European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T128712.20161124 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 November 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1287/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00126849.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60L 11/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Antriebsaggregat | ||||||||
Name des Anmelders: | Siemens Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bombardier Transportation GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende hat gegen die am 20. März 2012 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das Patent Nr. 1 110 799 in geändertem Umfang aufrechterhalten werden kann, Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 30. Juli 2012 per Telefax eingegangen.
II. Nach der Beschwerdeführerin sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des aufrechterhaltenen Patents aus
- D1: DE 195 23 985 A1
bekannt (Artikel 54 EPÜ), oder beruhe zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
III. Eine mündliche Verhandlung fand am 24. November 2016 vor der Kammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent zu widerrufen.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), oder das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten neuen Hilfsantrags 2 aufrecht zu erhalten.
VI. Anspruch 1 des Patents in der aufrechterhaltenen Fassung lautet:
"Antriebsaggregat, das wenigstens eine Asynchronmaschine (1) und wenigstens einen elektrischen Fahrmotor (7) umfasst, wobei die Asynchronmaschine (1) durch wenigstens eine Verbrennungskraftmaschine (2) antreibbar ist und über wenigstens einen eingangsseitigen Wechselrichter (3) wenigstens einen Zwischenkreis (4) speist, der die elektrische Antriebsenergie für den elektrischen Fahrmotor (7) zur Verfügung stellt, wobei der Zwischenkreis (4) mit wenigstens einer Einspeiseeinrichtung (8) gekoppelt ist, durch die dem Zwischenkreis (4) die notwendige Energie zuführbar ist, mittels der der eingangsseitige Wechselrichter (3) das für den Start der Asynchronmaschine (1) notwendige Drehfeld erzeugt und wobei der eingangsseitige Wechselrichter (3) derart steuerbar ist, dass die Asynchronmaschine (1) im Motorbetrieb die Verbrennungskraftmaschine (2) startet, wobei eine Steuerung (17) zur Steuerung des Antriebsaggregats vorgesehen ist und hierzu auf die Verbrennungskraftmaschine (2), auf den eingangsseitigen Wechselrichter (3) und auf den ausgangsseitigen Wechselrichter (6) wirkt
dadurch gekennzeichnet, dass
die Steuerung (17) den eingangsseitigen Wechselrichter (3) bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie derart steuert, dass die Asynchronmaschine (1) im Motorbetrieb die Verbrennungskraftmaschine (2) startet und anschließend in den Generator betrieb gesteuert wird."
Ansprüche 2 bis 11 des Patents in der aufrechterhaltenen Fassung sind von Anspruch 1 abhängig.
VII. Der einzige Anspruch (Anspruch 1) des Hilfsantrags 2 lautet:
"Antriebsaggregat, das wenigstens eine Asynchronmaschine (1) und wenigstens einen elektrischen Fahrmotor (7) umfasst, wobei die Asynchronmaschine (1) durch wenigstens eine Verbrennungskraftmaschine (2) antreibbar ist und über wenigstens einen eingangsseitigen Wechselrichter (3) wenigstens einen Zwischenkreis (4) speist, der die elektrische Antriebsenergie für den elektrischen Fahrmotor (7) zur Verfügung stellt, wobei der Zwischenkreis (4) mit wenigstens einer Einspeiseeinrichtung (8) gekoppelt ist, durch die dem Zwischenkreis (4) die notwendige Energie zuführbar ist, mittels der der eingangsseitige Wechselrichter (3) das für den Start der Asynchronmaschine (1) notwendige Drehfeld erzeugt und wobei der eingangsseitige Wechselrichter (3) derart steuerbar ist, dass die Asynchronmaschine (1) im Motorbetrieb die Verbrennungskraftmaschine (2) startet, wobei das Antriebsaggregat in verschiedenen Betriebsarten steuerbar ist, wobei die Betriebsarten durch eine Steuerung (17) realisiert werden, und die Steuerung (17) hierbei auf die Verbrennungskraftmaschine (2), auf den eingangsseitigen Wechselrichter (3) und auf den ausgangsseitigen Wechselrichter (6) wirkt,
dadurch gekennzeichnet, dass
- in einer Betriebsart der eingangsseitige Wechselrichter (3) bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie derart gesteuert wird, dass die Asynchronmaschine (1) im Motorbetrieb die Verbrennungskraftmaschine (2) startet und anschließend in den Generatorbetrieb gesteuert wird und dass
- in einer weiteren Betriebsart die Asynchronmaschine mit fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Bremsenergie die Verbrennungskraftmaschine antreibt."
VIII. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen folgendes vor:
Im Anspruch 1 sei nur eine Startbedingung angegeben, sodass die Verbrennungsmaschine, sobald fahrmotorseitig generatorisch erzeugte Energie vorhanden ist, d.h. bei jedem Bremsvorgang, gestartet werde. Dies sei im Widerspruch zum abhängigen Anspruch 2, der das Antreiben der Verbrennungsmaschine vorsehe. Es sei auch nicht ursprünglich offenbart, dass bei jedem Bremsvorgang die Verbrennungsmaschine gestartet wird. Bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie werde entweder die Verbrechungsmaschine angetrieben oder gestartet, oder die erzeugte Energie an Bremswiderstände zugeführt. Daher stelle der unklare Anspruch 1 des Hauptantrags einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ dar.
Der neue Hilfsantrag 2 sei verspätet eingereicht worden und beruhe auf Merkmalen, die der Beschreibung entnommen worden seien. Im Oberbegriff des einzigen Anspruchs stelle der Begriff "in verschiedenen Betriebsarten" einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ dar, weil ursprünglich nur bestimmte Betriebsarten offenbart worden seien. Folglich stelle der Begriff eine Zwischenverallgemeinerung dar. Der Anspruch sei auch unklar, weil das Merkmal bezüglich des Startens der Verbrennungsmaschine im Anspruch doppelt vorhanden sei.
Schließlich gehe das letzte Merkmal auch auf Absatz [0018] der veröffentlichten Anmeldung zurück, wobei die Information, dass kein Brennstoff zugeführt wird, nicht mit einbezogen worden sei. Es entstehe somit auch dadurch ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 sei auch durch D1 vorweggenommen.
Aus D1 lese der Fachmann mit, dass der Motor/Generator 3 eine Asynchronmaschine sein könne, und aus D1, Spalte 2, Zeilen 34 bis 44 sei auch das letzte Merkmal bekannt. In D1, wenn die Batterie voll geladen ist und deshalb keine weitere Energie aufnehmen kann, werde die Verbrennungsmaschine als zusätzliche Last angetrieben. D1 offenbare nicht explizit, dass die Verbrennungsmaschine tatsächlich gestartet werde. Dennoch habe D1 zum Ziel die Abgase zu reduzieren (siehe Spalte 1, Zeilen 15 bis 17). Wenn die Batterie nicht voll geladen ist, werde die Verbrennungsmaschine daher nicht als Last weiter angetrieben, da sonst der Motor/Generator 3 unnötige Energie vernichten würde. Aus Spalte 4, Zeilen 34 bis 45 gehe zweifellos hervor, dass die Verbrennungsmaschine mittels des Motors/Generators gestartet und anschließend der Motor/Generator in den Generatorbetrieb gesteuert werden könne. Folglich werde auch, während des Bremsvorgangs und bei schwacher Batterie, die fahrmotorseitig generatorisch erzeugte Energie benutzt, um die Verbrennungsmaschine zu starten, zumindest wenn die Batterie wegen des möglichen Verbrauchs von anderen angeschlossen Verbrauchern schwach ist.
IX. Die Beschwerdegegnerin machte geltend, dass die Erfindung als Hintergrund habe, Energie bei hybriden Schienenfahrzeugen zu sparen. Die Verbrennungsmaschine eines Schienenfahrzeugs sei viel größer als die eines Kraftfahrzeugs, und die Erfindung sehe vor, die Verbrennungsmaschine des Schienenfahrzeugs bei fahrmotorisch generatorisch erzeugter Energie anzuhalten und mittels dieser erzeugten Energie wieder zu starten (siehe Absatz [0008] des veröffentlichten Patents). Um dies deutlich zu machen, sei in der ersten Instanz der Begriff "steuerbar" in "steuert" umgewandelt worden. Absatz 11, Zeilen 52 bis 56 sowie Absatz [0009], Zeilen 25 bis 30 des veröffentlichten Patents weisen auf zwei Betriebsarten hin, nämlich das Antreiben der Verbrennungsmaschine ohne Brennstoffzufuhr sowie das Abschalten derselben bei Gefällstrecken. Das Abschalten erfordere ein erneutes Starten der Verbrennungsmaschine. Um die Einspeisungseinrichtung zu entlasten, werde die aus dem Bremsvorgang gewonnene Energie für das Starten der Verbrennungsmaschine verwendet. Dies sei bei Schienenfahrzeug möglich, da die gefahrenen Strecken im voraus bekannt seien. Es bestehe kein Widerspruch zwischen den Ansprüchen 1 und 2 des Hauptantrags, da sich diese auf verschiedene Betriebsarten beziehen. Absatz [0027], Zeile 1 der veröffentlichten Anmeldung weise auf die verschiedenen Betriebsarten hin, die in den vorherigen Absätzen [0008], [0009] sowie [0020] bis [0022] beschrieben sind.
Das geänderte letzte Merkmal des Anspruchs 1 sei auch von der ursprünglichen Beschreibung gestützt, da es sich wortwörtlich im ursprünglichen Absatz [0018] befinde.
Mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags werde nur eine der verschiedenen Betriebsarten beansprucht. Der Anspruch 1 des Hauptantrags verstoße somit nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
Der neue Hilfsantrag 2 sei in Reaktion auf die Einwände der Kammer bezüglich Klarheit und möglicher Erweiterung eingereicht worden. Die Einwände seien erstmals während der mündlichen Verhandlung erhoben worden, so dass der neue Hilfsantrag ins Verfahren zugelassen werden sollte. Die Beschreibung offenbare verschiedene Betriebsarten, sodass der Fachmann sofort verstehe, dass auch andere Betriebsarten möglich seien. Mit dem Anspruch seien nur zwei Betriebsarten beansprucht. Das letzte Merkmal des Anspruchs stamme aus dem ursprünglichen Anspruch 5, welcher vom ursprünglichen Anspruch 1 abhing. Dieses Merkmal solle als Alternative zu der Betriebsart, in der die Verbrennungsmaschine gestartet werde, gesehen werden. Daraus resultiere kein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
Der Gegenstand des Anspruchs des Hilfsantrags 2 sei hinsichtlich D1 neu. D1 offenbare keine als Motor/Generator arbeitende Asynchronmaschine, sondern nur eine fremderregte Synchronmaschine. In Spalte 8, Zeile 66 bis Spalte 9, Zeile 5 sei auch angegeben, dass die Verbrennungsmaschine gedrosselt werde, nicht dass diese gestoppt und später gestartet werde.
Nichts deute in D1 darauf hin, dass bei einer schwachen Batterie während eines Bremsvorgangs die Verbrennungsmaschine gestartet werden solle. Während eines Bremsvorgangs werde mehr Energie produziert als von der Fahrzeugausstattung benötigt. Ob während eines Bremsvorgangs wegen anderer Verbraucher die Batterie schwach werden könne, sei eine hypothetische Überlegung, die auf eine ex-post-facto Analyse beruhe.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Artikel 84 und 123 (2) EPÜ
2.1 Der Oberbegriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruht auf den Ansprüchen 1 bis 3 sowie einem auf die Steuerung bezogenen und sich auf Absatz [0027] der veröffentlichten Anmeldung stützenden Merkmale.
Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 4, wobei das Wort "steuerbar" einmal mit "steuert" und einmal mit "gesteuert wird" ersetzt worden ist.
2.2 Aufgrund der Begriffe "steuert" und "gesteuert wird" interpretiert die Kammer den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 des Hauptantrags derart, dass bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie die Verbrennungskraftmaschine definitiv, d.h bedingungslos, gestartet wird.
Insofern ist der Anspruch für die Kammer klar (Artikel 84 EPÜ).
2.3 Dennoch widerspricht dies der ursprünglichen Beschreibung, wonach die Steuerung bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie verschiedene Betriebsarten initiieren kann, in denen
- die Asynchronmaschine die Verbrennungsmaschine ohne Brennstoffzufuhr antreibt (siehe Absatz [0011], Zeilen 52 bis 56 sowie Absatz [0022] des veröffentlichten Patents), oder
- die Asynchronmaschine (wie beansprucht) zum Starten der Verbrennungsmaschine benutzt wird (siehe Absatz [0020]), oder
- die erzeugte Energie ausschließlich oder zusätzlich einem dreiphasigen Bremswiderstand 10 zugeführt wird (siehe Absätze [0023] und [0024]).
Das umformulierte Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Hauptantrags, wobei die Steuerung, bedingungslos und ausnahmslos die Verbrennungsmaschine bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie startet, ist deshalb nicht durch die ursprüngliche Beschreibung gestützt.
Der Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
3. Hilfsantrag 2
3.1 Zulassung
Der neue Anspruch des Hilfsantrags 2 wurde als Reaktion auf den erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobenen Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ eingereicht. Die Hinzufügung des Merkmals "wobei das Antriebsaggregat in verschiedenen Betriebsarten steuerbar ist" sowie der Begriffe "in einer Betriebsart" sowie "in einer weiteren Betriebsart" stellt offensichtlich einen Versuch dar, den unter Punkt 2 genannten Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ auszuräumen. Folglich übte die Kammer ihr Ermessen in der Weise aus, den neuen Hilfsantrag 2 ins Verfahren zuzulassen.
3.2 Artikel 123 (2) EPÜ
Der Oberbegriff des Anspruchs des Hilfsantrags 2 beinhaltet alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Hauptantrags sowie die folgenden Merkmale: "wobei das Antriebsaggregat in verschiedenen Betriebsarten steuerbar ist, wobei die Betriebsarten durch eine Steuerung (17) realisiert werden". Diese Merkmale stützen sich auf den Absatz [0027] der veröffentlichten Anmeldung, wo der Begriff "Betriebsarten" erwähnt ist, sowie auf die verschiedenen Absätze [0011], [0020], [0022] bis [0024] die die verschiedenen Betriebsarten beschreiben.
Der kennzeichnende Teil des Anspruchs weist die funktionalen Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Hauptantrags auf, wobei spezifiziert wird, dass der eingangsseitige Wechselrichter nur "in einer Betriebsart" bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie derart gesteuert wird, dass die Asynchronmaschine (1) im Motorbetrieb die Verbrennungskraftmaschine (2) startet. Somit ist der gegen den Anspruch 1 des Hauptantrags erhobene Einwand beseitigt. Zudem wurde eine weitere Betriebsart in den kennzeichnenden Teil des Anspruchs aufgenommen. Basis dafür ist der ursprüngliche Anspruch 5.
Obgleich die ursprüngliche Anmeldung eine bestimmte Anzahl unterschiedlicher Betriebsarten offenbart, darf sich der Anspruch auf eine reduzierte Anzahl von Betriebsarten beschränken ohne einen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ darzustellen.
3.3 Artikel 54 EPÜ
Dokument D1 stellt den nächstgelegenen Stand der Technik dar.
Es offenbart ein Antriebsaggregat eines Hybridfahrzeugs (siehe D1, Spalte 6, Zeilen 20 bis 23 und Abbildung 1), das wenigstens eine elektrische Maschine 2 und wenigstens einen elektrischen Fahrmotor 4 umfasst. Die elektrische Maschine 2 ist eine Synchronmaschine, da diese, wie die Passage in Spalte 7, Zeilen 36 bis 39 verrät, einen Feldstrom benötigt. Die Maschine 2 ist durch wenigstens eine Verbrennungskraftmaschine 3 antreibbar und speist über wenigstens einen eingangsseitigen Wechselrichter 10 wenigstens einen Zwischenkreis, der die elektrische Antriebsenergie für den elektrischen Fahrmotor 4 zur Verfügung stellt (siehe Spalte 6, Zeilen 46 bis 52). Der Zwischenkreis ist mit wenigstens einer Einspeiseeinrichtung 1 gekoppelt, durch die dem Zwischenkreis die notwendige Energie zuführbar ist, mittels der der eingangsseitige Wechselrichter 10 das für den Start der Verbrennungskraftmaschine 3 notwendige Drehfeld in der elektrischen Maschine 2 erzeugt (Spalte 7, Zeilen 9 bis 15).
Das Antriebsaggregat nach D1 ist in verschiedenen Betriebsarten steuerbar (siehe Abbildung 2), wobei die Betriebsarten durch eine Steuerung 30 realisiert werden, und die Steuerung 30 hierbei auf die Verbrennungskraftmaschine 3, auf den eingangsseitigen Wechselrichter 10 und auf den ausgangsseitigen Wechselrichter 20 wirkt.
In einer zum Anlassen des Verbrennungsmotors vorgesehenen Betriebsart wird der Motor/Generator 2 mittels des Zündschlüsselschalters erst als Motor betrieben, bis die Geschwindigkeit des Verbrennungsmotors einen vorbestimmten Leerlaufpegel erreicht hat (siehe D1, Spalte 8, Zeilen 33 bis 47), und dann in den Generatorbetrieb versetzt.
In einer weiteren, zum Bremsen vorgesehenen Betriebsart bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Bremsenergie treibt die elektrische Maschine 2 die Verbrennungskraftmaschine 3 an (Siehe D1, Spalte 7, Zeile 54 bis Spalte 8, Zeile 1 und Spalte 9, Zeilen 31 bis 38). D1 offenbart dabei lediglich, dass bei regenerativ betriebenem Fahrmotor 4 der Motor/Generator 2 die Verbrennungskraftmaschine zwangsweise dreht bzw. antreibt, um eine Bremskraft zu erzeugen. D1 gibt kein Indiz, dass die Verbrennungsmaschine vor bzw. während des Bremsens angehalten wird und beim regenerativen Bremsvorgang wieder gestartet wird.
Folglich unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs des Hilfsantrags 2 von dem Antriebsaggregat nach D1, dadurch dass
- die elektrische Maschine eine Asynchronmaschine ist; und
- in einer (weiteren) Betriebsart der eingangsseitige Wechselrichter bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie derart gesteuert wird, dass die Asynchronmaschine im Motorbetrieb die Verbrennungskraftmaschine startet und anschließend in den Generatorbetrieb gesteuert wird.
Der Gegenstand des Anspruchs des Hilfsantrags 2 ist daher neu (Artikel 54 EPÜ).
3.4 Artikel 56 EPÜ
3.4.1 Eine erfinderische Tätigkeit kann im ersten unterscheidenden Merkmal nicht gesehen werden, da es üblich (vgl. D4 = US 5,552,681) und daher naheliegend ist, eine Asynchronmaschine als Motor/Generator in Verbindung mit einer Verbrennungsmaschine zu verwenden. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.
3.4.2 Das zweite unterscheidende Merkmal ergibt sich aber nicht in naheliegender Weise aus D1.
Der Motor/Generator 2 von D1 wird in den Motorbetrieb versetzt,
- beim Starten mittels des Zündschlüsselschalters, wobei die dabei benötigte Energie aus der Einspeiseeinrichtung geliefert wird, oder
- bei Gefällstrecken wenn er die Verbrennungsmaschine ohne Brennstoffzufuhr antreibt, um die überschüssige Energie dabei zu verbrauchen.
In dieser letzten Betriebsart wird der Drosselwinkel der Verbrennungsmaschine 3 von D1 verkleinert und der Ansaugluftbetrag gedrosselt (D1, Spalte 9, Zeilen 4 bis 8). Bei D1 bleibt es jedoch offen, ob die Verbrennungsmaschine aus einem angehaltenen Zustand oder aus dem Leerlauf angetrieben wird.
Ähnlich wie beim Antriebsaggregat nach der Patentschrift (siehe Absatz [0020]) wird mit dem in den Generatorbetrieb versetzten Fahrmotor 4 von D1 dem Zwischenkreis sehr viele Energie zugeführt.
Die Steuerung des Antriebsaggregats von D1 sieht vor, dass bei einem Hybridfahrzeug die Energie zuerst der Batterie 1 (Einspeiseeinrichtung) zugeführt und anschließend, wenn die Batterie gesättigt ist, mittels des in den Motorbetrieb versetzten Motors/Generators 2 aufgebraucht wird (siehe Spalte 9, Zeilen 11 bis 38). Da das Antreiben der Verbrennungsmaschine mittels des Motors/Generators 2 nur erfolgt wenn die Batterie gesättigt ist, würde der Fachmann die Verbrennungsmaschine nicht starten, solange der Fahrmotor in den Generatorbetrieb versetzt ist und daher selbst den Zwischenkreis mit Energie versorgt und überlädt.
3.4.3 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass unter Umständen die durch die Ausstattung des Hybridfahrzeugs gebildeten Verbraucher mehr Energie verbrauchen könnten als der in den Generatorbetrieb versetzte Fahrmotor produzieren wird.
Diese Betriebsart könnte theoretisch bei einem Kraftfahrzeug zwar auftreten, jedoch würde in diesem Moment die Batterie, die zuvor gesättigt war, die Verbraucher dann speisen und gleichzeitig den Motor/Generator 2 versorgen, um, sofern die Verbrennungsmaschine angehalten wurde, diese zu starten. Die für das Starten der Verbrennungsmaschine benötigte Energie würde dann sofort die von den Verbrauchern benötigte Energie übertreffen. Diese Energie würde auch dann von der Batterie geliefert werden, da der Fahrmotor schon nicht in der Lage wäre, die Verbraucher zu speisen. Der in den Generatorbetrieb versetzte Fahrmotor 4 ist mit der Batterie 1 über einen auf Dioden basierten Gleichrichter (Dioden D2 in Abbildung 2) verbunden. Folglich können die Verbraucher sowie die elektrische Maschine nur entweder von der Batterie oder dem in den Generatorbetrieb versetzten Fahrmotor versorgt werden. In einem aus D1 bekannten Kraftfahrzeug, wenn die Batterie Energie abliefert, ist der Fahrmotor entweder in den Motorbetrieb versetzt oder durch die Diodenbrücke getrennt. In einem aus D1 bekannten Kraftfahrzeug, wenn die Batterie schwach wird, wird die Verbrennungsmaschine gestartet ohne auf einer Gefällstrecke, wobei der Fahrmotor in den Generatorbetrieb versetzt werden könnte, zu warten. Die Kammer schließt nicht aus, dass die von der Beschwerdeführerin genannte Situation in Ausnahmefällen entstehen könnte. Die Verbrennungsmaschine nach D1 wird dennoch nicht absichtlich bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie, d.h. im Sinne der Erfindung mittels dieser erzeugten Energie, gestartet werden. Das Argument der Beschwerdeführerin beruht daher für die Kammer auf einer rückschauenden Betrachtung und ist nicht überzeugend.
3.4.4 Aus dem erteilten Patent, inklusive Absatz [0008], ist nicht ohne weiteres ersichtlich, warum bei fahrmotorseitig generatorisch erzeugter Energie das Starten der Verbrennungsmaschine und die Versetzung der elektrischen Maschine in den Generatorbetrieb sinnvoll wäre, da eine überschüssige Energie im Zwischenkreis bereits vorhanden ist. Die Beschwerdegegnerin machte aber deutlich, dass ein Antriebsaggregat, wie beansprucht, besonders in einem Schienenfahrzeug Platz findet, in dem die Verbrennungsmaschine sehr viel wiegt und deshalb viel Energie zum Starten verlangt, und bei dem die zu fahrenden Strecken im voraus bekannt sind, d.h. wo die Gefällstrecken und deren Enden im voraus feststehen und relativ einfach zu berechnen sind. Mit der Vorausberechnung der zu fahrenden Strecken kann die Erfindung dazu beitragen, die Einspeiseeinrichtung zu schonen.
Aus den vorherigen Gründen ergibt sich die Erfindung daher nicht in naheliegender Weise aus dem bekannten Stand der Technik. Sie beruht deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung mit dem Anspruch 1 des in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2016 eingereichten neuen Hilfsantrags 2 und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrecht zu erhalten.