T 1692/12 () of 23.9.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T169212.20140923
Datum der Entscheidung: 23 September 2014
Aktenzeichen: T 1692/12
Anmeldenummer: 05018562.8
IPC-Klasse: B65B 51/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Clipvorrichtung zum Verschliessen wurstförmiger Verpackungen
Name des Anmelders: Tipper Tie Alpina AG
Name des Einsprechenden: Poly-clip System GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfantrag (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 1 757 522 Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit sowie mangelnde erfinderische Tätigkeit), im Hinblick auf Artikel 100 b) EPÜ (unvollständige Offenbarung) und im Hinblick auf Artikel 100 c) EPÜ (unzulässige Änderungen) angegriffen worden.

III. Die Einspruchsabteilung befand, dass der jeweilige Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des Patents in der erteilten Fassung, bzw. der jeweilige Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 gemäß dem damaligen, einzigen, Hilfsantrag 2 keine erfinderische Tätigkeit aufweise.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Basis der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise das Patent auf Basis des der Beschwerdebegründung beigelegten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

V. Mit ihrer Beschwerdeerwiderung beantragte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

VI. Die Parteien wurden mit Landungsbescheid zur mündlichen Verhandlung geladen.

VII. Mit ihrem Schriftsatz vom 29. August 2014 teilte die Beschwerdeführerin der Kammer mit, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen, bzw. nicht vertreten sein werde. Sie nahm gleichzeitig ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück, hielt ihre Anträge aufrecht, und stellte folgenden zusätzlichen Antrag:

"Sollte bei Gewährbarkeit des Hauptantrags oder Hilfsantrags eine Anpassung der Beschreibung für notwendig gehalten werden, so beantragt die Patentinhaberin hiermit, dass ihr Gelegenheit gegeben wird, die Anpassung der Beschreibung innert einer von der Beschwerdekammer gesetzten Frist einzureichen".

VIII. Am 23. September 2014 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Der Vorsitzende stellte die Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beschwerdeführerin fest.

Das Verfahren wurde sodann nach Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK fortgesetzt.

Die Parteien hielten ihre im schriftlichen Verfahren gestellten Anträge aufrecht.

IX. Der unabhängige Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) und von der Kammer nach seinen Merkmalen gegliedert lautet wie folgt:

"Verfahren zum Verschließen von wurstförmigen Verpackungshüllen mittels Clipsen (13),

1.1 bei welchem durch einen Antrieb (2, 3) und eine Steuerung (4) ein erstes Werkzeug (9) und ein zweites Werkzeug (8) aufeinander zu und voneinander weg bewegt werden, um einen offenen Clip zum geschlossenen Clip zu verformen,

1.2 wobei durch eine Messeinrichtung (10) ein Mass für die zwischen erstem Werkzeug (9) und zweitem Werkzeug (8) wirkende Kraft ermittelt und mit mindestens einem Grenzwert verglichen wird, und wobei

1.3 in Abhängigkeit vom Vergleich durch die Steuerung auf den Antrieb eingewirkt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.4 bei Erreichen oder Überschreiten eines ersten Grenzwertes der begonnene Verschließvorgang fortgesetzt und zu Ende geführt wird und nachfolgend der Antrieb gestoppt wird, und dass

1.5 beim Erreichen oder Überschreiten eines weiteren Grenzwertes der Antrieb sofort gestoppt wird".

Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag entspricht dem unabhängigen Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag mit dem zusätzlichen Merkmal, wonach "der Antrieb nach dem Stopp infolge des weiteren Grenzwertes durch die Steuerung um einen vorgegebenen Umdrehungswinkel zurückgefahren wird".

X. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren Folgendes vorgetragen:

Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheide sich von dem aus der D4 (EP 0 900 733 A1) bekannten Verfahren durch die Merkmale 1.4 und 1.5.

D4 lehre, den Verschlussabstand unmittelbar zu messen und anschließend diesen Wert bedarfsabhängig automatisch nachzujustieren, siehe Absätze [0007], [0008] und [0012].

D4 sehe den Einsatz einer Kraftmessung als nachteilig an und rate dem Fachmann davon ab, siehe Absatz [0009]. Im Absatz [0024] werde am Ende eine zusätzliche Erfassung der Verschließkraft vorgeschlagen, womit es unterscheidbar sein soll, ob eine Abweichung der Klammerhöhe durch Gelenksverschleiß oder Vorhandensein von zwei Klammern im Werkzeug verursacht werde.

Ein Stopp der Maschine bei Nachstellen des Verschlußabstandes sei in D4 nicht erwünscht, da Unterbrechungen der Produktion vermieden werden sollten, siehe Absatz [0012].

Ein "automatisches" Abschalten der Maschine bedeute ein "selbsttätiges" Abschalten, jedoch nicht ein "sofortiges" Abschalten der Maschine.

Die zu lösende Aufgabe liege darin, die Verschliessmaschine optimal gegen eine Fehlbedienung beim Einrichten der Maschine zu schützen.

Zur Lösung dieser Aufgabe könne der Fachmann der Entgegenhaltung D4 nicht entnehmen, zwei Grenzwerte für die Verschließkraft sowie zwei verschiedene Arten des Stopps der Maschine vorzusehen. Insbesondere finde sich in D4 kein Hinweis auf einen sofortigen Stopp.

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Wenn der Verschlussabstand einstellbar sei, so werde man die Werkzeuge auch so entlasten können und brauche keine Durchführung einer Rückwärtsbewegung.

XI. Die Beschwerdegegnerin hat Folgendes vorgetragen:

Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Die Anwendung eines Kraftsensors zur Erfassung der Verschließkraft sei in D4 offenbart, siehe Absatz [0024].

Die Formulierung "vorzugsweise" im Absatz [0012] der D4 impliziere, dass der Autor der D4 auch eine manuelle Verstellung des Verschlussabstandes berücksichtigen wollte. Da die auf dem Markt befindlichen durchschnittlichen Clipmaschinen mit Taktzahlen im Bereich von 100 Takten pro Minute arbeiten, scheide bei einer manuellen Einstellung des Verschlussabstandes ein Weiterlauf der Clipmaschine zwingend aus. Mithin ergebe sich aus der D4 unmittelbar, dass bei einem nicht korrekten Verschlussabstand, d.h. bei einem Verschlussabstand außerhalb eines Sollwertbereiches (erster Grenzwert), die Maschine den Verschließvorgang zu Ende führe und erst dann den Antrieb stoppe, um eine manuelle Einstellung des Verschlussabstandes zu ermöglichen.

Darüber hinaus offenbare die D4, dass in einem gravierenden Störfall, wenn z.B. zwei Verschlussklammern zwischen den Verschließwerkzeugen aufeinander platziert seien, die Verschließmaschine automatisch abgeschaltet werde, da aufgrund der Menge des dazwischen befindlichen Materials die angestrebte Klammerhöhe nicht erreicht werden könne, siehe Spalte 3, Zeilen 15 bis 22. Ein weiteres Zufahren der Verschließwerkzeuge bis auf die vorgegebene Verschlusshöhe würde nämlich unmittelbar zu Beschädigungen dieser Werkzeuge führen.

Das automatische Abschalten kann in diesem Fall für einen Fachmann nur ein sofortiges Anhalten der Maschine, um solche Beschädigungen zu vermeiden, bedeuten.

Dem Fachmann sei hierdurch unmittelbar gezeigt, dass nicht nur ein weiterer Grenzwert vorhanden sei, sondern auch, dass das Überschreiten dieses weiteren Grenzwerts fatale Folgen haben werde und ein sofortiges Stoppen des Antriebs erfolgen müsse.

Selbst wenn ein Fachmann das sofortige Abschalten der Maschine in diesem Fall nicht "mitlese", so ergebe sich dies doch für den Fachmann in naheliegender Weise aus den vorgenannten Gründen.

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Ursache für die Überschreitung des weiteren Grenzwertes in D4 sei das Vorhandensein von zwei Clipverschlüssen zwischen den beiden Verschließwerkzeugen.

Es verstehe sich von selbst, dass nach dem sofortigen Stopp infolge des Überschreitens des weiteren Grenzwertes der Antrieb zurückgefahren werden müsse, um, erstens, eine Entlastung der verspannten Werkzeuge zu erreichen, und zweitens, diese Werkzeuge zugänglich zu machen.

Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 ergebe sich daher für den Fachmann in offensichtlicher Weise.

Entscheidungsgründe

1. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

1.1 Es ist unstreitig, dass ein Verfahren mit den Merkmalen 1.1 bis 1.3 des Anspruchs 1 aus D4 bekannt ist.

Zur Kraftmessung (Merkmal 1.2) siehe Punkt 1.4 unten.

1.2 Daher unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 von dem aus der D4 bekannten Verfahren, dadurch dass

"[1.4] bei Erreichen oder Überschreiten eines ersten Grenzwertes der begonnene Verschließvorgang fortgesetzt und zu Ende geführt wird und nachfolgend der Antrieb gestoppt wird", und dass

"[1.5] beim Erreichen oder Überschreiten eines weiteren Grenzwertes der Antrieb sofort gestoppt wird".

1.3 Die Kammer stellt zunächst fest, dass seitens der Beschwerdeführerin nicht behauptet wurde, dass ein Synergie-Effekt zwischen den o.g. Merkmalen existiere. Die Kammer kann selbst keinen solchen Effekt feststellen.

1.4 Die Kammer merkt an, dass, unbeschadet der in der D4 vorhandenen Bezeichnung des Erfassens des Verschlussabstandes als "geeigneter", in D4 eine Erfassung der Verschließkraft, alleine oder sogar in Kombination mit der Erfassung des Verschlussabstandes, offenbart ist, siehe Absatz [0024].

Als nachteilig wird in D4 lediglich angesehen, dass die Verschließkrafterfassung von weiteren Faktoren, wie beispielsweise dem Verformungswiderstand bzw. den Reibungskräften abhängig ist. Dass ein Fachmann die Messung der Verschließkraft aus diesen Gründen ablehnen sollte, geht jedoch aus D4 nicht hervor. Die Kammer geht somit davon aus, dass im Verfahren nach D4 "ein Mass für die zwischen erstem Werkzeug und zweitem Werkzeug wirkende Kraft ermittelt" wird.

1.5 In den Absätzen [0002] und [0005] der D4 ist außerdem angegeben, dass die Qualität eines Verschließverfahrens von dem Maß der Genauigkeit der Beibehaltung der vorgegebenen Klammerhöhe bzw. des eingestellten Verschlussabstandes abhängt, und dass der Verschleiß im Hebelsystem der Vorrichtung dazu führt, dass der Verschlussabstand ständig zunimmt, so dass Verschlussklammern immer weniger fest verschlossen werden. Die Überwachung der Beibehaltung der vorgegebenen Klammerhöhe wird anhand eines Kraftsensors, siehe Punkt 1.4 oben, durchgeführt, und anschließend wird der Verschlussabstand dementsprechend nachjustiert, siehe Absatz [0024].

1.6 Gemäß Absatz [0012] der D4 läuft ein solches Nachjustieren der Maschine, wenn der gemessene Verschlussabstand außerhalb eines Sollwertbereichs liegt, "vorzugsweise" automatisch ab. Das gleiche muss für die gemessene Kraft gelten.

Die Kammer folgt dazu der von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten und diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Argumentation, wonach die Formulierung "vorzugsweise" im oben zitierten Absatz [0012] der D4 impliziert, dass der Autor der D4 auch die einzige andere Alternative, d.h. eine manuelle Verstellung des Verschlussabstandes berücksichtigt gesehen haben wollte. Nach dieser Argumentation muss im vorliegenden Fall das Merkmal 1.4 des Anspruchs 1 dabei als eine nicht-automatische bzw. eine händische Alternative zu der aus der D4 bekannten automatischen Nachjustierbarkeit betrachtet werden.

Es ist dabei offensichtlich, dass im Falle einer händischen Justierung die Maschine angehalten werden muss. Ein solches Verfahren kann bekanntermaßen nur aus der Ruhelage der Verschließwerkzeuge heraus durchgeführt werden, d.h. die Verschließwerkzeuge müssen sich hierzu in der geöffneten Stellung (Ruhelage) befinden. Diese Lage ist jedoch erst erreicht, wenn der Verschließvorgang fortgesetzt und zu Ende geführt worden ist.

1.7 Ein händisches Nachjustieren der Maschine erlaubt den Verzicht auf einen aufwändigen, bei laufender Maschine zu betätigenden Justiermechanismus zur Einstellung der Verschließkraft und somit die Bereitstellung einer billigeren Verschließmaschine bzw. eines billigeren Verschließverfahrens.

1.8 Die in Bezug auf das Merkmal 1.4 des Anspruchs 1 zu lösenden Aufgabe ist daher darin zu sehen, das aus D4 bekannte Verschließverfahren so weiter zu entwickeln, dass dies eine kostengünstigere Herstellung qualitativ guter Verschlüsse ermöglicht.

1.9 Die Kammer folgt der von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten und diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Argumentation, wonach es sich beim Verzicht auf einen aufwändigen automatischen Justiermechanismus und bei gleichzeitiger Umstellung auf manuelle Justierung des Verschlussabstandes um eine Maßnahme im Rahmen einer ständig vom Fachmann zu betreibenden Kosten-Nutzen-Analyse bzw. um die Berücksichtigung von Kundenwünschen betreffend Kostenminimierung handelt, welche jedoch nicht das Resultat einer erfinderischen Tätigkeit ist.

1.10 In Bezug auf das o.g. Merkmal 1.5 bemerkt die Kammer, dass ein automatisches Abschalten einer Maschine, bzw. ihres Antriebs, wie es im Absatz [0010] der D4 erwähnt ist, zwei alternative Möglichkeiten in sich hat, nämlich ein sofortiges und ein zeitlich versetztes Anhalten des Antriebs der Maschine. Der Fachmann weiß, dass beim Auftreten eines gravierenden Störfalls in der Maschine, wie wenn z.B. zwei Verschlussklammern zwischen den Verschließwerkzeugen platziert sind, je früher der Antrieb der Maschine angehalten wird, umso kleiner der zu verursachende Schaden sein wird.

Dem Fachmann wird hierdurch unmittelbar deutlich, dass ein weiterer Grenzwert nicht nur vorhanden sein muss, sondern auch, dass das weitere Überschreiten dieses Grenzwerts fatale Folgen haben kann und ein sofortiges Stoppen des Antriebs erfolgen muss.

1.11 Das sofortige Abschalten des Antriebs der Maschine nach dem Überschreiten dieses weiteren Grenzwerts ist für den Fachmann die zwingende Auswahl aus den zwei o.g. Alternativen um einen eventuellen weiteren Schaden durch die Fehlfunktion der Maschine zu vermeiden, bzw. um die schnellstmögliche Behebung der Fehlfunktion zu ermöglichen.

1.12 Die Kammer folgt auch diesbezüglich der von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten und unwidersprochen gebliebenen Argumentation, wonach das in D4 vorgesehene automatische Abschalten der Maschine für den Fall, dass zwei Verschlussklammern sich gleichzeitig zwischen den Schließwerkzeugen befinden, siehe Absatz [0010], impliziert, dass dieses Abschalten so schnell wie möglich erfolgen soll und dass daher der Fachmann den in solchen Verfahren üblichen und auch in der Streitpatentschrift angegebenen elektrischen Servomotorantrieb, siehe Spalte 4, Zeilen 18 bis 31, wegen dessen inhärente kurze Reaktionszeit ohne erfinderisch tätig zu werden auch für die aus D4 bekannte Maschine anwenden würde. Ein solcher Antrieb kann bekanntermaßen in Abhängigkeit von dem jeweiligen Grenzwert so betrieben werden, dass entweder innerhalb desselben Zyklus, bzw. sofort, oder erst nach Beendigung des laufenden Zyklus die Maschine gestoppt wird. Im zweiten Fall kann der Verschlussabstand anschließend von Hand eingestellt werden.

1.13 Aus der Lehre der D4 wird klar, dass die darin beschriebene Vorrichtung, bzw. das darin beschriebene Verfahren sich mit unterschiedlichen Arbeitssituationen, wie z.B. die ständige Zunahme des Verschlussabstands wegen des Verschleißes des Hebelsystems der Maschine, siehe Spalte 2, Zeilen 24 bis 30, bzw. mit dem Auftreten von unterschiedlichen Fehlfunktionen, wie z.B. mit dem Überschreiten oder Gar-nicht-Erreichen der erforderlichen Klammerhöhe/Verschließkraft, siehe Spalte 3, Zeilen 19 bis 22, und somit mit unterschiedlichen Grenzwerten, zurechtkommen müssen.

Die Kammer, in Übereinstimmung mit der von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten und unwidersprochen gebliebenen Argumentation, erachtet es daher als für den Fachmann offensichtlich, dass zumindest zwei verschiedene Grenzwerte für die Verschließkraft und zwei verschiedene Arten des Stopps der Maschine vorgesehen werden, um diesen o.g. unterschiedlichen Arbeitssituationen der Maschine zu bewältigen bzw. denen entgegenzusteuern.

1.14 Für das Argument der Beschwerdeführerin, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 nur darauf gerichtet sei, eine Verschließmaschine optimal gegen Fehlbedienung beim Einrichten der Maschine zu schützen, konnte die Beschwerdeführerin keine Basis im Streitpatent vorweisen. Auch im Anspruch 1 selbst ist eine Durchführung des Verfahrens nur während eines Probelaufs der Maschine nicht beansprucht. Nicht nur das, sondern gemäß Spalte 4, Zeilen 18 bis 38 der Streitpatentschrift wird das Einstellen bzw. Nachjustieren des Verschließabstandes im erfindungsgemäßen Verfahren während des laufenden Verfahrens nicht nur bei der Anfangseinstellung sondern ständig vorgenommen.

Dieses Argument kann somit nicht greifen.

1.15 Aus den o.g. Gründen folgt, dass die Merkmale 1.4 und 1.5 des Anspruchs 1 dem Fachmann durch sein fachmännisches Wissen nahe gelegt werden und dass daher der Gegenstand des Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit aufweist.

2. Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

2.1 Die Kammer folgt der von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung weiter vorgebrachten und unwidersprochen gebliebenen Argumentation, wonach es für den Fachmann offensichtlich ist, im Falle eines sofortigen Anhaltens des Antriebs der aus der D4 bekannten Maschine wegen Vorliegens von zwei Verschlussklammern in der Matrize, d.h. im Falle eines Überschreitens des weiteren Grenzwertes, die Steuerung des Antriebs um einen vorgegebenen Umdrehungswinkel zurück zu fahren, um eben diese Klammern aus der Matrize zu entfernen und somit den Fehler zu beheben. Dadurch werden auch die unter Vorspannung stehenden Verschließwerkzeuge entlastet. Die Zuhilfenahme der Steuerung für dieses unumgängliche Zurückfahren des Antriebs ist eine normale Automatisierungsmaßnahme, die der Fachmann ohne erfinderisch tätig zu werden im Rahmen des üblichen technischen Vorgehens trifft.

2.2 Die von der Beschwerdeführerin aufgestellte Behauptung, wonach die Werkzeuge auch ohne Rückwärtsbewegung entlastet werden können, könnte zwar stimmen. Dies würde jedoch zu keinem anderen Ergebnis bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führen, da die Rückwärtsbewegung nach der Überzeugung der Kammer ohnehin die einfachere Lösung ist, wenn die Maschine mit elektrischen Servomotoren ausgestattet ist, siehe Punkt 1.12 oben.

Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 ergibt sich daher für den Fachmann in offensichtlicher Weise.

2.3 Die Kammer ist aus den o.g. Gründen der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag keine erfinderische Tätigkeit aufweist.

3. Da weder der Hauptantrag noch der Hilfsantrag von der Kammer als gewährbar erachtet wird, ist der mit Schriftsatz vom 29. August 2014 eingereichte zusätzliche Antrag der Beschwerdeführerin, siehe Punkt VII oben, obsolet geworden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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