T 1160/12 () of 29.4.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T116012.20160429
Datum der Entscheidung: 29 April 2016
Aktenzeichen: T 1160/12
Anmeldenummer: 06725410.2
IPC-Klasse: C03B 5/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 344 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VORRICHTUNG ZUM ÜBERFÜHREN VON GLASSCHMELZE AUF EIN FLOATBAD
Name des Anmelders: Asahi Glass Company, Limited
Name des Einsprechenden: Schott AG
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1841/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung, mit der das Patent Nr. 1 874 697 in geänderter Fassung aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die folgende Dokumente wurden u.a. im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren zitiert:

E2-l: "Application of Mathematical Modeling in the Process Development of Glass Forming", Kreidl et al., Glastech. Ber. Glass, Sci. Technol. 77C (2004);

E4: DE-A-1 020 974 3;

E8: "Technik der Glasherstellung", Günter Nölle, 3. überarbeitete Auflage, 1997;

E12: Eidesstattliche Versicherung von Prof. Helmut A. Schaeffer.

Das folgende Dokument wurde mit der Erwiderung der Beschwerdeführerin vom 26. März 2013 eingereicht:

E13: DE 196 51 556.

III. Die Einspruchsabteilung befand, dass ausgehend von einer Anlage gemäß E4 oder E5, und unter Berücksichtigung der Lehre des Dokuments E2-1, der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhte.

IV. Die Beschwerdeführerin reichte mit der Beschwerdebegründung zwei geänderte Anspruchssätze (Hilfsanträge I und II) ein und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patentes entweder in der erteilten Fassung, oder, hilfsweise, gemäß einem dieser Hilfsanträge.

V. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Mit ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung teilte die Kammer ihre vorläufige negative Meinung in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags und, im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ, auf die in den Hilfsanträgen durchgeführten Änderungen.

VII. Mit Schreiben vom 29. März 2016 ersetzte die Beschwerdeführerin diese Hilfsanträge durch drei neue Anspruchsätze (Hilfsanträge I-III).

VIII. Am 29. April 2016 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin nahm während der mündlichen Verhandlung den Hilfsantrag I zurück und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents wie erteilt (Hauptantrag) oder hilfsweise auf der Grundlage eines der mit Schreiben vom 29. März 2016 eingereichten Hilfsanträge II oder III.

Die Beschwerdegegnerin beantragte auch dort die Zurückweisung der Beschwerde.

Die vorliegende Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.

IX. Der unabhängige Anspruch 1 des erteilten Patents (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Vorrichtung zum Überführen von Glasschmelze von einem Aufbereitungsbereich zu einem Floatbad (4) mit einer Zuführung auf einem Niveau oberhalb des Niveaus des Floatbades (4), und mit einer Übergangsrampe (2) von dem Niveau der Zuführung auf das Niveau des Floatbades (4),

dadurch gekennzeichnet, dass

die Zuführung als Zuführrohr (1) ausgebildet ist, und dass zwischen Zuführrohr (1) und Übergangsrampe ein Übergangsrohr vorgesehen ist, und das sich mit der Fließrichtung trichterförmig erweitert, und das durch Hindurchleiten von Strom direkt beheizbar ist."

Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags II lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag wurden durch die Kammer hervorgehoben):

"Vorrichtung zum Überführen von Glasschmelze von einem Aufbereitungsbereich zu einem Floatbad (4) mit einer Zuführung auf einem Niveau oberhalb des Niveaus des Floatbades (4), wobei die Vorrichtung für die Überführung einer Glasschmelze aus hochschmelzendem Borosilikatglas ausgelegt ist, und mit einer Übergangsrampe (2) von dem Niveau der Zuführung auf das Niveau des Floatbades (4),

dadurch gekennzeichnet, dass

die Zuführung als Zuführrohr (1) ausgebildet ist, und dass zwischen Zuführrohr (1) und Übergangsrampe ein Übergangsrohr vorgesehen ist, und das sich mit der Fließrichtung trichterförmig erweitert, und das durch Hindurchleiten von Strom direkt beheizbar ist, wobei die Übergangsrampe (2) ein mit Ausnahme der stirnseitigen Zufluss- und Abflussöffnungen allseitig geschlossener Kanal ist."

Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags III enthält die folgende am Ende des kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II hinzugefügten Merkmalen:

"und wobei das Zuführrohr (1) vollständig unterhalb des Niveaus der Glasschmelze in dem davorliegenden Aufbereitungsbereich liegt."

X. Die Beschwerdeführerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt:

E4 befasst sich mit hochschmelzenden Gläsern, und ist der beste Startpunkt, um die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit durchzuführen. E4 offenbart die Merkmale des kennzeichnenden Teils des erteilten Anspruchs 1 nicht.

Ausgehend von der Vorrichtung nach E4 lautet die Aufgabe: Borosilikatglas thermisch und chemisch homogen und in hoher optischer Qualität herzustellen.

Entgegen der in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellung kommt für den Fachmann eine Kombination der Lehre dieses Dokuments mit der Lehre der E2-1 nicht in Betracht. Es ist dem Fachmann nicht klar wie die Lehre der E2-1 unmittelbar für die Lösung der oben formulierten Aufgabe angewendet werden könnte. Auf die Entscheidung T 1841/11 wurde diesbezüglich verwiesen.

E2-1 befasst sich mit der Anwendung mathematischer Simulationen auf die Glasaufbereitung, und enthält somit keine Lehre die zur praktischen Lösung dieser Aufgabe angewendet werden könnte. Die Eignung des im E2-1 offenbarten Vorherdes für eine Verwendung zum nachgeschalteten Floatbad-Verfahren in der Herstellung von Borosilikatglas ist in diesem Dokument nicht offenbart.

Diese Eignung ist zudem nicht vorhanden aufgrund der inhomogenen Temperaturverteilung des durchströmenden Glases, und der Abwesenheit einer Übergangsrampe.

E13 und E8 beweisen, dass der in Figur 1 der E2-1 gezeigte rechteckige Querschnitt am Ausgang des Vorherdes und des Profil der Glasschmelze nicht als implizite Offenbarungen eines nachgeschalteten Floatbades gelten können. Der im Figur 2 gezeigten Temperaturbereich ist zu niedrig für die Borosilikatglasbearbeitung.

Der Inhalt der eidesstattlichen Erklärung E12 sollte als Parteivortrag eingestuft und nur als solche geprüft werden, und nicht als ein Beweismittel dafür angenommen werden, dass E2-1 eine Floatbadanlage implizit offenbart.

Eine Kombination der Lehre der E4 mit der der E2-1 wäre auch nicht in der Lage die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 in Frage zu stellen, weil E2-1 die trichterförmige Erweiterung einfach nicht offenbart. Ihre Figur 1 ist perspektivisch nicht korrekt und zeigt keine trichterförmige Erweiterung, weil die erforderliche spiegelsymmetrische Ausbildung aus dem Text nicht zwingend ableitbar ist, und das abgebildete Übergangsrohr ebenso gut stufenförmig erweitert sein könnte.

Selbst wenn Figur 1 der E2-1 diese Form zeigen sollte, hätte der Fachmann keine Veranlassung diese mit zu übernehmen, weil damit keine besondere technische Lehre in Bezug auf die dortige Temperaturhomogenität verbunden ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit als erfinderisch zu betrachten.

Der Hilfsantrag II ist zulässig weil dort Merkmale des erteilten Anspruchs 11 in dem erteilten Anspruch 1 aufgenommen wurden.

Es gibt im Stand der Technik, und insbesondere in E4, keinerlei Hinweise auf eine Übergangsrampe die, wie im Anspruch 1 des Hilfsantrags II vorgesehen ist, als allseitig geschlossener Kanal ausgebildet ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III unterscheidet sich von dem nach Hilfsantrag II durch weitere Merkmale die als nicht in E4 offenbart zu betrachten sind.

XI. Die Beschwerdegegnerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt:

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist, wie in der angefochtenen Entscheidung und ausgehend von der E4, in Anbetracht der Lehre der E2-1 als nicht erfinderisch zu bewerten.

Die Aufgabe, die sich aus den durch die Beschwerdeführerin korrekt identifizierten Unterschieden ergibt lautet: die thermische und chemische Homogenität des durch die bekannte Vorrichtung überführten Glases zu verbessern.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird der Fachmann die Lehre der E2-1 in Betracht ziehen und anwenden, um diese Aufgabe zu lösen, weil er sofort erkennen wird, dass das Zuführrohr der E2-1 eine Verbesserung der Homogenität mit sich bringen wird, auch wenn durch eine Anpassung der Flanschgeometrie eine weitere Optimierung möglich ist.

E2-1 lehrt alle Unterscheidungsmerkmale: die Stromheizung ist dort explizit erwähnt und die trichterförmige Erweiterung ist in ihre Figur 1 sichtbar.

Figur 1 der E2-1 zeigt den Abdruck eines Regelschiebers in der Glasschmelze. Wie aus E12 klar ist, beweist die Anwesenheit des Regelschiebers, dass die Vorrichtung nach E2-1 zum Überführen von Glasschmelze von einem Aufbereitungsbereich zu einem Floatbad bestimmt und nicht nur geeignet ist, und dass E2-1 somit eine Floatbadanlage implizit offenbart.

Der Fachmann würde somit, durch eine Kombination der Lehren dieser beiden Schriften, zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gelangen.

Der Hilfsantrag II ist zu spät eingereicht worden, um zugelassen und diskutiert werden zu können. Der Gegenstand des Hilfsantrages II wie auch der des Hilfsantrages III weist auch keine erfinderische Tätigkeit auf, weil die die hinzugefügte Merkmale durch E4 bereits bekannt sind.

Entscheidungsgründe

1. E4 als Startpunkt

E4 offenbart eine Vorrichtung zum Überführen von Glasschmelze von einem Aufbereitungsbereich zu einem Floatbad (siehe Figur 1 und Anspruch 14) mit einer Zuführung auf einem Niveau oberhalb des Niveaus des Floatbades (16), und mit einer Übergangsrampe (13) von dem Niveau der Zuführung auf das Niveau des Floatbades (4) und einem Speiserkanal (11, siehe Absatz [29]) der als Zuführrohr angesehen werden kann.

E4 erwähnt auch die Problematik, dass insbesondere bei hochschmelzenden Borosilikatgläsern (Spalte 1, Zeilen 56-62) die Temperaturunterschiede in der Glasschmelze zu einer Beeinträchtigung der Oberflächenqualität des hergestellten Glases führen (Spalte 2, Zeilen 1-9).

Die Beschwerdeführerin meint, dass E4 den nächstliegenden Stand der Technik bildet.

Übereinstimmend damit, wird E4 auch durch die Kammer als einen geeigneten Startpunkt zur Diskussion der erfinderischen Tätigkeit aller Anträge angesehen.

2. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

2.1 Unterschiede

E4 offenbart die folgende Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht:

dass zwischen Zuführrohr und Übergangsrampe ein Übergangsrohr vorgesehen ist, das sich mit der Fließrichtung trichterförmig erweitert, und das durch Hindurchleiten von Strom direkt beheizbar ist.

2.2 Wirkungen - zu lösende Aufgabe

Die trichterförmige Erweiterung (siehe Absatz [9]) ermöglicht es, den Strom der flüssigen Glasschmelze nur in der Horizontale, und somit ohne Abkühlung einzelner Bereiche oder Stränge des Glasstromes, aufzuweiten.

Die Heizbarkeit der Wände des Übergangsrohrs ermöglicht (siehe Absatz [9]), eine genügend hohe und gleichmäßige Temperatur der Glasschmelze aufrecht zu erhalten.

Beide Merkmale bewirken somit zusammen, dass die Viskosität gleichmäßig bleibt und die Glasschmelze regelmäßig fließt, so dass besonders hochwertiges Glas hergestellt werden kann.

Gegenüber E4 liegt somit der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, diese bekannte Vorrichtung so weiter auszugestalten, dass die Homogenität des dadurch überführten Glases im Vergleich mit der Rinne der E4 verbessert wird, so dass diese in der Lage ist Glas in hoher optischer Qualität herzustellen (siehe Absatz [7]).

2.3 E2-1

2.3.1 E2-1 beschreibt (Seiten 53 und 54) eine Vorrichtung (siehe auch Figur 1), die zum Überführen von Glasschmelze von einem Aufbereitungsbereich zu einem Verarbeitungsbereich bezweckt ist (siehe die ersten 6 Zeilen auf Seite 53, die das "conditioning" betreffen) mit einer Zuführung (auf der linken Seite der Figur 1) und einer Abführung (auf der rechten Seite der Figur 1), wobei die Zuführung als Zuführrohr ausgebildet ist, und wobei zwischen Zuführrohr und Abführung ein Übergangsrohr (als "Pt-Forehearth" in Figur 1 genannt) vorgesehen ist.

Die Zeilen 1-6 auf Seite 53 weisen auf die Temperaturhomogenität des Glases hin und enthalten die Information, dass das Übergangsrohr durch Hindurchleiten von Strom direkt beheizbar ist ("platinum pipes heated electrically by the Pt-skin").

Figur 1 zeigt, dass der Querschnitt des Übergangsrohrs sich mit der Fließrichtung ändert, nämlich von rund in flächig rechteckig breit.

2.3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass der Fachmann E2-1 nicht in Betracht ziehen würde, weil dieses Dokument lediglich von mathematischen Simulationen handelt, und somit keine in der Realität existierende Vorrichtung betrifft.

Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Die Anwendung von mathematischen Simulationen ist gerade in diesem technischen Gebiet eine übliche und sinnvolle Entwicklungsmaßnahme zu der sogar in E4 selbst (Spalte 3, Zeilen 5-11) explizit geraten wird.

Die Kammer sieht daher keinen Grund warum, gerade von E4 ausgehend, der Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe nicht Simulationsergebnisse, die die Temperatur in einem Vorherd nach der E2-1 betreffen, berücksichtigen sollte.

2.3.3 Die Beschwerdeführerin bezieht sich auf die Entscheidung T 1841/11 vom 3. Dezember 2015 und macht geltend, dass der Fachmann E2-1 nicht in Betracht ziehen würde, weil es nicht sofort ersichtlich ist, dass dieses Zuführrohr zum Zwecke der Erfindung auf einfache Weise angepasst werden kann, vor allem weil dort weder ein Floatbad noch eine Übergangsrampe offenbart ist.

Grund dafür ist, dass E13 und E8 beweisen, dass der rechteckige Querschnitt am Ausgang des Vorherdes sowie eine etwaige (im übrigen durch die Beschwerdeführerin bestrittene) Anwesenheit eines Sperrschiebers in sehr unterschiedlichen Verfahren zur Anwendung kommen (siehe z. B. das Walzverfahren in Figur 73 der E8, und das Gob-feeding in der E13) und somit nicht als eine eindeutige, immer noch implizite, Offenbarung eines Floatbades gelten können.

2.3.4 Die Kammer merkt an, dass das durch die Beschwerdeführerin angewendete Kriterium, das in T 1841/11 genannt wurde, wonach die Anwendbarkeit der Lehre eines Dokuments sofort erkennbar sein sollte, dort lediglich zur Bestimmung des geeigneten Startpunkts zur Diskussion der erfinderischen Tätigkeit angewendet wird.

Wie dem auch sei, auch unter Anwendung dieses Prinzips würde der Fachmann sofort die Vorteile der Lehre der E2-1 erkennen, weil diese Schrift sich explizit mit der zu lösenden Aufgabe befasst. Sie bietet auch eine Lösung, die auf einfacher Weise auf die Vorrichtung der E4, wo sowohl ein Floatbad als auch eine Übergangsrampe bereits anwesend sind, angepasst werden kann, um die oben formulierte (Punkt 2.2) Aufgabe zu lösen.

Die in der Figur 1 der E2-1 abgebildete Vorrichtung dient zum Überführen von Glasschmelze von einem Aufbereitungsbereich zu einem Verarbeitungsbereich und bewirkt gleichzeitig eine kontrollierte Kühlung der Glasschmelze (siehe die ersten 6 Zeilen auf Seite 53).

2.3.5 Es ist technisch auch möglich, das in E2-1 gezeigte Platinrohr zwischen den in Figur 1 der E4 gezeigten Aufbereitungsbereich und die Übergangsrampe einzusetzen, ohne dabei wesentliche Änderungen des Rohres oder der in E4 gezeigten Vorrichtungen vornehmen zu müssen.

Grund dafür ist, dass der in Figur 1 gezeigte Profilverlauf der Glasschmelze hinter dem rohrförmigen Vorherd mit dem in E4 gezeigten Sperrschieber (20), der Übergangsrampe und dem Floatbad unmittelbar kompatibel, und somit zur Lösung der Aufgabe geeignet ist.

Es ist dabei nicht von Relevanz, ob der rechteckige Querschnitt am Ausgang des Vorherdes sowie der Profilverlauf der Glasschmelze der E2-1 auch mit weiteren Glasherstellungsverfahren (wie z. B. das Walzverfahren in Figur 73 der E8) kompatibel sein könnten.

2.3.6 Die Beschwerdeführerin bestreitet die Eignung aufgrund der in Figur 2 der E2-1 gezeigten inhomogenen Temperaturverteilung des durchströmenden Glases.

Die Kammer teilt zu diesem Punkt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach der Fachmann diese Eignung erkennen würde, obwohl Temperaturunterschiede zwischen Zentrum und Peripherie des Glassstromes durch Anpassung der Flanschgeometrie noch weiter optimiert werden können. Grund dafür ist, dass es ihm klar ist, dass das Zuführrohr der E2-1 eine Verbesserung der Homogenität im Vergleich zur Rinne der E4 mit sich bringen würde.

2.3.7 Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Eignung auch mit dem Argument, dass der im Figur 2 der E2-1 gezeigte Temperaturbereich zu niedrig für die Borosilikatglasbearbeitung ist.

Die Kammer merkt zu diesem Punkt an, dass Figur 3 dieser Schrift zu diesem Zweck geeignete Temperaturen in °K offenbart, und ist somit der Meinung, dass eine Nicht-Anwendbarkeit dieses Vorherdes für die Borosilikatglasbearbeitung damit nicht begründet werden kann.

2.3.8 Die Kammer kommt somit zum Schluss, dass diese in E2-1 gezeigte Vorrichtung zum Überführen von Glasschmelze von dem in E4 gezeigten Aufbereitungsbereich zu dem ebenfalls in E4 gezeigten Floatbad geeignet ist.

Der Fachmann würde diese Lehre der E2-1 in der Anlage nach E4 anwenden, weil er die Vorteile des Vorherdes der E2-1 (Homogenität, Zeile 3, Seite 53) sofort erkennen würde.

2.3.9 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass der Fachmann nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen wurde, selbst wenn er diese Vorherdkonstruktion übernehmen würde, weil die Figur 1 der E2-1 perspektivisch nicht korrekt ist und keine trichterförmige Erweiterung offenbart. Grund dafür ist, dass im Text der E2-1 keine Details der in Figur 1 gezeigten Änderung des Querschnitts angegeben werden, so dass eine spiegelsymmetrische Ausbildung nicht zwingend ist, und das abgebildete Übergangsrohr ebenso gut stufenförmig erweitert sein könnte.

2.4 Die Kammer kann sich dieser Interpretation nicht anschließen, weil sie keine eindeutige Perspektivfehler in der Figur 1 erkennen kann und dort sich die halbkreisförmige Temperaturprofile, die in axialer Richtung äquidistant aufeinander folgen, im Bereich der Heizabschnitte HC1 und HC2 nicht berühren, dies jedoch am Ende des dritten Heizabschnittes HC3 mit deutlicher Überlappung tun, woraus nichts anderes als eine Zunahme der Breite des Querschnittes zu folgern ist.

2.5 Diese Zunahme der Breite des Übergangrohrs kann, egal ob kontinuierlich oder stufenförmig, symmetrisch oder asymmetrisch, als trichterförmig bezeichnet werden.

Der Argumentationslinie der Beschwerdeführerin wonach die trichterförmige Erweiterung durch den Fachmann nicht übernommen werden würde, weil der Text der E2-1 keine Lehre enthält, die direkt in Verbindung mit der mit der Fließrichtung sich trichterförmig erweiternden Form des Übergangsrohres steht, wird auch nicht gefolgt.

Grund dafür ist, dass der Fachmann die gesamte Konstruktion des Vorherdes der E2-1 auf die Vorrichtung der E4 übertragen würde, weil E2-1 keinen besonderen Grund nennt, diese Form des Übergangrohres nicht zu übernehmen.

Dabei würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gelangen.

2.6 Die auf E12 basierte Diskussion der Fragen, ob dieses Dokument Parteivortrag oder selbständiges Beweismittel ist, und ob E2-1 implizit ein Floatbad offenbart oder nicht, erübrigt sich, weil die obige Feststellung der mangelnden erfinderischen Tätigkeit sich lediglich auf die Eignung des Vorherdes der E2-1 für das Floatbadverfahren stützt, und auf eine (implizite oder explizite) Offenbarung in E2-1 dieses Verfahrens nicht angewiesen ist.

3. Hilfsanträge II und III - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II wird aus den obigen Gründen als nicht erfinderisch gegenüber der Kombination der Lehren der E4 und E2-1 bewertet.

3.2 Grund dafür ist, dass die Unterscheidungsmerkmale gegenüber E4 die gleichen Unterscheidungsmerkmalen sind, die bereits in Bezug auf Anspruch 1 des Hauptantrags diskutiert wurden. E4 offenbart nämlich auch das dem Anspruch 1 des Hilfsantrags II hinzugefügte Merkmal, dass die Vorrichtung für die Überführung einer Glasschmelze aus hochschmelzendem Borosilikatglas ausgelegt ist (siehe Spalte 1, Zeilen 59-61 und Spalte 2, Zeilen 27-32).

E4 (siehe Figur 1) zeigt ebenso eine obere Abdeckung der Speiserrinne (11) und offenbart auch, dass das geschmolzene Glas ohne seitliche Verluste über eine Übergangsrampe fließt und in einem Floatbad gelangt.

Dies bedeutet, dass die Übergangsrampe (13, siehe Figur 1) ein mit Ausnahme der stirnseitigen Zufluss- und Abflussöffnungen allseitig geschlossener Kanal ist.

Aufgrund dieser der mangelnden erfinderischen Tätigkeit betreffenden Feststellung erübrigt sich eine Diskussion über die Zulässigkeit des Hilfsantrags II.

4. Hilfsantrag III - Erfinderische Tätigkeit

E4 offenbart auch (Spalte 1, Zeilen 14-21), dass das Zuführrohr vollständig unterhalb des Niveaus der Glasschmelze in dem davorliegenden Aufbereitungsbereich liegen muss.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III wird somit auch als nicht erfinderisch gegenüber der Kombination der Lehren der Schriften E4 und E2-1 bewertet, weil die Änderung dieses Anspruchs keine weitere Unterscheidungsmerkmale gegenüber E4 bewirkt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation