Abschnitt in Form eines sich nach oben hin konisch verjüngenden Ringes anschließt, der sich vom Auslaufmundstück 9 bis zu den Mündungsöffnungen 17 des Belüftergehäuses 8 erstreckt, welche zur Mischzone 14 führen. Damit ist ein ringförmiger Abschnitt des Belüftungskanals 16 zwischen dem Auslaufmundstück 9 und dem Belüftergehäuse 8 vorgesehen.

2.6 Demnach zeigen die Ausführungsbeispiele der Figuren 7 bis 12 und 20 bis 24 sehr wohl, dass der als Ringraum ausgestaltete Belüftungskanal 16 in der Mischzone des Belüftergehäuses 8 mündet und zugleich "wenigstens abschnittsweise zwischen dem Auslaufmundstück und dem Belüftergehäuse vorgesehen ist", wie es Anspruch 1 verlangt. Folglich liegt kein Widerspruch zwischen diesen Ausführungsbeispielen und dem Anspruch 1 vor.

2.7 Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt sind.

3. Stand der Technik

3.1 Die D6 gibt den Stand der Technik wieder, der auf Seite 1, Absatz 2 der ursprünglich eingereichten Beschreibung gewürdigt ist (siehe Punkt 5.3 unten).

3.2 Die Kammer hat diesen Stand der Technik als relevanter als die D1 für die Frage der erfinderischen Tätigkeit angesehen und deshalb die D6 ins Verfahren eingeführt (Artikel 114 (1) EPÜ).

4. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

4.1 Der Anspruch 1 entspricht im Wesentlichen dem Anspruch 1 des erstinstanzlichen Hilfsantrags, dessen Gegenstand von der Prüfungsabteilung als neu und erfinderisch angesehen wurde.

4.2 Die Kammer stimmt zwar im Ergebnis mit der Prüfungsabteilung überein, allerdings aus den nachfolgenden anderen Gründen.

5. Artikel 54 EPÜ

5.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, nachdem die Merkmalskombination dieses Anspruchs dem vorliegenden Stand der Technik nicht entnehmbar ist. Insbesondere ist der beanspruchte Gegenstand aus folgenden Gründen weder in der D1 noch in der D6 offenbart.

5.2 Die D1 offenbart (siehe Figuren 2 und 3 und Absätze 0012 und 0014), in den Worten des Anspruchs 1, eine sanitäre Einheit mit einem Strahlbelüfter 1 ("adapter"), der einen Adapterkörper 14 aufweist ("adapter body 14"), der direkt am Wasserauslauf 12 einer Auslaufarmatur montiert ist ("waterspout 12") und in seinem Gehäuseinneren einen, den zufließenden Wasserstrom in eine Vielzahl von Einzelstrahlen unterteilenden Strahlzerleger 20 hat, dem abströmseitig eine Mischzone zum Belüften der Einzelstrahlen nachgeschaltet, wobei ein in der Mischzone mündender Belüftungskanal mit Einlassöffnungen 18 vorgesehen ist (Absätze 0012 und 0015). Die Einheit weist zum wahlweisen Zu- oder Abschalten der Belüftungsfunktion ein Schließstück in Form eines Steuerrings 16 auf ("control ring 16"), der mittels einer Drehbewegung (Absätze 0012 und 0015), oder alternativ einer Schiebebewegung (Absatz 0018, vorletzter Satz), relativ zum Adapterkörper 14 zwischen einer den Belüftungskanal öffnenden Offenposition und einer den Belüftungskanal verschließenden Schließstellung bewegbar ist (Absatz 0015). In der Schließstellung verschließt das Schließstück 16 den Belüftungskanal im Bereich seiner Einlassöffnungen 18. Der Adapterkörper 14 der D1 stellt ein "Belüftergehäuse" im Sinne des Anspruchs 1 dar, nachdem es "in seinem Gehäuseinneren einen, den zufließenden Wasserstrom in eine Vielzahl von Einzelstrahlen unterteilenden Strahlzerleger hat, dem abströmseitig eine Mischzone zum Belüften der Einzelstrahlen nachgeschaltet ist". Der Adapterkörper 14 bildet jedoch kein (separates) "Auslaufmundstück" im Sinne der Erfindung, das "am Wasserauslauf der Auslaufarmatur montierbar" und "in das ein Strahlbelüfter eingesetzt ist, der ein Belüftergehäuse aufweist". Entgegen der Auffassung der Prüfungsabteilung, stellt das Element 12 der D1 ebenfalls kein "am Wasserauslauf der Auslaufarmatur montierbares Auslaufmundstück" im Sinne des Anspruchs 1 dar, sondern lediglich den Wasserauslauf der Auslaufarmatur. Auch ist der als "Belüftergehäuse" ausgebildete Adapterkörper 14 direkt am Wasserauslauf 12 der Auslaufarmatur montiert. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der sanitären Einheit der D1 also dadurch, dass die sanitäre Einheit zusätzlich ein am Wasserauslauf der Auslaufarmatur montierbares Auslaufmundstück aufweist, in welches der Strahlbelüfter eingesetzt ist, und dass der zumindest eine Belüftungskanal wenigstens abschnittsweise zwischen dem Auslaufmundstück und dem Belüftergehäuse vorgesehen ist.

5.3 Die D6 offenbart eine sanitäre Einheit gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 (siehe Strahlbelüfter 1 und zweiteiliges Belüftergehäuse 7 und 8 in der Figur 1 und Seite 13, Absatz 2, Satz 1, "In Fig.1 ist ein sanitäres Einbauteil dargestellt, das in das Auslaufmundstück einer sanitären Auslaufarmatur einsetzbar ist"; siehe auch das Auslaufmundstück 21 in der Figur 14). Um die Einzelstrahlen in der Mischzone zu belüften, ist zwischen dem Auslaufmundstück und dem Belüftergehäuse ein als Ringraum ausgestalteter Belüftungskanal vorgesehen, der in mehrere am Gehäuseumfang des Belüftergehäuses umlaufend angeordnete und als Kanalauslass dienende Mündungsöffnungen mündet (Figuren 1 und 14). Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dieser sanitären Einheit der D6 durch die Merkmale im Kennzeichen des Anspruchs 1.

6. Artikel 56 EPÜ

6.1 Die Kammer ist der Auffassung, dass der nächstliegender Stand der Technik durch die sanitäre Einheit der D6 gebildet ist. Insbesondere erfordert diese sanitäre Einheit weniger strukturelle bzw. funktionelle Änderungen als diejenige der D1, um zu der beanspruchten Erfindung zu gelangen. Auch zeigt die sanitäre Einheit der D6 die größte Ähnlichkeit mit den dargestellten Ausführungsbeispielen der beanspruchten Erfindung. Schließlich stellt sich die der ursprünglich eingereichten Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe, d. h. die Belüftungsfunktion des Strahlbelüfters auf einfache Weise variieren zu können (siehe Seite 3, Absatz 4 wie ursprünglich eingereicht), nur ausgehend von der D6.

6.2 Mit den im Kennzeichen definierten Unterscheidungs-merkmalen zwischen dem Anspruch 1 und der D6 kann mittels des Drossel- oder Schließstückes direkt in die Funktion des Belüftungskanals und nicht in den mit Luft zu vermischenden Wasserstrahl eingegriffen werden, so dass sich die Belüftungsfunktion des Strahlbelüfters einfach variieren lässt, ohne dass gleichzeitig unbeabsichtigt auch andere Parameter des austretenden Wasserstrahls verändert werden (Seite 4, Absatz 2 wie ursprünglich eingereicht). Auch kann der Strahlbelüfter weiterhin in Verbindung mit handelsüblichen Auslaufarmaturen verwendet werden (Seite 5, Zeilen 4 bis 13 wie ursprünglich eingereicht).

6.3 Diese Unterscheidungsmerkmale lösen also die auf Seite 5a, Zeilen 4 bis 9 formulierte Aufgabe, d. h. eine sanitäre Einheit der aus der D6 bekannten Gattung mit einem Strahlbelüfter zu schaffen, "dessen Belüftungsfunktion sich auf einfache Weise variieren lässt, der entsprechend vielseitig einsetzbar ist und der den Vorbehalten gegenüber herkömmlichen Strahlreglern Rechnung trägt".

6.4 Ein mit dieser Aufgabe befasster Fachmann würde, unter Berücksichtigung des vorliegenden Standes der Technik und seiner Fachkenntnisse, nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung gelangen. Selbst wenn der Fachmann die D1 heranzöge, welche ein Schließstück 16 zum wahlweisen Zu- oder Abschalten der Belüftungsfunktion eines Strahlbelüfters 1 offenbart, würde er der Lehre der D1 folgend das Belüftergehäuse und das Auslaufmundstück der D6 durch den Adapterkörper 14 der D1 ersetzen, der gleichzeitig als Belüftergehäuse und als Auslaufmundstück dient, und direkt am Wasserauslauf der Auslaufarmatur montiert ist (siehe Punkt 5.2 oben). Damit würde er aber nicht zur einer erfindungsgemäßen sanitären Einheit gelangen, welche ein Auslaufmundstück, einen darin eingesetzten Strahlbelüfter, der ein Belüftergehäuse aufweist, und ein Drossel- oder Schließstück aufweist.

6.5 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1, ausgehend von der D6, auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6.6 Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass auch keine der anderen im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften D1 bis D5 für sich genommen oder in Kombination mit der D6 die Bereitstellung einer sanitären Einheit nach dem Anspruch 1 anzuregen vermag.

6.7 Insbesondere beruht der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn der Fachmann von der D1 ausgehen würde:

6.8 Mit den Unterscheidungsmerkmalen zwischen dem Anspruch 1 und der D1 (siehe Punkt 5.2 oben) wird insbesondere vermieden, dass mögliche Kalk-Ausfällungen bzw. -Ablagerungen im Bereich der kaum sichtbaren Einlassöffnungen 18 im Blickfeld des Benützers liegen (Seite 4, Zeile 28 bis Seite 5, Zeile 15 der geänderten Anmeldung).

6.9 Demnach kann die ausgehend von der D1 gelöste Aufgabe darin gesehen werden, die sanitäre Einheit so weiter zu entwickeln, um Kalk-Ausfällungen bzw. -Ablagerungen zu vermeiden.

6.10 Der mit dieser Aufgabe befasste Fachmann würde unter Berücksichtigung des vorliegenden Standes der Technik und seiner Fachkenntnisse nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung gelangen. Insbesondere könnte die D1 alleine den Fachmann nicht zur Lösung führen, weil die D1 ausschließlich lehrt, dass der Adapterkörper 14 direkt am Wasserauslauf 12 der Auslaufarmatur verschraubt ist (Absatz 0014, erster Satz). Auch die weiteren Druckschriften D2 bis D6 würden den Fachmann nicht zur Erfindung führen, insbesondere da sie sich nicht mit der gestellten Aufgabe befassen. Zur Lösung der gestellten Aufgabe hätte der Fachmann am ehesten versucht, die Kalkbildung im Bereich der Einlassöffnungen 18 der D1 durch Änderung ihrer Ausgestaltung und/oder durch Änderung des Adapterkörpers 14 entgegenzuwirken. Beispielweise lägen die D4 (Seite 6, Zeile 34 bis Seite 7, Zeile 2 und Seite 9, Zeilen 21-24) und die D6 (siehe den die Seiten 8 und 9 überbrückenden Absatz und den die Seiten 17 und 18 überbrückenden Absatz) die Verwendung eines Adapterkörpers 14 aus einem kalkabweisenden Kunststoffmaterial bzw. mit einer weichen und/oder wasserabstossenden Außenfläche nahe. Derartige Änderungen entsprächen aber nicht der beanspruchten Lösung.

6.11 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

7. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 15 betreffen bevorzugte Ausführungsformen der sanitären Einheit nach dem Anspruch 1 und genügen deshalb ebenfalls den Erfordernissen der Artikel 54 und 56 EPÜ.

8. Die Kammer hat sich vergewissert, dass die Änderungen in der Beschreibung lediglich diese an die geänderten Ansprüche anpassen.

9. Die Kammer kommt deshalb zu dem Schluss, dass die Unterlagen der Beschwerdeführerin den Erfordernissen des EPÜ genügen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche 1 bis 15, wie mit Schreiben vom 5. Mai 2014 eingereicht;

die Beschreibung, Seiten 1/13 bis 5b/13, wie mit Schreiben vom 5. Mai 2014 eingereicht, und Seiten 6/13 bis 13/13, wie ursprünglich eingereicht; und

Figuren 1 bis 24, wie ursprünglich eingereicht.

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