European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T085512.20150507 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 Mai 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0855/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08844381.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 3/048 G06F 3/16 G01C 21/36 B60R 16/037 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUM BEDIENEN EINER EINRICHTUNG EINES FAHRZEUGS MIT EINER SPRACHSTEUERUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | Volkswagen Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die am 8. November 2011 zur Post gegeben wurde, auf Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 08844381.7 mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ gestützt auf folgende Druckschriften:
D4: DE 19715325 A1,
D6: EP 1555652 A1 und
D7: US 2002/0077830 A1.
II. Die Beschwerdegebühr wurde mit der Beschwerdeschrift, eingegangen am 13. Januar 2012, entrichtet. Mit der Beschwerdebegründung, eingegangen am 19. März 2012, wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Patentbegehrens gemäß Hauptantrag. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
III. Die Kammer hat in einem Bescheid vom 21. Januar 2015 zur mündlichen Verhandlung geladen und ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde dargelegt, wonach der Gegenstand von Anspruch 1 nicht das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit erfüllt gegenüber der Offenbarung von D4 kombiniert mit dem allgemeinen Fachwissen oder kombiniert mit der Lehre von D7.
IV. Mit Schreiben vom 30. März 2015 reichte die Beschwerdeführerin Hilfsanträge I bis III ein. Es wurden außerdem weitere Argumente im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit übermittelt.
V. Am 7. Mai 2015 fand eine mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin einen weiteren Hilfsantrag Ia einreichte sowie alle vorgetragenen Argumente diskutiert wurden.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung über die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der am 18. Oktober 2011 eingereichten Patentansprüche 1 bis 12 (Hauptantrag) oder auf der Grundlage der mit Schreiben vom 30. März 2015 eingereichten Hilfsanträge I, II, III bzw. des in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2015 eingereichten Hilfsantrags Ia zu erteilen.
VII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:
"1. Verfahren zum Bedienen einer Einrichtung eines Fahrzeugs (8), bei welchem ein einen Bedienschritt, der eine Eingabe umfasst, bei der ein Bedienelement betätigt oder ein Touchscreen berührt wird, und eine darauf folgenden Eingabe umfassender Bedienablauf durchgeführt wird, indem der Bedienschritt und eine dem Bedienschritt zugeordnete Funktion ausgeführt wird und durch die Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (4) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem Nutzer die zur Auswahl stehenden Bedienschritte mittels Schaltflächen auf einer Anzeigevorrichtung (2) dargestellt werden und dass ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird, um den Nutzer darauf hinzuweisen, dass durch die Ausführung des Bedienschritts ferner automatisch die Sprachsteuerung für eine dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert werden wird."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag I lautet:
"1. Verfahren zum Bedienen einer Einrichtung eines Fahrzeugs (8), bei welchem ein einen Bedienschritt, der eine Eingabe umfasst, bei der ein Bedienelement betätigt oder ein Touchscreen berührt wird, und eine darauf folgenden Eingabe umfassender Bedienablauf durchgeführt wird, indem der Bedienschritt und eine dem Bedienschritt zugeordnete Funktion ausgeführt wird und durch die Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (4) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird,
dadurch gekennzeichnet ,
dass dem Nutzer die zur Auswahl stehenden Bedienschritte mittels Schaltflächen auf einer Anzeigevorrichtung (2) dargestellt werden und dass ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird, um den Nutzer darauf hinzuweisen, dass durch die Ausführung des Bedienschritts ferner automatisch die Sprachsteuerung für eine dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert werden wird, wobei bei einer Aktivierung der Sprachsteuerung eine Sprachsteuerungseinheit (4, 5) innerhalb des Fahrzeugs gesprochener Sprache erfasst und die erfasste Sprache in Eingabesignale umsetzt."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag Ia lautet:
"1. Verfahren zum Bedienen einer Einrichtung eines Fahrzeugs (8), bei welchem ein einen Bedienschritt, der eine Eingabe umfasst, bei der ein Bedienelement betätigt oder ein Touchscreen berührt wird, und eine darauf folgenden Eingabe umfassender Bedienablauf durchgeführt wird, indem der Bedienschritt und eine dem Bedienschritt zugeordnete Funktion ausgeführt wird und gleichzeitig mit der Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (4) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird,
dadurch gekennzeichnet ,
dass dem Nutzer die zur Auswahl stehenden Bedienschritte mittels Schaltflächen auf einer Anzeigevorrichtung (2) dargestellt werden und dass bei Schaltflächen, bei denen nach ihrer Betätigung eine Sprachsteuerung möglich ist, ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird, um den Nutzer darauf hinzuweisen, dass durch die Ausführung des Bedienschritts ferner automatisch die Sprachsteuerung für eine dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert werden wird."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag II lautet:
"1. Verfahren zum Bedienen einer Einrichtung eines Fahrzeugs (8), bei welchem ein einen Bedienschritt, der eine Eingabe umfasst, bei der ein Bedienelement betätigt oder ein Touchscreen berührt wird, und eine darauf folgenden Eingabe umfassender Bedienablauf durchgeführt wird, indem der Bedienschritt und eine dem Bedienschritt zugeordnete Funktion ausgeführt wird und durch die Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (4) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird,
dadurch gekennzeichnet ,
dass dem Nutzer die zur Auswahl stehenden Bedienschritte mittels Schaltflächen auf einer Anzeigevorrichtung (2) dargestellt werden und dass vor der Aktivierung der Sprachsteuerung ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird, um den Nutzer darauf hinzuweisen, dass durch die Ausführung des Bedienschritts ferner automatisch die Sprachsteuerung für eine dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert werden wird, wobei bei einer Aktivierung der Sprachsteuerung eine Sprachsteuerungseinheit (4, 5) innerhalb des Fahrzeugs gesprochener Sprache erfasst und die erfasste Sprache in Eingabesignale umsetzt."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag III lautet:
"1. Verfahren zum Bedienen einer Einrichtung eines Fahrzeugs (8), bei welchem ein einen Bedienschritt, der eine Eingabe umfasst, bei der ein Bedienelement betätigt oder ein Touchscreen berührt wird, und eine darauf folgenden Eingabe umfassender Bedienablauf durchgeführt wird, indem der Bedienschritt und eine dem Bedienschritt zugeordnete Funktion ausgeführt wird und durch die Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (4) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird, ohne dass es erforderlich ist, dass der Nutzer für die Sprachsteuerung einen weiteren Bedienschritt vornimmt, indem er eine Push-to-Talk-Taste drückt,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem Nutzer die zur Auswahl stehenden Bedienschritte mittels Schaltflächen auf einer Anzeigevorrichtung (2) dargestellt werden und dass vor der Aktivierung der Sprachsteuerung ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird, um den Nutzer darauf hinzuweisen, dass durch die Ausführung des Bedienschritts ferner automatisch die Sprachsteuerung für eine dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert werden wird, wobei bei einer Aktivierung der Sprachsteuerung eine Sprachsteuerungseinheit (4, 5) innerhalb des Fahrzeugs gesprochener Sprache erfasst und die erfasste Sprache in Eingabesignale umsetzt."
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde entspricht den Voraussetzungen der Artikel 106 bis 108 und Regel 99 EPÜ und ist daher zulässig (siehe Sachverhalt und Anträge, Punkt II).
Hauptantrag
2. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
2.1 Die Kammer stimmt der Analyse der Entgegenhaltung D4 in der angefochtenen Entscheidung zu (siehe Punkte 2.1 bis 2.4) zu und betrachtet diese als nächstliegenden Stand der Technik. Ziel der Lehre von D4 ist es, eine Anzeige- und Bedienvorrichtung zu schaffen, bei der auch dem unkundigen Fahrzeugbenutzer auf signifikante Weise das Menü bzw. die Funktion deutlich gemacht wird, bei dem eine akustische Bedienmöglichkeit besteht (vgl. Spalte 1, Zeilen 13-17). Dies wird erreicht, indem ein akustischer Eingabemodus mittels eines Druckschalters eingestellt wird, wobei die mit einer akustischen Bedien- oder Eingabemöglichkeit versehenen Menüs und/oder Funktionen auf einem Bildschirm optisch hervorgehoben werden. Anhand eines Ausführungsbeispiels wird das Verfahren zum Bedienen der Anzeige und Bedienvorrichtung näher erläutert (vgl. Spalte 1, Zeilen 36-64):
"Bei der Ausführungsform von Fig. 1 sind auf einem Bildschirm 1 beispielhaft eine Reihe von Menüs dargestellt, die über eine manuelle, nicht dargestellte Bedieneinrichtung, wie beispielsweise eine Tastatur oder einen Druck-Dreh-Schalter (DE 38 36 555A) auswählbar sind. Ferner ist in Fig. 1 ein Druckschalter 2 gezeigt, bei dem es sich um einen sogenannten Push to Talk-Schalter handelt. Der Druckschalter 2 kann zu einem beliebigen Zeitpunkt durch den Fahrzeugbenutzer betätigt werden. Nach der Betätigung des Druckschalters 2 verändert sich der Inhalt des Bildschirms 1 in der Weise, wie sie anhand des dann geänderten Bildschirminhalts 1' dargestellt ist. Neben den bereits ursprünglich vorhandenen Menüpunkten wie Audio, Klima, Navigation, Bordcomputer und Telefon ist nun neben den Menüs, für die eine optische Bedien- bzw. Auswahlmöglichkeit besteht, eine optische Hervorhebung dargestellt. Es kann sich dabei um einen Pfeil 3 oder aber auch, nicht dargestellt, um ein anderes Symbol, einen Farbumschlag oder ein ähnliches Mittel handeln. Der Fahrzeugbenutzer erhält damit nach Betätigen des Druckschalters 2 die Information, dass sich das Menü Navigation und das Menü Telefon gegenüber den Menüs Audio, Klima und Bordcomputer durch eine akustische Eingabe- bzw. Auswahlmöglichkeit unterscheiden. Er kann nun über die Bedieneinrichtung beispielsweise das Menü Navigation ansteuern und dort durch einen entsprechenden Sprachbefehl das Reiseziel eingeben. Die gesamte Steuerung des Eingabevorgangs kann dabei über eine entsprechende manuelle Bedienmöglichkeit oder aber auch auf akustischem Wege erfolgen."
2.2 D4 offenbart somit folgende Merkmale von Anspruch 1:
Ein Verfahren zum Bedienen einer Einrichtung eines Fahrzeugs, bei welchem ein einen Bedienschritt, der eine Eingabe umfasst, bei der ein Bedienelement betätigt oder ein Touchscreen berührt wird, und eine darauf folgenden Eingabe umfassender Bedienablauf durchgeführt wird, indem der Bedienschritt und eine dem Bedienschritt zugeordnete Funktion ausgeführt wird (vgl. D4, Spalte 1, Zeilen 58-61, "Er kann nun über die Bedieneinrichtung beispielsweise das Menü Navigation ansteuern und dort durch einen entsprechenden Sprachbefehl das Reiseziel eingeben.") und durch die Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (implizit offenbart) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird.
Dabei werden dem Nutzer die zur Auswahl stehenden Bedienschritte mittels Schaltflächen auf einer Anzeigevorrichtung dargestellt (vgl. D4, Fig. 1, Bildschirm 1', Schaltflächen "Audio", "Klima", "Navigation", "Bordcomputer", und "Telefon") und ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol wird angezeigt (vgl. D4, Fig. 1, Bildschirm 1', Pfeil 3), um den Nutzer darauf hinzuweisen, dass eine Möglichkeit zur Sprachsteuerung besteht (vgl. D4, Fig. 1, Bildschirm 1', mit Spalte 1, Zeilen 54-58, "Der Fahrzeugbenutzer erhält damit [...] die Information, dass sich das Menü Navigation und das Menü Telefon gegenüber den Menüs Audio, Klima und Bordcomputer durch eine akustische Eingabe- bzw. Auswahlmöglichkeit unterscheiden).
2.3 Die einzige explizite Offenbarung dahingehend, wie eine Aktivierung der Sprachsteuerung erfolgt, findet sich in einer Ausführungsform (vgl. D4, Spalte 1, Zeilen 58 bis 61). Dabei wird explizit eine haptische Auswahl des Menüpunktes "Navigation" vorgenommen, bevor eine Spracheingabe zur Bestimmung des Reiseziels ermöglicht wird. Weitere technische Details zur Aktivierung der Sprachsteuerung finden sich nicht.
2.4 Die Kammer ist nicht überzeugt von der Argumentation der Beschwerdeführerin, dass sich aus der Grammatik durch die Verwendung des Präsens in D4 (z.B. "akustische Bedienmöglichkeit besteht") zwingend ergibt, dass eine Spracheingabe bereits aktiviert ist. Abgesehen von durchaus üblichen sprachlichen Ungenauigkeiten im Hinblick auf eine Verwendung von Präsens und Futur, vor allem auch in technischer Fachliteratur, würde der Fachmann den Offenbarungsgehalt von D4 entsprechend seinem Fachwissen nach ihrem technischen Sinngehalt auslegen.
Die Kammer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass D4 kein stichhaltiger Hinweis entnehmbar ist, wonach die Auswahl irgendeiner der Schaltflächen "Audio", "Klima", "Navigation", "Bordcomputer", und "Telefon" auch auf akustischem Weg erfolgen kann. Wäre dies tatsächlich der Fall, so würde es aus technischer Sicht nur Sinn machen, dies auch für alle Schaltflächen "Audio", "Klima", "Navigation", "Bordcomputer", und "Telefon" anzubieten. Eine akustische Auswahl an dieser Stelle lediglich für zwei Schaltflächen "Navigation" und "Telefon" anzubieten, erscheint aus technischer Sicht abwegig und würde vom Fachmann daher auch nicht so interpretiert werden. Deshalb wird angenommen, dass die Auswahl dieser Schaltflächen, so wie auch im Ausführungsbeispiel beschrieben (siehe Punkt 2.3 oben), im Sinne der D4 nur auf manuellem Weg erfolgt und erst danach eine Spracheingabe möglich ist.
2.5 In diesem Zusammenhang kann die Kammer der Interpretation der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Funktionsweise des Push-to-Talk-Schalters gemäß D4 (siehe hierzu die Ausführungen der Beschwerdeführerin in den Punkten 2.4 und 2.5 der Beschwerdebegründung) nur teilweise zustimmen. Insbesondere die Bezugnahme auf US 5410739 in der Beschreibungseinleitung von D4 sowie die fachübliche Funktionsweise eines Push-to-Talk-Schalters (der von der Beschwerdeführerin diesbezüglich übermittelte Auszug aus der Online-Enzyklopädie Wikipedia deckt sich insoweit mit dem Verständnis der Kammer eines solchen Schalters) legen den Schluss nahe, dass auch in D4 bereits mit dem Betätigen dieses Schalters das Mikrofon aktiviert wird.
Jedoch wird dadurch in D4 nicht sofort eine sprachgesteuerte Auswahlmöglichkeit einer der Schaltflächen erreicht (insoweit in Übereinstimmung mit Punkt 2.5 der angefochtenen Entscheidung), jedoch erfolgt eine optische Hervorhebung solcher Schaltflächen, für die eine Sprachsteuerung vorgesehen ist (vgl. D4, Spalte 1, Zeilen 20 bis 23 und Zeilen 54 bis 61). Die eigentliche Sprachsteuerung erfolgt erst nach (manueller) Auswahl einer diesbezüglich unterstützten Schaltfläche (im Ausführungsbeispiel in D4 der Menüpunkt "Navigation" mit anschließender Spracheingabemöglichkeit für ein Reiseziel).
Die Funktion des Push-to-Talk-Schalters in D4 hat insofern unter anderem den gleichen Effekt wie die erfindungsgemäße globale Aktivierung der Sprachsteuerung (vgl. Unteranspruch 3 und Seite 7, Zeilen 8 bis 15 der Beschreibung), indem dadurch eine Markierung solcher Schaltflächen erfolgt, die eine Sprachsteuerung ermöglichen. Die eigentliche Verarbeitung von Sprachkommandos erfolgt dann erst nach manueller Auswahl einer solchen Schaltfläche.
2.6 Nach dem Anspruchs 1 wird diese Sprachsteuerung durch diese (haptische) Eingabe "aktiviert". Die Kammer legt den Ausdruck "aktiviert" so aus, dass für eine (vollständige) Aktivierung auch eine beginnende Auswertung von Sprachbefehlen erforderlich ist.
Aus den vorangehenden Ausführungen zur D4 ergibt sich somit, dass die Sprachsteuerung in D4 zwar bereits nach Betätigen des Push-to-Talk-Schalters eingeschaltet ist, aber erst nach der Auswahl der Schaltfläche ausgewertet wird.
Insofern ist auch das entsprechende Teilmerkmal von Anspruch 1, wonach durch die Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird, indem ein Mikrophon (4) eingeschaltet wird und gesprochene Sprache erfassbar wird, und ferner,
dass der Nutzer durch das Sprachsteuerungssymbol darauf hingewiesen wird, dass automatisch die Sprachsteuerung für eine dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert werden wird, aus der D4 vor dem Hintergrund des Fachwissens des Durchschnittsfachmanns zumindest nahegelegt.
Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Offenbarung von D4 bei deren Interpretation im Lichte des allgemeinen Fachwissens nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
3. Doch selbst, wenn man eine "Aktivierung" enger als Einschalten des Mikrofons interpretiert, so ist dies aus den folgenden Gründen ebenfalls nahegelegt.
3.1 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich dann von der Offenbarung von D4 durch die Tatsache, dass in D4 ein Einschalten des Mikrofons bereits mit Betätigen des Push-to-Talk-Schalters erfolgt, während dies hingegen gemäß Anspruch 1 erst mit der Auswahl eines diesbezüglich unterstützten Menüpunkts erfolgt.
Der damit verbundene technische Effekt besteht zum einen darin, dass die Rechenleistung und damit der Stromverbrauch reduziert werden kann (siehe Punkt III. 1.1 der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen werden dadurch aber auch zum gegebenen Zeitpunkt noch unerwünschte Spracheingaben vermieden, die fehlerhafte Eingaben generieren könnten.
3.2 Die zu Grunde liegende technische objektive Aufgabe kann somit darin gesehen werden, den Ressourcenverbrauch sowie Fehleingaben durch eine Sprachsteuerung zu reduzieren.
3.3 Die Lösung dieser Aufgabe ist jedoch aus D7 nahegelegt, die ebenfalls auf dem Gebiet der Sprachsteuerung angesiedelt ist und möglichst effiziente Bedienansätze basierend auf einer Sprachsteuerung betrifft. Der Fachmann würde D7 daher auch bei der Suche nach Lösungen im Kfz-Bereich heranziehen, die besonders effiziente Bedienkonzepte benötigt, damit der Fahrer möglichst wenig vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird. Insbesondere schlägt D7 vor, eine Sprachsteuerung automatisch ohne weiteren separaten Bedienschritt in Abhängigkeit vom Kontext zu aktivieren (siehe hierzu v.a. den Titel sowie die Absätze [0005], [0007] bis [0012] und [0023] von D7). Dies geschieht vor allem auch mit dem Ziel, den Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren (siehe z.B. letzter Satz von Abschnitt [0012]).
Konkret offenbart D7:
Abschnitt [0008]: "... a method for activating speech recognition in a terminal in which the terminal detects an event, performs a first command in response to the event, and automatically activates speech recognition at the terminal in response to the detection of the event for a speech recognition time period".
Abschnitt [0012]: "... speech recognition is automatically activated in a device, i.e., terminal, when the device is used and the speech recognition is turned off when it is not needed. Since the speech recognition feature is not always on, the resources of the device are not constantly being used".
Abschnitt [0023]: "To conserve power and processor use, the present invention concludes when to activate speech recognition based on actions performed on the primary input and deactivates the speech recognition after a time period has elapsed after the activation. The present invention further determines the context within which the speech recognition is activated".
Dokument D7 beschreibt es zudem als von Vorteil, dass im Rahmen der darin offenbarten automatischen Aktivierung der Spracheingabe ein zusätzlicher, manueller Aktivierungsschritt nicht mehr benötigt wird (siehe Abschnitte [0006] und [0007]).
3.4 Damit verbunden gelangt der Fachmann auf naheliegende Weise zur beanspruchten Lösung gemäß Anspruch 1. Denn auf Grund der automatischen Aktivierung der Sprachsteuerung bei Anwahl des entsprechenden Kontexts, d.h. eines sprachsteuerbaren Menüpunkts, kann der Benutzer davon ausgehen, dass mit der Ausführung des Bedienschritts der Auswahl eines solchen Menüpunkts mit einem entsprechenden Symbol die Sprachsteuerung automatisch aktiviert werden wird.
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ) in Hinblick auf Dokument D4 im Lichte des allgemeinen Fachwissens (siehe Punkt 2) oder auf D4 kombiniert mit D7 (siehe Punkt 3).
Hilfsantrag I
5. Anspruch 1 dieses Antrags weist als weiteres Teilmerkmal auf, dass bei einer Aktivierung der Sprachsteuerung eine Sprachsteuerungseinheit innerhalb des Fahrzeugs gesprochener Sprache erfasst und die erfasste Sprache in Eingabesignale umsetzt.
5.1 Damit wird eine Aktivierung der Spracheingabevorrichtung davon abhängig gemacht, dass auch eine Auswertung der vom Mikrophon aufgenommenen Signale notwendig ist. Damit legt die Kammer den Wortlaut von Anspruch 1 dieses Antrags im Sinne der Interpretation wie unter Punkt 2 oben, insbesondere Punkt 2.6, aus.
5.2 Der beanspruchte Gegenstand ist daher aus den gleichen Gründen durch die Offenbarung von D4 bei deren Interpretation im Lichte des allgemeinen Fachwissens nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag Ia
6. Anspruch 1 dieses Antrags weist gegenüber dem Hauptantrag als weitere Teilmerkmale auf, dass
- gleichzeitig mit der Ausführung des Bedienschritts automatisch eine Sprachsteuerung für die dem Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird und
- bei Schaltflächen, bei denen nach ihrer Betätigung eine Sprachsteuerung möglich ist, ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird.
6.1 Beide Teilmerkmale sind jedoch bereits entweder aus D4 oder D7 bekannt.
6.2 So offenbart D4 die Anzeige von Sprachsteuerungssymbolen, welche Schaltflächen zugeordnet werden, bei denen nach ihrer Betätigung eine Sprachsteuerung möglich ist (vgl. D4, Spalte 1, Zeile 44ff. "Nach der Betätigung des Druckschalters 2 verändert sich der Inhalt des Bildschirms 1 in der Weise, wie sie anhand des dann geänderten Bildschirminhalts 1' dargestellt ist. Neben den bereits ursprünglich vorhandenen Menüpunkten wie Audio, Klima, Navigation, Bordcomputer und Telefon ist nun neben den Menüs, für die eine optische Bedien- bzw. Auswahlmöglichkeit besteht, eine optische Hervorhebung dargestellt. Es kann sich dabei um einen Pfeil 3 oder aber auch, nicht dargestellt, um ein anderes Symbol, einen Farbumschlag oder ein ähnliches Mittel handeln. Der Fahrzeugbenutzer erhält damit nach Betätigen des Druckschalters 2 die Information, dass sich das Menü Navigation und das Menü Telefon gegenüber den Menüs Audio, Klima und Bordcomputer durch eine akustische Eingabe- bzw. Auswahlmöglichkeit unterscheiden.").
6.3 Aus D7 entnimmt der Fachmann, dass die genannten Aktionen wie z.B. ein Tastendruck unmittelbar die Sprachsteuerung aktivieren (vgl. D7, Absatz [0035] "... the user presses the button of the primary input 110 that activates name search... it is assumed that all actions activate the speech recognition ...").
6.4 Der beanspruchte Gegenstand ist daher aus den gleichen Gründen nahegelegt durch die Offenbarung von D4 kombiniert mit D7 wie oben in Punkt 3 dargelegt (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag II
7. Anspruch 1 dieses Antrags weist als weiteres Teilmerkmal gegenüber dem Hilfsantrag I auf, dass vor der Aktivierung der Sprachsteuerung ein den Schaltflächen zugeordnetes Sprachsteuerungssymbol angezeigt wird.
7.1 Dies deckt sich jedoch mit der Interpretation von Anspruch 1 durch die Kammer wie unter Punkt 2 oben erläutert und kann deshalb nicht zur weiteren Abgrenzung gegenüber der Offenbarung von D4 dienen.
7.2 Der beanspruchte Gegenstand ist daher aus den gleichen Gründen durch die Offenbarung von D4 bei deren Interpretation im Lichte des allgemeinen Fachwissens nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag III
8. Anspruch 1 dieses Antrags weist als weiteres Teilmerkmal gegenüber dem Hilfsantrag II auf:
"ohne dass es erforderlich ist, dass der Nutzer für die Sprachsteuerung einen weiteren Bedienschritt vornimmt, indem er eine Push-to-Talk-Taste drückt".
9. Klarheit - Artikel 84 EPÜ
Dieses zusätzliche Teilmerkmal ist negativ formuliert, entgegen den Erfordernissen den beanspruchten Gegenstand mit positiven technischen Merkmalen zu definieren, was aus Sicht der Kammer ohne weiteres möglich ist. Ein Anspruch, der einen solchen Disclaimer enthält, muss die in Artikel 84 EPÜ verankerten Erfordernisse der Klarheit und Knappheit erfüllen. Ein Disclaimer ist nicht zulässig, wenn die erforderliche Beschränkung einfacher durch positive ursprünglich offenbarte Merkmale gemäß Regel 43 (1) Satz 1 EPÜ ausgedrückt werden kann. Aus diesem Grund erfüllt Anspruch 1 nicht das Erfordernis der Klarheit.
9.1 Darüber hinaus steht das weitere Teilmerkmal zumindest teilweise im Widerspruch zum Gegenstand des abhängigen Anspruchs 3, wonach mittels einer Eingabe festgelegt wird, ob durch die Auswahl des nächsten Bedienschritts oder der folgenden Bedienschritte automatisch die Sprachsteuerung für eine dem jeweiligen Bedienschritt folgende Eingabe aktiviert wird. Wie bereits weiter oben erwähnt (vgl. Punkt 2.5 oben), entspricht dies einer globalen Aktivierung der Sprachsteuerung (siehe Seite 7, Zeilen 8 bis 15 der Beschreibung), wie diese in D4 der Druckschalter 2 übernimmt. Da eine solche globale Aktivierung vorgesehen ist, erfüllt zumindest der Unteranspruch 3 nicht das Erfordernis der Klarheit vor dem Hintergrund des mit diesem Antrag zu Anspruch 1 hinzugefügten Teilmerkmals, auf welchen der Unteranspruch 3 rückbezogen ist.
10. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
10.1 Auch die Lehre nach Anspruch 1 benötigt zwangsläufig eine globale Aktivierung der Sprachsteuerung, sei es durch einen entsprechenden Konfigurations- bzw. Menüeintrag oder ein Betätigen des Zündschlüssels. Der Druckschalter 2 in D4, der als Push-to-talk-Schalter bezeichnet ist, übernimmt die Funktion einer globalen Aktivierung. Das hinzugefügte Teilmerkmal kann vor diesem Hintergrund nicht zu einer anderen Interpretation von D4 und somit auch nicht zu einer anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führen.
10.2 Der beanspruchte Gegenstand ist daher aus den gleichen Gründen durch die Offenbarung von D4 bei deren Interpretation im Lichte des allgemeinen Fachwissens nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.