T 2153/12 () of 10.5.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T215312.20160510
Datum der Entscheidung: 10 Mai 2016
Aktenzeichen: T 2153/12
Anmeldenummer: 06004777.6
IPC-Klasse: F16M 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 782 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Werkstückträger
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung (nein)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung Nr. 06 004 777.6 zurückzuweisen.

Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des mit Schreiben vom 11. Juni 2008 eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf die Offenbarung der Druckschriften D1 (FR 2 654 667) und D7 (US 3 866 897) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Patentansprüche, die zusammen mit der Beschwerdebegründung vom 3. September 2012 eingereicht wurden, zu erteilen.

III. Anspruch 1 des einzigen der Kammer vorliegenden Antrags lautet wie folgt (Einfügungen und Streichungen gegenüber der Fassung des Anspruchs, die von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen wurde, sind als solche kenntlich gemacht):

"Werkstückträger mit mindestens einer Aufbauplatte (3), die mindestens eine Bauteil-Aufnahme (4) aufweist, wobei die Aufbauplatte (3) in Sandwich-Bauweise mit mehreren Schichten (5, 6) aufgebaut ist, von denen mindestens zwei Schichten (5, 6) verschiedenes Material aufweisen, dadurch gekennzeichnet,

dass eine Kernschicht (6) der mindestens einen Aufbauplatte (3) eine Toleranzausgleichsfuge (7) aufweist,

und dass die Bauteil-Aufnahme (4) einstückig aus druckfestem Kunststoff ausgeführt ist und an ihrer Auflagefläche mit einem Auflageverschleißteil (8) versehen ist, und dass ein im Wesentlichen aus Standardprofilen modular aufgebauter Grundrahmen (2) vorgesehen ist, auf dem die mindestens eine Aufbauplatte (3)[deleted: oder die Aufbauplatten (3)] gehalten [deleted: sind]ist."

IV. Die Beschwerdekammer hat in einer Mitteilung gemäß Regel 100 (2) EPÜ ihre vorläufige Auffassung zum Ausdruck gebracht und die Beschwerdeführerin zur Stellungnahme aufgefordert.

Die Beschwerdeführerin hat darauf zu den in der Mitteilung der Kammer aufgeworfenen Fragen Stellung genommen.

V. Die Beschwerdeführerin hat Folgendes vorgetragen:

Zulässigkeit der Änderungen

Der neue Patentanspruch 1 vereinige die Merkmale der ursprünglichen Patentansprüche 1, 6, 8 und 9 mit Merkmalen, die auf Seite 4, Zeile 37 - Seite 5, Zeile 34 der ursprünglichen Beschreibung offenbart sind.

Die neuen Patentansprüche 2-7 entsprächen hinsichtlich ihrer zusätzlichen Merkmale den ursprünglichen Patentansprüchen 2-5, 7 und 10.

Damit gingen die vorgenommenen Änderungen nicht über den ursprünglichen Offenbarungsgehalt hinaus.

Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von der Offenbarung der Druckschrift D1 dadurch,

- dass die Bauteil-Aufnahme einstückig aus druckfestem Kunststoff ausgeführt ist und an ihrer Auflagefläche mit einem Auflageverschleißteil versehen ist;

- dass ein im Wesentlichen aus Standardprofilen modular aufgebauter Grundrahmen vorgesehen ist, auf dem die mindestens eine Aufbauplatte gehalten[deleted: ]ist;

- dass eine Kernschicht der mindestens einen Aufbauplatte eine Toleranzausgleichsfuge aufweist.

Ausgehend von der Druckschrift D1 sei der Fachmann mit der objektiven technischen Aufgabe konfrontiert, einen innerhalb eines industriellen Fertigungsablaufs modular verwendbaren und leichten Werkstückträger zu schaffen, der rasch an unterschiedliche jeweils zu transportierende Werkstücke anpassbar ist.

Diese Aufgabe werde erfindungsgemäß insbesondere durch die kennzeichnenden Merkmale des Gegenstands des neuen Patentanspruchs 1 gelöst, indem der Werkstückträger einen modularen Aufbau mit vielfältig kombinierbaren Aufbauplatten und Grundrahmen sowie Vorkehrungen für einen Toleranzausgleich bei Kombination unterschiedlicher Komponenten aufweist.

Durch D7 erhalte der Fachmann die Anregung, bei einer Spann- bzw. Fixiervorrichtung für ein Werkstück an mit einem Werkstück in Berührung bringbaren Kontaktflächen einen Verschleißschutz bzw. austauschbare Auflagen vorzusehen. Übertragen auf die aus D1 bekannte Werkbank würde dies bedeuten, an den in die Bohrungen in der Arbeitsplatte steckbaren Werkstückfixierzapfen jeweils in einem Kontaktbereich mit einem Werkstück einen Verschleißschutz vorzusehen. Da die Werkstückfixierzapfen im Verschleißfall ihrerseits bereits grundsätzlich einfach durch andere Werkstückfixierzapfen austauschbar seien, sei fraglich, ob der Fachmann eine Notwendigkeit für einen zusätzlichen Verschleißschutz an den Werkstückfixierzapfen sehe. Unabhängig davon entspreche der aus einer Kombination der in den Entgegenhaltungen D1 und D7 offenbarten technischen Lehren hervorgehende Gegenstand ersichtlich nicht dem Werkstückträger gemäß dem neuen Patentanspruch 1, zumal eine präzise Fixierung aufzunehmender Bauteile in definierter Höhe in der Druckschrift D7 nicht behandelt werde.

Die Druckschrift D4 ziele vorrangig darauf ab, eine leichte, belastbare Arbeitsplatte mit zueinander planparalleler Ober- und Unterseite zu realisieren. Der Druckschrift D3 seien keine Hinweise zu entnehmen, wie ein definierter, genauer Abstand zwischen Ober- und Unterseite bzw. eine definierte genaue Dicke der Arbeitsplatte realisiert werden könne. Vielmehr hänge die Dicke der Arbeitsplatte stark von der Menge des verwendeten Klebers ab, dessen genaue Dosierung bzw. Aufbringung in der Druckschrift D4 nicht behandelt sei. Somit könne auch der Druckschrift D4 nicht entnommen werden, dass eine Kernschicht der Arbeitsplatte eine Toleranzfuge aufweise, die beispielsweise mit Füllmaterial ausgefüllt werden könne.

Insgesamt ergebe sich der Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 daher nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Entscheidungsgründe

1. Die Anmeldung wurde am 8. März 2006 eingereicht. Deshalb ist im vorliegenden Fall in Anwendung von Artikel 7 der Akte zur Revision des EPÜ vom 29. November 2000 (Sonderausgabe Nr. 4 ABl. EPA, 217) und des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 über die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 der Akte zur Revision des EPÜ vom 29. November 2000 (Sonderausgabe Nr. 4 ABl. EPA, 219) der Artikel 56 EPÜ 1973 anzuwenden.

2. Zulässigkeit der Änderungen

Das Ersetzen des Ausdrucks "auf dem Aufbauplatte (sic) (3) oder die Aufbauplatten (3) gehalten sind" durch "die mindestens eine Aufbauplatte (3) gehalten ist" ist unbedenklich, weil die technische Bedeutung dieser Ausdrücke dieselbe ist.

Das neue kennzeichnende Merkmal "dass eine Kernschicht (6) der mindestens einen Aufbauplatte (3) eine Toleranzausgleichsfuge (7) aufweist" beruht zum Teil auf dem ursprünglichen Anspruch 8, dem zufolge "die Aufbauplatte (3) eine Toleranzausgleichsfuge (7) aufweist". Dass es die Kernschicht ist, die mit einer Toleranzausgleichsfuge versehen wird, ist auf Seite 5, Zeilen 2-3 der Anmeldung offenbart ("Um dennoch Kernschichten 6 mit möglichst geringer Toleranz zu erhalten, wird die Kernschicht 6 gemäß FIG 6 mit einer Toleranzausgleichsfuge 7 versehen, die mit Füllmaterial ausgefüllt ist.").

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Deshalb entsprechen die Änderungen des Anspruchs 1 den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ.

3. Erfinderische Tätigkeit

Zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bedient sich die Kammer des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes.

3.1 Nächstliegender Stand der Technik

Die Prüfungsabteilung hat die Druckschrift D1 als nächstliegenden Stand der Technik angesehen. Die Beschwerdeführerin hat ihre Darlegungen zur erfinderischen Tätigkeit auch auf diese Druckschrift gegründet. Die Kammer sieht keinen guten Grund, von der Wahl der Druckschrift D1 als nächstem Stand der Technik abzugehen.

3.2 Unterschiede

Die Druckschrift D1 offenbart einen Werkstückträger ("établi") mit einer Aufbauplatte (bestehend aus den Teilen 1, 2, 3; siehe Fig. 2), die mehrere Bauteil-Aufnahmen (z.B. die Niederhalter ("valets de menuisier") 12 der Fig. 5 oder die zylindrischen Zapfen ("bouchons cylindriques") 23 und 24 der Fig. 6 und 7) aufweist. Die Aufbauplatte ist in Sandwich-Bauweise mit drei Schichten (1,2) aufgebaut ist, von denen zwei Schichten verschiedenes Material aufweisen (Seite 2, Zeilen 4-5: "... deux parois (1) en contreplaqué de bois dur, collées sur chaque face d'une structure en bois léger (2) ..."; Seite 2, Zeilen 24-25: "... les deux parois en contreplaqué (1) collées sur la structure (2) avec le remplissage (3) en nid d'abeilles.")

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Manche der Bauteil-Aufnahmen, z.B. die Zapfen 23 (auf Fig. 6 dargestellt), sind einstückig ausgeführt (Seite 3, Zeile 17: "... simples bouchons cylindriques (23) ...").

Es ist unbestritten, dass die Druckschrift D1 nicht offenbart, dass die Bauteil-Aufnahme aus druckfestem Kunststoff ausgeführt ist und an ihrer Auflagefläche mit einem Auflageverschleißteil versehen ist.

Die Druckschrift D1 offenbart auch nicht, dass eine Kernschicht der mindestens einen Aufbauplatte eine Toleranzausgleichsfuge aufweist.

Strittig ist hingegen, ob in der Druckschrift D1 ein im Wesentlichen aus Standardprofilen modular aufgebauter Grundrahmen vorgesehen ist, auf dem die mindestens eine Aufbauplatte gehalten ist.

Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass dies der Fall ist und hat das folgendermaßen begründet:

"... und wobei ein im Wesentlichen aus Standardprofilen modular aufgebauter Grundrahmen (4-7) vorgesehen ist, auf dem Aufbauplatte (1-3) oder die Aufbauplatten (1-3) gehalten sind, ..." (Mitteilung gemäß Artikel 94 (3) EPÜ vom 9. März 2012, Blatt 2, Zeilen 1-3; Unterstreichung durch die Kammer).

Die Prüfungsabteilung war also der Auffassung, dass das Ensemble aus Längsträger ("longeron") 4, Auflagebalken ("semelle") 5, senkrechten Balken ("montants") 6 und Querstreben ("barres obliques") 7 des Werkstückträgers der Druckschrift D1 einen modular aufgebauten Grundrahmen bildet.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang folgendermaßen argumentiert:

"Außerdem ist aus D1 nicht bekannt, daß ein im Wesentlichen aus Standardprofilen modular aufgebauter Grundrahmen vorgesehen ist, auf dem die mindestens eine Aufbauplatte gehalten ist. Hierdurch kann eine Aufbauplatte innerhalb eines industriellen Fertigungsablaufs rasch von einem Grundrahmen entnommen und auf einen anderen Grundrahmen unterschiedlicher Breite oder Länge gesteckt bzw. durch eine Aufbauplatte für ein anderes Bauteil ersetzt werden. Im Gegensatz dazu sind bei der aus D1 bekannten Werkbank Gestell und Arbeitsplatte fest miteinander verbunden (Seite 5, Zeile 7-10). Ein schneller Austausch der Arbeitsplatte durch eine andere ist bei der in D1 beschriebenen Werkbank nicht vorgesehen." (Beschwerdebegründung, Seite 2, letzter Absatz).

Die Anmeldung definiert den Begriff "modular aufgebaut" nicht. Der Duden definiert "modular" als "in der Art eines Moduls" oder "in der Form von Modulen" und versteht "Modul" als "austauschbares, komplexes Element innerhalb eines Gesamtsystems, eines Gerätes oder einer Maschine, das eine geschlossene Funktionseinheit bildet".

Die ursprüngliche Anmeldung erklärt, dass "FIG 8 ... eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäßen Werkstückträgers mit einem modular aufgebauten Grundrahmen und mehreren Aufbauplatten in Sandwich-Bauweise" zeigt (Seite 4, Zeilen 7-9). Derselbe Grundrahmen ist auch in der Fig. 7 dargestellt und wird folgendermaßen beschrieben:

"FIG 7 zeigt einen Werkstückträger mit einem Grundrahmen 2 und mehreren daraufgehaltenen Aufbauplatten 3 in Sandwich-Bauweise. Der Grundrahmen 2 ist hier (siehe auch FIG 8) modular aus Standardprofilen aufgebaut".

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Der Grundrahmen 2 der Fig. 7 scheint allerdings nicht aus austauschbaren Modulen, von den jedes eine geschlossene Funktionseinheit bildet, aufgebaut zu sein. Die Modularität dieses Rahmens scheint vielmehr darin zu bestehen, dass er aus einer begrenzten Anzahl von austauschbaren Standardprofil-Bausteinen aufgebaut ist, vergleichbar z.B. mit Spielzeug-Baukästen, in denen Objekte aus einer begrenzten Anzahl von Bausteinen gebaut werden können.

Unter einem "aus Standardprofilen modular aufgebauten Grundrahmen" im Sinne von Anspruch 1 ist daher ein Grundrahmen zu verstehen, der aus einer begrenzten Anzahl von jeweils austauschbaren Standardprofil-Elementen besteht. Dies trifft aber auch auf das Ensemble aus Längsträger ("longeron") 4, Auflagebalken ("semelle") 5, senkrechten Balken ("montants") 6 und Querstreben ("barres obliques") 7 des Werkstückträgers der Druckschrift D1, da die Elemente 5-7 Standardprofil-Elemente darstellen, die jeweils untereinander austauschbar sind.

Der oben zitierte Hinweis der Beschwerdeführerin, dass erfindungsgemäß "eine Aufbauplatte innerhalb eines industriellen Fertigungsablaufs rasch von einem Grundrahmen entnommen und auf einen anderen Grundrahmen unterschiedlicher Breite oder Länge gesteckt bzw. durch eine Aufbauplatte für ein anderes Bauteil ersetzt werden" kann, überzeugt die Kammer nicht, da dieses Argument die Modularität der Aufbauplatte und nicht diejenige des Grundrahmens unterstreicht.

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich also dadurch von der Offenbarung der Druckschrift D1:

- dass die Bauteil-Aufnahme aus druckfestem Kunststoff ausgeführt ist;

- dass die Bauteil-Aufnahme an ihrer Auflagefläche mit einem Auflageverschleißteil versehen ist;

- dass eine Kernschicht der mindestens einen Aufbauplatte eine Toleranzausgleichsfuge aufweist.

3.3 Technische Wirkung

3.3.1 Ausführung aus druckfestem Kunststoff

Die Anmeldung erwähnt für dieses Merkmal den Vorteil der Einfachheit und Kostengünstigkeit (Seite 3, Zeilen 7-8) sowie des geringen Gewichts (Seite 5, Zeilen 9-10). Insbesondere der Vorteil des geringen Gewichts trifft für die meisten gängigen Kunststoffe zu.

3.3.2 Vorsehen eines Auflageverschleißteils

Die Anmeldung offenbart keinen Vorteil des Auflageverschleißteils. Der Fachmann würde den Vorteil eines solchen Teils darin sehen, dass die Lebensdauer der eigentlichen Bauteil-Aufnahme, sofern sie durch Abreibung begrenzt ist, verlängert wird.

3.3.3 Toleranzausgleichsfuge

Die Anmeldung stellt das Vorsehen einer Toleranzausgleichsfuge als "[e]ine besonders einfache und vorteilhafte Möglichkeit, Toleranzen bei der Herstellung der Aufbauplatte zu beseitigen", dar (Seite 3, Zeilen 13-14).

Die technischen Wirkungen der drei unterscheidenden Merkmale sind voneinander unabhängig; die Merkmale stehen in keiner funktionellen Wechselwirkung und beeinflussen sich nicht zur Erreichung eines über die Summe ihrer Einzelwirkungen hinausgehenden technischen Erfolgs. Daher sind die entsprechenden Aufgaben als voneinander unabhängige Teilaufgaben zu behandeln (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA", 7. Auflage, 2013, I.D.9.2.2).

3.4 Formulierung der Teilaufgaben

Die drei zu lösenden Teilaufgaben bestehen also darin, die Vorrichtung der Druckschrift D1 derart zu verändern, dass

- das Gewicht der Bauteil-Aufnahme verringert wird;

- die Lebensdauer der Bauteil-Aufnahme im Hinblick auf Abreibung verlängert wird;

- Toleranzen bei der Herstellung der Aufbauplatte leichter beseitigt werden können.

3.5 Naheliegen

Die Kammer stimmt der Einspruchsabteilung zu, dass der Fachmann, der bemüht ist, das Gewicht der Bauteil-Aufnahme zu verringern, die Verwendung von Kunststoff in Betracht ziehen würde, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden.

Der Fachmann ist sich auch bewusst, dass bei Vorrichtungen zum Halten von Werkstücken die Lebensdauer im Hinblick auf Abrieb durch das Vorsehen von auswechselbaren Verschleißteilen verlängert werden kann. Die Druckschrift D7 lehrt zum Beispiel die Verwendung einer Verschleißplatte 40 in einem Schraubstock (Spalte 3, Zeilen 15-19: "The front face of the movable jaw 14 mounts a wear plate 40. The wear plate 40 forms a consumable member which can be replaced after it is sufficiently grooved by the severing operation to no longer be serviceable."; vgl. Fig. 1)

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, es sei fraglich, "ob der Fachmann eine Notwendigkeit für einen zusätzlichen Verschleißschutz an den Werkstückfixierzapfen [sehe]", da die Zapfen "im Verschleißfall ihrerseits bereits grundsätzlich einfach durch andere Werkstückfixierzapfen austauschbar sind" (Beschwerdebegründung, Seite 3, vorletzter Absatz). Diese Überlegung ist zwar durchaus plausibel, ändert aber nichts an der Feststellung, dass der Fachmann, falls er sich die entsprechende objektive Teilaufgabe stellt, nämlich die Lebensdauer der Zapfen bezüglich Abrieb zu erhöhen, die Verwendung eines Verschleißteils in Betracht ziehen würde, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden.

Das Merkmal der Toleranzausgleichsfuge war im ursprünglichen Anspruch 8 enthalten. Die Prüfungsabteilung hat diesen Anspruch mit folgender Begründung für nicht erfinderisch erklärt:

"Die Merkmale der Ansprüche 4 und 8 beziehen sich auf einfache fachübliche Merkmale (siehe z.B. Dokument D2), die den Umständen entsprechend ohne erfinderische Tätigkeit vom Fachmann eingesetzt würden."

Was Anspruch 8 angeht, ist dieses Argument für die Kammer nicht nachvollziehbar, da die Druckschrift D2 (US 6 241 229) sich weder mit Toleranzen noch mit Ausgleichsfugen beschäftigt.

Der internationale Recherchenbericht zitiert in diesem Zusammenhang die Druckschrift D4 (US 4 816 847) und insbesondere deren Beschreibung, Spalte 5, Zeile 62 bis Spalte 6, Zeile 47, sowie die Fig. 8.

Es stellt sich also die Frage, ob der Fachmann, der vom Gegenstand der Druckschrift D1 ausgeht und nach der Möglichkeit sucht, die Toleranzen bei der Herstellung der Aufbauplatte leichter beseitigen zu können, die Druckschrift D4 in Betracht ziehen würde, bzw. ob er bei Anwendung dieser Lehre zu einem Gegenstand gemäß Anspruch 1 gelangen würde.

Die Druckschrift D4 betrifft ein Positioniersystem, das es erlauben soll, eine sehr genaue Ausrichtung eines Geräts, insbesondere des Photokopfs eines Photoplotters, zu einem Werkstück zu erreichen (Spalte 1, Zeilen 17-20: "This invention relates to an apparatus for performing a controlled operation on a workpiece, ... to achieve application of the instrument to a workpiece with a high degree of accuracy.").

Angesichts der Verschiedenheit der Anwendungsgebiete und der in der Druckschrift D4 offenbarten Zielsetzung ist die Kammer der Auffassung, dass der Fachmann, der den Klapptisch für Hobby-Handwerker gemäß der Druckschrift D1 verbessern möchte und sich die Aufgabe stellt, Toleranzen bei der Herstellung der Aufbauplatte zu beseitigen, die Lösung zu dieser Aufgabe nicht in der Druckschrift D4 suchen würde.

Damit kann dahingestellt bleiben, ob der Fachmann bei Anwendung der Lehre der Druckschrift D4 zu einem Gegenstand gemäß Anspruch 1 gelangen würde.

Der der Kammer vorliegende Stand der Technik stellt die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 somit nicht in Frage.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit den Ansprüchen 1 bis 7, die zusammen mit der Beschwerdebegründung vom 3. September 2012 eingereicht wurden, und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.

Quick Navigation