T 2131/12 () of 20.3.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T213112.20180320
Datum der Entscheidung: 20 März 2018
Aktenzeichen: T 2131/12
Anmeldenummer: 06101335.5
IPC-Klasse: H04M 15/00
G08C 17/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und System zur ortsabhängigen Vergebührung von Dienstleistungen
Name des Anmelders: Swisscom AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Patentansprüche - wesentliche Merkmale
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1180/14

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Anmeldung Nr. 06101335.5 zurückgewiesen wurde.

II. Die Entscheidung wurde darauf gestützt, dass der Anspruch 1 jedes Antrags nicht das Erfordernis der Klarheit erfüllte (Artikel 84 EPÜ). Die Begründung der Entscheidung lautet wie folgt:

"1. Als wesentliches Merkmal wird erachtet, dass mittels der im Identifikationsmodul vorhandenen ersten Schnittstelle Daten vom Lokationstag ausgelesen werden und diese Daten über die zweite Schnittstelle an die Zentraleinheit im Kommunikationsnetz übertragen werden.

In den unabhängigen Ansprüchen aller Anträgen wird beansprucht, dass die zweite Schnittstelle, mit der die Daten des Lokationstags ins Kommunikationsnetz übertragen werden, Teil des mobilen Terminals ist.

Damit die Daten vom Identifikationsmodul ins Kommunikationsnetzübertragen [sic] werden können, müssen die Daten vom Identifikationsmodul an das mobile Terminal übertragen werden. Ohne diese Übertragung der Daten an das Terminal, [sic] kann das Terminal diese Daten nicht an das Kommunikationsnetz weitersenden, weil diese nicht im Terminal verfügbar sind. Da es sich hierbei jedoch nicht um eine Standardfunktion des Identifikationsmoduls handelt, ist es unklar (Artikel 84 EPÜ), auf welchem Wege und wann diese Daten vom Identifikationsmodul, z.B. einer GSM-SIM-Karte, an das mobile Terminal bzw. zur Zentraleinheit, z.B. GSM-Mobilfunkvermittlung MSC, gelangen.

Der Sichtweise der Anmelderin, dass dieses Merkmal kein wesentliches Merkmal für die Erfindung sei und somit nicht angegeben werden müsste, kann sich die Prüfungsabteilung aus obigen Gründen nicht anschließen.

Anspruch 1 eines jeden Antrags, d.h. des Hauptantrages, sowie der Hilfsanträge eins bis vier, ist daher aus dem Wortlaut des Anspruchs selbst unklar (Artikel 84 EPÜ), da ein als wesentlich erachtetes Merkmal fehlt.

Anspruch 1 aller Anträge ist somit nicht gewährbar (Artikel 52 (1) EPÜ).

2. Da keiner der Anträge einen klaren unabhängigen Anspruch 1 aufweist, wird die Anmeldung gemäß Artikel 97(2) EPÜ zurückgewiesen."

III. Anspruch 1 des der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung als Anlage beigefügten Hauptantrags (durch eine Linie abgetrennte handschriftliche Textteile in der Anlage bleiben unberücksichtigt) lautet:

"Verfahren zur lokationsabhängigen Vergebührung einer Dienstleistung, welche Dienstleistung von einem Benutzer mit einem mobilen Terminal (1) über ein mobiles Kommunikationsnetzwerk beansprucht wird, wobei das mobile Terminal ein Identifikationsmodul (2) umfasst,

dadurch gekennzeichnet,

dass das mobile Terminal mit dem Identifikationsmodul zwei voneinander unterschiedliche Kommunikationsschnittstellen aufweist, dass eine erste Kommunikationsschnittstelle der zwei Kommunikationsschnittstellen eine drahtlose Schnittstelle ist, mittels welcher eine nahe Kommunikationsverbindung zwischen dem Identifikationsmodul und mindestens einem Lokationstag aufgebaut wird, dass die zweite der zwei Kommunikationsschnittstellen eine Luftschnittstelle ist, mittels welcher das mobile Terminal eine mobile Kommunikationsverbindung zum mobilen Kommunikationsnetz aufbauen kann,

dass durch eine Auswertung von Daten des mindestens einen externen Lokationstags (30,31) eine Standortidentifikation ermittelt wird, wobei die Daten des mindestens einen Lokationstags über die zweite Kommunikationsschnittstelle auf eine Zentraleinheit eines mobilen Kommunikationsnetzwerks, in welchem das mobile Terminal (1) eingebucht ist, übertragen werden und dass in einer Vergebührungseinheit (53) des mobilen Kommunikationsnetzes zur Vergebührung der durch den Benutzer beanspruchten Dienstleistung ein der Standortidentifikation zugeordneter Vergebührungstarif selektiert wird."

IV. Die schriftliche Entscheidung enthielt zusätzliche Ausführungen, auf die sich die Entscheidung nicht stützte (Punkt 3 der Entscheidungsgründe: "Weitere Gründe, die nicht Bestandteil der Entscheidung sind", Punkt 4: "Klarheit und Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1", Punkt 5: "Allgemeine Bemerkung").

Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin einen einzigen Anspruchssatz ein und beantragte, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage dieses Anspruchssatzes zu erteilen. Weiterhin wurden die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

In einer Mitteilung nahm die Kammer vorläufig Stellung zum Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr und wies auf Unstimmigkeiten im Wortlaut der vorliegenden Ansprüche hin.

Mit Schreiben vom 5. Juli 2017 reichte die Beschwerdeführerin einen geänderten Anspruchssatz ein und brachte weitere Argumente zur Stützung des Antrags auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr vor. Weiterhin wurde sinngemäß die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nur hilfsweise beantragt, falls die Entscheidung der Prüfungsabteilung nicht aufgehoben wird.

V. Der vorliegende unabhängige Anspruch 1 lautet:

"Verfahren zur lokationsabhängigen Vergebührung von einer Dienstleistung, wobei eine Dienstleistung von einem Benutzer mit einem mobilen Terminal (1), welches ein Identifikationsmodul (2) umfasst, beansprucht wird, dadurch gekennzeichnet,

dass über eine drahtlose Schnittstelle des Identifikationsmoduls (2) eine lokale Kommunikationsverbindung zu mindestens einem externen Lokationstag (30,31) mit einer entsprechenden drahtlosen Schnittstelle aufgebaut wird,

dass durch eine Auswertung von Daten des mindestens einen externen Lokationstags (30,31) eine Standortidentifikation ermittelt wird, und

dass in einer Vergebührungseinheit (53) zur Vergebührung der durch den Benutzer beanspruchten Dienstleistung ein der Standortidentifikation zugeordneter Vergebührungstarif selektiert wird."

Entscheidungsgründe

1. Der Zurückweisungsgrund

1.1 Die Prüfungsabteilung begründete die Zurückweisung der Anmeldung damit, dass aufgrund des Fehlens eines wesentlichen technischen Merkmals der Anspruch 1 jedes ihr vorliegenden Antrags nicht klar sei und daher das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ nicht erfülle (vgl. Punkt II oben).

1.2 Gemäß Artikel 84 EPÜ geben die Ansprüche den Gegenstand an, für den Schutz begehrt wird (1. Satz). Sie müssen deutlich, knapp gefasst und von der Beschreibung gestützt sein (2. Satz). Der Gegenstand des Schutzbegehrens ist durch Angabe der technischen Merkmale der Erfindung anzugeben (Regel 43 (1) a) und b) EPÜ). Die Ansprüche bestimmen somit den Gegenstand, wofür Schutz begehrt wird und anhand dessen die Patentierbarkeit, d.h. Neuheit und erfinderische Tätigkeit beurteilt wird. Die Ansprüche müssen daher nicht nur hinsichtlich der Bedeutung des Wortlauts, sondern auch des Zwecks, den zu schützenden Gegenstand so zu definieren, dass eine der Erfindung zugrundeliegende technische Aufgabe gelöst wird, klar sein. Dieses Erfordernis ist in der Regel 43 (3) EPÜ als Annahme formuliert, wonach ein (unabhängiger) Anspruch "die wesentlichen Merkmale der Erfindung wiedergibt".

Bei der Prüfung des Erfordernisses des Artikels 84 EPÜ ist daher zunächst davon auszugehen, dass diejenige Kombination von Merkmalen, die vom Anmelder als unabhängiger Anspruch formuliert ist, die "wesentlichen Merkmale" der Erfindung sind. Umgekehrt bedeutet dies, dass Merkmale, die der Anmelder nicht in einen unabhängigen Anspruch aufgenommen hat, nicht ohne weiteres als "wesentlichen Merkmale" der Erfindung anzusehen sind. Andererseits kann die Aufnahme eines oder mehrerer Merkmale aus der Beschreibung dann erforderlich sein, wenn beispielsweise die in der Beschreibung angegebene technische Aufgabe durch den beanspruchten Gegenstand ohne die Angabe dieser Merkmale nicht gelöst werden kann.

1.3 Die Prüfungsrichtlinien (Ausgabe November 2017, F-IV, 4.5.2) definieren als "wesentliche Merkmale" diejenigen Merkmale, die zur Erzielung einer technischen Wirkung erforderlich sind, mit der die der Anmeldung zugrunde liegende technische Aufgabe gelöst wird. Daher sollen die unabhängigen Ansprüche "alle Merkmale enthalten, die in der Beschreibung ausdrücklich als zur Ausführung der Erfindung notwendig angegeben sind". Eine auf Artikel 84 EPÜ gestützte Forderung der Prüfungsabteilung nach Aufnahme weiterer als "wesentlich" erachteter Merkmale in einen Anspruch sollte demnach nicht im freien Belieben der Prüfungsabteilung stehen, sondern sich auf Angaben in der Beschreibung der Anmeldung, aus denen sich die Wesentlichkeit des Merkmals ergibt, stützen ("ausdrücklich als zur Ausführung der Erfindung notwendig angegeben").

Die Kammer ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Frage, ob das betreffende Merkmal für die Erfindung wesentlich ist oder nicht, anhand von Angaben in der Beschreibung zu beurteilen ist.

1.4 Im vorliegenden Fall hat die Prüfungsabteilung die Wesentlichkeit nicht anhand konkreter Angaben aus der Beschreibung belegt. Vielmehr beruht der Einwand, das Merkmal, wonach mittels der im Identifikationsmodul vorhandenen ersten Schnittstelle Daten vom Lokationstag ausgelesen werden und diese Daten über die zweite Schnittstelle an die Zentraleinheit im Kommunikationsnetz übertragen werden, sei wesentlich für die Erfindung und durch sein Weglassen fehle es dem Anspruch 1 an Klarheit, nur auf der eigenen, nicht weiter belegten Einschätzung der Prüfungsabteilung.

1.5 Ungeachtet der Frage, ob das von der Prüfungsabteilung als wesentlich erachtete Merkmal (siehe oben) selbst überhaupt aus den Anmeldungsunterlagen zu entnehmen ist, kann die Kammer den Anmeldungsunterlagen keinen Hinweis darauf entnehmen, dass dieses Merkmal wesentlich für die Ausführung der Erfindung ist: Auf Einzelheiten der Übertragung von Daten wird in der Beschreibung nicht näher eingegangen.

1.6 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das von der Prüfungsabteilung als wesentlich erachtete Merkmal nicht für die Ausführung der Erfindung wesentlich ist. Demzufolge teilt die Kammer auch nicht die Schlussfolgerung der Prüfungsabteilung, dass das Fehlen dieses Merkmals im Anspruch 1 eine Unklarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ herbeiführt.

1.7 Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben.

2. Die weiteren Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung

2.1 Die Kammer erachtet es im vorliegenden Fall als geboten, zu weiteren Einwänden unter 3.2.1, 3.2.4 und 3.2.7 der angefochtenen Entscheidung insoweit Stellung zu nehmen, da diese Einwände auch den Wortlaut der vorliegenden Ansprüche betreffen:

2.2 In Punkt 3.2.1 der angefochtenen Entscheidung wendet die Prüfungsabteilung ein, der Ausdruck "lokationsabhängige Vergebührung einer Dienstleistung" sei nicht klar.

Eine "Dienstleistung" im üblichen Verständnis dieses Begriffs ist eine erbrachte Leistung, die nicht gegenständlicher Natur ist. Das gleiche scheint auch in der Anmeldung mit dem Begriff "Dienstleistung" gemeint zu sein. Insbesondere ein Telekommunikationsdienst ist demnach eine Dienstleistung. Der Begriff "Dienstleistung" ist daher klar.

Der Ausdruck "lokationsabhängige Vergebührung" impliziert, dass die Höhe einer zu entrichtenden Gebühr ortsabhängig ist. Die Angabe "zur lokationsabhängigen Vergebührung von einer Dienstleistung, wobei eine Dienstleistung von einem Benutzer mit einem mobilen Terminal (1), welches ein Identifikationsmodul umfasst, beansprucht wird" im vorliegenden Anspruch 1 besagt daher, dass die Gebühr für die beanspruchte Dienstleistung ortsabhängig ist und dass der die Dienstleistung beanspruchende Benutzer über ein mobiles Terminal mit den angegebenen Merkmalen verfügt. Der Anspruch legt nur fest, dass eine Kommunikationsverbindung über eine drahtlose Schnittstelle des Identifikationsmoduls des mobilen Terminals zu mindestens einem externen Lokationstag aufgebaut wird. Es ist diesem Wortlaut nach irrelevant, ob das mobile Terminal zur Beanspruchung der Dienstleistung durch den Benutzer verwenden muss oder ob die Dienstleistung über das Terminal erbracht wird. Das Verfahren ist nicht auf die Beanspruchung oder Erbringung der Dienstleistung mit Hilfe des Terminals eingeschränkt. Diese fehlende Einschränkung führt jedoch keine Unklarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ herbei.

2.3 Unter Punkt 3.2.4 der angefochtenen Entscheidung wird angeführt, der Ausdruck "Lokationstag" sei kein feststehender technischer Begriff und daher unklar.

Der "Lokationstag" im Anspruch 1 ist durch das weitere Anspruchsmerkmal, wonach durch eine Auswertung von Daten des Lokationstags eine Standortidentifikation ermittelt wird, in seiner Funktion hinreichend deutlich bestimmt.

2.4 Unter Punkt 3.2.7 wird weiterhin eingewendet, es erscheine unklar, "wie die Vergebührungseinheit des mobilen Kommunikationsnetzes zur Vergebührung der durch den Benutzer mittels des Kommunikationsnetzes beanspruchten Dienstleistung für die Vergebührung von nicht durch oder über das Kommunikationsnetz bereitgestellten Dienstleistungen ausgebildet sein muss (Dienstleistung Haareschneiden / Autowaschen)".

Es ist für das beanspruchte Verfahren jedoch irrelevant und daher für das Erfordernis der Klarheit des beanspruchten Verfahrens nicht notwendig, im Anspruch die Art und Weise der Vergebührung in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen genauer zu spezifizieren.

2.5 Die unter Punkt 3.2.1, 3.2.4 und 3.2.7 der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwände unter Artikel 84 EPÜ halten daher einer Überprüfung durch die Kammer nicht stand.

3. Zurückverweisung

3.1 Die weiteren Ausführungen unter "4. Klarheit und Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1" (Seiten 11 bis 20 der angefochtenen Entscheidung, siehe dort zum Inhalt der Ausführungen) hat die Kammer nicht berücksichtigt. Insbesondere schließt die Kammer aus der auf Seite 12 stehenden Bemerkung

"Die exakte Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des gesamten Verfahrens zur lokationsabhängigen Vergebührung einer Dienstleistung ist angesichts der vielen notwendigen Interpretationen nicht sinnvoll möglich.

Jedoch werden den Merkmalen des beanspruchten Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags aus folgenden Gründen keine erfinderische Tätigkeit (Artikle 56 EPÜ) [sic] beigemessen."

sowie dem Verlauf der mündlichen Verhandlung gemäß der Niederschrift, wonach von 9:19 Uhr bis zum Ende der Verhandlung um 15:30 Uhr ausschließlich das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ erörtert wurde, dass die Prüfungsabteilung sich über die erfinderische Tätigkeit noch keine abschließende Meinung gebildet hat.

3.2 Die Ausführungen unter Punkt 5 (auf eine wörtliche Wiedergabe hier wird verzichtet, siehe in der angefochtenen Entscheidung) sind lediglich allgemeiner Art und lassen keinen spezifischen Einwand unter dem EPÜ erkennen, der einer Überprüfung durch die Kammer zugänglich wäre.

3.3 Daher macht die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung zurück an die Vorinstanz.

4. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr

4.1 Die Beschwerdeführerin trug zur Stützung des Antrags auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr vor, zum einen sei die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend begründet worden (Punkt 9.1 der Beschwerdebegründung sowie Punkt II.a des Schreibens vom 5. Juli 2017), zum anderen sei das rechtliche Gehör nicht gewährt worden (Punkt 9.2 der Beschwerdebegründung sowie Punkt II.b des Schreibens vom 5. Juli 2017).

4.2 Aus den Punkten 1 und 2 der Entscheidungsgründe ist der Grund für die Zurückweisung der Anmeldung zu entnehmen. Die Gründe sind, auch wenn sie der Überprüfung durch die Kammer nicht standhalten (siehe Punkt 1 oben), nachvollziehbar. Ein wesentlicher Verfahrensmangel aufgrund einer nicht begründeten Entscheidung liegt daher nicht vor.

4.3 Die Kammer teilt auch nicht das zusätzliche, von der Beschwerdeführerin erst im Schreiben vom 5. Juli 2017 vorgetragene Argument, die Begründung sei keine logische Kette von Argumenten auf und daher sei die Entscheidung nicht hinreichend begründet. Vielmehr lässt die Begründung zumindest hinreichend den Gedankengang der Prüfungsabteilung erkennen, wonach das Fehlen des oben unter Punkt 1.1 genannten Merkmals einen Mangel an Klarheit des Anspruchs nach sich ziehe. Diese Beurteilung der Prüfungsabteilung ist, wie oben dargelegt, unzutreffend. Sie ist jedoch nicht unzureichend begründet.

4.4 Das rechtliche Gehör sieht die Beschwerdeführerin dadurch verletzt, dass die Prüfungsabteilung erst in der mündlichen Verhandlung Klarheitseinwände erhoben hat, während im vorausgehenden schriftlichen Verfahren ausschließlich Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit erhoben wurden. Der zugrundeliegende Sachverhalt (Ansprüche, Stand der Technik) habe sich jedoch während des schriftlichen Verfahrens nicht geändert. Weiterhin trägt die Beschwerdeführerin vor, sie habe keine Möglichkeit gehabt, die Klarheitseinwände zu widerlegen.

4.5 Die Kammer teilt nicht diese Auffassung. Die Wahrung des rechtlichen Gehörs ist nicht bereits durch die Einführung eines neuen Einwands im Laufe der mündlichen Verhandlung verletzt.

4.6 Ein neuer Einwand gegen die Erteilung eines Patents kann auch während der mündlichen Verhandlung im Prüfungsverfahren erkennbar werden. Es obliegt dann der Prüfungsabteilung, während der mündlichen Verhandlung dem Vertreter ausreichend Zeit einzuräumen, damit er zu dem neuen Einwand Stellung nehmen kann.

4.7 Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde die Verhandlung vor der Prüfungsabteilung mehrfach unterbrochen, um dem Vertreter die Möglichkeit zur Vorbereitung einer Stellungnahme bzw. zum Ändern des Patentbegehrens zu gewähren. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt im vorliegenden Fall daher nicht vor, da der Vertreter auf den erstmals in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwand in der mündlichen Verhandlung eingehen konnte - und auch eingegangen ist - und bis zum Ende der mündlichen Verhandlung keine Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgrund des Erhebens des neuen Einwands geltend gemacht hat.

4.8 Es liegt daher kein wesentlicher Verfahrensfehler vor. Dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird daher nicht stattgegeben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

3. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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