European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T203312.20150602 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 Juni 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2033/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04002510.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08G 18/10 C08G 18/48 C08J 9/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Huntsman International LLC | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Hauptantrag - zugelassen (ja) Spät eingereichtes Dokument - zugelassen (ja) Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (ja) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - unerwartete Verbesserung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 28. Juni 2012 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent 1 471 086 widerrufen wurde. Der Entscheidung lagen ein Hauptantrag und ein erster Hilfsantrag (beide eingereicht mit Schreiben vom 13. April 2012), sowie ein zweiter Hilfsantrag (eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2012) zu Grunde.
II. Die Einsprechende und nun Beschwerdegegnerin hatte Einspruch eingelegt und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang auf Grund mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ) beantragt. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Druckschriften herangezogen:
D1 EP 0 022 617 A1
D3 US 5 494 941
D5 CA 2 164 467 A1
D6 CA 2 164 490 A1
D7 und D8: Testversuche der Einsprechenden, die mit Schreiben vom 13. April 2012 eingereicht wurden.
D9 EP 0 701 578 B1
D10 EP 0 547 764 B1
D11 EP 0 566 248 B1
D12 DMTA-Kurven zu D7 (eingereicht mit Schreiben vom 15. Mai 2012)
D15 "Versuche zur Abgrenzung gegenüber D1 und D3 bis D6, Prepolymersynthese" eingereicht mit Schreiben vom 13. April 2012
III. Anspruch 1 des Hauptantrags lautete wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen durch Umsetzung von
a) Polyisocyanaten mit
b) Verbindungen mit mindestens zwei mit Isocyanatgruppen reaktiven Wasserstoffatomen in Gegenwart von
c) Wasser als Treibmittel,
dadurch gekennzeichnet, dass als Polyisocyanate a) eine Mischung aus mindestens
ai) einem Prepolymer, hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss mindestens eines Polyoxypropylen-Polyols oder eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette im Bereich von maximal 10 Gew.-%, wobei die Hydroxylzahl des Polyoxypropylen-Polyols oder eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette im Bereich von maximal 10 Gew.-% zwischen 30 und 60 mg KOH/g liegt,
aii) einem Prepolymer, hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss mindestens eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette von mindestens 60 Gew.-%,
eingesetzt wird."
IV. Die Einspruchsabteilung führte aus, dass der Hauptantrag keine getrennte Herstellung der Prepolymere ai) und aii) definiere. Da die Druckschriften D3, D5 und D6 die Verwendung von Polyisocyanaten, die ai) und aii) umfassten, offenbarten, stünde die in D3, D5 und D6 offenbarte Herstellung der Polyurethanschaumstoffe dem Hauptantrag neuheitsschädlich entgegen. Aufgrund des zusätzlichen Merkmals, das ein Gewichtsverhältnis zwischen 70:30 und 50:50 für die Prepolymere ai) und aii) in der Komponente a) verlangt, sei das Erfordernis der Neuheit für den ersten und zweiten Hilfsantrag gegeben. Ihr Gegenstand sei aber nicht erfinderisch gegenüber der Druckschrift D1, bzw. D3, die als nächstliegender Stand der Technik galten. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass dieses Unterscheidungsmerkmal eine willkürliche Auswahl für den Fachmann darstelle, der lediglich alternative Verfahren zur Bereitstellung von Polyurethan-Weichschäumen bereitstellen wollte.
Des Weiteren wurden die spät eingereichten Dokumente D9 bis D11, sowie der spät eingereichte Versuchsbericht D12 unter anderem aufgrund mangelnder Relevanz gegenüber den schon im Verfahren befindlichen Dokumenten D1 und D3 bis D6, bzw. Versuchsberichten D7 und D8, nicht ins Verfahren zugelassen. Der Tatsache, dass D11 präformierte Prepolymere beschreibt, sei auf Grund der breiten Auslegung von Anspruch 1 keine entscheidungsrelevante Bedeutung zuzuschreiben.
V. Mit der Beschwerdebegründung vom 8. November 2012 reichte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag sowie drei Hilfsanträge ein. Die Ansprüche des Hilfsantrags 1 lauteten wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen durch Umsetzung von
a) Polyisocyanaten mit
b) Verbindungen mit mindestens zwei mit Isocyanatgruppen reaktiven Wasserstoffatomen in Gegenwart von
c) Wasser als Treibmittel,
dadurch gekennzeichnet, dass als Polyisocyanate a) eine Mischung aus mindestens
ai) einem Prepolymer, hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss mindestens eines Polyoxypropylen-Polyols oder eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette im Bereich von maximal 10 Gew.-%,
aii) einem Prepolymer, hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss mindestens eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette von mindestens 60 Gew.-%,
eingesetzt wird,
wobei das Gewichtsverhältnis der Prepolymere ai) und aii) in der Komponente a) im Bereich zwischen 70:30 und 50:50 liegt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Prepolymere ai) und aii) einen NCO-Gehalt im Bereich zwischen 24 und 31 Gew.-% aufweisen.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das zur Herstellung der Prepolymere ai) und aii) eingesetzte MDI ein Gemisch aus monomerem und polymerem MDI ist.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil an monomerem MDI im Gemisch im Bereich zwischen 60 und 90 Gew.-%, bezogen auf die Menge des eingesetzten Isocyanats, liegt.
5. Polyurethan-Weichschaumstoffe, herstellbar nach einem der Ansprüche 1 bis 4."
VI. Die Erwiderung der Einsprechenden wurde mit Schreiben vom 12. März 2013 eingereicht.
VII. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung gemäß Regel 115 (1) EPÜ erfolgte mit Schreiben vom 7. Oktober 2014.
VIII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 12. Mai 2015 stellte die Kammer die Frage, ob eine Abgrenzung der Komponente a) und somit des beanspruchten Gegenstandes gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D3 (Beispiele 4 bis 10) aus den offenen Formulierungen "aus mindestens" und "hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss.." resultieren könnte.
IX. Mit Schreiben vom 22. Mai 2015 reichte die Beschwerdegegnerin die Norm EN ISO 8307 (D17) ein.
X. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 2. Juni 2015 reichte die Beschwerdeführerin die Norm DIN 53 573 (D18) sowie einen neuen Hauptantrag, der durch eine berichtigte Fassung ersetzt wurde, ein. Anspruch 1 des Hauptantrags, der aus 5 Ansprüchen bestand, hat den folgenden Wortlaut (die Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, eingereicht mit der Beschwerdebegründung wurden von der Kammer hervorgehoben):
"1. Verfahren zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen durch Umsetzung von
a) Polyisocyanaten mit
b) Verbindungen mit mindestens zwei mit Isocyanatgruppen reaktiven Wasserstoffatomen in Gegenwart von
c) Wasser als Treibmittel,
dadurch gekennzeichnet, dass als Polyisocyanate a) eine Mischung aus [deleted: mindestens]
ai) einem Prepolymer, hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss [deleted: mindestens] eines Polyoxypropylen-Polyols oder eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette im Bereich von maximal 10 Gew.-%,
aii) einem Prepolymer, hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss [deleted: mindestens] eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Polyols mit einem Gehalt an Ethylenoxid in der Polyetherkette von mindestens 60 Gew.-%,
eingesetzt wird,
wobei das Gewichtsverhältnis der Prepolymere ai) und aii) in der Komponente a) im Bereich zwischen 70:30 und 50:50 liegt."
Der Wortlaut der Ansprüche 2 bis 5 entsprach dem der Ansprüche 2 bis 5 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags 1.
XI. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Die Einreichung des Hauptantrags sei eine Antwort auf Einwände der Kammer und der Beschwerdegegnerin, dass die Definition der Komponente a) in den vorangegangenen Anträgen keine Abgrenzung des beanspruchten Gegenstandes gegenüber der Offenbarung von D3 erlaubte. Der Hauptantrag unterscheide sich lediglich von dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten 1. Hilfsantrag dadurch, dass das Wort "mindestens" im ganzen Anspruch 1 gestrichen wurde. Diese Änderung stelle keinen Verstoß gegen die Bestimmungen von Artikel 123(2) EPÜ dar. Somit sei die Verwendung von anderen Polyisocyanaten als die unter ai) und aii) genannten, bzw. von mehr als einem Polyol für die Herstellung des Prepolymers ai) oder aii), ausgeschlossen. Des Weiteren ändere sich mit diesen Streichungen nichts an den von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Argumenten. Insbesondere sei festzustellen, dass die Herstellung von Polyisocyanat-Prepolymeren in D3 in einem Eintopfverfahren erfolge, wodurch die Umsetzung einer Mischung aus einem polaren und einem apolaren Polyol mit MDI unter anderem zu gemischten Addukten aus polarem und apolarem Polyol mit MDI führe. Aus diesem Grund sei der Neuheitseinwand im Hinblick auf D3, D5 und D6 mit der geänderten Definition der Komponente a) nun ausgeräumt. Der neue Hauptantrag sei daher ins Verfahren zuzulassen.
b) Das Dokument D11 solle nicht ins Verfahren zugelassen werden, weil es prima facie nicht neuheitsschädlich sei, wie die Einspruchsabteilung zu Recht festgestellt hatte.
c) Als nächstliegender Stand der Technik gelte D3. Dem gegenüber lag die Aufgabe zu Grunde, Polyurethan-Weichschaumstoffe mit verbesserter Offenzelligkeit und verbesserter Rückprallelastizität bereitzustellen. Dass der Einsatz der Prepolymere ai) und aii) gemäß Anspruch 1 gegenüber dem Einsatz eines einzigen Prepolymers, das durch Umsetzung einer Mischung der entsprechenden Polyole und MDI hergestellt wurde, diese Wirkung hat, sei mit dem Versuchsbericht D15 gezeigt worden und von den zitierten Dokumenten nicht nahegelegt. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass die Schaumstoffe im Streitpatent und in D15 ohne Walken der Proben geprüft wurden, da ein solcher Schritt die Zellen des Schaumstoffs öffne und somit keinen Rückschluss bezüglich des Effekts des Verfahrens gemäß Streitpatent auf Offenzelligkeit und Rückprallelastizität der hergestellten Schaumstoffe erlaube. Somit sei der Gegenstand des Hauptantrags erfinderisch.
XII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Die im 1. Hilfsantrag (eingereicht mit Beschwerdebegründung vom 8. November 2012) definierte Komponente a) war eine Mischung enthaltend und nicht bestehend aus den Prepolymeren ai) und aii). Gleicherweise erlaubte die Definition der Prepolymere ai) und aii) in diesem 1. Hilfsantrag die Verwendung weiterer unspezifischer Polyole für die Herstellung der Komponenten ai) und aii). Aus diesem Grund war die Offenbarung der Beispiele 4 bis 10 der Druckschrift D3 für den Gegenstand des 1. Hilfsantrags neuheitsschädlich.
b) Sowohl vor der ersten Instanz als auch im Beschwerdeverfahren hatte die Beschwerdeführerin mehrmals Gelegenheit einen neuen Antrag, dem Antrag der während der Verhandlung eingereicht wurde entsprechend, vorzulegen. Die einzige Basis in den ursprünglichen Unterlagen für die Streichung des Wortes "mindestens" im neuen Hauptantrag lag in den Beispielen, deren Offenbarungsgehalt spezifischer als der des vorliegenden Anspruchs 1 war. Daher bildeten diese Beispiele keine Grundlage für die geänderten Ansprüche. Des Weiteren schließe die Definition der Prepolymere ai) und aii) trotz Streichung des Wortes "mindestens" die Verwendung von weiteren Polyolen für die Herstellung dieser Komponenten nicht aus. Der Hauptantrag sei daher nicht zulässig, da er weder die Bedingungen von Artikel 123 (2) EPÜ erfülle, noch die Neuheit gegenüber D3 wiederherstellen könne. Der spät eingereichte Hauptantrag sollte daher nicht ins Verfahren zugelassen werden.
c) Sollte der Hauptantrag ins Verfahren zugelassen werden, so sollte D11 ebenfalls ins Verfahren zugelassen werden, weil diese Druckschrift in Bezug auf die geänderte Definition der Komponente a) nun relevanter als D3 einzustufen sei. D11 betreffe, wie das Streitpatent, die Verwendung von zwei getrennt hergestellten Polyisocyanaten. Eines dieser zwei Prepolymere sei apolar und enthalte maximal 30 Gew.-% Ethylenoxid in seiner Polyolkomponente. In den Beispielen betrage dieser Gehalt an Ethylenoxid 14 Gew.-%. Gegenüber D11 könne aber die Auswahl eines Gehalts an Ethylenoxid von maximal 10 Gew.-% in der Polyetherkette für das Polyol des Prepolymers ai) keine Neuheit begründen. Gemäß D11 liege das Gewichtsverhältnis zwischen dem apolaren Prepolymer und dem polaren Polymer in einem Bereich von 60:40 bis 95:5. Darüber hinaus umfasse der Ausdruck "Verbindungen mit mindestens zwei mit Isocyanatgruppen reaktiven Wasserstoffatomen" auch Wasser. Somit sei D11 ebenfalls neuheitsschädlich für den Hauptantrag.
d) Der Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber D5 und D6 wurde im Hinblick auf den neu eingereichten Hauptantrag nicht weiterverfolgt.
e) In Bezug auf die erfinderische Tätigkeit gelte die Druckschrift D3 als nächstliegender Stand der Technik. Die Testergebnisse aus D7 widersprächen den Angaben der Beschwerdeführerin in D15, wonach das Verfahren gemäß Streitpatent zu Schaumstoffen mit verbesserten Eigenschaften, insbesondere einer erhöhten Rückprallelastizität, führe. Die Bestimmung der Rückprallelastizität sei in D7 wie in D15 nach der Norm EN ISO 8307 durchgeführt worden. Diese Norm, die mit der im Streitpatent verwendeten Norm DIN 53 573 identisch sei, wie aus D17 hervorgehe, verlange, dass die Proben vor der Messung der Rückprallelastizität aufgewalkt werden. Daher seien die Testversuche in D7 mit einem vorherigen Walken der Schaumstoffproben durchgeführt worden und die Ergebnisse aus D15, die ohne vorheriges Aufwalken der Proben gemessen wurden, in Frage zu stellen. Daher könne die gegenüber D3 tatsächlich gelöste Aufgabe lediglich darin bestehen, ein alternatives Verfahren zur Herstellung von Polyurethanschaumstoffen bereitzustellen. Die Lösung dieser Aufgabe, nämlich die Verwendung von zwei getrennt hergestellten Prepolymeren sei jedoch von D1 und D11 nahegelegt. Der Gegenstand des Hauptantrags sei daher nicht erfinderisch.
XIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrag oder hilfsweise gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.
XIV. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
XV. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Terminologie
Der Terminologie, die von den Parteien verwendet wurde, folgend, wird in der Entscheidung als polares Polyol bzw. apolares Polyol das für die Herstellung der Komponente ai) bzw. aii) verwendete Polyol bezeichnet. Des Weiteren bezeichnet der Begriff MDI sowohl im Streitpatent wie im zitierten Stand der Technik nicht nur die Isomere der Methylendi(phenylisocyanat)- Verbindung (MDI) sondern auch deren Gemisch mit Polyphenylenpolymethylenpolyisocyanaten (Roh-MDI).
3. Zulässigkeit des Hauptantrags
3.1 Nach Artikel 13 (1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen.
3.2 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin erst in der mündlichen Verhandlung einen geänderten Hauptantrag vorgelegt. Der Wortlaut basierte jedoch auf dem Wortlaut des zu Beginn des Beschwerdeverfahrens eingereichten Hilfsantrags 1 (siehe Punkt X oben) und enthielt diesem gegenüber lediglich die Änderung, dass die Komponente a) im Anspruch 1 durch die dreimalige Streichung des Wortes "mindestens" einschränkend definiert wurde.
3.3 Diese Änderung berücksichtigt die Anmerkungen der Beschwerdegegnerin und der Kammer während der mündlichen Verhandlung und in der Mitteilung vom 12. Mai 2015, dass die im Hilfsantrag 1 (eingereicht mit der Beschwerdebegründung) definierte Komponente a) kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber D3 darstellen könnte. Die Verwendung von weiteren unspezifischen Polyisocyanaten in undefiniertem Gewichtsverhältnis neben den Komponenten ai) und aii) und die Verwendung von weiteren unspezifischen Polyolen, ebenfalls in undefiniertem Gewichtsverhältnis, für die Herstellung der Komponenten ai) und aii) ließ die vorherige Definition der Komponente a) zu, womit die Neuheit gegenüber D3 nicht gegeben war. Durch die eingeführte Einschränkung der Definition der Komponente a) wird der Neuheitseinwand auf der Basis von D3, D5 und D6 ausgeräumt (siehe Punkt 6 unten). Außerdem führen die Änderungen zu keinen Einwänden unter Artikel 123 (2), (3) oder Artikel 84 EPÜ (siehe Punkt 5 unten).
3.4 Mit diesen Änderungen wird darüber hinaus ein Gegenstand definiert, der nicht nur dem Kern der Erfindung gemäß Streitpatent -wie es die Beispiele zeigen- entspricht, sondern auch der von der Beschwerdeführerin bis jetzt dargelegten Auslegung des Gegenstands vom Hilfsantrag 1 entspricht, an der sich die gesamte Argumentation der Beschwerdegegnerin anlehnte. Mit anderen Worten, die Beschwerdeführerin hat den Wortlaut des Hilfsantrags 1 an ihre unveränderte Argumentation angepasst. Somit konnte die Beschwerdegegnerin von der Verteidigungslinie der Beschwerdeführerin nicht überrascht werden, wie von ihrer Erwiderung bestätigt wird, in der Einwände und Argumente bezüglich einer engeren Auslegung der vormals definierten Komponente a), d.h. Mischung der getrennt hergestellten Komponenten ai) und aii), angegeben wurden. Die Behandlung des neuen Hauptantrags ist daher der Beschwerdegegnerin zuzumuten.
3.5 Aus den oben angegebenen Gründen wurde daher der geänderte Hauptantrag von der Kammer in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1), (3) VOBK in das Verfahren zugelassen.
4. Zulässigkeit von D11
Auf Grund der späten Einreichung des Hauptantrags, in dem die Polyisocyanate a) aus einer Mischung zweier getrennter Prepolymere ai) und aii), beide hergestellt durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss eines Polyols, definiert werden, wird D11 zumindest im Hinblick auf das Herstellungsprinzip der Polyisocyanate und die resultierende Abwesenheit von Addukten, die sowohl polare als auch apolare Polyole enthalten, relevanter als D3. Somit wird D11 von der Kammer in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) und (3) VOBK in das Verfahren zugelassen.
5. Änderungen
5.1 Die von der Beschwerdegegnerin vorgetragene Begründung für die Unzulässigkeit des Hauptantrags im Hinblick auf die Bestimmungen von Artikel 123 (2) EPÜ bezieht sich lediglich auf die dreifache Streichung des Begriffs "mindestens" im Anspruch 1, d.h. die einzige Änderung gegenüber dem 1. Hilfsantrag (eingereicht mit der Beschwerdebegründung). Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin nicht vorgebracht hat, dass der Gegenstand gemäß 1. Hilfsantrag den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen sei. Die Kammer hat von sich aus keinen Grund für einen solchen Einwand.
5.2 Mit der dreifachen Streichung des Begriffs "mindestens" im Anspruch 1 wird lediglich definiert, dass keine weiteren Polyole als die in ai) und aii) genannten Polyole für die Herstellung dieser Komponenten verwendet werden können, und dass die Komponente a) nur aus ai) und aii) bestehen kann. Eine allgemeine oder konkrete Offenbarung (unter anderem in den Beispielen) für die Verwendung von mehr als zwei Polyolen für die Herstellung jeweils der Prepolymere ai) oder aii) oder eine Beschreibung von Polyisocyanaten, die neben ai) und aii) verwendet werden könnten, ist den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen. Somit entspricht die dreifache Streichung des Begriffs "mindestens" im Anspruch 1 die dem Fachmann offenbarte bevorzugte Ausführungsform der Erfindung gemäß Streitpatent.
5.3 Infolgedessen vermag der Einwand der Beschwerdegegnerin, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt, nicht überzeugen.
5.4 Die Beschwerdegegnerin hat nicht ausgeführt, dass die Änderungen zu einer Erweiterung des Schutzbereichs oder zu Unklarheit führen. Die Kammer hat sich überzeugt, dass kein Grund für solche Einwände besteht. Somit sind die die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ und des Artikels 84 EPÜ ebenfalls erfüllt.
6. Neuheit gegenüber D3
6.1 D3 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen, in dem eine Polyisocyanatmischung mit Polyhydroxylverbindungen in Gegenwart von einem Treibmittel, vorzugsweise Wasser (siehe Spalte 10, Zeile 48), umgesetzt wird (Anspruch 1). Die Polyisocyanatmischung wird gemäß Anspruch 1 durch Umsetzung einer MDI-Mischung mit einer Polyether-Polyolmischung erhalten. Diese Polyether-Polyolmischung enthält mindestens ein Polyoxypropylenglykol mit einer Hydroxylzahl von 120 bis 25 und mindestens ein trifunktionelles Polyoxypropylen-Polyoxyethylen-Polyol mit einer Hydroxylzahl von 120 bis 25, und einem Gehalt an polymerisierten Ethylenoxid-Einheiten von 30 bis 90 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht an polymerisierten Alkylenoxid-Einheiten (Anspruch 1).
6.2 In den Beispielen 4 bis 10 der D3, die von der Beschwerdegegnerin als neuheitsschädlich dargelegt werden, werden gleiche Gewichtsteile eines 1,3-Propandiol gestarteten Polyoxypropylenglykols mit einer Hydroxylzahl von 56 und eines mit Glycerin gestarteten Polyoxypropylen-Polyoxyethylen-Polyols mit einer Hydroxylzahl von 46 und einem Gehalt an polymerisierten Ethylenoxideinheiten von 70 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht an Alkylenoxideinheiten, mit einem Überschuss MDI umgesetzt. Es ist nicht strittig, dass diese beiden Polyole jeweils den polaren und apolaren Polyolen, die für die Herstellung der Komponenten ai) und aii) im Streitpatent verwendet werden, entsprechen. Es ist ebenfalls nicht strittig, dass sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags nur darin von dem aus diesen Beispielen unterscheidet, dass die Polyole getrennt mit einem Überschuss MDI und nicht gemischt mit einem Überschuss MDI umgesetzt werden. Des Weiteren wird nicht bestritten, dass die Umsetzung von MDI mit dieser Mischung von polaren und apolaren Polyolen neben den Addukten aus MDI und nur dem apolaren Polyol und aus MDI und nur dem polaren Polyol, ebenfalls zu gemischten Addukten aus polarem und apolarem Polyol mit MDI führt.
6.3 Der Anspruchsgegenstand des Streitpatents ist aber nunmehr definiert durch die Angabe im Anspruch 1, dass als Polyisocyanatkomponente a) nur ein Gemisch des Prepolymers ai) (Umsetzung von MDI und dem apolaren Polyol) und des Prepolymers aii) (Umsetzung von MDI und dem polaren Polyol) bei der Herstellung des Polyurethan-Weichschaumstoffs verwendet wird. Die Beispiele 4 bis 10 von D3 stehen daher dem Gegenstand des Anspruchs 1 schon deswegen nicht neuheitsschädlich entgegen, da die Definition der Polyisocyanatkomponente a) die Verwendung von gemischten Addukten aus polarem und apolarem Polyol mit MDI wie in diesen Beispielen ausschließt.
6.4 Dem nun vorgetragenen Argument der Beschwerdegegnerin, dass die Neuheit trotzdem nicht gegeben sei, weil die Definition der Prepolymere ai) und aii) mit der Formulierung "durch Umsetzung von MDI mit einem Unterschuss eines ....Polyols" die Verwendung von weiteren Polyolen bei der Herstellung dieser Komponenten zulasse, vermag die Kammer sich nicht anzuschließen. Dieses Argument basiert auf einer nicht korrekten Leseart dieses Ausdrucks, der als solcher eindeutig definiert ist, nämlich, dass nur eine Polyolkomponente für die jeweiligen Herstellungen der Prepolymere ai) und aii) verwendet wird. Aus diesem Grund gibt es keinen Anlass, diesem Ausdruck eine andere Bedeutung beizumessen.
6.5 Folglich kann der Neuheitseinwand der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf D3 nicht überzeugen.
7. Neuheit gegenüber D11
7.1 D11 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines flexiblen Polyurethan-Schaumstoffs durch Umsetzung eines Isocyanat-Vorpolymers mit einem freien NCO-Gehalt von 2 bis 15 Gew.-%, das aus einem Polyoxyalkylenpolyol mit einem Ethylenoxidgehalt von bis zu 30 Gew.-% hergestellt wurde, und eines anderen Isocyanat-Vorpolymers mit einem freien NCO-Gehalt von 25-31 Gew.-%, das aus einem Polyoxyalkylenpolyol mit einem Ethylenoxidgehalt von mindestens 50 Gew.-% hergestellt wurde, wobei das Gewichtsverhältnis des ersten und zweiten Vorpolymers im Bereich von 1.5-19:1 liegt, mit einer isocyanatreaktiven Zusammensetzung, die mindestens 40 Gew.-% Wasser enthält (Anspruch 1). Eine Offenbarung aus einer einzigen Textstelle der D11 für den Gegenstand der Ansprüche des Streitpatents wurde nicht angegeben. Die Beschwerdegegnerin ist der Meinung, dass der Gegenstand des Streitpatents unter Berücksichtigung der Angabe auf Seite 4, Zeilen 3-6 eines Gewichtsverhältnisses zwischen 60:40 und 95:5 für die zwei oben genannten Prepolymere und der Angabe eines Ethylenoxidgehalts für das erste Prepolymer von bis zu 30 Gew.-% offenbart ist. Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent zu gelangen, bedarf es für den Leser einer mehrfachen Auswahl, zumindest der Auswahl einer Menge von maximal 70 Gew.-% für das erste Polymer und der Auswahl eines Ethylenoxidgehalts für das erste Prepolymer von maximal 10 Gew.-%. Einen Hinweis in der D11 auf diese kombinatorische Auswahl dieser Bereiche wurde von der Beschwerdegegnerin nicht angegeben und ist auch für den Leser nicht erkennbar, selbst unter Betrachtung der Beispiele, die als erstes Prepolymer ein Prepolymer mit einem Ethylenoxidgehalt von 14 Gew.-% und ein Gewichtsverhältnis für die zwei Prepolymere von 80:20 verwenden.
7.2 Infolgedessen ist die im Streitpatent beanspruchte Kombination von Merkmalen nicht unmittelbar und eindeutig aus dem Offenbarungsgehalt der Druckschrift D11 zu entnehmen. Der Neuheitseinwand der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf D11 kann daher nicht überzeugen.
8. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der beanspruchte Gegenstand neu ist (Artikel 54 EPÜ).
9. Erfinderische Tätigkeit
Nächstliegender Stand der Technik
9.1 Die Druckschrift D3 wurde von beiden Parteien als nächstliegender Stand der Technik angesehen, unter anderem weil sie ebenfalls das Ziel verfolgt, ein Verfahren zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen mit guten mechanischen Eigenschaften zu entwickeln, bei dem eine gute Homogenisierung der Reaktionsmischung mit polaren Treibmitteln (wie z. B. Wasser) erfolgt. Die Kammer sieht keine Veranlassung von diesem Standpunkt abzuweichen, so dass die D3 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.
Aufgabe und Lösung
9.2 Ausgehend von D3 formulierte die Beschwerdeführerin die technische Aufgabe als die Bereitstellung von Polyurethan-Weichschaumstoffen, die eine verbesserte Rückprallelastizität und Offenzelligkeit aufweisen.
9.3 Als Lösung bietet das Streitpatent das Verfahren gemäß Anspruch 1 bzw. Polyurethan-Weichschaumstoffe herstellbar nach dem Verfahren gemäss Anspruch 1 an. Dieses Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass anstelle der Polyisocyanate, die gemäß D3 hergestellt wurden und daher gemischte Addukte aus polarem und apolarem Polyol mit MDI enthalten, lediglich die im Anspruch 1 genannten Polyisocyanatkomponenten ai) und aii) eingesetzt werden.
9.4 Zum Beleg für eine erfolgreiche Lösung der oben formulierte Aufgabe hat die Beschwerdeführerin auf den Versuchsbericht D15 verwiesen.
9.4.1 In diesem Versuchsbericht wird als Vergleichsbeispiel ein MDI Gemisch mit einem Unterschuss einer Mischung aus einem unpolaren Polyol und einem polaren Polyol umgesetzt. Die erhaltene Polyisocyanatmischung wird anschließend mit Polyhydroxylverbindungen in Gegenwart von Wasser umgesetzt, womit ein Polyurethanschaumstoff erhalten wird. Es ist nicht strittig, dass dieses Vergleichsbeispiel der Lehre der D3 entspricht. Als Beispiel eines Verfahrens gemäß Streitpatent werden die gleichen Komponenten, d.h. unter anderem Polyole, MDI Gemisch, Polyhydroxylverbindungen und Wasser in gleichen Mengen verwendet. Dieses Beispiel unterscheidet sich vom oben genannten Vergleichsbeispiel in dem lediglich die verwendeten Polyole nicht als Gemisch sondern getrennt mit dem MDI Gemisch umgesetzt wurden. Gegenüber dem Schaumstoff hergestellt nach dem Vergleichsbeispiel ist der nach dem Streitpatent hergestellte Schaumstoff offenzelliger (ermittelt durch Messung des Luftwiderstands). Er weist auch eine höhere Rückprallelastizität (gemessen durch "Ball- Rebound" nach der DIN EN ISO 8307) auf.
9.4.2 Infolgedessen spiegelt der Versuchsbericht D15 den Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik wider und zeigt überzeugend, dass eine verbesserte Rückprallelastizität und Offenzelligkeit auf die Lösung gemäß Streitpatent zurückgeführt werden kann.
9.4.3 Die Beschwerdegegnerin wandte ein, dass die Ergebnisse des Versuchsberichts D15 nicht glaubwürdig seien, wie ihre eigenen Testversuche D7 zeigen sollen. Diese Testversuche wurden nach Angaben der Beschwerdegegnerin so durchgeführt, dass die Proben vor der Messung gemäß EN ISO 8307 aufgewalkt wurden. Dieser zusätzliche Prozessschritt des Aufwalkens entspricht jedoch nicht der Lehre des Streitpatents. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 sieht nur die Umsetzung der Produkte a) bis c) vor und das Streitpatent gibt keinerlei Hinweis, dass ein Prozessschritt des Aufwalkens vorgesehen ist. In den Beispielen werden die fertigen Schaumstoffe nach einer Stunde entnommen und deren mechanischen Werte bestimmt, ohne Angabe, dass der Schaumstoff vor Bestimmung der mechanischen Werte aufgewalkt wurde.
9.4.4 Es wurde von der Beschwerdegegnerin nicht gezeigt, dass die DIN 53573, mit der gemäß Streitpatent die Rückprallelastizität in den Beispielen bestimmt wurde, ein Aufwalken der Proben vorsieht. Aus der Angabe auf dem Deckblatt von D17 "Din 53573, February 1985 edition, has been superseded by the specifications of EN ISO 8307, which is identical to ISO 8307" kann lediglich verstanden werden, dass EN ISO 8307 und ISO 8307 identisch sind. Dass eine Identität mit der Norm DIN 53573 vorliege, wie die Beschwerdegegnerin behauptet, kann dieser Angabe nicht entnommen werden. Im Gegenteil wird im Paragraph [0014] des Streitpatents angegeben, dass ein Pendeltest in DIN 53573 für die Bestimmung der Rückfallelastizität verwendet wird, wohingegen diese Größe in ISO 8307 durch "Ball-Rebound" bestimmt wird. Selbst wenn ISO 8307 das Aufwalken unter bestimmten Umständen vorsieht, kann auf Grund des mangelnden Identitätsgehalts zwischen ISO 8307 und DIN 53573 dem Streitpatent nicht entnommen werden, dass die mit DIN 53573 durchgeführte Messung entgegen der Lehre des Streitpatents ein Aufwalken der Proben vorsieht. Im Versuchsbericht D15, in dem die ISO 8307- Norm als andere Methode zur Bestimmung der Rückprallelastizität verwendet wurde, wird des Weiteren unmissverständlich beschrieben, dass die Proben nicht mechanisch aufgewalkt wurden. Daher stellt der in D7 verwendete Test einen anderen als den in D15 benutzten Test dar.
9.4.5 Darüber hinaus werden durch Aufwalken Zellen des Schaumstoffs geöffnet, wodurch zu erwarten ist, dass die Offenzelligkeit und die Rückprallelastizität durch diesen Prozessschritt beeinflusst werden.
9.4.6 Aus den oben genannten Gründen ist der Testversuch D7, der ein Aufwalken der Proben vorsieht, nicht geeignet, um die mit D15 gezeigte Wirkung der Lösung gemäß Streitpatent in Frage zu stellen.
9.5 Daher gilt die in Paragraph 9.2 supra formulierte technische Aufgabe als erfolgreich gelöst.
Naheliegen
9.6 Es bleibt nunmehr zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann eine Anregung bot, die unter Punkt 9.2 supra genannte Aufgabe durch Verwendung eines Gemisches, bestehend aus den vorliegenden Prepolymer ai) und Prepolymer aii) wie im Anspruch 1 definiert, als Polyisocyanate bei der Herstellung der Polyurethan-Weichschaumstoffe zu lösen.
9.7 Die Beschwerdegegnerin hat sich dazu lediglich auf die Druckschriften D11 und D1 gestützt. Sie betreffen ebenfalls die Herstellung von Polyurethanschaumstoffen und offenbaren hierzu die Verwendung von zwei getrennt hergestellten Polyisocyanat-Prepolymeren, die aus MDI und zwei unterschiedlichen Polyolen hergestellt werden. Weder D11 noch D1 enthalten jedoch einen Hinweis auf einen positiven Effekt auf Offenzelligkeit und Rückprallelastizität der produzierten Schaumstoffe, wenn getrennt hergestellte Polyisocyanat-Komponente verwendet werden anstatt einer Polyisocyanat-Komponente, die durch Umsetzung einer Polyolmischung und MDI in einem Eintopfverfahren hergestellt wurde.
9.8 Aus den vorgenannten Gründen kommt die Kammer zum Ergebnis, dass der Schaumstoff gemäß Anspruch 5 und das Verfahren zu seiner Herstellung gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhen. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen weitere Gestaltungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags und einer daran anzupassenden Beschreibung aufrecht zu erhalten.