T 2000/12 () of 22.3.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T200012.20170322
Datum der Entscheidung: 22 März 2017
Aktenzeichen: T 2000/12
Anmeldenummer: 01940503.4
IPC-Klasse: H02K 5/02
H02K 5/08
H02K 7/102
H02K 7/08
H02K 5/173
B66B 11/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Aufzugantrieb mit tragenden Kunststoffteilen
Name des Anmelders: ThyssenKrupp Aufzugswerke GmbH
Name des Einsprechenden: Otis Elevator Company
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 1-5 (nein)
Änderungen - unzulässige Erweiterung Hilfsanträge 6-10 (ja)
Spät eingereichte Tatsachen - zugelassen (nein)
Spät eingereichter Antrag - Antrag eindeutig gewährbar (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden betreffen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher die Einspruchsabteilung die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der Fassung des damaligen Hilfsantrags 5 beschlossen hatte.

II. Die folgenden Dokumente werden in dieser Entscheidung genannt:

D4 : EP 0 841 283 A1

D7 : FR 2 787 941 A3

D8 : EP 0 676 357 A2

D11 : US 4,633,113

D17 : JP 11 166 500

D17a: Englischsprachige Übersetzung zu D17

D20 : DE 199 43 050 A1

D21 : DE 198 38 661 A1

D22 : EP 0 240 670 A2

III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung teilte die Kammer ihre Bedenken darüber mit, ob der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags nahegelegt sein könne. Die Kammer äußerte darüber hinaus ihre vorläufige Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags klar und nicht unzulässig geändert sei.

IV. Am 22. März 2017 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

V. Die beschwerdeführende Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 4, allesamt mit Schreiben vom 15. November 2012 eingereicht, oder auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 5 bis 10, allesamt eingereicht mit Schreiben vom 21. Februar 2017, oder auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2017 eingereichten Hilfsantrags 11 aufrecht zu erhalten.

VI. Die beschwerdeführende Einsprechende beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent zu widerrufen.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 2 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 sowie der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 lauten:

"Aufzugantrieb mit einer als Innen- oder Außenläufer ausgebildeten elektrischen Maschine mit einem Stator (100) und einem Rotor (200) und einer mit dem Rotor (200) in drehfester Wirkverbindung stehenden Treib- oder Antriebsscheibe,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Stator (100) und der Rotor (200) wenigstens ein als Statorgehäuse bzw. Rotorkörper dienendes Kunststoffteil (1, 2) aufweist, in welches elektromagnetische oder permanentmagnetische Funktionselemente (la, 2a) des Stators bzw. Rotors wenigstens teilweise, insbesondere vollständig, eingeschlossen sind."

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 enthält das folgende Merkmal:

"wobei eine Trägerplatte (3) zur seitlichen und einseitigen Aufhängung des Aufzugantriebs vorgesehen ist"

Die unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 7 bis 10 enthalten das folgende korrespondierende Merkmal:

"wobei eine an einer Wand oder einem Rahmen befestigte Trägerplatte (3), an welcher der Aufzugantrieb seitlich und einseitig aufgehängt ist, vorgesehen ist"

IX. Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 11 wurde im Vergleich mit dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 das Merkmal "und einseitig" gestrichen.

X. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Patentinhaberin waren folgende:

Zulassung der Dokumente D20 bis D22

Die neuen Dokumente D20 bis D22 seien nicht in das Verfahren zuzulassen, da sie spät vorgebracht wurden, und nicht relevanter seien, als die im erstinstanzlichen Verfahren befindlichen Dokumente.

So betreffe das Dokument D20 einen Startergenerator, dessen Leistungsbereich lediglich zwischen 2 und 3 kW betrage, wohingegen ein Aufzugantrieb zwischen 15 und 20 kW leiste. Darüber hinaus lägen bei Aufzugantrieben auch andere Drehzahl- bzw. Drehmomentanforderungen vor. Das Dokument D21 betreffe eine elektrische Lenkhilfe oder Pumpe, welche ebenfalls in einem entfernten Leistungsbereich liege. Das Dokument D22 hingegen betreffe zwar Aufzüge, jedoch nicht deren Antrieb sondern an Aufzügen vorgesehene Bremsmotoren, so dass die Lehre von D22 überhaupt nicht auf eine elektrische Maschine eines Aufzugantriebs übertragbar sei.

Hauptantrag sowie Hilfsanträge 1 bis 5

Entgegen der Darstellung der Einsprechenden sei es die objektive Aufgabe der Erfindung, eine vereinfachte Herstellung eines Aufzugantriebs bereitzustellen. Diese objektive Aufgabe gelte gleichermaßen für die beiden genannten Unterschiede zur Offenbarung des Dokuments D7, nämlich dass die elektrische Maschine als Innen- oder Außenläufer ausgebildet ist, sowie dass auch der Rotor ein Kunststoffteil aufweise, welches als Rotorkörper diene. Die genannten Vorteile ergäben sich insbesondere aus Absatz [0020] des Streitpatents. Hierin sei erwähnt, dass durch Verwendung von Kunststoff auf Kleben verzichtet werden könne, ein höherer Korrosionsschutz erreicht werde, sowie zusätzlich eine Imprägnierung des Stators überflüssig werde.

Dokument D7 betreffe einen Aufzugantrieb mit Scheibenläufer. Ein Scheibenläufer sei nicht ohne weiteres durch den Fachmann gegen einen Innen- bzw. Außenläufer austauschbar. Ein derartiger Austausch könne lediglich in rückschauender Betrachtung durchgeführt werden. Dies sei jedoch nicht zulässig. Auch das Dokument D19 offenbare keinen Austausch eines Scheibenläufers durch einen Außenläufer. Die Offenbarung des Dokuments D19 sei auf einen Außenläufer für Aufzugantriebe beschränkt. Zudem sei die von der Einsprechenden genannte Aufgabe zu weit gegriffen.

Das Dokument D17 betreffe lediglich einen Motor für eine Pumpe. Dieser elektrische Motor weise einen anderen Leistungs- und Drehzahlbereich als ein Aufzugantrieb auf. Außerdem sei er wesentlich kleiner, als ein elektrischer Motor für einen Aufzugantrieb. Ein derartiger Aufzugantrieb wiege mehrere 100 Kilo. Darüber hinaus sei in Dokument D17 vorgesehen, dass Flüssigkeit den Luftspalt durchströme und lediglich ein integrierter Schaltkreis gekühlt werde. Daher sei der Anspruch 2 des Hauptantrags durch eine Kombination der Offenbarungen der Dokumente D7 mit D17 nicht nahegelegt.

Im Dokument D8 finde sich keinerlei Hinweis, wie der Fachmann die Herstellung einer elektrischen Maschine erleichtern könne. Ganz im Gegenteil lehre Figur 2 des Dokuments D8 einen zusätzlichen Schritt vorzusehen, in welchem Kunststoff aufgebracht werde, wodurch die Herstellung nicht erleichtert sondern erschwert werde.

Im Dokument D11 gehe es lediglich allgemein um die Befestigung von Magneten am Rotor. Die elektrische Maschine nach Dokument D11 sei für hohe Drehzahlen ausgelegt, wodurch die Fixierung durch eine Bandage aus Kunststofffasern notwendig sei, um entstehenden Fliehkräften zu begegnen. Derartige Fliehkraftprobleme träten bei elektrischen Maschinen für Aufzugantriebe nicht auf, da diese lediglich einen Drehzahlbereich zwischen 100 bis 150 Umdrehungen pro Minute aufwiesen. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags weder aus einer Zusammenschau der Offenbarungen der Dokumente D7 mit D8 noch aus einer Zusammenschau der Offenbarungen der Dokumente D7 mit D11 nahegelegt.

Entsprechendes gelte für die Hilfsanträge 1 bis 5.

Hilfsanträge 6 bis 10

Die Merkmale "seitlich" und "einseitig" seien nicht als synonym zu betrachten. Seitlich könne auch bedeuten, dass der Aufzugantrieb an beiden Seiten des Aufzugs aufgehängt sei. Darüber hinaus entspreche eine Aufhängung nicht einer Montage. Eine Aufhängung impliziere eine Belastung an den Befestigungspunkten. Einseitig sei offenbart auf der Seite 5, dritter Absatz der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen bzw. im Abs. [0029] des Streitpatents. Die Tatsache, dass in dem genannten Absatz der ursprünglichen Offenbarung außer dem Merkmal einseitig noch weitere Merkmale stünden, sei lediglich eine Formalie. Die Aufnahme der weiteren genannten Merkmale in den Anspruch sei nicht notwendig. Das Merkmal "einseitig" stelle lediglich das Merkmal "seitlich" klar. Somit verstießen die Hilfsanträge 6 bis 10 nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

Zulassung des Hilfsantrags 11

Die späte Einreichung des Hilfsantrags 11 erfolge in Reaktion auf die nach Artikel 15 (1) VOBK erlassene Mitteilung der Kammer, aus welcher hervorgehe, dass die Kammer die Merkmale "einseitig" und "seitlich" als synonym betrachte. Der Hilfsantrag 11 trage dem dadurch Rechnung, dass das Merkmal "einseitig" gestrichen sei, um eine Diskussion über die ursprüngliche Auffassung der Kammer zu diesem Merkmal zu ermöglichen.

XI. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Einsprechenden waren folgende:

Zulassung der Dokumente D20 bis D22

Die späte Einreichung sei auf ein spätes Bekanntwerden der Dokumente D20 bis D22 zurückzuführen. Die Dokumente seien in Reaktion auf die in der erstinstanzlichen Entscheidung für gewährbar erachtete Fassung des Streitpatents eingereicht worden, welche auf eine Gewichtsreduktion als objektive Aufgabe abstelle. Insbesondere im Dokument D21 gehe es um die Gewichtsersparnis durch Verwendung von Kunststoff im Rotor, siehe dort Spalte 5, Zeilen 43 bis 53.

Hauptantrag sowie Hilfsanträge 1 bis 5

Aus der Offenbarung des Dokuments D7 seien sämtliche Merkmale des Anspruchs 2 des Hauptantrags bekannt, mit Ausnahme des Merkmals, dass die elektrische Maschine als Innen- oder Außenläufer ausgebildet sei, sowie dass auch der Rotor ein Kunststoffteil aufweise, welches als Rotorkörper diene.

Aus den beiden genannten Unterschieden ergäben sich zwei getrennte technische Probleme.

Hinsichtlich des ersten genannten Unterschieds sei die zu lösende Aufgabe, eine alternative Konfiguration des Magnetfelds der elektrischen Maschine bereitzustellen. Hierzu seien dem Fachmann sämtliche Typen elektrischer Maschinen aus dem allgemeinen Fachwissen bekannt. Darüber hinaus sei die Konfiguration als Innen- oder Außenläufer eine gebräuchliche Alternative. Beispielsweise zeige das Dokument D19 auf Seite 46 in Abbildung 2 einen Außenläufer.

Für den Fachmann sei es daher naheliegend, den aus Dokument D7 bekannten Scheibenläufer durch einen Innen-oder Außenläufer zu ersetzen.

Hinsichtlich des zweitgenannten Unterschieds zur Offenbarung des Dokuments D7 ergebe sich als objektive Aufgabe die Verwendung eines neuen Materials im Rotor zur Anpassung an neue technische Funktionen.

Aufgrund der Tatsache, dass der Anspruch 2 sehr breit formuliert sei, könne die technische Aufgabe entsprechend breit formuliert werden. In der Beschreibung des Streitpatents seien alle möglichen technischen Effekte von Kunststoffen im Rotor genannt. Daher sei die gewählte breite Aufgabe zutreffend.

Zum zweitgenannten Unterschied sei aus dem Dokument D17 eine Pumpe bekannt, deren elektrische Maschine einen aus Harz gegossenen Rotor aufweise. Dokument D17 würde vom Fachmann zurate gezogen, da es bei der zweiten Problemstellung nicht um einen Aufzug an sich gehe, sondern nur darum wie der Rotor einer elektrischen Maschine ausgeführt werden könne. Darüber hinaus betreffe das Dokument D17 eine elektrische Maschine mit ähnlichem Leistungsbereich wie ein Aufzugantrieb. Die technischen Effekte der Verwendung von Kunststoff im Rotor seien vergleichbar mit denen, welche im Streitpatent beschrieben seien. So sei aus den Absätzen [0008] und [0015] der englischen Übersetzung D17a des Dokuments D17 ein Vorteil bei der Wärmeableitung beschrieben und im Absatz [0038] ein Korrosionsschutzeffekt. Ähnliche Passagen fänden sich im Streitpatent in den Absätzen [0013] bzw. [0020]. Darüber hinaus werde bereits im Dokument D7 auf Vorteile durch Verwendung von Kunststoff bei der Wärmeableitung hingewiesen, siehe hierzu die Zeilen 29 bis 31 der Seite 1 des Dokuments D7.

Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags aus einer Zusammenschau der Offenbarungen der Dokumente D7 mit D17 nahe gelegt.

Die Argumentation zum Hauptantrag gelte für die Hilfsanträge 1 bis 5 entsprechend.

Hilfsanträge 6 bis 10

Hinsichtlich der Frage, wie das Merkmal "und einseitig" als separates Merkmal aufzufassen sei, brachte die Einsprechende vor, dass das fragliche Merkmal aus seinem funktionalen Zusammenhang, der im Streitpatent in Absatz [0029] bzw. in der ursprünglich eingereichten Beschreibung auf Seite 5, dritter Absatz beschrieben ist, herausgelöst worden sei. Die ursprüngliche Offenbarung sehe eine klare funktionale Trennung zwischen Bauelementen aus Kunststoff und Bauelementen aus Metall in der elektrischen Maschine vor. Zudem sei auch aufgrund der funktionalen Trennung zwischen Kunststoff und Metall eine unterschiedliche Anordnung in axialer Richtung der entsprechenden Bauteile vorgesehen. Da keines der Merkmale des Kontextes des Merkmals "und einseitig" in den Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 übernommen sei, verstoße der Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 gegen Art. 123 (2) EPÜ.

Dies gelte entsprechend für die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 7 bis 10.

Zulassung des Hilfsantrags 11

Der Hilfsantrag 11 sei nicht in das Verfahren zuzulassen, da das Problem eines möglichen Verstoßes durch das Merkmal "und einseitigen" gegen Art. 123 (2) EPÜ bereits seit der Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden bekannt sei. Darüber hinaus gehe der Hilfsantrag 11 über die Beschwerde hinaus, da sein Gegenstand breiter sei, als der mit der Beschwerde eingereichte Hauptantrag der Patentinhaberin. Somit konvergiere der Hilfsantrag 11 nicht mit den bisher im Verfahren eingereichten Anträgen. Weiterhin sei der Hilfsantrag 1 prima facie nicht gewährbar. Zum einen bestehe er nicht, wie von der Patentinhaberin behauptet, aus einer wörtlichen Zusammenfassung der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 5, 8 und 10. Darüber hinaus sei bereits von der Kammer in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 VOBK darauf hingewiesen worden, dass das Dokument D4 sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 offenbare, auf welchem der Hilfsantrag 11 beruhe. Somit sei der Gegenstand des Hilfsantrags 11 nahegelegt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig

2. Zulassung der Dokumente D20 bis D22

Artikel 12 (4) VOBK

Zu den Dokumenten D20 bis D22 hat die Einsprechende vorgebracht, diese trügen der Entwicklung im Einspruchsverfahren Rechnung, da sie sich auf die in der Entscheidung der Einspruchsabteilung verwendete objektive Aufgabe der Gewichtsreduktion bezögen.

Tatsächlich beschäftigt sich nur das Dokument D21 mit einer Gewichtsreduktion durch Verwendung von Kunststoff im Rotor.

Zudem kommt es ausgehend von der durch die Einsprechende allgemein formulierten Aufgabe der Verwendung alternativen Materials auf die Gewichtsreduktion nicht mehr an. Ebenso wenig ist die Gewichtsreduktion für die durch die Pateninhaberin formulierte Aufgabe der vereinfachten Herstellung von Bedeutung.

Darüber hinaus sind die Dokumente D20 bis D22 prima facie nicht relevanter als die bereits im erstinstanzlichen Verfahren befindlichen Dokumente.

Dokument D20 betrifft einen Startergenerator im Kfz- Bereich und Dokument D21 betrifft eine elektrische Lenkhilfe für Personenkraftwagen. Aufgrund des technisch nicht naheliegenden Gebiets würde der Fachmann diese Dokumente nicht heranziehen. Dokument D22 wiederum betrifft zwar Aufzüge an sich, jedoch befasst sich D22 mit einem Bremsmotor für einen Bauaufzug und dient daher einem völlig anderen technischen Zweck als der beanspruchte Gegenstand.

Die Kammer hat daher ihr Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK derart ausgeübt, die Dokumente D20 bis D22 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

3. Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 5

Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

3.1 Unstrittig bestehen zwischen der Offenbarung des Dokuments D7 und dem Anspruch 2 des Hauptantrags oder der Hilfsanträge 1 bis 4 der Patentinhaberin lediglich zwei Unterschiede. Zum einen, dass die elektrische Maschine als Innen- oder Außenläufer ausgebildet ist und zum anderen, dass auch der Rotor ein als Rotorkörper dienendes Kunststoffteil aufweist.

Angesichts der Breite des Anspruchs 2 ist eine breite Formulierung der objektiven Aufgabe zulässig. Die von der Einsprechenden genannten Teilaufgaben zu den beiden Unterschieden sind daher geeigneter, als die von der Patentinhaberin genannte Aufgabe, die Herstellung der elektrischen Maschine zu vereinfachen.

3.2 Die Kammer geht daher hinsichtlich des erstgenannten Unterschieds, dass die elektrische Maschine nach Anspruch 2 als Innen- oder Außenläufer ausgebildet ist, von der Teilaufgabe aus, eine alternative Anordnung des Magnetfelds in der elektrischen Maschine bereitzustellen.

Dem Fachmann sind aus seinem allgemeinen Fachwissen unterschiedliche Maschinentypen bekannt, darunter auch Scheibenläufer, wie in D7, sowie Innen- und Außenläufer gemäß Anspruch 2. Bei der Auslegung der elektrischen Maschine hinsichtlich Drehzahl, Drehmoment und zur Verfügung stehendem Bauraum wird der Fachmann daher eine den gestellten Anforderungen entsprechende elektrische Maschine auswählen.

Das Ersetzen des Scheibenläufers nach Dokument D7 durch einen Innen- oder Außenläufer liegt daher nach Auffassung der Kammer im Bereich fachüblichen Handelns.

Somit ist die Lösung der dem ersten Unterschied zugrundeliegenden objektiven Teilaufgabe aus der Offenbarung des Dokuments D7 zusammen mit dem allgemeinen Fachwissen nahegelegt.

3.3 Zum zweitgenannten Unterschied, dass der Rotor ein als Rotorkörper dienendes Kunststoffteil aufweist, ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass die von der Patentinhaberin vorgetragene objektive Aufgabe ebenfalls unpassend ist. Von einer vereinfachten Herstellung könnte höchstens dann ausgegangen werden, wenn im Anspruch spezifiziert wäre, auf welche Teile des Rotors sich das Kunststoffteil erstreckt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aus dem Dokument D8 (Figur 2 und Spalte 3, Zeilen 31 bis 43) ergibt sich zudem, dass Kunststoffteile an einem bereits gefertigten Rotor als zusätzliche Teile angebracht werden können. Hierdurch wird die Herstellung jedoch nicht vereinfacht, sondern erschwert, sodass die von der Patentinhaberin formulierte Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 2 nicht in jedem Fall gelöst wird.

Die Kammer ist folglich der Auffassung, dass die von der Patentinhaberin gewählte objektive Aufgabe zu eng formuliert ist.

Demgegenüber ist die von der Einsprechenden formulierte Aufgabe, ein alternatives Material im Rotor zur Anpassung an neue technische Funktionen zu verwenden, wesentlich breiter und für die unterschiedlichen, aber im Anspruch 2 nicht näher spezifizierten technischen Effekte, die durch das Kunststoffteil im Rotor hervorgerufen werden können, treffend formuliert. Die Kammer geht daher bezüglich des zweitgenannten Unterschieds zwischen der Offenbarung des Dokuments D7 und dem Anspruch 2 von der durch die Einsprechende formulierten Teilaufgabe aus.

Im Dokument D17 ist offenbart, den Rotor einer durch einen elektrischen Motor angetriebenen Pumpe aus Kunststoff (Harz) zu gießen, um eine bessere Wärmeabfuhr zu erreichen, siehe Absatz [0008] der zugehörigen englischsprachigen Übersetzung D17a des Dokuments D17.

Zwar führt die Patentinhaberin an, dass das Dokument D17 eine Kühlmittelpumpe für integrierte Schaltungen betreffe und die elektrische Maschine nach D17 folglich einen völlig anderen Leistungsbereich aufweise.

Diese Interpretation von D17 ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht zutreffend. D17 betrifft eine elektrisch angetriebene Pumpe, deren elektronische Steuerung durch das gepumpte Fluid mitgekühlt wird. Der Zweck der Pumpe nach D17 ist daher nicht nur die elektronische Steuerung zu kühlen. Daher kann die elektrische Maschine nach D17 durchaus im selben Leistungsbereich wie jene eines Aufzugantriebs liegen. Darüber hinaus offenbart die englischsprachige Übersetzung D17a des Dokuments D17 in Absatz [0022], dass aufgrund der erhöhten thermischen Leitfähigkeit des im Rotor verwendeten Kunstharzes 10 eine verbesserte Kühlung des Rotors erreicht wird.

Aufzugantriebe sind für unterschiedlichste Anwendungen verfügbar. Da der Anspruch 2 weder auf Aufzugantriebe einer bestimmten Leistungsklasse noch auf bestimmte für die elektrische Maschine vorgesehene Drehzahlbereiche eingeschränkt ist, erübrigt sich nach Auffassung der Kammer eine Diskussion von Leistungs- und Drehzahlbereichen.

Der Fachmann, welcher nach einer Lösung der Aufgabe, ein alternatives Material im Rotor zur Anpassung an neue technische Funktionen zu verwenden sucht, wird daher in der Offenbarung des Dokuments D17 fündig. Da der Fachmann bereits aus der Offenbarung des Dokuments D7 weiß, dass Kunststoffteile im Stator die Wärmeleitung verbessern und aus Dokument D17 bekannt ist, dass dies auch für den Rotor gilt, hätte der Fachmann die Offenbarungen der Dokumente D7 und D17 auch miteinander kombiniert.

Somit ist auch die Lösung der dem zweiten Unterschied zugrundeliegenden objektiven Teilaufgabe aus einer Zusammenschau der Offenbarungen der Dokumente D7 und D17 nahegelegt.

3.4 Da zwischen den beiden ermittelten technischen Unterschieden keinerlei Synergieeffekte bestehen, ist Anspruch 2 des Hauptantrags daher aus einer Zusammenschau der Offenbarungen der Dokumente D7 und D17 sowie, hinsichtlich der ersten Teilaufgabe, mit dem allgemeinen Fachwissen nahegelegt.

Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

3.5 Der Anspruch 2 des Hauptantrags ist wortlautidentisch in den Hilfsanträgen 1 bis 4 (dort Anspruch 2) sowie im Hilfsantrag 5 (dort Anspruch 1) enthalten. Daher beruhen auch deren Gegenstände jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

4. Hilfsanträge 6 bis 10

Unzulässige Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ

4.1 Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 enthält das folgende Merkmal:

"wobei eine Trägerplatte (3) zur seitlichen und einseitigen Aufhängung des Aufzugantriebs vorgesehen ist"

Die unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 7 bis 10 enthalten das folgende korrespondierende Merkmal:

"wobei eine an einer Wand oder einem Rahmen befestigte Trägerplatte (3), an welcher der Aufzugantrieb seitlich und einseitig aufgehängt ist, vorgesehen ist"

4.2 In ihrer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK war die Kammer vorläufig davon ausgegangen, dass die Adjektive "seitlichen" sowie "und einseitige" in Bezug auf das Merkmal "Aufhängung" als synonym zu verstehen sind. Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat sich jedoch ergeben, dass die beiden Adjektive als getrennte Merkmale zu verstehen sind. Daher müssten sie auch beide unabhängig voneinander offenbart sein.

4.3 Zur "seitlichen" Aufhängung heißt es auf Seite 5 im zweiten Absatz der ursprünglich eingereichte Fassung (WO 02/103883 A1):

"Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen elektrischen Maschine weist diese Mittel zu ihrer seitlichen Aufhängung, insbesondere an einem Rahmen auf. Hierdurch ist eine besonders einfache Anbringung der Maschine beispielsweise in einem Aufzugschacht möglich."

Ferner ist auf Seite 9 im dritten Absatz offenbart:

"Die dargestellte elektrische Maschine ist mittels entsprechender Befestigung der Trägerplatte 3 seitlich an einem geeigneten (nicht dargestellten) Rahmen oder einer Wand aufhängbar."

Der ursprüngliche Anspruch 6 offenbart "Mittel, insbesondere eine Trägerplatte (3), zu ihrer seitlichen Aufhängung"

Eine "seitliche" Aufhängung ist daher in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart.

4.4 Zur "einseitigen ... Aufhängung" enthält die ursprünglich eingereichte Fassung nur eine einzige Offenbarungsstelle auf Seite 5, dritter Absatz. Jedoch ist die einseitige Aufhängung dort im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer Merkmale genannt, unter anderem mit einer Ausführung der tragenden Teile des erfindungsgemäßen Antriebs aus Metall sowie der Antriebsteile aus Kunststoff, wobei die Treibscheibe, welche zusätzlich durch die Tragmittel belastet wird, unmittelbar an der Aufhängung positionierbar ist und die relativ leichten Antriebsteile mit größerem axialem Abstand von der Aufhängung positionierbar sind, wodurch an der Aufhängung angreifende Momente deutlich reduzierbar sind.

Die Offenbarung des Merkmals "einseitige Aufhängung" ist durch die Formulierung "dadurch erleichtert" im selben Absatz auf den dort beschriebenen Kontext beschränkt. Da der beschriebene Kontext nicht in die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 6 bis 10 aufgenommen, sondern völlig weggelassen wurde, gehen diese Ansprüche 1 über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.

4.5 Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 sowie die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 7 bis 10 verstoßen daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

5. Zulassung des Hilfsantrags 11

Artikel 13 (3) VOBK

Gemäß Artikel 13 (3) VOBK werden Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist. Ergänzend haben die Beschwerdekammern für den Fall, dass die Änderungen erst während der mündlichen Verhandlung eingereicht werden, weitere Kriterien entwickelt. So muss für die Kammer sofort und ohne größeren Ermittlungsaufwand ersichtlich sein, dass die Änderungen den aufgeworfenen Fragen erfolgreich Rechnung tragen, ohne ihrerseits neue Fragen aufzuwerfen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, IV.E.4.2.6a), Seiten 1283 und 1284).

Der neue Hilfsantrag 11 erfüllt diese Anforderungen nicht. Zum einen ist nicht ersichtlich, wie der Hilfsantrag 11 den aufgeworfenen Fragen Rechnung tragen soll, da die hinzutretenden Merkmale bereits in der Mitteilung der Kammer nach Artikel 15 (1) VOBK angesprochen und als aus dem Dokument D4 bekannt befunden wurden (siehe 3.2.1, letzter Absatz der Mitteilung). Andererseits werfen die im Hilfsantrag 11 durchgeführten Änderungen neue Fragen auf, nämlich, ob der Anspruch 1 des Hilfsantrags 11 klar im Sinne des Artikels 84 EPÜ ist, insbesondere weil die Änderungen den positiven Schluss der Kammer bezüglich der Klarheit der höherrangigen Anträge wieder in Frage stellen.

Die Kammer hat daher ihr Ermessen nach Artikel 13 (3) VOBK derart ausgeübt, den Hilfsantrag 11 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

6. Schlussfolgerung

Da der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 sowie der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhen und die Hilfsanträge 6 bis 10 gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen, gibt die Kammer dem Antrag der Einsprechenden auf Widerruf des Streitpatents statt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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