T 2388/12 () of 30.9.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T238812.20140930
Datum der Entscheidung: 30 September 2014
Aktenzeichen: T 2388/12
Anmeldenummer: 07022541.2
IPC-Klasse: F21K 7/00
G02B 6/00
F21S 4/00
F21Y 101/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: LED-Lichtsystem
Name des Anmelders: MENTOR GmbH & Co.
Präzisions-Bauteile KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: Ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Entscheidung vom 1. Juni 2012 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 07022541.2 mit der Veröffentlichungsnummer EP-A-2063168 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des mit Schriftsatz vom 6. April 2011 eingereichten Anspruchs 1 aus der Zusammenschau der Dokumente EP-A-1830178 (D1) und US-A-6550952 (D5) in naheliegender Weise herleitbar sei und daher auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

Hiergegen legte die Patentanmelderin (Beschwerdeführerin) am 23. Juli 2012 Beschwerde ein; die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet.

Mit der am 1. Oktober 2012 eingegangenen Beschwerdebegründung vom 27. September 2012 hat die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis des zurückgewiesenen Anspruchs 1 vom 6. April 2011 beantragt.

II. Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 8. April 2014 und die dabei mitgeteilte vorläufige Meinung der Kammer hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 7. Juli 2014 zwei Hilfsanträge eingereicht.

In der am 30. September 2014 stattgefundenen mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen geänderten Anspruchssatz eingereicht und den Antrag gestellt, auf der Basis dieser Ansprüche ein europäisches Patent zu erteilen.

III. Der Anspruch 1 des Antrags vom 30. September 2014 hat folgenden Wortlaut:

"LED-Lichtsystem mit LED bestückten Gehäusen (2) und einem ankoppelbaren stabförmigen Lichtleiter (3) zum Abstrahlen von von der LEDs erzeugtem Licht quer zu seiner Längsrichtung und die LEDs jeweils auf einer an eine Stromversorgung anschließbaren Platine (4) angeordnet sind, wobei jedes Gehäuse (2) ein Sockelprofil (5) aufweist, das als Kühlkörper ausgebildet ist und mit der jeweiligen Platine (4) in wärmeleitender Verbindung steht, wobei der Lichtleiter (3) mit den beidseitig endseitig angeordneten, LED bestückten Gehäusen (2) von beiden Enden her bestrahlt ist und jedes Sockelprofil (5) rinnenförmig mit Rippen (6) ausgebildet ist, die einerseits Kühlrippen bilden und andererseits Halterippen zum Aufstecken von Befestigungsclipsen (7)."

IV. Die Argumente der Beschwerdeführerin hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit beruhen im Wesentlich darauf, dass es für den Fachmann nicht naheliege, das Gehäuse (siehe z. B. 206 in Figur 16) des Lichtsystems von D5 durch ein wie in D1 offenbartes Gehäuse zu ersetzen. Dafür fehle eine objektiv nachvollziehbare Anregung, zumal die D5 die geringe Wärmeerzeugung von LEDs einsetzenden Lichtsystemen als Vorteil hervorhebt, vgl. D5, Spalte 7, Zeilen 64 bis 66. Würde der Fachmann dennoch die Wärmeausstrahlung bei D5 reduzieren wollen, würden sich in naheliegender Weise andere Lösungen anbieten, so z. B. das Anbringen einer separaten Kühlvorrichtung um das bereits bestehende Gehäuse.

V. Am Ende der mündlichen Verhandlung hat die Kammer die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen - Artikel 123 (2)

Die gegenüber dem ursprünglich eingereichten unabhängigen Anspruch hinzugefügten Merkmale des Anspruchs 1 sind ursprünglich offenbart, insbesondere in den abhängigen Ansprüchen 3, 5, 7 und 10 und in der Beschreibung, Seite 5, Absätze 1 und 4 der ursprünglich eingereichten Fassung.

Der Anspruchssatz erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 D1 betrifft eine Vorrichtung zur Emission von linienartigem Licht, wofür LEDs 16 linienartig auf einer in einem Gehäuseprofil 4 eingesetzten Platine 17 angeordnet sind. Es können auch mehrere Platinen aneinander gereiht werden. Die LEDs sind also längs der Erstreckung der Lichtquelle und damit auch längs der Stablinse 13 angeordnet. Die Stablinse 13 erstreckt sich selbst über die Gesamtlänge des Gehäuseprofils 4. Das emittierte Licht quer zur Stablinse 13 wird dadurch gebündelt, sodass eine höhere Lichtausbeute erreicht werden kann.

Das Gehäuseprofil 4 weist zudem Mittel zur Wärmeabfuhr auf. Einerseits ist das Gehäuseprofil als Kühlkörper mit Kanälen 18 zur Durchführung von einer Kühlflüssigkeit (siehe Absätze [0046] und [0047]) ausgebildet. Andererseits können an einer Außenseite des Gehäuseprofils ebenfalls Kühlrippen vorgesehen sein (siehe Absatz [0048]).

Anders als in D1, wo die Stablinse keine Lichtleiterfunktion hat, sondern das Licht lediglich in Querrichtung gebündelt wird, sieht der Gegenstand des Anspruchs 1 einen stabförmigen Lichtleiter vor, der an jedem seiner beiden Enden mit einem LED bestückten Gehäuse gekoppelt ist, wobei die LEDs auf Platinen angeordnet sind. Aufgrund dieser Merkmalskombination ist eindeutig ein in den Lichtleiter endseitiges Einkoppeln des LED-Lichts beansprucht, unabhängig von der konkreten Anordnung einer oder mehrerer LEDs auf den Platinen. Eine linienartige Abstrahlung des Lichts wird erfindungsgemäß durch den Lichtleiter erreicht, der das Licht längs seiner Erstreckung transportiert und abstrahlt.

Das erfindungsgemäße Lichtsystem unterscheidet sich demnach sowohl in der Anordnung der LEDs zum Lichtleiter als auch in der Funktion des Lichtleiters von der Lichtquelle gemäß D1.

Im Ergebnis kann aufgrund der durch Aufnahme von ergänzenden Merkmalen vorgenommenen Beschränkung des beanspruchten Gegenstands der nächstliegende Stand der Technik nicht mehr durch D1 dargestellt werden.

3.2 D5 offenbart als Ausführungsbeispiel (siehe Figuren 3, 16 und 19) eine beidseitige stirnseitige Einkopplung von LED-Licht in einen stabförmigen Lichtleiter 14, 200. Die LEDs (22, 216) werden in Platinen 212 eingesetzt, welche mit dem Lichtleiter mittels eines Gehäuses 206 verbunden sind.

Allerdings befasst sich D5 keineswegs mit der Problematik der Wärmeableitung bzw. des Thermomanagements des Gehäuses, und die LEDs der Beleuchtungsvorrichtung gemäß D5 weisen ohnehin eine besonders niedrige Wärmeentwicklung auf (vgl. Spalte 7, Zeilen 64 - 66).

3.3 Nächstliegender Stand der Technik

Aufgrund seiner dem Aufbau des beanspruchten Lichtsystems ähnlichen Grundstruktur stellt D5 den nächstliegenden Stand der Technik und somit den Ausgangspunkt bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit dar.

3.4 Unterscheidung - Objektive Aufgabe

Das Lichtsystem gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von dem durch D5 dargestellten nächstliegenden Stand der Technik durch folgende Merkmale:

- jedes Gehäuse weist ein Sockelprofil auf, das als Kühlkörper ausgebildet ist, und

- jedes Sockelprofil ist rinnenförmig mit Rippen ausgebildet, die einerseits Kühlrippen und andererseits Halterippen zum Aufstecken von Befestigungsclipsen bilden.

Diese Merkmale dienen zur Lösung der in Seite 2, dritter Absatz der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen definierten Aufgabe, nämlich ein LED-Lichtsystem mit einem verbesserten Thermomanagement bzw. überhaupt mit einem Thermomanagement des LED-Gehäuses zu schaffen.

Ausgehend von D5 könnte sich diese objektive Aufgabe für den Fachmann durchaus stellen, sobald das bekannte LED-Lichtsystem z. B. bei Bedarf mit einer stärkeren Beleuchtung auszurüsten wäre.

3.5 Keine naheliegende Lösung

Die Offenbarung der D1 beruht, wie oben ermittelt, auf einem System mit einem einzigen Gehäuse, in welches eine Stablinse eingesetzt wird und welches sich vom Aufbau des aus D5 bekannten Lichtsystems grundlegend unterscheidet. Es ist somit fraglich, ob der Fachmann bei der Suche nach einem adäquaten Thermomanagement der Gehäuse in D5 die D1 überhaupt berücksichtigt bzw. herangezogen hätte, zumal D1 eine andere Aufgabenstellung verfolgt, nämlich eine robustere und kompaktere Messanordnung bzw. Vorrichtung zur Emission von linienartigem Licht zu schaffen (siehe Absatz [0004] von D1), und die Wärmeproblematik nur am Rande anspricht, nämlich im Rahmen von fakultativen weiterbildenden Merkmalen.

Würde der Fachmann die D1 dennoch berücksichtigen, wäre noch die Frage zu beantworten, wie der in D1 enthaltene Hinweis auf ein Thermomanagement in Bezug auf das aus D5 bekannte Lichtsystem überhaupt anzuwenden ist.

Der Fachmann entnimmt der Darstellung in Figur 16 von D5, dass das Gehäuse 206 deshalb hülsenförmig ausgebildet ist, damit die zu verbindenden Teile (Platine, Stablinse) umschlossen werden können. Eine im Anspruch 1 definierte Rinnenform des Gehäuses könnte daher das hülsenförmige Gehäuse von D5 nicht ohne Weiteres ersetzen. Das als Strangprofil 4 ausgebildete Gehäuse von D1 ist nicht rinnenförmig; es muss unterhalb der Stablinse 13 noch weitere Elemente wie die LED-Platine aufnehmen.

Dass der Fachmann in einem naheliegenden Schritt das hülsenförmige Gehäuse von D5 durch das Strangprofil von D1 ersetzen würde, erscheint deshalb auch unwahrscheinlich. Vielmehr könnte er ausgehend von D5 eine mögliche Lösung der gestellten Aufgabe darin sehen, ein zusätzliches, separates Kühlungselement zu planen, welches das hülsenförmige Gehäuse z. B. ummanteln und kühlen würde.

Der beanspruchte Gegenstand ergibt sich also nicht in naheliegender Weise aus der Zusammenschau von D5 und D1.

Die weiteren im Recherchenbericht zitierten Entgegenhaltungen sind für den beanspruchten Gegenstand nicht relevanter als die bereits gewürdigten D1 und D5.

3.6 Der vorliegende Anspruchssatz erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ und insbesondere des Artikels 56 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent zu erteilen mit

- einer noch anzupassenden Beschreibung,

- noch anzupassenden Zeichnungen und

- den Ansprüchen 1 bis 7 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrages.

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