T 0894/12 (Inbetriebnahme einer Anlage/SEW) of 22.6.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T089412.20160622
Datum der Entscheidung: 22 Juni 2016
Aktenzeichen: T 0894/12
Anmeldenummer: 06753795.1
IPC-Klasse: G05B 19/042
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Inbetriebnahme einer Anlage und Anlage
Name des Anmelders: SEW-EURODRIVE GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag und Hilfsantrag 1)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Klarheit (Hilfsanträge 2, 3 und 5) - (nein)
Spät eingereichte Anträge (Zulässigkeit) (Hilfsanträge 4 und 6 bis 9) - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin der europäischen Patentanmeldung Nr. 06 753 795.1 (internationale Veröffentlichungsnummer WO 2006/136253 A1) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 19. Dezember 2011, mit der die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche sowohl gemäß Hauptantrag als auch gemäß jedem der Hilfsanträge 1 bis 9 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruhten.

II. Das folgende Dokument, auf das in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wurde, ist für die nachfolgende Entscheidung relevant:

D1: US 2002/0151993 A1.

III. Die Beschwerde wurde am 27. Januar 2012 eingelegt und in demselben Schreiben begründet. Es wurde beantragt, "den angefochtenen Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und das Patent zu erteilen. Hilfsweise wird die Erteilung eines Hilfsantrags beantragt, der von der Prüfungsstelle als gewährbar beurteilt wurde." Die tatsächlichen Anträge wurden auf eine Mitteilung der Kammer vom 26. Januar 2016 hin mit Schreiben vom 19. Februar 2016 als der mit Schreiben vom 24. Juli 2009 eingereichte Hauptantrag, die mit Schreiben vom 23. September 2011 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 5 und die am 15. November 2011 eingereichten Hilfsanträge 6 bis 9 angegeben.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK nahm die Kammer zum Sachverhalt vorläufig Stellung.

V. In Antwort auf die Mitteilung der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016 einen geänderten Hauptantrag und geänderte Hilfsanträge 1 bis 9 ein, auf deren Grundlage sie die Erteilung eines Patents beantragte.

VI. In der mündlichen Verhandlung, die am 22. Juni 2016 vor der Kammer stattfand, bestätigte die Beschwerdeführerin ihre vorhergehenden Anträge.

Am Ende der Verhandlung und nach Beratung der Kammer verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zur Inbetriebnahme einer Anlage,

umfassend parametrierbare Antriebe, die mit einem zweiten Rechner zum Datenaustausch verbunden sind zur Übertragung von Parametern an die Antriebe,

wobei zu einem zweiten Zeitbereich bei der Inbetriebnahme für den jeweiligen Antrieb bestimmte Parameter vom zweiten Rechner an den jeweiligen Antrieb übertragen werden,

wobei die Parameter für die Antriebe zu einem ersten Zeitbereich von einem ersten Rechner erzeugt werden,

wobei der erste Rechner zum Datenaustausch zumindest zeitweise mit dem zweiten Rechner verbunden wird,

woraus der erste Rechner nicht nur Parameter erzeugt sondern auch Auftragsabwicklungsdaten (AAW-Daten), die an eine Produktionsanlage versendet werden, wobei die AAW-Daten diejenigen Daten umfassen, die notwendig sind, um die Antriebe zu fertigen und herzustellen sowie auszuliefern,

so dass also der erste Rechner nicht nur Parameter erzeugt sondern auch AAW-Daten, die an eine Produktionsanlage übertragen werden, wodurch die Produktion der Antriebe ausgelöst wird,

wobei der erste Rechner auch weitere Daten erzeugt, die nach Übertragung an die Produktionsanlage in einen Transponder, wie RFID, oder in ein Leistungsschild, wie aufgeklebtes Papier-Leistungsschild oder mit dem Antrieb verbundenes Blechteil, geschrieben werden,

wobei der zweite Zeitbereich nach dem Zeitbereich der Auslieferung und dem Transport der Antriebe von der Produktionsanlage zu der geographisch verschiedenen Anlage angeordnet ist."

Der unabhängige Anspruch 9 lautet:

"Anlage umfassend parametrierbare Antriebe mit entsprechend vorgegebenen Parametern, dadurch gekennzeichnet, dass

die Parameter nach einem Verfahren nach mindestens einem der vorangegangenen Ansprüche an den jeweiligen Antrieb übertragbar sind,

wobei der zweite Rechner mit dem jeweiligen Antrieb über ein Datenbussystem, wie Feldbus, Interbus, Profibus, CAN-Bus, Ethernet oder dergleichen, verbunden ist zum einfachen und sicheren Zusenden der Daten ohne Verwechslungsgefahr bei den Antrieben, also mit eineindeutiger Adressierung."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags das weitere Merkmal "wobei im ersten Rechner aus eingegebenen Daten ein antriebstechnisches Abbild der Anlage mit Antrieben und zu diesen Antrieben vorgeschalteten und übergeordneten Komponenten erstellt wird".

Der unabhängige Anspruch 9 des Hilfsantrags 1 ist gleichlautend mit Anspruch 9 des Hauptantrags.

Anspruch 1 aller weiteren Hilfsanträge weist das Merkmal "wobei vom ersten Rechner eine Systemprüfung und Systemoptimierung bezüglich niedrigster Kosten und technisch bester Eignung ausgeführt wird" auf.

Anspruch 1 der Hilfsanträge 4 und 6 bis 9 weisen die Merkmale "wobei die Steuerungsprogramme in eine elektronische Steuerung des Antriebs eingespeichert werden und beim Ablaufen dann das Ausführen von Steuer- und/oder Regelverfahren bewirken, wobei die Steuerungsprogramme als Kurvenscheibenprogramme ausgeführt sind, also Programme die das gegenseitig abhängige Betreiben von zwei oder mehr Antrieben bewirken" auf.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Hilfsanträge 4 und 6 bis 9 (Artikel 13 (1) VOBK

1.1 Verständliche Anträge (siehe Mitteilung der Kammer vom 26. Januar 2016 und Punkt III oben) wurden erst weit nach Ablauf der Frist für die Beschwerdebegründung angegeben. Diese wurden dann mit Schreiben vom 14. Juni 2016, also etwa eine Woche vor der mündlichen Verhandlung geändert.

1.2 Gemäß Artikel 13 (1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens wird insbesondere u.a. die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Im vorliegenden Fall stammen die zusätzlichen Merkmale in Anspruch 1 der Hilfsanträge 4 und 6 bis 9 aus der Beschreibung und betreffen eine spezielle Ausgestaltung der Steuerungsprogramme als Kurvenscheibenprogramme. Eine solche Ausgestaltung wurde weder in den ursprünglich eingereichten Unterlagen noch zu einem anderen Zeitpunkt des bisherigen Verfahrens als besonders vorteilhaft dargestellt oder beansprucht und ist daher wahrscheinlich auch nicht recherchiert worden. Daher hätte die Kammer bei Zulassung dieser Anträge entgegen dem Erfordernis einer ökonomischen Verfahrensführung die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Vorinstanz zurückverweisen müssen.

1.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Hinzufügung der fraglichen Merkmale in Reaktion auf den Ladungsbescheid der Kammer erfolgt sei. Die Kammer akzeptiert dieses Argument nicht, da ein weitgehend ähnliches Argument schon unter Punkt 5.2 der angefochtenen Entscheidung und in einem dieser vorausgehenden Bescheid vom 4. November 2011 unter 6.3 vorgebracht wurde, auf das die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt der Beschwerde eingegangen ist.

1.4 Unter Abwägung der obigen Umstände (Punkte 1.2 und 1.3) kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die verspätete Einreichung der Hilfsanträge 4 und 6 bis 9 und die damit verbundene Zurückverweisung der Angelegenheit unter dem Gesichtspunkt einer ökonomischen Verfahrensführung nicht zu rechtfertigen sind. Daher werden diese Hilfsanträge in Ausübung des Ermessens nach Artikel 13 (1) VOBK nicht in das Verfahren zugelassen.

2. Hauptantrag: Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

2.1 Die Kammer geht von D1 als nächstliegendem Stand der Technik aus. Dieses Dokument zeigt ein Verfahren zur Inbetriebnahme ("start-up") einer Motorsteuerung (Absatz [0002] und Anspruch 1). Motorsteuerungen dienen zur Steuerung von Elektromotoren (Absatz [0002]) und somit von Antrieben. Die Kammer fasst die Kombination von Motorsteuerung und Elektromotor als Anlage umfassend einen parametrierbaren Antrieb auf. Dieser Antrieb ist mit einem zweiten Rechner (Absatz [0028]: "PC 4") zum Datenaustausch verbunden zur Übertragung von Parametern an den Antrieb (ibidem: "serial connection 5"). Vor der Inbetriebnahme, als zweiter Zeitbereich definiert, werden für den Antrieb bestimmte Parameter vom zweiten Rechner an den Antrieb übertragen (Absatz [0004] und Anspruch 1), wobei die Parameter für den Antrieb zu einem ersten Zeitbereich, der dem Grundsatz von Ursache und Wirkung folgend implizit vor dem zweiten Zeitbereich liegt, von einem ersten Rechner (Absatz [0028]: "server 7") erzeugt werden, wobei der erste Rechner zum Datenaustausch zumindest zeitweise mit dem zweiten Rechner verbunden wird (ibidem: "Internet connection 6"). Die in D1 betrachteten Motorsteuerungen werden in einer Produktionsanlage hergestellt (Absatz [0028]: "from the factory"). Es ist daher implizit, dass der zweite Zeitbereich nach dem Zeitbereich der Auslieferung des Antriebs von der Produktionsanlage zu der Anlage angeordnet ist.

2.2 Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich somit von dem aus D1 bekannten Verfahren dadurch, (i) dass es eine Mehrzahl von Antrieben betrifft, (ii) dass der erste Rechner nicht nur Parameter erzeugt sondern auch Auftragsabwicklungsdaten (AAW-Daten), die an eine Produktionsanlage versendet werden, wobei die AAW-Daten diejenigen Daten umfassen, die notwendig sind, um die Antriebe zu fertigen und herzustellen sowie auszuliefern, so dass also der erste Rechner nicht nur Parameter erzeugt, sondern auch AAW-Daten, die an eine Produktionsanlage übertragen werden, wodurch die Produktion der Antriebe ausgelöst wird, und (iii) dass der erste Rechner auch weitere Daten erzeugt, die nach Übertragung an die Produktionsanlage in einen Transponder, wie RFID, oder in ein Leistungsschild, wie aufgeklebtes Papier-Leistungsschild oder mit dem Antrieb verbundenes Blechteil, geschrieben werden. Ferner (iv) ist die Produktionsanlage geographisch verschieden von der Anlage angeordnet und die Antriebe werden dorthin transportiert.

2.3 Hinsichtlich einer Mehrzahl von Antrieben (Unterschied (i)) erhält der Fachmann schon aus der D1 einen Hinweis, dass das dort beschriebene Verfahren auf eine Mehrzahl von Antrieben angewandt werden kann (siehe Absatz [0004]: "a whole series of motor controllers"). Dieser Absatz bezieht sich zwar auf den Stand der Technik, und das für diesen Fall relevante Ausführungsbeispiel der Figur 1 zeigt nur eine einzige Motorsteuerung. Jedoch ergeben sich für den Fachmann keine technischen Probleme, den Hinweis der Anwendung auf mehrere Motorsteuerungen auch bei dem Ausführungsbeispiel in Zusammenhang mit der Figur 1 in die Tat umzusetzen. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Daher würde der Fachmann das in Zusammenhang mit der Figur 1 von D1 beschriebene Ausführungsbeispiel ohne erfinderisches Zutun auch auf eine Mehrzahl von Antrieben anwenden, falls dies gewünscht ist.

2.4 Ferner geht die Kammer davon aus, dass eine geographisch unterschiedliche Anordnung (Unterschied (iv)) von Produktionsanlage und Anlage einschließlich des Transports der Antriebe dem Fachmann schon durch D1 zumindest nahegelegt wird. Aus Absatz [0028] ("From the factory the frequency converter is delivered ...") lässt sich schließen, dass die Produktionsanlage zur Herstellung des Antriebs ("frequency converter") sich an einem geographisch anderen Ort als dem Verwendungsort des Antriebs befindet, da er dorthin ausgeliefert wird. Somit werden eine geographisch verschiedene Anordnung von Produktionsanlage und Anlage sowie der Transport der Antriebe dem von D1 ausgehenden Fachmann durch dieses Dokument zumindest nahegelegt.

2.5 Auch im Hinblick auf die Übertragung weiterer Daten für z.B. ein Leistungsschild (Unterschied (iii)) erhält der Fachmann aus D1 (Absatz [0030]: "serial number") die Anregung, den Antrieb zumindest mit einer Seriennummer als weiteres Datum zu versehen, so dass auch dieses Merkmal dem von D1 ausgehenden Fachmann durch dieses Dokument zumindest nahegelegt wird.

2.6 Die weitere Merkmalsgruppe (ii) betrifft die Aufgabe, ausgehend von einer elektronischen Informationsquelle (dem ersten Rechner) sowohl die Herstellung als auch die Parametrierung der Antriebe vorzunehmen. Die Kammer betrachtet es jedoch als für die Herstellung und den Betrieb von Anlagen mit parametrierbaren Antrieben notwendige Vorgehensweise, auch schon vor Aufkommen elektronischer Entwicklungshilfsmittel und elektronischer Datenkommunikation, Informationen bezüglich der Parametrierung und der Herstellung von Antrieben zu erzeugen und an eine Produktionsanlage und an die Antriebe selbst zu versenden. So wurden Antriebe herkömmlich von einem Ingenieur oder einer Gruppe von Ingenieuren entwickelt, um diese anschließend herzustellen und danach auszuliefern. Diese Entwicklung umfasst den vollständigen Antrieb mit all seinen Eigenschaften einschließlich möglicher Parametrierung und für seine Herstellung relevanten technischen Eigenschaften, aus denen sich Anweisungen zu seiner Herstellung ableiten lassen. Zumindest auf der Ebene der Entwicklungsleitung lag die gesamte, die Antriebe betreffende Information in einer Hand. Die Merkmalsgruppe (ii) entspricht im Vergleich zu dieser herkömmlichen Vorgehensweise einer Automatisierung dieser vormals nicht automatisierten Arbeitsabläufe. Dies allein kann jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen, wenn, wie im vorliegenden Fall, die dazu erforderlichen technischen Mittel (erster Rechner mit Datenbanken, siehe D1, Absatz [0034], und Kommunikationsmittel) allgemein bekannt sind. Bestenfalls kann eine erfinderische Tätigkeit durch spezielle, nicht naheliegende Automatisierungsschritte begründet werden. Solche sieht die Kammer hier jedoch nicht.

2.7 Da keines der Merkmale (i) - (iv) eine erfinderische Tätigkeit begründet und auch keine, eine erfinderische Tätigkeit begründende Zusammenwirkung dieser Merkmale erkennbar ist, liegt bei dem beanspruchten Gegenstand keine erfinderische Tätigkeit vor (Artikel 56 EPÜ).

2.8 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass gemäß der vorliegenden Erfindung die Parameter vor Auslieferung der Antriebe erzeugt würden und erst nach ihrer Auslieferung und vorheriger Herstellung übertragen würden, wohingegen üblicherweise die Parameter gleich bei der Herstellung eingeschrieben würden. Ferner stelle die vorliegende Erfindung sicher, dass keine Verwechslungsgefahr beim Übertragen der Parameter auf eine Mehrzahl von Antrieben bestünde.

Bezüglich der zeitlichen Abläufe ergibt sich aus Anspruch 1, dass der zweite Zeitbereich mit der Inbetriebnahme zusammenfällt und die Parameter für die Antriebe zu einem ersten Zeitbereich erzeugt werden, der logischerweise vor dem zweiten Zeitbereich liegt. Aus D1 ist bekannt, die Parametrierung eines Antriebs entweder ab Werk (D1, Absatz [0028]: "from the factory") oder erst bei Inbetriebnahme durchzuführen (D1, Anspruch 1), so dass die beanspruchten zeitlichen Abläufe aus D1 bekannt sind, und somit kein weiterer Unterschied besteht.

Bezüglich der nicht bestehenden Verwechselungsgefahr stellt die Kammer fest, dass dies kein Merkmal des Anspruchs 1 ist und dass es generell übliche Praxis und daher naheliegend ist, bei der Parametrierung einer Mehrzahl von Antrieben die richtigen Antriebe zu parametrieren. Dies wird auch schon gemäß D1 gewährleistet (Absatz [0030]: "inambiguously identifies the converter").

2.9 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags für den von D1 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens naheliegend (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

2.10 Unabhängig von der Frage, ob der Gegenstand des Anlagenanspruchs 9 einen ersten Rechner umfasst und ob in der beanspruchten Anlage die in dem Verfahren definierten Zeitbereiche feststellbar sind, treffen die obigen Argumente bezüglich des Anspruchs 1 auch hier zu. Des Weiteren zeigt D1 eine Datenbusverbindung zwischen dem zweiten Rechner und dem Antrieb (Absatz [0028]: "serial connection"), die eine Verwechslung vermeidet (Absatz [0030]: "inambiguously identifies the converter").

2.11 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 9 des Hauptantrags für den von D1 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens naheliegend (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

2.12 Da der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) beruht, kann dieser Antrag nicht gewährt werden.

3. Hilfsantrag 1: Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

3.1 Das weitere Merkmal des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags, nämlich "wobei im ersten Rechner aus eingegebenen Daten ein antriebstechnisches Abbild der Anlage mit Antrieben und zu diesen Antrieben vorgeschalteten und übergeordneten Komponenten erstellt wird", betrifft die ingenieurstechnische Entwicklung der Anlage, ohne dass irgendwelche speziellen technischen Mittel dazu erwähnt sind. Hier gelten dieselben Überlegungen, wie sie zuvor unter Punkt 2.6 ausgeführt wurden, dass es nämlich vor Aufkommen elektronischer Entwicklungshilfsmittel und elektronischer Datenkommunikation übliche Vorgehensweise war, ein antriebstechnisches Abbild der Anlage mit Antrieben und zu diesen Antrieben vorgeschalteten und übergeordneten Komponenten von einem Ingenieur oder einer Gruppe von Ingenieuren zu entwickeln, wobei zumindest auf der Ebene der Entwicklungsleitung die gesamte, die Antriebe betreffende Information in einer Hand lag. Die Automatisierung dieser vormals nicht automatisierten Arbeitsabläufe kann alleine jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen.

3.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Begriff "Abbild" als Simulation zu verstehen sei und eine solche ohne Verwendung eines Rechners nicht möglich sei. Die Kammer ist aber der Ansicht, dass der Begriff "Abbild" breiter auszulegen ist und die technische Vorstellung umfasst, die sich der Ingenieur von den Antrieben einschließlich der damit verbundenen Komponenten macht. Auch die Beschreibung gibt keinerlei Grundlage für das Verständnis des Begriffes "Abbild" im Sinne der Beschwerdeführerin.

3.3 Auf den Gegenstand des Anlagenanspruchs 9 treffen unverändert die Gründe bezüglich des Gegenstands des Anspruchs 9 des Hauptantrags zu, da sich durch den Rückbezug auf die Verfahrensansprüche keine Änderung im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Parameter und somit auf den Gegenstand des Anspruchs ergibt.

3.4 Folglich ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags 1 für den von D1 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens naheliegend (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

3.5 Da der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) beruht, kann dieser Antrag nicht gewährt werden.

4. Klarheit: Anspruch 1 der Hilfsanträge 2, 3 und 5 (Artikel 84 EPÜ)

4.1 Anspruch 1 dieser Hilfsanträge (siehe Punkt VII oben) umfasst jeweils ein Merkmal, das eine Systemoptimierung bezüglich niedrigster Kosten und technisch bester Eignung beinhaltet.

4.2 Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich bei dem nicht weiter definierten System um die in Betrieb zu nehmende Anlage handelt, bleibt unklar, welches der Gegenstand ist, für den durch dieses Merkmal Schutz begehrt wird, da die beanspruchte Systemoptimierung über einen Zielkonflikt, nämlich zwischen den Kosten und der technisch besten Eignung, definiert ist und es offen bleibt, wie zwischen diesen sich widersprechenden Merkmalen abgewägt werden soll, um den beanspruchten Gegenstand zu erhalten.

4.3 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 2, 3 und 5 nicht klar ist (Artikel 84 EPÜ), können diese Anträge nicht gewährt werden.

5. Da keiner der zugelassenen Anträge gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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