European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T145412.20161123 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 November 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1454/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08104397.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04R 25/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Mehrkomponentiges Hörgerätesystem und ein Verfahren zu seinem Betrieb | ||||||||
Name des Anmelders: | Sivantos Pte. Ltd. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Oticon A/S (DK)/GN ReSound A/S (DK)/ Phonak AG (CH)/Widex A/S (DK) |
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Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die von den Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden) gemeinsam eingelegte Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß einem während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 15. Februar 2012 eingereichten dritten Hilfsantrag das Patent EP 2 012 509 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.
II. Die folgenden Druckschriften sind für die Entscheidung der Kammer relevant:
E12: EP 0 823 829 A; und
E2: US 2004/0053578 A.
III. Die Beschwerdeführerinnen beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
IV. Mit der Beschwerdeerwiderung beantragte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) als Hauptantrag die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche eines mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten ersten oder zweiten Hilfsantrags.
V. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 reichten die Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden) weitere Argumente ein.
VI. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK nahm die Kammer zum Sachverhalt vorläufig Stellung und erörterte unter anderem die erfinderische Tätigkeit der unabhängigen Ansprüche der Anträge.
VII. Mit Schreiben vom 21. November 2016 reichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) Ansprüche eines neuen Hauptantrags sowie zwei neuer Hilfsanträge ein.
VIII. Am 23. November 2016 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags oder eines der beiden Hilfsanträge, eingereicht jeweils mit Schreiben vom 21. November 2016.
Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
IX. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Mehrkomponentiges Hörgerätesystem,
umfassend mindestens eine erste am oder im Ohr eines Patienten anzuordnende Komponente (1) zur Erzeugung und/oder Verstärkung eines Hörreizes
und mindestens eine weitere Komponente (2, 21), die zumindest teilweise und/oder zeitweise in einer drahtlosen induktiven Kommunikationsverbindung, über die eine Datenübertragung erfolgen kann, zur ersten am oder im Ohr zu tragenden Komponente (1) steht,
dadurch gekennzeichnet,
dass schaltungstechnische Mittel (6) umfasst sind, die mindestens eine in der ersten Komponente (1) des Hörgerätesystems enthaltene Störquelle (8, 9, 10) während der Übertragung von Daten in einen Betriebsmodus versetzen können, in dem durch diese mindestens eine Störquelle eine gegenüber dem normalen Betriebsmodus zumindest abgeschwächte Einkopplung von Störsignalen in einen an der Datenübertragung beteiligten Empfänger (3, 4, 23, 41) erfolgt,
wobei die mindestens eine Störquelle (8, 9, 10) ein in der ersten Komponente (1) des Hörgerätesystems enthaltener Schaltregler oder ein getakteter Schaltkreis ist,
wobei die schaltungstechnischen Mittel (6, 15, 26), die die im Hörgerätesystem enthaltenen Störquellen (8, 9, 10) während der Übertragung von Daten in einen anderen Betriebsmodus versetzen können, Mittel zur Abschaltung der Störquellen umfassen."
X. Der unabhängige Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass im nachfolgend wiedergegebenen vorletzten Absatz:
"wobei die mindestens eine Störquelle (8, 9, 10) ein in der ersten Komponente (1) des Hörgerätesystems enthaltener Schaltregler oder ein getakteter Schaltkreis ist"
die Wörter "oder ein getakteter Schaltkreis" gestrichen sind und am Ende des Anspruchs folgender Absatz hinzugefügt ist:
"wobei schaltungstechnische Mittel umfasst sind, die den Funktionsverlust einer abgeschalteten Störquelle (8, 9, 10) zumindest kurzfristig kompensieren"
XI. Der unabhängige Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass
zu Beginn des dritten Absatzes die Formulierung "und mindestens eine weitere Komponente (2, 21)" durch die Formulierung "und mindestens eine weitere am oder im Ohr eines Patienten anzuordnende Komponente (21)" ersetzt ist und
vor den Wörtern "dadurch gekennzeichnet, dass" der folgende Absatz eingefügt ist:
"wobei die erste Komponente (1) und die weitere Komponente (21) als binaurales Hörgerätesystem fungieren".
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)
1.1 Als nächstliegender Stand der Technik wird das Hörgerätesystem gemäß E12 angesehen. Dieses weist ein Hörgerät ("digital hearing aid 14") beziehungsweise eine erste Komponente auf, die im oder hinter dem Ohr anzuordnen ist (Spalte 7, Zeilen 37 bis 40 in Verbindung mit Spalte 8, Zeilen 13 bis 16, und Figuren 1 bis 3). Das Hörgerät kann über eine induktive Aufnehmerspule ("inductive pickup coil 22") zum Empfang von Magnetfeldsignalen mit einer Fernbedienungseinheit ("remote control unit 16") beziehungsweise einer weiteren Komponente in eine Kommunikationsverbindung zur Übertragung von Daten treten (Spalte 7, Zeilen 44 bis 50, und Spalte 8, Zeilen 23 bis 34).
Somit offenbart die E12 unter Verwendung der Begriffe aus Anspruch 1 ein mehrkomponentiges Hörgerätesystem,
umfassend mindestens eine erste am oder im Ohr eines Patienten anzuordnende Komponente zur Erzeugung und/oder Verstärkung eines Hörreizes und mindestens eine weitere Komponente, die zumindest teilweise und/oder zeitweise in einer drahtlosen induktiven Kommunikationsverbindung, über die eine Datenübertragung erfolgen kann, zur ersten am oder im Ohr zu tragenden Komponente steht.
1.2 Das Hörgerätesystem gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich damit von dem in E12 offenbarten System dadurch,
dass schaltungstechnische Mittel umfasst sind, die mindestens eine in der ersten Komponente des Hörgerätesystems enthaltene Störquelle während der Übertragung von Daten in einen Betriebsmodus versetzen können, in dem durch diese mindestens eine Störquelle eine gegenüber dem normalen Betriebsmodus zumindest abgeschwächte Einkopplung von Störsignalen in einen an der Datenübertragung beteiligten Empfänger erfolgt,
wobei die mindestens eine Störquelle ein in der ersten Komponente des Hörgerätesystems enthaltener Schaltregler oder ein getakteter Schaltkreis ist,
wobei die schaltungstechnischen Mittel, die die im Hörgerätesystem enthaltenen Störquellen während der Übertragung von Daten in einen anderen Betriebsmodus versetzen können, Mittel zur Abschaltung der Störquellen umfassen.
Eine wesentliche technische Wirkung der unterscheidenden Merkmale ist, dass während einer Datenübertragung weniger Störsignale einer Störquelle in der ersten Komponente auf einen Empfänger einwirken und die Datenübertragung demzufolge störungsärmer wird.
1.3 Ausgehend von dem Hörgerätesystem gemäß E12 kann die dem Gegenstand des Anspruchs 1 zugrunde liegende Aufgabe darin gesehen werden, Störungen bei der induktiven Datenübertragung zu verringern.
Da generell bei Datenübertragungen Störungsarmut ein grundsätzliches Ziel ist, kann die Formulierung einer solchen Aufgabe allein noch keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten.
1.4 In Bezug auf mögliche Störquellen war dem Fachmann bekannt, dass von einem Schaltregler oder allgemein einem getakteten Schaltkreis induktive oder elektromagnetische Störungen ausgehen können, die drahtlose Kommunikationsverbindungen unabhängig davon stören können, ob es sich um induktive oder um solche mittels Radiowellen handelt. Dies wurde auch von der Patentinhaberin nicht bestritten. Diesbezüglich merkt die Kammer an, dass das veröffentlichte Streitpatent selbst in Absatz [0013], der sich auf bekannte Hörgerätesysteme richtet, die störende Wirkung elektromagnetischer Emissionen durch die Zuleitungen praktisch aller getakteter Schaltkreise auch bei induktiven Systemen beschreibt.
Der Fachmann würde somit, ausgehend von der E12 und vor die vorgenannte Aufgabe gestellt, die Suche nach Anregungen nicht auf das Gebiet der induktiven Kommunikationsverbindungen beschränken. Er würde auch die E2 berücksichtigen, die sich auf drahtlose Kommunikationssysteme mit der Möglichkeit zu einem störungsärmeren Betrieb richtet (siehe Titel).
1.5 Die E2 offenbart insbesondere ein drahtloses Kommunikationssystem mit einer ersten drahtlosen Einheit, die einen Endgeräteschaltkreis ("terminal circuitry 16", Fig. 1 und Absatz [0031]) und einen Schaltkreis zur Störungskontrolle ("noise management circuitry 20") aufweist und mit einer zweiten drahtlosen Einheit ("terminal unit 14") in drahtloser Kommunikationsverbindung steht. Der Schaltkreis zur Störungskontrolle deaktiviert selektiv den Endgeräteschaltkreis und versetzt ihn vorübergehend in einen Zustand mit verringerten Störung während eines drahtlosen Empfangs (Absatz [0033], die ersten zwei Sätze).
Weiter offenbart die E2, dass der Schaltkreis zur Störungskontrolle die Taktquelle eines Prozessors steuern und im Zustand mit verringerter Störung den Takt aussetzen kann (Absatz [0044], die ersten zwei Sätze). Zusätzlich ist offenbart, dass der Schaltkreis zur Störungskontrolle im Prozessor als Funktion implementiert sein kann und einen Schlafmodus und einen Modus verringerter Leistung aufweisen kann, die den Prozessor durch Abschalten des Taktes oder der Stromversorgung ganz oder teilweise abschalten (Absatz [0045], die ersten drei Sätze).
Die E2 lehrt also, einen getakteten Schaltkreis als Störquelle während einer Datenübertragung abzuschalten.
Bezüglich der Frage, in welcher der Einheiten während einer Datenübertragung Störquellen abgeschaltet werden, enthält die E2 keine Einschränkungen.
Da aber in E12 die erste, am oder im Ohr anzuordnende Komponente klein ist und weniger Möglichkeiten zum Vorsehen eines erhöhten Abstands oder einer Abschirmung zwischen einer Störquelle und den Komponenten zur Datenübertragung bietet, besteht für den Fachmann ein Anreiz, die Störquellenabschaltung in der ersten Komponente einzusetzen.
1.6 Die Patentinhaberin brachte im Wesentlichen folgende Argumente vor:
(i) Die E2 offenbare nur eine Datenübertragung mittels Radiowellen, wohingegen die E12 eine induktive Übertragung beschreibe. Ferner sei eine bei einer Kommunikationstechnik wirksame Maßnahme in der Regel nicht auf eine andere Kommunikationstechnik übertragbar. Ferner erwähne die E12 in Spalte 5, Zeilen 10 bis 13, dass ein Induktionsfeld nicht Abschattungseffekten eines Körpers unterworfen ist, wohingegen E12 im Unterschied dazu in Absatz [0006] (vorletzter Satz) physische Hindernisse als Einflussgröße für die Übertragungsqualität nenne. Der Fachmann würde somit die Lehren der Dokumente E12 und E2 nicht miteinander kombinieren.
Insoweit ist jedoch zu beachten, dass im vorliegenden Fall die Aufgabe auf die Verringerung von Störeinflüssen bei induktiver Datenübertragung abzielt. Es ist daher maßgeblich, ob der Fachmann davon ausgegangen wäre, dass die Abschaltung eines getakteten Schaltkreises während einer Datenübertragung auch bei induktiver Datenübertragung eine Verbesserung erzielen würde. Da ihm, wie oben festgestellt, der störende Einfluss von getakteten Schaltkreisen auch auf induktive Datenübertragungen bekannt war, erkennt die Kammer keinen Grund, warum der Fachmann die in der E2 offenbarte Lösung, auch wenn sie im Kontext einer Übertragung mittels Radiowellen beschrieben ist, außer Acht lassen würde. Die Kammer verweist zusätzlich auf Spalte 8, Zeilen 29 bis 32 der E12, in denen ausgesagt ist, dass die Aufnehmerspule für die induktive Datenübertragung auch Signale auf einem elektromagnetischen Träger empfangen kann. Die E12 enthält somit einen Verweis auf elektromagnetische Datenübertragung, der den Fachmann zur Suche nach Lösungen auf dem Gebiet der Datenübertragung mittels elektromagnetischer Wellen anregt.
(ii) Nach Ansicht der Patentinhaberin würde der Fachmann die Lehren der E2 und E12 auch deshalb nicht miteinander kombinieren, da die in diesen Dokumenten offenbarten Systeme sich bezüglich zur Verfügung stehender Energieversorgung, übertragener Datenmengen und Frequenzen stark unterscheiden.
Es mag sein, dass die in der E2 beschriebenen Komponenten weniger energieeffizient sein müssen als insbesondere die im oder am Ohr zu tragende Komponente eines Hörgerätesystems. Dies steht allerdings der Verwendung der Abschaltung von Störquellen, wie sie aus der E2 bekannt sind, in einer Komponente eines Hörgerätesystems nicht entgegen, sondern ist vielmehr ein weiterer Anreiz dafür, da eine Abschaltung von Komponenten grundsätzlich geeignet ist, den Energieverbrauch zu verringern. In Bezug auf mögliche Unterschiede bezüglich Datenmengen und Frequenzen merkt die Kammer an, dass es zum Prioritätsdatum allgemein bekannt war, dass Störungen aufgrund von Schaltvorgängen in einem sehr breiten Frequenzspektrum auftreten und außer von der Frequenz der Schaltvorgänge, die von der Datenmenge oder vielmehr der Datenrate abhängt, auch von deren Flankensteilheit abhängen, die von der Datenrate unabhängig ist. Dem Fachmann war somit allgemein bekannt, dass solche Störungen wenig spezifisch für bestimmte Datenmengen und Übertragungsfrequenzen sind. Dass die Lösung gemäß E2 auch bei einem Hörgerätesystem gemäß E12 erfolgversprechend wäre, war somit für den Fachmann ohne weiteres erkennbar.
(iii) Die Störungskontrolle in der E2 richte sich, wie die Patentinhaberin weiter geltend macht, auf die Verringerung der Einkopplung von Störungen auf einen Bus in der ersten drahtlosen Einheit, wie es Ende des Absatzes [0042] beschrieben ist. Da ein Hörgerät keinen Bus besitze, würde der Fachmann die Lösung gemäß E2 nicht auf das Hörgerätesystem der E12 anwenden.
Die Kammer merkt an, dass der Begriff Bus sehr allgemein ist und die angegebene Fundstelle (Absatz [0042]) von einem Bus oder von anderen Leitern spricht ("Because substantial noise is often radiated by coupling signals to the bus or other conductors, the noise management circuitry selectively reduces or eliminates the coupling of signals to the bus 304 and/or other conductors of the terminal unit 300 when operated"). Das Hörgerät gemäß der E12 weist zahlreiche elektronische, miteinander verbundene Komponenten auf (vgl. das Blockdiagramm in Fig. 3), so dass es auch elektrischen Verbindungen im Sinne eines Busses oder eines Leiters aufweist.
(iv) Die E12 offenbare bereits eine andere Lösung zur Verringerung von Störungen, nämlich einen Signalaufbereiter ("signal conditioner", Spalte 14, Zeilen 13 bis 19), so dass der Fachmann in den Augen der Patentinhaberin nicht nach weiteren Lösungen suchen und somit nicht die E2 in Betracht ziehen würde.
Die Kammer merkt an, dass eine Signalaufbereitung nicht zur Verbesserung der Qualität des empfangenen Signals beitragen kann, sondern nur die Qualität deren Auswertung. Sie kann somit nicht als Ersatz für eine Maßnahme zur Verringerung der Störungen, die sich auf eine Verbesserung der Signalqualität richtet, in Betracht gezogen werden. Der Fachmann würde somit trotz vorhandener Signalaufbereitung bestrebt sein, Störungen zu verringern.
(v) Zuletzt führt die Patentinhaberin an, E2 gebe nicht vor, in welcher Einheit eine Störquelle abgeschaltet wird. Es wäre abseitig, nur in einer Komponente eine Störquelle abzuschalten. Der Fachmann würde Störquellen in allen Komponenten abschalten.
Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass Anspruch 1 die Abschaltung von Störquellen nicht auf die erste Komponente beschränkt und auch eine Abschaltung von Störquellen in allen Komponenten nicht ausschließt.
1.7 Der Fachmann würde somit ausgehend von einem Hörgerätesystem gemäß E12 und vor die obengenannte Aufgabe gestellt, die Lehre der E2 anwenden und in naheliegender Weise zu einem Hörgerätesystem mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 gelangen.
Das Hörgerätesystem gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der Hauptantrag ist demzufolge nicht gewährbar.
2. Erster Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)
2.1 In Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags (siehe Punkt X) ist im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags als unterscheidende Merkmale die während einer Datenübertragung abzuschaltende Störquelle ein Schaltregler und sind schaltungstechnische Mittel umfasst, die den Funktionsverlust einer abgeschalteten Störquelle zumindest kurzfristig kompensieren.
2.2 Die E2 offenbart in Absatz [0046], dass die Schaltung zur Störungskontrolle, um Störungen verursachende Vorgänge zu deaktivieren, den Betrieb einer Stromversorgung derartig ändert, dass von einem Schaltregler zu einem Linearregler umgeschaltet wird.
Der Linearregler kompensiert in diesem Fall somit den Funktionsverlust des nicht mehr aktiven Schaltreglers. Als einziger Unterschied dieser Offenbarung aus der E2 und den unterscheidenden Merkmalen des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags verbleibt, dass der Schaltregler abgeschaltet wird, wenn zum Linearregler umgeschaltet wird.
Der technische Effekt einer solchen Abschaltung ist die Verringerung von Störungen, da ein weiter betriebener Schaltregler auch dann Störungen erzeugt, wenn er nicht zur Stromversorgung verwendet wird.
Vor dem Hintergrund der zu lösenden Aufgabe, nämlich Störungen während einer Datenübertragung zu verringern, liegt es für den Fachmann nahe, einen Schaltregler, der nicht zur Stromversorgung benötigt wird, abzuschalten. Zusätzlich merkt die Kammer an, dass bei Hörgeräten aufgrund der geringen Größe hohe Anforderungen an die Energieeffizienz herrschen und dies ein weiterer Anreiz dafür ist, den Schaltregler aus Stromspargründen abzuschalten, wenn er nicht benötigt wird.
2.3 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass der Fachmann wegen der zum erneuten Starten des Schaltreglers benötigten Zeit davon abgehalten wäre, den Schaltregler während der Datenübertragung abzuschalten.
Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, da Schaltregler üblicherweise mit Frequenzen weit oberhalb des hörbaren Bereichs, also oberhalb von 20 kHz, betrieben werden, wobei das Wiederanlaufen nur einige wenige Schaltzyklen benötigt. Ein Schaltregler kann daher mit einer Verzögerung im Bereich von Millisekunden gestartet werden. Zum einen ist dies eine sehr geringe Zeitdauer und zum anderen könnte die Verzögerung kompensiert werden, indem der Linearregler entsprechend länger betrieben wird.
2.4 Der Fachmann gelänge somit durch Anwenden der Lehre aus der E2 und seines allgemeinen Fachwissens auf ein Hörgerätesystem gemäß E12 zu einem Hörgerätesystem mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
Das Hörgerätesystem gemäß Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der erste Hilfsantrag ist daher nicht gewährbar.
3. Zweiter Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)
Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags (siehe Punkt XI) unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass auch die weitere Komponente eine am oder im Ohr eines Patienten anzuordnende Komponente ist und die erste und die weitere Komponente als binaurales Hörgerätesystem fungieren.
Die E12 beschreibt auch ein Hörgerätesystem mit zwei Hörgeräten, die am oder im Ohr anzuordnen sind (Spalte 8, Zeilen 13 bis 16) und das als binaural bezeichnet wird (Spalte 7, Zeilen 37 bis 40).
Das Vorhandensein zweier am oder im Ohr eines Patienten anzuordnender Komponenten ist somit bereits aus der E12 bekannt.
Die aus der E2 bekannte Störquellenabschaltung auf eine Datenübertragung zwischen den beiden am oder im Ohr eines Patienten anzuordnenden Komponenten anzuwenden, liegt im Rahmen des fachmännischen Könnens.
3.2 Das Hörgerätesystem gemäß Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der zweite Hilfsantrag ist daher nicht gewährbar.
4. Da keiner der vorliegenden Anträge zu einer Fassung führt, in der das Patent den Erfordernissen des Übereinkommens genügt, ist das Patent zu widerrufen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben
2. Das Patent wird widerrufen.