European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T168212.20160722 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Juli 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1682/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08405214.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 1/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Computergehäuse mit Steckkartenmodul | ||||||||
Name des Anmelders: | Kontron AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung mit der Nummer 08405214.1 mangels erfinderischer Tätigkeit aller Anträge zurückzuweisen.
II. Unter anderen wurden die folgenden Dokumente im Prüfungsverfahren genannt:
D1 = WO 02/21 888 A
D8 = US 6 078 504 A.
III. Beschwerde gegen die Entscheidung wurde am 24. April 2012 eingelegt und die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung ging am 24. Juni 2012 ein. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage von Ansprüchen 1-15 des Hauptantrags oder Ansprüchen 1-12 des Hilfsantrags, beide eingereicht mit der Beschwerdebegründung. Die übrigen Anmeldungsunterlagen sind:
Beschreibung, Seiten
1, 3-10 ursprüngliche Fassung
2, 2a, 2b eingereicht am 22. Dezember 2011
Zeichnungen, Blätter
1-2 ursprüngliche Fassung.
Die Beschwerdeführerin hat auch einen Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
IV. Mit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige, negative, Meinung zur Erfolgsaussicht der Beschwerde mit. Folgendes Dokument wurde von der Beschwerdekammer eingeführt:
D10 = Auszug aus dem Internet Artikel "G4 Cube & Cinema Display", Oktober 2000, gefunden im Internet: URL:http://archive.arstechnica.com/reviews/4q00/g4cube_cd/g4-cube-1.html [gefunden am 15. Februar 2016]; die Seiten- und Linien-Nummerierung wurden von der Beschwerdekammer hinzugefügt.
V. Die mündliche Verhandlung fand am 22. Juli 2016 statt, in Abwesenheit der Beschwerdeführerin, wie vorab angekündigt.
VI. Der Hauptantrag weist einen einzigen unabhängigen Anspruch auf, Anspruch 1, der wie folgt lautet:
"Computergehäuse (41) zur freistehenden Verwendung, aufweisend einen Computer (10) mit Steckplätzen für die Aufnahme von Erweiterungskarten, dadurch gekennzeichnet, dass der Computer zur Aufnahme der Erweiterungskarten (51) einen Kartenträger (20) aufweist, welcher
- eine Träger-Steckverbindung (47) aufweist und über die Träger-Steckverbindung (47) durch Einschieben des Kartenträgers in das Computergehäuse (41) mit einem Kommunikationsanschluss (49) des Computers (10) verbindbar ist,
- mindestens eine Adapter-Steckverbindung (48) aufweist, in welche eine Erweiterungskarte (51) einsteckbar ist,
- wobei der Kartenträger (20) eine Kommunikationsverbindung zwischen der Träger-Steckverbindung (47) und der mindestens eine Adapter-Steckverbindung (48) aufweist, wobei
das Computergehäuse (41) einen Kühlkanal aufweist, der senkrecht über die ganze Höhe des Computergehäuses (41) verläuft, wobei
der Kühlkanal durch Kühlkörper oder Kühlplatten mit Kühlrippen (8) gebildet wird".
VII. Der (einzige) unabhängige Anspruch des Hilfsantrags, Anspruch 1, enthält die zusätzlichen Merkmale, dass
- die Trägerplatte (46) des Kartenträgers (20) parallel zum Motherboard (14) des Computers {10) angeordnet ist und parallel zum Motherboard (14) einführbar respektive herausziehbar ist,
- der Computer (10) zur passiven Kühlung während des Betriebes vorgesehen ist, und dazu während des Betriebes vorgesehen ist, dass der Computer (10) aufrecht steht, und in diesem Zustand die Trägerplatte (46) und das Motherboard (14) senkrecht angeordnet sind, und
- die passive Kühlung durch einen senkrecht verlaufenden Luftstrom geschieht, der unter anderem in den Zwischenräumen zwischen den senkrecht angeordneten Platinen von Motherboard, Trägerplatte und Erweiterungskarte verläuft.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
Entscheidungsgründe
1. Stand der Technik
Nach Ansicht der Kammer stellt D1 den nächstliegenden Stand der Technik dar. Dieses Dokument offenbart ein Computergehäuse zur freistehenden Verwendung, aufweisend einen Computer mit Steckplätzen für die Aufnahme von Erweiterungskarten (Abbildung 1). Der Computer weist zur Aufnahme der Erweiterungskarten einen Kartenträger (11) auf (Seite 6, Zeile 15, Seite 7, Zeile 2), welcher
- eine Träger-Steckverbindung aufweist und über die Träger-Steckverbindung durch Einschieben des Kartenträgers in das Computergehäuse mit einem Kommunikationsanschluss des Computers verbindbar ist (Abbildung 1, Referenzzeichen 19),
- mindestens eine Adapter-Steckverbindung aufweist, in welche eine Erweiterungskarte einsteckbar ist (Abbildung 1, Referenzzeichen 13),
- wobei der Kartenträger eine Kommunikationsverbindung zwischen der Träger-Steckverbindung und der mindestens eine Adapter-Steckverbindung aufweist (Abbildung 1, Verbindung 91, und Seite 9, Zeilen 19 bis 20).
Die Kammer teilt folglich die Auffassung der Prüfungsabteilung zur Offenbarung von D1 (siehe Punkt 3.1 in der Entscheidungsbegründung), welcher die Beschwerdeführerin nicht widersprochen hat.
2. Hauptantrag
2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von der Offenbarung von D1 dadurch, dass das Computergehäuse einen Kühlkanal aufweist, der senkrecht über die ganze Höhe des Computergehäuses verläuft, wobei der Kühlkanal durch Kühlkörper oder Kühlplatten mit Kühlrippen gebildet wird.
2.2 Die durch dieses Merkmal zu lösende Aufgabe ist nach Ansicht der Kammer, eine Kühlvorrichtung für den Computer vorzusehen, die auch passiv, also ohne Einsatz z.B. eines Ventilators, oder wenigstens mit nur geringem Energieaufwand, funktionieren kann.
2.3 Die Kammer teilt die Meinung der ersten Instanz, dass dieses unterscheidende Merkmal an sich bekannt ist, und zwar als eine auf dem Kamineffekt beruhende passive Kühlvorrichtung.
2.4 Als Beispiel für eine solche Vorrichtung hat die erste Instanz auf die Offenbarung des Dokuments D8 verwiesen. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass das Gehäuse in D8 kein Computergehäuse sei, und auf die besonderen thermischen Verhältnisse in einem Computergehäuse, in welchem zusätzliche Erweiterungskarten zusammen mit dem eigentlichen Computer effizient in einem freistehenden Betrieb zu kühlen seien, in D8 nicht eingegangen werde. Beispielsweise seien in D8 die Lufteinlässe nicht an der Unterseite des Gehäuses ausgebildet sondern lediglich an einer beliebigen Stelle am unteren Teil des Gehäuses.
2.5 Die Kammer teilt diese Einschätzung der Offenbarung von D8. Sie weist aber darauf hin, dass D8 nicht als solche betrachtet werden soll, sondern als Illustration des an sich wohlbekannten Kamineffekts, der vor dem Prioritätsdatum auch bereits in Computergehäusen eingesetzt wurde. Als Beispiel hierfür führt die Kammer das Dokument D10 gemäß Artikel 114(1) EPÜ ins Verfahren ein. Dieses Dokument beschreibt einen Computer, welcher im Jahr 2000 von der Firma Apple Computer produziert und verkauft wurde. Das Gehäuse in D10 weist einen Kühlkanal auf, der sich senkrecht über die gesamte Höhe des Gehäuses erstreckt (siehe Seite 10, Zeilen 9 bis 21), mit Lufteinlässen in der Bodenfläche des Gehäuses (siehe obere Figur auf Seite 9) und Luftauslässen an der gegenüberliegenden Oberseite (siehe Figur auf Seite 10). Der Kühlkanal in D10 wird durch Kühlkörper gebildet (siehe Seite 10, Zeilen 9 bis 12: "chimney or tunnel ... formed by the gaping holes in the ... central heat sink").
2.6 Nach Ansicht der Kammer hat ein Fachmann auf dem Gebiet von Computergehäusen den ständigen Wunsch, den Energiebedarf für die Kühlung des Gehäuses minimal zu halten. Wie weit der Fachmann darin geht, wird unter anderem davon abhängen, wie viel Kosten und Aufwand er bereit ist bei der Herstellung des Gehäuses in Kauf zu nehmen. Es ist aber üblich, wie u.a. aus D10 ersichtlich, den so genannten Kamineffekt zu verwenden, mit einem senkrecht verlaufenden Kühlkanal welcher durch Kühlkörper gebildet ist, um ein Gehäuse völlig passiv oder mit verringertem Energiebedarf zu kühlen.
2.7 Die Kammer ist der Meinung, dass ein Fachmann aufgrund seines Fachwissens dazu geneigt wäre, den bekannten Kamineffekt auf ein Gehäuse wie in D1 offenbart anzuwenden. Er würde somit ohne erfinderische Tätigkeit auf den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags kommen. Dieser Gegenstand ist deshalb nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
3. Hilfsantrag
3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags, indem:
(1) die Trägerplatte des Kartenträgers parallel zum Motherboard des Computers angeordnet ist und parallel zum Motherboard einführbar respektive herausziehbar ist;
(2) der Computer zur passiven Kühlung während des Betriebes vorgesehen ist, und dazu während des Betriebes vorgesehen ist, dass der Computer aufrecht steht, und in diesem Zustand die Trägerplatte und das Motherboard senkrecht angeordnet sind; und
(3) die passive Kühlung durch einen senkrecht verlaufenden Luftstrom geschieht, der unter anderem in den Zwischenräumen zwischen den senkrecht angeordneten Platinen von Motherboard, Trägerplatte und Erweiterungskarte verläuft.
3.2 Wie aus dem Dokument D10 ersichtlich ist (siehe die zwei letzten Figuren auf Seite 9 und die Figur auf Seite 10), ist es für die Anwendung des Kamineffekts wichtig, dass der Luftstrom frei verlaufen kann und die Leiterplatten (Motherboard und Erweiterungskarten) im Computer deshalb parallel zu diesem Luftstrom angeordnet werden sollen, also senkrecht. Es liegt deshalb nahe, die Merkmale (2) und (3) einzuführen, wenn man den Kamineffekt im Gehäuse von D1 nutzen will.
3.3 Das Merkmal (1) erhöht die Effektivität des Kamineffekts nicht, weil der optimale Effekt bereits durch die Merkmale (2) und (3) erreicht wird. Dieses Merkmal, das für sich genommen eine beliebige Anordnung von Bauteilen beschreibt, trägt somit nicht zur Lösung der von der Beschwerdeführerin genannten Aufgabe, einer effizienten Kühlung ohne zusätzlichen Energieaufwand, bei. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht erklärt, welche andere Aufgabe dieses Merkmal lösen würde, und es kann deshalb nicht das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit begründen.
3.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags ist deshalb auch nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.