T 0989/12 () of 19.4.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T098912.20160419
Datum der Entscheidung: 19 April 2016
Aktenzeichen: T 0989/12
Anmeldenummer: 05020868.5
IPC-Klasse: F04D 13/08
F04D 13/06
F04D 29/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Pumpenaggregat
Name des Anmelders: Grundfos Management A/S
Name des Einsprechenden: WILO SE
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 1. März 2012 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 1 767 787 die am 27. April 2012 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die entsprechende Gebühr wurde bereits am gleichen Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 3. Juli 2012 eingegangen.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100(a) i.V.m. Artikeln 52(1), 54 und 56 EPÜ wegen mangelnder Neuheit und erfinderischen Tätigkeit angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

Sie hat dabei die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:

El: WO 02/052156 Al (aus dem Prüfungsverfahren)

E2: WO 2005/052365 A2 (aus dem Prüfungsverfahren)

In der Beschwerde wurde außerdem das folgende Dokument eingereicht:

E4: DE 88 16 412 U1

II. Am 19. April 2016 wurde vor der Kammer zur Sache mündlich verhandelt.

III. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, und das Patent im gesamten Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang gemäß eines der mit Schreiben vom 10. März 2016 eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 6 aufrechtzuerhalten.

IV. Die zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgebende Fassung des unabhängigen Anspruchs der für diese Entscheidung relevanten, geltenden Anträge lautet wie folgt:

Hauptantrag (wie erteilt)

"Pumpenaggregat mit einem nasslaufenden Elektromotor, dadurch gekennzeichnet, dass ein Laufrad (8) des Pumpenaggregats durch den Elektromotor (11) mit einer Maximaldrehzahl größer 20000 U/min antreibbar ist und das Laufrad (8) im Bereich des Saugmundes (48) axial abgedichtet ist."

Hilfsantrag 1

Der Wortlaut des Anspruchs 1 ist wie im Hauptantrag, wobei folgender Wortlaut als letztes Merkmal hinzugefügt wurde:

"... dass zumindest eine axiale Stirnseite (44) des Laufrades (8) eine Axiallagerfläche bildet, wobei das Laufrad (8) an seiner Axialseite (40), an welcher Laufradschaufeln (42) angeordnet sind, offen ausgebildet ist und die axialen Stirnseiten (44) der Laufradschaufeln die Axiallagerfläche des Laufrades (8) bilden."

V. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen folgendes vor:

Die Beschreibung der E4 bezeichne die Ringscheiben 14a und 14b explizit als Dichtung, die zudem durch ihre Anordnung zwischen Saug- und Druckseite in axiale Richtung wirken. Somit offenbare die E4 alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1.

Zum Hilfsantrag 1: Aus der Figur 2 der E4 seien auch die Flügel des Laufrads 9a auf den Ringscheiben 15a abgestützt, was auf eine offene Struktur dieses Laufrads hindeute. Sowohl eine Lagerung als auch eine axiale Dichtung seien durch diese Abstützung gewährleistet. Fehler seien in den Referenzzeichen in Figur 2 nicht offensichtlich.

Auch E2 zeige sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 und insbesondere ein Laufrad 120 mit Laufschaufeln, die an einer Stirnseite des Gehäuses 115 abgestützt seien, und somit sowohl als Dichtung als auch als Lagerung dienten.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat folgendes vorgetragen:

- Zum Hauptantrag: Aus der schematischen Zeichnung der Figur 2 der E4 sei weder ein Hinweis auf eine Abdichtung abzuleiten, noch eine solche Abdichtung eindeutig erkennbar. Insbesondere gehe aus einer nicht zur Unterkante des Ringkanals durchgezogene Trennlinie in dieser Figur 2 hervor, dass die untere Ringscheibe 14a nicht unbedingt eine axiale, sondern eher eine radiale Abdichtfläche zwischen Laufrad und Ringscheibe bildet.

- Zum Hilfsantrag 1: In der Figur 2 der E4 seien die Bezugszeichen falsch. Das Bezugszeichen 15a sei auf Seite 9 als Ringscheibe zur Dichtung beschrieben, zeige in der Figur 2 aber auf die Nabenscheibe des Laufrads. Dabei sei das Laufrad auch mit einer Deckscheibe gezeigt, und sei somit kein offenes Laufrad.

Die Figur 1 von E2 ist keine detaillierte Zeichnung. Demnach sei es auch unmöglich abzuleiten, welches Teil auf welchem anderen Teil abgestützt sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Der Anspruch 1 richtet sich auf ein Pumpenaggregat mit einem nasslaufenden Elektromotor. Die im Absatz 3 der Patentschrift angegebene Aufgabe ist es, ein verbessertes Pumpenaggregat mit einem höheren Wirkungsgrad zu schaffen. Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Pumpenaggregat nach dem erteilten Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass ein Laufrad 8 des Pumpenaggregats durch den Elektromotor 11 mit einer Maximaldrehzahl größer 20000 U/min antreibbar ist, und das Laufrad 8 im Bereich des Saugmundes 48 axial abgedichtet ist.

Die damit erzeugten Wirkungen sind in Absatz 4 angegeben. Durch die hohe Drehzahl kann eine hohe Förderleistung der Pumpe auch mit nur einem Laufrad mit vergleichsweise kleinem Durchmesser erreicht werden. Die axiale Abdichtung des Saugmundes hat den Vorteil, dass die axiale Fläche des Laufrades gleichzeitig als Dichtfläche dienen kann. Somit wird die Anzahl der erforderlichen Dichtelemente verringert, und kann eine einfache und zuverlässige Abdichtung im Bereich des Saugmundes gewährleistet werden.

2.2 Neuheit, Artikel 100 (a), 52 (1), 54 EPÜ

2.2.1 E4 wurde mit der Beschwerdebegründung von der Beschwerdeführerin eingereicht, also außerhalb der neunmonatigen Einspruchsfrist, und gilt somit als verspätet. E4 wird in der Patentschrift in Absatz 2 genannt. Es ist ohne weiteres für die Kammer ersichtlich, dass E4 ein Pumpenaggregat mit einem nasslaufenden Elektromotor offenbart, bei dem ein Laufrad des Pumpenaggregats durch den Elektromotor mit hoher Drehzahl angetrieben wird, und wobei das Laufrad im Bereich der Saugöffnungen 17 mit dichtenden Ringscheiben 14a bestückt ist (Fig. 2). Weil es prima facie zur Beurteilung der Neuheit sehr relevant erscheint, entscheidet die Kammer, E4 gemäß Art 12(4) VOBK in das Verfahren zuzulassen.

2.2.2 Unbestritten offenbart E4 in den Wörtern von Anspruch 1 ein Pumpenaggregat mit einem nasslaufenden Elektromotor (Seite 4, Zeilen 1-5), bei dem ein Laufrad (Fig. 1) des Pumpenaggregats 2 durch den Elektromotor 1 mit einer Maximaldrehzahl größer 20000 U/min antreibbar ist (vgl. Seite 8, Zeilen 14-16, wo 12000 bis 30000 U/min angegeben ist). Bestritten wird allerdings, dass das Laufrad im Bereich des Saugmundes axial abgedichtet ist.

2.2.3 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine zum Stand der Technik gehörige Offenbarung für den beanspruchten Gegenstand neuheitsschädlich, wenn dieser unmittelbar und eindeutig aus dieser Offenbarung hervorgeht, einschließlich der Merkmale, die darin zwar nicht ausdrücklich genannt sind, aber für den Fachmann vom Inhalt mit erfasst sind (siehe die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 7. Auflage 2013 (RdBK) I.C.3.1).

2.2.4 Im vorliegenden Fall entnimmt der Fachmann aus der Seite 9, Zeilen 21-31, dass Ringscheiben (im Text mit 14a, 14b, 15a und 15b bezeichnet) beiderseits jedes Laufrades als Dichtung zwischen Saug- und Druckseiten des betreffenden Laufrades dienen. Aus der Figur 2 ist ersichtlich, dass zumindest die untere Ringscheibe 14a in unmittelbarer Nähe der Einmündungen der Saugöffnungen 17 liegt, und somit auch im Bereich des Saugmundes nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 abdichtet.

Somit sind sowohl die Dichtfunktion der Ringscheibe 14a sowie ihre Anordnung im Bereich eines Saugmundes in E4 offenbart. Strittig ist nur, ob die untere Ringscheibe 14a in axialer Richtung abdichtet.

2.2.5 Obwohl die axiale Dichtwirkung dieser unteren Ringscheibe 14a nicht explizit aus der Beschreibung hervorgeht, ist die Kammer der Meinung, dass der Fachmann sofort erkennen würde, dass die Abdichtung einer solche Ringscheibe, hauptsächlich zwischen ihren beiden Stirnseiten, also in axialer Richtung der Anordnung erfolgt. Da die untere Ringscheibe im Bereich der Einmündungen der Öffnungen 17 im Ringkanal 16 angeordnet ist, ist das Laufrad dort durch sie axial abgedichtet. Damit ist für den Fachmann auch dieses letzte Merkmal des erteilten Anspruchs 1 eindeutig und unmittelbar offenbart.

2.2.6 Die Beschwerdegegnerin will statt einer axialen Abdichtung eher eine radiale Abdichtung der Ringscheibe darin erkennen, dass in der Figur 2 die Linie, die die rechte Innenseite der Ringscheibe 9a darstellt, nicht bis zur Unterseite des Ringkanals 16, worin die Saugöffnungen einmünden, durchgezogen ist. Entgegen dieser Auffassung ist es für die Kammer zweifelsfrei erkennbar, dass es sich hier um einen zeichnerischen Fehler handelt. Es ist unstrittig, dass die Figur 2 nicht dem üblichen Standard einer technischen Zeichnung entspricht, sondern wohl mit beschränkten Mitteln erstellt worden ist und dadurch mehrere Unvollkommenheiten enthält. Daraus, dass die Innenseiten aller anderen Ringscheiben mit durchgezogener Linie dargestellt worden sind, insbesondere auch die gegenüberliegende linke Innenseite der Ringscheibe 14a leitet die Kammer ab, dass dies auch auf der rechten Seite der Fall hätte sein müssen.

2.3 Somit offenbart E4 sämtliche Merkmale des erteilten Anspruches 1 und sein Gegenstand ist nicht neu im Sinne des Artikels 54 (1), (2) EPÜ. Es darf damit dahingestellt bleiben, ob auch die anderen vorgebrachten Entgegenhaltungen für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich sind, insbesondere ob E1 auch einen nasslaufenden Elektromotor offenbart oder nicht. Bereits aus diesem Grund scheitert der Hauptantrag.

3. Hilfsantrag 1

3.1 Die Zulassung des ersten Hilfsantrags liegt im Ermessen der Kammer, Artikel 13 (1) und (3) VOBK, da dieser Hilfsantrag erst vier Wochen vor der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 10. März 2016 eingereicht wurde. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist eine reine Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüchen 1, 2 und 3. Die Beschwerdeführerin hat sich bereits in ihrer Beschwerdebegründung auch mit dem Inhalt dieser Unteransprüchen auseinandergesetzt. Nach Ansicht der Kammer konnte es ihr daher zugemutet werden, sich nun erneut, im Rahmen der mündlichen Verhandlung, mit diesem Inhalt auseinanderzusetzen. Sie hat auch sonst keine Einwände gegen der Zulassung dieses Hilfsantrags vorgebracht. Somit entscheidet die Kammer, den Hilfsantrag 1 in das Verfahren zuzulassen.

3.2 Neuheit

3.2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 fügt dem erteilten Anspruch 1 die Merkmale der abhängigen Ansprüche 2 und 3 hinzu. Diese Merkmale bestimmen, dass zumindest eine axiale Stirnseite des Laufrades eine Axiallagerfläche bildet, wobei das Laufrad an seiner Axialseite, an welcher Laufradschaufeln angeordnet sind, offen ausgebildet ist, und die axialen Stirnseiten der Laufradschaufeln die Axiallagerfläche des Laufrades bilden.

3.2.2 Die Ausbildung eines offenen Laufrads als Axiallagerfläche ist in E4 weder gezeigt, noch daraus direkt und unmittelbar ableitbar.

Wie bereits oben ausgeführt weist die Figur 2 Unvollkommenheiten auf. So befolgt die Figur 2 wohl die Konvention, wonach die gleiche Schraffur das gleiche Material bezeichnet. Für den Fachmann ergibt sich daraus, dass die Bezugszeichen 10a, 10b, 15a und 15b, im Lichte der letzten beiden Absätze der Beschreibung, Seite 9, falsch eingezeichnet sein müssen: die Teile mit Bezugszeichen 15a, 15b haben eine andere Schraffur, dagegen die Teile mit Bezugszeichen 10a, 10b die gleiche Schraffur wie die Teile mit Bezugszeichen 14a, 14b, obwohl im ersten Fall (14a, 14b, 15a, 15b) gleiche Bauteile aus dem gleichen Material (dichtende Ringscheiben aus nicht-metallischen Material), während im zweiten Fall unterschiedliche Bauteile (Leitapparate bzw. Ringscheiben), und damit vermutlich aus unterschiedlichem Material, beschrieben sind.

Nichtsdestotrotz kann nach Ansicht der Kammer der Fachmann, der bestrebt ist, die technische Lehre der E4 zu verstehen, aus der Gesamtoffenbarung der E4, also aus der Beschreibung in Zusammenschau mit den Figuren, und unter Hinzunahme seiner allgemeinen Fachkenntnissen herleiten, wie die Figur korrekterweise zu verstehen ist.

Die Bezugszeichen 10b, 15b, 10a, 15a (in dieser Reihenfolge in der Mitte der Zeichnung aufgelistet) sind demnach versehentlich um ein Bauteil nach unten verschoben; sie sollten aber das jeweils darüber liegende Bauteil bezeichnen. Folglich sind die in der Zeichnung mit 10a, 10b bezeichneten, kreuzweise schraffierten Teile die eigentlichen, dichtenden Ringscheiben. Darüber liegen wiederum die eigentlichen Leitapparate, die mit 10a, 10b hätten bezeichnet werden müssen.

Die in der Figur 2 jetzt noch mit 15a,b bezeichneten Teile sind nun als Teile des jeweiligen Laufrades 9a,b zu verstehen, die sich zum Antrieb des Laufrads bis zur Welle 6 erstrecken. Diese Teile weisen die gleiche Schraffur auf wie ein im unteren Bereich des jeweiligen Laufrads im Schnitt gezeigtes Teil geringer Dicke. Diese unteren, schraffierten Teile sind für den Fachmann als im Durchschnitt gezeigte Deckscheiben des jeweiligen Laufrads erkennbar, wobei die zwischen den schraffierten Teilen liegenden, nicht schraffierten Rechtecke die Flügel oder Schaufeln des betreffenden Laufrads darstellen. Jedes Laufrad ist so auf ähnliche Weise abgebildet, wie das Laufrad 5, das unten in der Figur 1 der E1 im Durchschnitt gezeigt ist. Aus dieser korrekten Auslegung der Figur 2 ergibt sich ein ähnlicher Aufbau für die eigentlichen Leitapparate (oberhalb der nun mit 10a, 10b bezeichneten Ringscheibe), mit jeweils einer im Schnitt gezeigten (schraffierten) unteren und oberen Scheibe und dazwischen leitenden (nicht schraffierten) Flügeln, wie dies auch zu erwarten wäre.

Wie bereits oben ausgeführt, legt der Fachmann die schraffierte Schnittfläche zwischen der Ringscheibe 14a und den Laufschaufeln (mit 9a bezeichnet) als eine Deckscheibe aus. Schon deshalb ist das Laufrad nicht offen ausgebildet, und das im geänderten Anspruch 1 definierte Pumpenaggregat neu.

Der Auslegung der Beschwerdeführerin, wonach die Schaufeln 9a des oberen Laufrads im direkten Kontakt mit der Ringscheibe 15a sind, kann die Kammer somit nicht folgen. Wie bereits erläutert, enthält die Figur 2, im Zusammenhang mit der Beschreibung betrachtet, genügende Hinweise, die dem Fachmann eine eindeutige technische Lehre vermitteln.

Insoweit durch die alternative Auslegung der Beschwerdeführerin Zweifel über den genauen Offenbarungsgehalt der E4 bestünden, und dabei insbesondere, ob dort ein geschlossenes Laufrad offenbart ist (die Kammer hat keine Zweifel, dass das so ist), so wäre dann jedenfalls dieses Merkmals, nicht eindeutig und unmittelbar der E4 zu entnehmen.

Daraus folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf den Offenbarungsgehalt der Druckschrift E4 neu im Sinne des Artikels 54 (1),(2) EPÜ ist.

3.2.3 Auch die gegen die Neuheit vorgebrachte Entgegenhaltung E2 zeigt nicht sämtliche Merkmale des geänderten Anspruchs 1. E2 beschreibt ein Pumpenaggregat zum Befördern von superkritischem Kohlendioxid. Ein offenes Laufrad 120 wird durch den Elektromotor 160 mit einer Drehzahl bis zur 60 000 U/min angetrieben. Der Offenbarungsgehalt der E2 enthält keinen expliziten Hinweis auf eine Dichtung oder Lagerung des Laufrads.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin erkennt die Kammer in der Figur 1 keine axiale Stirnseite der Laufradschaufeln 120, die unmittelbar und eindeutig eine Axiallagerfläche bilden würde. Die Lagerung der Welle wird auf der Seite 2, Zeilen 20-30 erklärt, sowie auf der Seite 5, Zeilen 18-23 in Verbindung mit den Lagern 140 und 141 detailliert beschrieben. Dort ist insbesondere davon die Rede, die Rotorwelle 150 mit zwei geschmierten rostfreien Walzenlagern 140 und 141 zu lagern, wobei aus der Figur 1 insbesondere der Laufring des unteren Lagers 140 das Laufrad 120 direkt abstützt. Dieser explizite Hinweis auf eine Lagerung der gesamten Rotoranordnung, bestehend aus der Motorwelle und dem Laufrad 120, über den beiden Lagern 140, 141, deutet für den Fachmann daraufhin, dass keine andere Lagerstelle vorhanden oder sogar notwendig ist.

Darüber hinaus ist in der Figur 1 ersichtlich, dass die Schaufelspitzen an einer gekrümmten Portion des Gehäuses 115 anliegen. Wenn der Fachmann eine solche gekrümmte Fläche überhaupt als für eine Dichtung tauglich betrachten würde, dann würde er sie jedenfalls als ungeeignet erachten, um axiale oder radiale Kräfte aufzunehmen. Somit lässt sich auch nicht aus der Figur 1 eine Lagerung der Laufschaufeln an der gegenüberliegenden Fläche des Gehäuses 115 eindeutig und unmittelbar ableiten.

Daraus folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auch im Hinblick auf den Offenbarungsgehalt der Druckschrift E2 neu im Sinne des Artikels 54 (1), (2) EPÜ ist.

3.2.4 Die Kammer hat auch keinen sonstigen Grund anzunehmen, dass die weiteren, im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Entgegenhaltungen die Neuheit vorwegnehmen. Insbesondere beschreibt E1 ein Kreiselrad 5 geschlossener Bauart. Die Kammer schließt daraus, dass die Neuheit für den Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags gegeben ist, Artikel 54 (1), (2) EPÜ.

3.3 Die erfinderische Tätigkeit wurde von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt, und die Kammer sieht keinen besonderen Anlass aufgrund der vorgebrachten Entgegenhaltungen diese zu bezweifeln. Insbesondere ist die beanspruchte stirnseitige Axiallagerung eines offenen Laufrades, welches im Bereich des Saugmundes axial abgedichtet ist, so dass dort im wesentlichen eine gleichzeitige Lagerung und Dichtung geschaffen wird (vgl. Absatz [0006] der Patentschrift), nirgendwo offenbart oder sonst wie nahegelegt. Die Kammer schließt hieraus, dass der Gegenstand des im ersten Hilfsantrag geänderten Anspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4. Wie bereits angedeutet, basiert der Anspruch 1 auf einer reinen Kombination von erteilten Ansprüchen, die mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen identisch sind. Die weiteren Ansprüchen entsprechen den erteilten bzw. ursprünglich eingereichten Ansprüchen. Die Beschreibung ist an die neuen Anspruch 1 angepasst worden. Die Kammer hat somit keine zwingenden Gründe um anzunehmen, dass durch diese Änderungen neuer Sachverhalt hinzugefügt wurde, Artikel 123 (2) EPÜ, noch hat die Beschwerdegegnerin solche Gründe vorgebracht. Die Kammer stellt fest, dass unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen, und dass somit das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten werden kann, Artikel 102 (3)(a) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:

Seite 2 (Spalten 1-2) wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

Seiten 3-8 (Spalten 3-14) der veröffentlichen Patentschrift,

Ansprüche:

Ansprüche 1 bis 23 des Hilfsantrags 1 wie eingereicht mit Schreiben vom 10. März 2016,

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 6 der Patentschrift.

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