European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T089712.20160719 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Juli 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0897/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00116554.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G05B 19/042 G05B 19/418 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Online-Diagnose für ein Diagnose-Gerät und Diagnose-Gerät | ||||||||
Name des Anmelders: | SEW-EURODRIVE GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 7 (nein) Unzulässige Erweiterung - Hilfsantrag 7 |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Anmelderin der europäischen Patentanmeldung Nr. 00116554.7 (Veröffentlichungsnummer EP 1 079 287 A1) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 10. Januar 2012, mit der die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Die Entscheidung wurde damit begründet, dass weder der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags noch der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 7 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ beruhten und dass die unabhängigen Vorrichtungsansprüche der Hilfsanträge 1 bis 6 nicht klar waren (Artikel 84 EPÜ).
II. Das folgende Dokument, auf das in der angefochtenen Bezug genommen wurde, ist für die vorliegende Entscheidung relevant:
D3: EP 0 362 386 A1.
III. Die Beschwerde wurde am 27. Januar 2012 eingelegt und in demselben Schreiben begründet. Es wurde beantragt, "den angefochtenen Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und das Patent zu erteilen. Hilfsweise wird die Erteilung eines Hilfsantrags beantragt, der von der Prüfungsstelle als gewährbar beurteilt wurde." Die tatsächlichen Anträge wurden auf eine Mitteilung der Kammer vom 26. Januar 2016 hin mit Schreiben vom 19. Februar 2016 (offensichtlich irrtümlich auf den 19. Januar 2016 datiert) als der mit Schreiben vom 26. November 2007 eingereichte Hauptantrag, die mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6 und der in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung am 20. Dezember 2011 eingereichte Hilfsantrag 7 angegeben.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK nahm die Kammer zum Sachverhalt vorläufig Stellung.
V. In der mündlichen Verhandlung, die am 19. Juli 2016 vor der Kammer stattfand, bestätigte die Beschwerdeführerin ihre vorherigen Anträge, wobei präzisiert wurde, dass es sich bei Hilfsantrag 7 um die als Anlage A der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung beigefügte Version handelte.
Am Ende der Verhandlung und nach Beratung der Kammer verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VI. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Verfahren zur Durchführung einer Online-Diagnose für ein Diagnose-Gerät, dadurch gekennzeichnet, dass
das Verfahren problemorientiert, benutzergeführt und interaktiv ausgeführt wird,
und dass es bei einem Feldgerät oder Antriebsumrichter 1 angewendet wird,
und dass Parameter des Antriebsumrichters 1 oder Feldgerätes durch das Diagnose-Gerät beeinflussbar und Daten oder Informationen zwischen Antriebsumrichter 1 und Diagnosegerät übertragbar sind,
wobei das Diagnosegerät Daten oder Informationen mit einem ersten Netzwerk NW1 tauscht,
und wobei das Feldgerät oder der Antriebsumrichter 1 Daten oder Informationen mit einem zweiten Netzwerk NW2 tauscht,
und wobei erstes und zweites Netzwerk Daten oder Informationen entweder direkt oder indirekt austauschen,
wobei beim Verfahren mindestens Schrift und Hypertext als Kommunikationsschnittstelle zum Kunden oder Anwender verwendet wird,
wobei das Verfahren dem Kunden oder Anwender eine Möglichkeit bietet, weitere als FAQ ausgeführte Informationen, derart zur Online-Diagnose hinzuzufügen, dass diese Informationen dem Kunden oder Anwender problemorientiert, benutzergeführt und interaktiv zur Verfügung stehen,
und/oder dass
eine Möglichkeit der strukturierten benutzergeführten Eingabe dieser Informationen derart besteht, dass auf eingegebene Fragen fallspezifische Antworten oder fallspezifische Antworten mit weiteren fallspezifischen Fragen und Antworten eingebbar sind."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 umfasst zusätzlich nach dem Merkmal "wobei beim Verfahren mindestens Schrift und Hypertext als Kommunikationsschnittstelle zum Kunden oder Anwender verwendet wird" die Merkmale
"wobei die Schrift von einer Bildschirmanzeige angezeigt wird,
wobei beim Hypertext beim Klicken mit einer PC-Maus oder Aktivieren der aktiven Textstellen weitere Informationen zur Hilfe für den Kunden oder Anwender angezeigt werden"
und am Ende des Anspruchs die Merkmale
"wobei die Netzwerke (NW1, NW2) jeweils als Feldbus ausgeführt sind,
wobei die Baudrate des Feldbusses automatisch geprüft wird, insbesondere wobei also der Parameter "Baudrate des Feldbusses" des Antriebsumrichters automatisch geprüft wird".
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 umfasst im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 zusätzlich nach dem Merkmal "eine Möglichkeit der strukturierten benutzergeführten Eingabe dieser Informationen derart besteht, dass auf eingegebene Fragen fallspezifische Antworten oder fallspezifische Antworten mit weiteren fallspezifischen Fragen und Antworten eingebbar sind" die Merkmale
"wobei das Diagnose-Gerät eine Einrichtung zur Visualisierung von das Verhalten des Systems zeigenden Datensätzen aufweist, wodurch der zeitliche Verlauf von Strom-, Spannungs- und/oder Drehmomentwerten oder der zeitliche Verlauf von Steuerinformation des Feldbusses darstellbar ist,
wobei auf eine Antwort, die der Kunde oder Anwender bei der Online-Diagnose eingibt, ein solcher Datensatz, also zeitlicher Verlauf, graphisch angezeigt wird".
Ferner wurde direkt vor den Merkmalen
"wobei die Netzwerke (NW1, NW2) jeweils als Feldbus ausgeführt sind,
wobei die Baudrate des Feldbusses automatisch geprüft wird, insbesondere wobei also der Parameter "Baudrate des Feldbusses" des Antriebsumrichters automatisch geprüft wird"
jeweils "insbesondere" hinzugefügt.
In Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 wurde im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 in den zwei letzten Merkmalen "insbesondere" insgesamt dreimal gestrichen.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 umfasst im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 die zusätzlichen Merkmale
"wobei
erstes und zweites Netzwerk über mindestens ein Gerät, insbesondere einen Rechner, verbunden sind oder Daten oder Informationen übertragen und/oder wobei
die Geräte über weitere Netzwerke verbunden sind oder Daten oder Informationen übertragen".
Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 umfasst im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 das zusätzliche Merkmal "wobei entweder Diagnose-Gerät und Feldgerät oder Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter (1) in einem Gehäuse untergebracht sind".
Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 umfasst im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 das zusätzliche Merkmal "wobei Diagnose-Gerät und ein Gerät in einem Gehäuse untergebracht sind".
Der einzige Anspruch des Hilfsantrags 7 lautet:
"System mit einem Diagnose-Gerät und einem Antriebsumrichter (1)
wobei das Diagnose-Gerät mindestens eine Kommunikationsschnittstelle aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Diagnosegerät über die Kommunikationsschnittstelle mit einem ersten Netzwerk (NW1) zum Austausch von Daten oder Informationen verbindbar ist,
und dass der Antriebsumrichter (1) mit einem zweiten Netzwerk (NW2) zum Austausch von Daten oder Informationen verbindbar ist,
und wobei erstes und zweites Netzwerk (NW2) zum Austausch von Daten oder Informationen direkt oder indirekt, also über mindestens ein zwischengeschaltetes Gerät oder Netzwerk, verbindbar sind,
wobei die Netzwerke (NW1, NW2) jeweils als Feldbus ausgeführt sind,
wobei das Diagnose-Gerät ein Mittel zur automatischen Prüfung der Baudrate des Feldbusses aufweist, insbesondere wobei also das Diagnose-Gerät ein Mittel zur automatischen Prüfung des Parameters "Baudrate des Feldbusses" des Antriebsumrichters aufweist,
wobei das Diagnose-Gerät eine Einrichtung zur Visualisierung von das Verhalten des Systems zeigenden Datensätzen aufweist, wodurch der zeitliche Verlauf von Strom-, Spannungs- und/oder Drehmomentwerten oder der zeitliche Verlauf von Steuerinformation des Feldbusses darstellbar ist,
wobei auf eine Antwort, die der Kunde oder Anwender bei der Online-Diagnose eingibt, ein solcher Datensatz, also zeitlicher Verlauf, graphisch angezeigt wird,
wobei die Netzwerke (NW1, NW2) jeweils als Feldbus ausgeführt sind,
wobei die Baudrate des Feldbusses automatisch geprüft wird, insbesondere wobei also der Parameter "Baudrate des Feldbusses" des Antriebsumrichters automatisch geprüft wird
wobei
erstes und zweites Netzwerk über mindestens ein Gerät, insbesondere einen Rechner, verbunden sind oder Daten oder Informationen übertragen
und/oder wobei
die Geräte über weitere Netzwerke verbunden sind oder Daten oder Informationen übertragen,
wobei Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter (1) in einem Gehäuse untergebracht sind."
Entscheidungsgründe
1. Anspruch 1 des Hauptantrags: erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)
1.1 Die nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit lassen mögliche Einwände zur Klarheit und zu unzulässigen Erweiterungen unberücksichtigt.
1.2 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geht die Kammer zunächst von D3 als nächstliegendem Stand der Technik aus.
1.3 Dort wird ein Expertensystem und insbesondere ein Expertensystem zur Fehlerdiagnose für eine mit einer numerischen Steuerungs- (NC-)Einheit ausgerüsteten Werkzeugmaschine (machine tool) offengelegt (Seite 1, Zeilen 4-7), wobei die Werkzeugmaschine und die NC-Einheit über eine programmierbare Maschinensteuerungs- (PMC-) Einheit verbunden sind (Figur 1).
Das damit durchgeführte Verfahren dient zur Diagnose mittels eines Diagnose-Geräts, wobei die Elemente des Diagnose-Geräts (die Knowledge Base IB und die Mensch-Maschine-Schnittstelle, siehe Figur 1) in der NC-Einheit angeordnet sind.
Die Kammer versteht den in Anspruch 1 des Hauptantrags verwendeten Begriff "Online-Diagnose" derart, dass das Diagnose-Gerät zur Diagnose bei einem Feldgerät oder Antriebsumrichter mit diesem über ein oder mehrere Netze zum Austausch von Daten und Informationen verbunden ist. Das ist aber auch in D3 der Fall, wie im Folgenden weiter ausgeführt wird.
Das bekannte Verfahren wird problemorientiert (in Sinne der vorliegenden Anmeldung, dass der Informationsinhalt der Online-Diagnose die häufig vom Kunden gestellten Fragen umfasst und jeder Frage mindestens eine Antwort zugeordnet ist, Absatz [0010] der veröffentlichten Patentanmeldung), benutzergeführt (in Sinne der Anmeldung, dass alle zur Fehlereingrenzung notwendigen Systeminformationen vom Anwender erfragt werden, Absatz [0011] der veröffentlichten Patentanmeldung) und interaktiv (in Sinne der Anmeldung, dass die Antwort auf eine Frage fallspezifisch ausfällt, Absatz [0012] der veröffentlichten Patentanmeldung) ausgeführt. Bezüglich der Problemorientierung wird auf Seite 9, Zeilen 7-13 der D3 verwiesen. Bezüglich der Benutzerführung wird auf Seite 9, Zeilen 17-24 der D3 verwiesen. Bezüglich der Interaktivität wird auf Seite 10, Zeile 27 - Seite 11, Zeile 3 der D3 verwiesen, wobei die Kammer die Passage so versteht, dass die Eingabe bei "input of phenoma" durch den Benutzer erfolgt und die "phenoma" fallspezifisch sind, was sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt.
Dabei werden Informationen zwischen der Werkzeugmaschine und der NC-Einheit ausgetauscht und in der Knowledge-Base, die Teil eines Diagnose-Geräts ist, gespeichert (D3, Seite 15, Zeilen 15-24) und somit zwischen Werkzeugmaschine und Diagnose-Gerät übertragen. Durch die Integration in die numerische Steuereinheit, die die Werkzeugmaschine steuert, ist auch eine Beeinflussbarkeit der Parameter der Werkzeugmaschine durch das Diagnose-Gerät gegeben.
Ein erstes Netzwerk kann mit der Verbindung der NC-Einheit und der PMC-Einheit und ein zweites Netzwerk mit deren Verbindung zur Werkzeugmaschine identifiziert werden. Man könnte allerdings (zusätzlich) auch den internen Bus der NC-Einheit als erstes Netzwerk identifizieren. In beiden Fällen werden offensichtlich Daten und Informationen zwischen dem Diagnose-Gerät und dem Netzwerk ausgetauscht. Die Werkzeugmaschine tauscht offensichtlich Daten und Informationen mit dem zweiten Netzwerk aus. Zwischen erstem und zweitem Netzwerk besteht auf jeden Fall eine indirekte Verbindung zum Austausch von Daten und Informationen. Es gibt eine Kommunikationsschnittstelle zum Kunden oder Anwender (Mensch-Maschine-Schnittstelle, siehe Seite 6, Zeilen 1-4), über die der Kunde oder Anwender die Möglichkeit besitzt, Informationen zur Diagnose hinzuzufügen (Seite 6, Zeilen 4-9). Diese ist, den obigen Ausführungen dazu folgend, derart, dass sie dem Anwender problemorientiert, benutzergeführt und interaktiv zur Verfügung steht. Ferner ist der "reasoning mechanism" als Teil der Fehlerdiagnose in D3 in einer Konversationsform unter Verwendung eines "Wenn - Dann"-Formats aufgebaut (Seite 8, Zeilen 9-14). Dieses Format entspricht den "als FAQ ausgeführten Informationen" im Sinne der vorliegenden Anmeldung, die ebenfalls im weitesten Sinne gemäß einem "Wenn - Dann"-Format strukturiert sind (Absätze [0038] bis [0040]). Auch das dazu alternative Merkmal in Anspruch 1 des Hauptantrags, dass auf eingegebene Fragen fallspezifische Antworten oder fallspezifische Antworten mit weiteren fallspezifischen Fragen und Antworten eingebbar sind, ist aus D3 bekannt (Seite 6, Zeilen 4-9).
1.4 Es gibt daher zwei Unterschiede zwischen dem beanspruchten und aus D3 bekannten Verfahren, die schon die Prüfungsabteilung identifiziert hat und wogegen die Beschwerdeführerin keine Einwände vorgebracht hat:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus D3 bekannten Verfahren dadurch, dass (1) es auf ein Feldgerät oder Antriebsumrichter statt auf eine Werkzeugmaschine (machine tool 13) und deren Steuerung (PMC unit 12) angewandt wird. Dieses Merkmal kann jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen, da Werkzeugmaschinen Elektromotoren umfassen, die in der Regel mit Antriebsumrichtern versehen sind. Nicht anders würde das der von D3 ausgehende Fachmann sehen. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
Ferner unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren von dem aus D3 bekannten Verfahren dadurch, dass (2) Schrift und Hypertext als Kommunikationsschnittstelle zum Kunden oder Anwender verwendet wird. Die Verwendung von Hypertext als Kommunikationsschnittstelle war aber zum beanspruchten Prioritätszeitpunkt allgemein bekannt, was auch nicht bestritten wurde. Somit kann die durch dieses Merkmal gelöste Aufgabe darin gesehen werden, dem Benutzer die Möglichkeit zu geben, selbständig eine Fehlerdiagnose durchzuführen (siehe Absätze [0007] und [0008] der veröffentlichten Patentanmeldung), wobei diese Aufgabe als solche als allgemein wünschenswert und daher naheliegend betrachtet wird. Es war jedoch für den Fachmann ebenso naheliegend, diese bekannte Kommunikationsschnittstelle (den Hypertext) zur Verwendung bei der Fehlerdiagnose in Betracht zu ziehen, wenn es darum geht, dem Anwender eine selbständige Fehleranalyse zu ermöglichen, wozu eine für den Anwender intuitive und interaktive Kommunikation erforderlich ist, wobei die dazu erforderlichen Mittel (nämlich ein PC mit Anzeige- und Eingabeeinheit) ohnehin vorhanden sind, wie in D3 der Fall.
1.5 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die obigen beiden Unterschiedsmerkmale zusammenwirkten, da das Diagnosegerät zur Verwendung von Hypertext einen Mikroprozessor verwende, wohingegen in bekannten Steuerungen lediglich ein Mikrocontroller verwendet würde, der typischerweise zur Darstellung von Hypertext nicht geeignet sei. Die Kammer kann dieses Argument jedoch nicht nachvollziehen, denn Mikrocontroller oder Mikroprozessor sind weder explizit noch implizit Teil des Anspruchs. Ferner wird die Erfindung so verstanden, dass das Diagnose-Gerät zumindest in einer vorteilhaften Ausführungsform als PC mit Bildschirm ausgeführt ist (Absatz [0036]) und somit einen Mikroprozessor umfasst, der sich zur Generierung von Hypertext eignet. Das ist aber ebenso in D3 der Fall (siehe Punkt 1.3 oben).
Die Beschwerdeführerin führte ferner aus, dass die Erfindung in der Anwendung von Hypertext in einer Feldgeräte-Umgebung liege, in der dies unüblich war, anders als bei einer Werkzeugmaschine, die, wie D3 zeigt, schon über einen PC verfüge, der sich auch für solche Zwecke eigne. Die Kammer akzeptiert dieses Argument nicht, da es zunächst einmal keine Beschränkung des Anspruchs auf Feldgeräte gibt. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, wäre der Begriff "Feldgerät" oder "Feldbus" so auszulegen, dass es sich um eine technische Einrichtung im Bereich der Prozessautomatisierung handelt, die mit einem Produktionsprozess in direkter Beziehung steht, wobei "Feld" den Bereich außerhalb von Schaltschränken bzw. Leitwarten bezeichnet. Wenn keine expliziten Angaben gemacht sind, können Feldgeräte und Feldbusse alle dafür geeigneten Geräte und Busse sein. Das wird auch in der Anmeldung dadurch deutlich, dass das erste und zweite Netzwerk als "Systembus" ausgeführt sein können (Absatz [0021] und Anspruch 3). Ein Systembus ist aber ganz allgemein ein Datenbus in einem System. Das ist aber bei der Werkzeugmaschine in D3 fraglos der Fall.
1.6 Aus oben genannten Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ). Der Antrag ist daher nicht gewährbar.
2. Hilfsanträge 1 bis 6: erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)
2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 verlangt zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags die Bildschirmanzeige der Schrift, wobei beim Hypertext beim Klicken mit einer PC-Maus oder durch Aktivieren der aktiven Textstellen weitere Informationen angezeigt werden, und die Ausführung der Netzwerke als Feldbus, wobei die Baudrate des Feldbusses automatisch geprüft wird.
Eine Bildschirmanzeige ist aus D3 bekannt (Seite 6, Zeilen 2-4: "display unit"). Das die Eigenschaften des Hypertexts betreffende Merkmal beschreibt die allgemein bekannten Eigenschaften von Hypertext. Die Kammer sieht nicht, wie diese eine erfinderische Tätigkeit begründen können.
Die Ausführung der Netzwerke als Feldbus löst, ausgehend von D3, die Aufgabe die dort gezeigten Netzwerkverbindungen auszuführen. Zusätzlich zu dem unter Punkt 1.5 gesagten, geht die Kammer davon aus, dass in einer industriellen Umgebung, wie sie auch bei einer Werkzeugmaschine gemäß D3 vorherrscht, die Ausführung der Netzwerke als Feldbus naheliegend war. Die Kammer sieht auch keine Einschränkungen bezüglich der Geschwindigkeit, wie sie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung anzudeuten scheint, da allgemein bekannt ist, dass Feldbusse auch auf (schneller) Ethernetbasis ausgeführt werden können. Hinsichtlich der Überprüfung der Baudrate stellt die Kammer fest, dass die Baudrate von an Netzwerken angeschlossenen Geräten mit der im Netzwerk verwendeten Baudrate übereinstimmen muss, damit diese Geräte das Netzwerk zur Datenübertragung verwenden können. Somit mussten auch im Falle der in Figur 1 von D3 gezeigten Netzwerke zumindest zum Zeitpunkt ihrer Einrichtung deren Baudrate überprüft werden. Die Prüfung und manuelle Einstellung der Baudrate in einem Netzwerk ist der Kammer aus eigener Anschauung bekannt. Die Automatisierung eines bekannten, zuvor manuell ausgeführten Verfahrens kann als solche jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen.
2.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 betrifft zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 eine Einrichtung zur Visualisierung bestimmter Datensätze und die graphische Anzeige bestimmter Datensätze. Eine Einrichtung zur Visualisierung ist schon aus D3 bekannt (Seite 6, Zeilen 1-5), wobei mit dieser Anzeigevorrichtung auf Grund ihres allgemeinen Aufbaus (PC mit Bildschirm) auch die beanspruchten Datensätze darstellbar sind.
2.3 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 insbesondere dadurch, dass der Parameter "Baudrate des Feldbusses" geprüft wird. Die Kammer sieht keinen Unterschied zur Prüfung der Baudrate des Feldbusses in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, so dass die Argumente von Punkt 2.1 zutreffen.
2.4 Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 umfasst zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 das weitere Merkmal, dass das erste und zweite Netzwerk über ein Gerät verbunden sind oder Daten übertragen oder die Geräte über weitere Netzwerke verbunden sind oder Daten übertragen. Unter Geräten versteht die Kammer auch Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter. Aus D3 ergibt sich jedoch auch schon eine Datenverknüpfung zwischen Diagnose-Gerät (von der NC-Einheit umfasst) und der Werkzeugmaschine (die in naheliegender Weise Antriebsumrichter umfasst), wie oben unter Punkt 2.1 ausgeführt.
2.5 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 betrifft zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 die Anordnung von Feldgerät oder Antriebsumrichter und Diagnose-Gerät in einem Gehäuse. Hierbei handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine einfache Maßnahme zum Beispiel zum Ausbilden einer kompakteren Anordnung einer Anlage, die der Fachmann ohne erfinderisches Zutun ins Auge fassen würde.
2.6 Das weitere Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 6 zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5, dass nämlich "Diagnose-Gerät und ein Gerät in einem Gehäuse untergebracht sind" wird schon von dem auch im vorliegenden Anspruch vorhandenen, zusätzlichen Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 umfasst, wenn das Gerät das Feldgerät oder der Antriebsumrichter ist.
2.7 Die Kammer kann keine Zusammenwirkung der einzelnen Merkmale des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 6 erkennen, die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte. Das wurde auch nicht vorgebracht.
2.8 Zu den Hilfsanträge 1 bis 6 hatte die Beschwerdeführerin keine weiteren Argumente vorgetragen.
2.9 Aus oben genannten Gründen beruht der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ). Die Anträge sind daher nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag 7: unzulässige Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ) und erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)
3.1 Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 sind Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter in einem Gehäuse untergebracht. Ferner sind die ersten und zweiten Netzwerke jeweils als Feldbus ausgeführt. Die Unterbringung von Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter in einem Gehäuse folgt aus Absatz [0026] der veröffentlichten Patentanmeldung bzw. dem ursprünglichen Anspruch 6. Jedoch folgt aus der ursprünglichen Offenbarung nicht, dass diese in Verbindung mit der Ausführung der Netzwerke als Feldbus in Betracht gezogen wurde.
3.2 Die Beschwerdeführerin verwies auf Absatz [0021] der veröffentlichten Patentanmeldung, der zufolge das erste und zweite Netzwerk identisch und als Systembus ausgebildet sein können. Ferner ist der Antriebsumrichter gemäß Absatz [0033] mit einem Systembus als erstem Netzwerk verbunden und weist gemäß [0034] eine für einen Feldbus als zweites Netzwerk geeignete Kommunikationsschnittstelle auf.
Die Kammer kann dieser Argumentation nicht folgen, da die erwähnten Absätze keinen Bezug zur Ausgestaltung der Erfindung mit Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter in einem Gehäuse (Absatz [0028] und Anspruch 6) aufweist. Die Verbindung dieser Merkmale wird in Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 neu geschaffen und führt somit zu einer unzulässigen Erweiterung, die die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ verletzt.
3.3 Allein aus obigen Gründen ist der Hilfsantrag 7 nicht gewährbar.
3.4 Dessen ungeachtet beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 7 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn der Gegenstand des Anspruchs 1 basiert auf dem Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs 3 des Hilfsantrags 5, der in ein System mit Diagnose-Gerät und Antriebsumrichter geändert wurde, wobei die Alternative "Feldgerät oder Antriebsumrichter" auf den Antriebsumrichter beschränkt ist. Ein System mit einem Diagnose-Gerät und einer Werkzeugmaschine ist jedoch aus D3 bekannt, und, aus den unter Punkt 1.4 ausgeführten Gründen, ist das Vorhandensein von Antriebsumrichtern in der Werkzeugmaschine naheliegend. Die weiteren Merkmale waren aus den unter den Punkten 2.1, 2.5 und 2.7 gegebenen Gründen naheliegend.
3.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 7 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).
3.6 Aus oben genannten Gründen ist der Antrag daher nicht gewährbar.
4. Da keiner der Anträge gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.