T 1358/12 () of 13.3.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T135812.20140313
Datum der Entscheidung: 13 März 2014
Aktenzeichen: T 1358/12
Anmeldenummer: 03026156.4
IPC-Klasse: F16D 25/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 343 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kraftfahrzeug- Antriebsstrang mit einer Pumpenanordnung zur Versorgung einer Kupplungseinrichtung mit Druckmedium
Name des Anmelders: ZF Friedrichshafen AG
Name des Einsprechenden: Daimler AG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit- Hauptantrag (nein), Hilfsantrag (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)- Erweiterung des Schutzbereichs (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der am 5. April 2012 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das Europäische Patent Nr. 1 420 186 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1, das heißt unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügt.

II. Gegen diese Zwischenentscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 6. Juni 2012, unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr, Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 1. August 2012 eingereicht.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 13. März 2014 statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Zwischenentscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen oder das Patent auf Basis des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags aufrecht zu erhalten.

VI. Anspruch 1 in der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Kraftfahrzeug-Antriebsstrang, umfassend eine Antriebseinheit (12), ein Getriebe und ein Kupplungssystem mit einer zwischen der Antriebseinheit und dem Getriebe angeordneten Kupplungseinrichtung (100) zur Momentenübertragung zwischen der Antriebseinheit und dem Getriebe, wobei die Kupplungseinrichtung wenigstens eine unter Vermittlung von Druckmedium betätigbare, für einen Betrieb unter Einwirkung eines Betriebsmediums vorgesehene Kupplungsanordnung (102, 104) aufweist,

wobei auf Grundlage einer Pumpenanordnung (10; 10b)

i) das Druckmedium für die Betätigung der Kupplunganordnung (102, 104) bereitstellbar ist und

ii) der Kupplungseinrichtung (100) für den Betrieb unter Einwirkung des Betriebsmediums Betriebsmedium zuführbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Getriebe mittels einer zugeordneten Aktuatorik (160d) unter Vermittlung von Druckmedium betätigbar ist und dass auf Grundlage der Pumpenanordnung (10; 10b; 10c) das Druckmedium für die Betätigung des Getriebes bereitstellbar ist, wobei die Aktuatorik (160d) unter Verzicht auf eine Gassenauswahlmechanik derart ausgebildet ist, dass alle Schaltstangen des Getriebes durch einen eigenen Nehmerzylinder (192-1, 192-2, 194-1, 194-2) betätigbar sind, wobei die Nehmerzylinder zur Verstellung einer jeweiligen Schaltstange in einer Axialrichtung mit Druck beaufschlagbar sind, und wobei das Druckmedium ein Hydrauliköl ist, das auch als Betriebsmedium dient."

Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag beinhaltet zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruch 1 gemäß Hauptantrag die Merkmale wonach:

" die Pumpenanordnung (10) umfasst:

eine durch die Antriebseinheit (12) antreibbare Pumpe (16), deren Eingangsseite und Ausgangsseite über eine zugeordnete Steuer/Regel-Ventilanordnung (22) verbindbar ist, um durch Rückführung von Medium von der Ausgangsseite zur Eingangsseite einen Soll-Volumenstrom an Medium an der Ausgangsseite oder einer ausgangsseitigen Abgabestelle oder/und das Druckmedium auf der Ausgangsseite oder an der ausgangsseitigen Abgabestelle auf einem Soll-Druck bereitzustellen wobei die Pumpe sowohl als Druckmediumpumpe (16) zur Bereitstellung des Mediums als Druckmedium für die Betätigung der Kupplungsanordnung als auch als Betriebsmediumpumpe (16) zur Bereitstellung des Mediums als Betriebsmedium für die Zufuhr zur Kupplungseinrichtung dient."

VII. Die folgenden Entgegenhaltungen haben für die vorliegende Entscheidung eine Rolle gespielt:

D3: EP -A- 1 150 040;

E9: ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 89(1987)9, S. 439-452 "Das Porsche-Doppelkupplungs-(PDK-)Getriebe";

B13: EP -A- 1 195 537; und

B15: DE -C- 41 17 736.

VIII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Hauptantrag

E9 offenbare in Abbildung 5 einen Kraftfahrzeug-Antriebsstrang. Dieser unterscheide sich - weil E9 nicht beschreibe, wie das Betriebs­medium zur Kupplungsanordnung zugeführt werde - vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass das Druckmedium für die Betätigung der Kupplungs­anordnung durch eine der Kupplungs­einrichtung und dem Getriebe gemeinsam zugeordneten Pumpen­anordnung bereitstellbar sei. Das heißt, dass der Kupplungs­einrichtung zuführbare Betriebsmedium sowie das für die Betätigung des Getriebes bereitstellbare Druckmedium seien im Streitpatent - anders als bei E9 - identisch.

Den Antriebsstrang der E9 mit einer derartigen Anordnung vorzusehen sei für den Fachmann unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens oder der Lehre der D3 naheliegend. D3 beschäftige sich nämlich mit einer Verbesserung des in E9 gezeigten PDK Doppel­kupplungs­getriebes und lehre eine Hydraulik­anordnung, bei der Druck- und Betriebs­medium durch eine gemeinsame Pumpenanordnung bereitgestellt werden und bei der das Druck­medium auch als Betriebsflüssigkeit diene. Somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dass D3 auch auf die Problematik der Getriebeblockaden in der Vorrichtung der E9 verweise und die Verwendung von Schaltwalzen als Lösung für dieses Problem vorschlage, sei dabei unerheblich. Diese Problematik werde nämlich auch im Streitpatent nicht gelöst. Die Verwendung von Schaltwalzen sei kein wesentlicher Teil der Lehre der D3.

Hilfsantrag - Artikel 123(2) EPÜ

Eine durch die Antriebseinheit antreibbare Pumpe gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags, bei der das Druckmedium ein Hydrauliköl sei, das auch als Betriebsmedium diene, sei in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht lediglich in den Figuren 13, 16, und 21 bis 27 offenbart.

Diese Figuren zeigten jedoch eine Aktuatorik zur Betätigung des Getriebes, die - im Gegensatz zum Anspruch 1 des Hilfsantrags - eine Gassenauswahl­mechanik verwende. Somit offenbare die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht nicht die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag. Folglich verstoße dieser Anspruch gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Hilfsantrag - Artikel 123(3) EPÜ

Das erteilte Patent beschreibe die Hydrauliksysteme der Figuren 13, 16, 21 bis 27, die eine Pumpenanordnung gemäß Anspruch 1 zeigen, als nicht erfindungsgemäß. Da die Ansprüche anhand der Beschreibung zu interpretieren seien, sei daher für den Fachmann klar, dass ein Antriebsstrang mit einer derartigen Pumpenanordnung nicht zum Schutzumfang des erteilten Patent gehöre.

Da im Anspruch 1 des Hilfsantrag jedoch gerade ein solcher Antriebsstrang beansprucht werde, verstoße der Hilfsantrag gegen die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ.

Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

Im Hydraulikschema der Abbildung 5 der E9 werde eine Pumpe gezeigt, deren Eingangs- und Ausgangsseite über eine zugeordnete Steuer/Regel-Ventilanordnung verbindbar sei. Diese Steuer/Regel-Ventilanordnung könne durch Rückführung von Medium von der Ausgangsseite zur Eingangsseite sowohl einen Soll-Volumenstrom an Medium an der Ausgangsseite oder einer ausgangsseitigen Abgabestelle als auch das Druckmedium auf der Ausgangsseite oder an der ausgangsseitigen Abgabestelle auf einem Soll-Druck bereitstellen. Ferner sei es von der E9 ausgehend im Hinblick auf das allgemeine Fachwissens naheliegend, einen gemeinsamen Ölraum und eine gemeinsame Pumpenanordnung für Druck- und Betriebsmedium vorzusehen. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags ausgehend von der E9 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen naheliegend.

Darüber hinaus umfasse auch die in der Figur 1 der D3 gezeigte Pumpenanordnung eine durch die Antriebs­einheit antreibbare Pumpe 20, die sowohl als Druckmediumpumpe zur Bereitstellung des Mediums als Druckmedium für die Betätigung der Kupplungsanordnung als auch als Betriebsmediumpumpe zur Bereitstellung des Mediums als Betriebsmedium für die Zufuhr zur Kupplungseinrichtung diene. Eingangs- und Ausgangsseite der Pumpe seien über eine zugeordnete Steuer/Regel-Ventilanordnung 24 verbindbar, um durch Rückführung von Medium von der Ausgangsseite zur Eingangsseite einen Soll-Volumenstrom an Medium an der Ausgangsseite zu erzeugen oder einer ausgangsseitigen Abgabestelle oder/und das Druckmedium auf der Ausgangsseite oder an der ausgangsseitigen Abgabestelle auf einem Soll-Druck bereitzustellen. Da es naheliegend sei, den Antriebsstrang der E9 mit der Pumpenanordnung der D3 vorzusehen, ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag in naheliegender Weise auch aus der Kombination der E9 und D3.

Ferner führe auch die Kombination der B15 und B13 zum Gegenstand des Anspruchs 1. B15 betreffe eine Anordnung zur Druckversorgung einer selbsttätigen Schaltvorrichtung eines Gangwechselgetriebes. In der Figur 5 sei eine Doppelkupplung gezeigt, ohne zu offenbaren, ob diese Kupplung eine Nasskupplung sei. Die Auswahl einer Nasskupplung, wie z.B. der Nass- Doppelkupplung gemäß B13, sei jedoch naheliegend, um eine Kupplung mit einer hohen Drehmomentkapazität bereit­zustellen. Da die Kupplung der B13 ein gemeinsames Fluid für das Druckmedium und das Betriebsmedium verwende, sei es auch naheliegend dieses Fluid mittels der in B15 gezeigten Pumpenanordnung bereitzustellen, die eine Pumpe gemäß Anspruch 1 aufweise. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags auch im Hinblick auf eine Kombination der B15 und B13 naheliegend.

IX. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Hauptantrag

Es sei zwar richtig, dass sich der beanspruchte Antriebs­strang von der in E9 offenbarten Vorrichtung lediglich durch die Pumpenanordnung und den gemeinsamen Ölraum unterscheide und dass diese Merkmale aus D3 bekannt seien.

D3 verweise aber auf die Gefahr von Getriebeblockaden, die im Getriebe nach E9 auftreten können, weil die Schaltstangen unabhängig voneinander hydraulisch betätigbar seien. Die Betriebssicherheit beim Schalten des Getriebes und die Vermeidung des Einlegens von zwei Gängen in Bezug auf eine Getriebeeingangswelle hänge daher vom ordnungsgemäßen Funktionieren der hydraulischen Steuerventile ab. Um diese Gefahr zu vermeiden, lehre D3 die Verwendung von Schaltwalzen. Der Fachmann würde die Pumpenanordnung nach D3 daher nur zusammen mit diesen Schaltwalzen verwenden. Da die Verwendung von Schaltwalzen jedoch vom Wortlaut des Anspruchs 1 ausgeschlossen sei, führe die Kombination der E9 und D3 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1. Daher beruhe dieser Gegenstand sehr wohl auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag - Artikel 123(2) EPÜ

Die in den Figuren 13, 16, 21 bis 27 der Anmeldung gezeigte Aktuatorik zur Betätigung des Getriebes verwende in der Tat eine Gassenauswahlmechanik. Die Anmeldung offenbare jedoch auch, dass die Pumpen­anordnungen dieser Figuren auch bei den anderen Ausführungsformen einsetzbar seien. Somit sei für den Fachmann klar, dass die in den Figuren 13, 16, und 21 bis 27 offenbarten Pumpen­anordnungen auch in Kombination mit einer Aktuatorik, die auf eine Gassenauswahl­mechanik verzichte, anzuwenden seien. Deshalb sei Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht entgegen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ geändert worden.

Hilfsantrag - Artikel 123(3) EPÜ

Anspruch 4 des erteilten Patents offenbare eine Pumpenanordnung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags. Es sei zwar richtig, dass das erteilte Patent die Hydrauliksysteme der Figuren 13, 16, und 21 bis 27, die auch eine derartige Pumpenanordnung zeigen, als nicht erfindungsgemäß beschreibe. Der Grund dafür sei jedoch nicht die Pumpenanordnung sondern die Gassenauswahl­mechanik der Aktuatorik. Die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ seien somit erfüllt, da dem Fachmann klar sei, dass ein Antriebsstrang gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrag unter den Schutzbereich des erteilten Patents falle.

Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

Es sei zwar richtig, dass sowohl in E9 als auch in D3 eine Pumpe offenbart sei, deren Eingangs- und Ausgangsseite über eine zugeordnete Ventilanordnung verbindbar sei. Dennoch sei weder die Ventilanordnung der E9 noch die der D3 eine Steuer/Regel-Ventilanordnung, die durch Rückführung von Medium von der Ausgangsseite zur Eingangsseite einen Soll-Volumenstrom an Medium an der Ausgangsseite oder einer ausgangsseitigen Abgabestelle erzeugen oder/und das Druckmedium auf der Ausgangsseite oder an der ausgangsseitigen Abgabestelle auf einem Soll-Druck bereitstellen könne. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags ausgehend von der E9 nicht naheliegend.

Auch die Kombination der B15 und B13 lege den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe. B15 betreffe die Druckversorgung eines Gangwechselgetriebes. Figur 5 dieser Entgegenhaltung zeige schematisch eine Doppelkupplung, ohne jedoch zu offenbaren, dass diese eine Nasskupplung ist. B13 dagegen beschäftige sich mit einer Nasskupplung, ohne zu beschreiben mit welcher Pumpenanordnung diese Kupplung mit Betriebs- und Fluidmedium zu versorgen sei. B13 beschreibe auch nicht, dass dieses Medium gemeinsam mit dem Druckmedium der Aktuatorik des Getriebes bereitzustellen sei. Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auch im Hinblick auf eine Kombination von B15 und B13 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 E9 betrifft das Porsche-Doppelkupplungs-Getriebe (PDK) und offenbart einen Kraftfahrzeug-Antriebsstrang, umfassend eine Antriebseinheit, ein Getriebe und ein Kupplungssystem mit einer zwischen der Antriebseinheit und dem Getriebe angeordneten Kupplungseinrichtung zur Momentenübertragung zwischen der Antriebseinheit und dem Getriebe (siehe Abbildung 1). Die Kupplungs­einrichtung weist wenigstens eine Kupplungsanordnung und ein Getriebe auf, die unter Vermittlung von Druckmedium betätigbar sind (siehe Seite 441, linke Spalte). Die Kupplungsanordnung ist eine nasslaufende Kupplungsanordnung, wobei der Betrieb unter Einwirkung des Betriebsmediums ein nasslaufender Betrieb ist (siehe auch Seite 441, linke Spalte). Die Aktuatorik zum Betätigen des Getriebes ist unter Verzicht auf eine Gassenauswahlmechanik derart ausgebildet, dass alle Schaltstangen des Getriebes durch einen eigenen Nehmerzylinder betätigbar sind, wobei die Nehmer­zylinder zur Verstellung einer jeweiligen Schaltstange in einer Axialrichtung mit Druck beaufschlagbar sind und wobei das Druckmedium ein Hydrauliköl ist (siehe Seite 441, linke Spalte, sowie Abbildung 5).

2.2 E9 beschreibt jedoch nicht, wie das Betriebsmedium zur Kupplungsanordnung zugeführt ist. Somit offenbart sie nicht, dass auf Grundlage einer der Kupplungs­einrichtung und dem Getriebe gemeinsam zugeordneten Pumpenanordnung das Druckmedium für die Betätigung der Kupplungsanordnung bereitstellbar ist und der Kupplungseinrichtung Betriebsmedium zuführbar ist sowie das Druckmedium für die Betätigung des Getriebes bereitstellbar ist, wobei das Druckmedium auch als Betriebsflüssigkeit dient.

2.3 Die ausgehend von der E9 somit zu lösende Aufgabe besteht darin, eine kostengünstige Anordnung für die Zuführung des Betriebsmediums zur Kupplungsanordnung auszuwählen.

Dagegen wird im Streitpatent die von der Beschwerde­gegnerin angesprochene Problematik der Gefahr von Getriebeblockaden, die im Getriebe von E9 auftreten können, nicht gelöst. In der Vorrichtung des Streit­patents sind nämlich - zusätzlich zu den üblichen Filtereinheiten - zu diesem Zweck keine Maßnahmen vorgesehen.

2.4 D3 beschäftigt sich mit einer Verbesserung des PDK Doppelkupplungsgetriebes, welches mit hohen Kosten und einer hohen technischen Aufwand verbunden ist (siehe Absätze [0019] und [0020]).

Um diese Nachteile zu vermeiden, schlägt die D3, die sich insbesondere mit dem Niederdruckkreis beschäftigt, eine Lösung vor, wonach Druck- und Betriebsmedium durch eine gemeinsame Pumpenanordnung bereitgestellt werden, und das Druckmedium auch als Betriebsflüssigkeit dient (siehe Absätze [0042] bis [0044] sowie die Figur 1).

Somit legt D3 nahe, die gestellte Aufgabe mittels einer Pumpenanordnung gemäß Anspruch 1 zu lösen.

2.5 Es ist zwar richtig, dass D3 auch auf die Gefahr von Getriebeblockaden in der Vorrichtung der E9 verweist und die Verwendung von Schaltwalzen als Lösung für dieses Problems vorschlägt (siehe Absätze [0017] und [0189]).

Allerdings ist, wie oben erklärt, die Lösung dieses Problems nicht Teil der Aufgabe des Streitpatents. Ferner sind diese Schaltwalzen weder notwendig, um eine kostengünstige Anordnung für die Zuführung des Betriebs­mediums zur Kupplungsanordnung bereitzustellen, noch ein wesentlicher Teil der Lehre der D3 (siehe Anspruch 1). Daher würde der Fachmann keine Schalt­walzen zur Lösung der gestellten Aufgabe verwenden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Hilfsantrag - Artikel 123(2) EPÜ

Eine durch die Antriebseinheit antreibbare Pumpe gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags, bei der das Druckmedium ein Hydrauliköl ist, das auch als Betriebsmedium dient, ist in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht in den Figuren 13, 16, und 21 bis 27 offenbart.

Es ist zwar richtig, dass in diesen Figuren die Aktuatorik zur Betätigung des Getriebes - im Gegensatz zum Anspruch 1 des Hilfsantrags - eine Gassenauswahl­mechanik verwendet.

Allerdings offenbart die Anmeldung auch, dass die verschiedenartigen Pumpenanordnungen 10 und 10b gemäß den Figuren 10 bis 16 und 21 bis 27 untereinander austauschbar und überdies jeweils durch die andersartigen Pumpenanordnungen 10 gemäß den Figuren 1 bis 9 ersetzbar sind. Da die letzteren Figuren auch Ausführungsformen zeigen, deren Aktuatorik - wie im vorliegenden Anspruch 1 dargelegt - auf eine Gassenauswahlmechanik verzichtet, ist für den Fachmann klar, dass die in den Figuren 13, 16, 21 bis 27 offenbarten Pumpenanordnungen auch in Kombination mit einer derartigen Aktuatorik anzuwenden sind.

Deshalb wurde Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht entgegen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ geändert.

4. Hilfsantrag - Artikel 123(3) EPÜ

Es ist auch richtig, dass das erteilte Patent die Hydrauliksysteme der Figuren 13, 16, und 21 bis 27, die ein Hydrauliksystem mit einer Pumpenanordnung gemäß Anspruch 1 zeigen, als nicht erfindungsgemäß beschreibt. Allerdings ist es dem Fachmann aus der erteilten Fassung des Patents klar, dass diese Hydrauliksysteme nicht auf Grund ihrer Pumpenanordnung, die auch bei den in den anderen Figuren gezeigten erfindungsgemäßen Hydrauliksystemen anwendbar ist (siehe Absatz [0101] der B-Schrift), sondern auf Grund ihrer Gassenauswahlmechanik als nicht erfindungs­gemäß bezeichnet sind.

In der Tat definiert der Unteranspruch 4 in der erteilten Fassung eine durch die Antriebseinheit antreibbare Pumpe, die sowohl als Druckmediumpumpe zur Bereitstellung des Mediums als Druckmedium für die Betätigung der Kupplungsanordnung als auch als Betriebsmediumpumpe zur Bereitstellung des Mediums als Betriebsmedium für die Zufuhr zur Kupplungseinrichtung dient.

Dem Fachmann ist daher klar, dass der im erteilten Patent beanspruchte Antriebsstrang eine solche Pumpenanordnung sehr wohl umfasst. Folglich wurde das europäische Patent in der Fassung gemäß dem Hilfsantrag nicht derart geändert, dass sein Schutzbereich erweitert wird. Die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ sind somit erfüllt.

5. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit

5.1 Von der E9 ausgehend ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags nicht naheliegend.

5.1.1 Es ist zwar richtig, dass im Hydraulikschema der Figur 5 der E9 eine Pumpe gezeigt wird, deren Eingangs- und Ausgangsseite über eine zugeordnete Ventilanordnung verbindbar sind. E9 offenbart jedoch nicht, dass diese Ventilanordnung eine Steuer/Regel-Ventilanordnung ist, die durch Rückführung von Medium von der Ausgangsseite zur Eingangsseite einen Soll-Volumenstrom an Medium an der Ausgangsseite oder einer ausgangsseitigen Abgabestelle oder/und das Druckmedium auf der Ausgangs­seite oder an der ausgangsseitigen Abgabestelle auf einem Soll-Druck bereitstellen kann.

Daher würde der Fachmann, auch wenn er unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens einen gemeinsamen Ölraum und eine gemeinsame Pumpenanordnung für Druck- und Betriebsmedium in der Vorrichtung der E9 vorsehen würde, eine derartige Steuer/Regel-Ventilanordnung nicht verwenden.

5.1.2 Eine derartige Anordnung ist auch nicht in der D3 offenbart. Die in D3 offenbarte Pumpenanordnung umfasst zwar eine durch die Antriebseinheit antreibbare Pumpe (20), die sowohl als Druckmediumpumpe zur Bereit­stellung des Mediums als Druckmedium für die Betätigung der Kupplungsanordnung als auch als Betriebsmediumpumpe zur Bereitstellung des Mediums als Betriebsmedium für die Zufuhr zur Kupplungseinrichtung dient (siehe Figur 1), wobei die Eingangsseite und Ausgangsseite der Pumpe über eine zugeordnete Ventilanordnung (24) verbindbar sind. Diese Ventilanordnung ist jedoch lediglich zur Druckbegrenzung vorgesehen (siehe Figur 1 und Absatz [0101]), da die Regelung und Steuerung des Drucks von einer Steuer/Regel-Ventilanordnung (22) bewirkt wird, die nicht die Eingangsseite und Ausgangsseite der Pumpe verbindet.

Somit offenbart D3 nicht, dass die Eingangsseite und Ausgangsseite der Pumpe über eine zugeordnete Steuer/Regel-Ventilanordnung verbindbar ist, um durch Rückführung von Medium von der Ausgangsseite zur Eingangsseite einen Soll-Volumenstrom an Medium an der Ausgangsseite oder einer ausgangsseitigen Abgabestelle oder/und das Druckmedium auf der Ausgangsseite oder an der ausgangsseitigen Abgabestelle auf einem Soll-Druck bereitzustellen.

5.1.3 Folglich ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag weder in naheliegender Weise aus der Kombination der E9 mit dem allgemeinen Fachwissen, noch aus der Kombination der E9 und D3.

5.2 Auch von der B15 ausgehend ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags nicht naheliegend.

B15 betrifft eine Anordnung zur Druckversorgung einer selbsttätigen Schaltvorrichtung eines Gangwechsel­getriebes. Auch wenn in der Figur 5 eine Doppelkupplung gezeigt wird, offenbart B15 nicht, dass diese Kupplung eine Nasskupplung ist, und somit erst recht nicht, wie sie mit Betriebsmedium zu versorgen ist.

Die Beschwerdeführerin trug vor, dass die Auswahl einer Nasskupplung naheliegend sei, um eine Kupplung mit einer hohen Drehmomentkapazität bereitzustellen. Da B13 eine Nasskupplung offenbare, die ein gemeinsames Fluid für das Druckmedium und das Betriebsmedium verwende, sei es auch naheliegend, dieses Fluid mittels der in B15 gezeigten Pumpenanordnung bereitzustellen, die eine Pumpe gemäß Anspruch 1 aufweise.

B13 beschreibt jedoch nicht das Hydrauliksystem, das die Nasskupplung mit Betriebs- und Fluidmedium versorgt. Insbesondere lehrt diese Entgegenhaltung nicht, dass dieses Medium gemeinsam mit dem Druckmedium der Aktuatorik des Getriebes bereitzustellen ist. Da die Erfordernisse von Druck und Volumenstrom für das Betriebsmedium einer Nasskupplung nicht den Erfordernissen für das Druckmedium der Aktuatorik eines Getriebes entsprechen, ist es für den Fachmann nicht naheliegend, die in B15 gezeigten Anordnung auch für das Betriebsmedium zu verwenden.

Daher führt auch die Kombination der B15 und B13 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag. Folglich beruht dieser Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in der folgenden Fassung aufrecht zu erhalten:

- Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer,

- Zeichnungen Figur 1 bis 27 gemäß der erteilten Fassung,

- und einer an die Ansprüche anzupassenden Beschreibung.

Quick Navigation