T 0835/12 (Funkgerät/IPCom) of 27.6.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T083512.20170627
Datum der Entscheidung: 27 Juni 2017
Aktenzeichen: T 0835/12
Anmeldenummer: 01105725.4
IPC-Klasse: H04M 1/725
H04Q 7/32
H04M 3/56
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Funkgerät
Name des Anmelders: IPCom GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Interessengemeinschaft für Rundfunkschutzrechte e.V.
Microsoft Mobile Oy
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 1-3 (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1137240 wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags bzw. Hilfsantrags 1 (Artikel 100 (a) in Verbindung mit Artikel 52 (1), 54 (1) und (2) und 56 EPÜ) bzw. wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands der Hilfsanträge 2 bis 4 (Artikel 100 (a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ) zu widerrufen, legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein.

II. Sie beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung im Umfang des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, der dem ersten Hilfsantrag der der Einspruchsabteilung vorgelegten Anträge entspreche, beziehungsweise hilfsweise im Umfang eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3 aufrecht zu erhalten. Ferner wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt, falls dem Hauptantrag nicht stattgegeben werden könne.

III. Folgende, schon im Einspruchsverfahren relevante Druckschriften werden in dieser Entscheidung berücksichtigt:

E6: "Code-Name Bluetooth", Funkschau, Heft 23/1998, Seiten 80-81; und

E14: US 5 367 558 A.

IV. Die Einsprechende O1 (Beschwerdegegnerin I) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

V. Die Einsprechende O2 (Beschwerdegegnerin II) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

VI. Die Kammer hat zu einer mündlichen Verhandlung geladen und in einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK zum Sachverhalt vorläufig Stellung genommen.

VII. In weiteren Eingaben haben die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin II ihre Anträge bestätigt und weitere Ausführungen dazu gemacht. Die Beschwerdegegnerin I hat mitgeteilt, dass sie nicht an der anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen würde.

VIII. In der mündlichen Verhandlung bestätigten die anwesenden Parteien ihre zuvor gestellten Anträge:

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, und hilfsweise, auf der Grundlage der Ansprüche eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 - 3.

Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende 02) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Der Vorsitzende stellte fest, dass die nicht anwesende Beschwerdegegnerin I (Einsprechende 01) schriftlich die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat.

Nach Beratung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

IX. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Funkgerät (10) mit einer ersten Funkschnittstelle (13) und mit einer zweiten Funkschnittstelle (14), wobei vom ersten Teilnehmer (10) eine erste Kommunikationsverbindung (3) über die erste Funkschnittstelle (13) mit einem zweiten Teilnehmer (30) aufbaubar ist, dadurch gekennzeichnet, dass während des Betriebs der ersten Kommunikationsverbindung (3) über die zweite Funkschnittstelle (14) eine zweite Kommunikationsverbindung (4) mit einem dritten Teilnehmer (40) aufbaubar ist, wobei der dritte Teilnehmer (40) an der ersten Kommunikationsverbindung teilnimmt und

dass über die erste Kommunikationsverbindung übertragene Daten sowohl von allen Teilnehmern empfangbar als auch von allen Teilnehmern veränderbar sind."

Das Funkgerät gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist ein Mobiltelefon oder ein Schnurlostelefon und weist zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags die folgenden Merkmale auf:

"wobei die erste Funkschnittstelle (13) der Kommunikation mit einem Mobilfunknetz gemäß einem Standard zur Funkkommunikation dient,

wobei die erste Funkschnittstelle (13) der Kommunikation gemäß dem GSM und/oder UMTS-Standard dient, und

die zweite Funkschnittstelle (14) der Kommunikation gemäß dem Bluetooth-Standard dient,

wobei das Funkgerät (10) umfasst:

eine erste Antenne (11), die mit einer ersten Sende-/Empfangseinheit (15) verbunden ist, wobei die erste Antenne (11) und die erste Sende-/Empfangseinheit (15) zusammen die erste Funkschnittstelle (13) bilden;

eine zweite Antenne (12) und eine zweite Sende-/Empfangseinheit (16), wobei die zweite Antenne (12) und die zweite Sende-/Empfangseinheit (16) zusammen die zweite Funkschnittstelle (14) bilden;

eine Steuerungseinheit (17), die sowohl mit der ersten Sende-Empfangseinheit (15) als auch mit der zweiten Sende-/Empfangseinheit (16) verbunden ist;

wobei die Steuerungseinheit (17) den Datenfluss zwischen Komponenten des Funkgerätes (10) und den Funkschnittstellen (13, 14) und auch den Datenfluss von der ersten Funkschnittstelle (13) zur zweiten Funkschnittstelle (14) und umgekehrt steuert".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt:

"Funkgerät (10) mit einer ersten Funkschnittstelle (13) und mit einer zweiten Funkschnittstelle (14), wobei vom ersten Teilnehmer (10) eine erste Kommunikationsverbindung (3) über die erste Funkschnittstelle (13) mit einem zweiten Teilnehmer (30) aufbaubar ist, wobei während des Betriebs der ersten Kommunikationsverbindung (3) über die zweite Funkschnittstelle (14) eine zweite Kommunikationsverbindung (4) mit einem dritten Teilnehmer (40) aufbaubar ist,

wobei über die erste Kommunikationsverbindung übertragene Daten sowohl von allen Teilnehmern empfangbar als auch von allen Teilnehmern veränderbar sind,

wobei der dritte Teilnehmer (40) an der ersten Kommunikationsverbindung teilnimmt und aktiv in die bestehende erste Kommunikationsverbindung (3) eingebunden wird, und

wobei die erste Kommunikationsverbindung (3) und die zweite Kommunikationsverbindung (4) zur Übertragung von Sprachdaten und Bilddaten dienen."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 fasst die Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 und des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 zusammen.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag: Neuheit (Artikel 52 (1) EPÜ und 54 EPÜ 1973)

1.1 In E14 ist ein Funkgerät (Bezugszeichen 10 in der Figur 1 und 100 in der Figur 2) mit einer ersten Funkschnittstelle (120 in Figur 2) und mit einer zweiten Funkschnittstelle (110 in Figur 2) offenbart, wobei vom ersten Teilnehmer, der nach Verständnis der Kammer mit dem Funkgerät identisch sein kann (siehe auch Spalte 2, Zeilen 42-46 des Streitpatents), eine erste Kommunikationsverbindung über die erste Funkschnittstelle mit einem zweiten Teilnehmer ("cellular base station" 190 mit Antennen 192 und 194, siehe Figur 1) aufbaubar ist. Gemäß dem in Figur 7 dargestellten Ausführungsbeispiel, das sich auf ein "three-way linking" bezieht (siehe Spalte 6, Zeile 51 bis Spalte 7, Zeile 17 und Bezugszeichen 614 und 616 in Figur 7), wird während des Betriebs der ersten Kommunikationsverbindung (Bezugszeichen 602 in Figur 7) über die zweite Funkschnittstelle eine zweite Kommunikationsverbindung mit einem dritten Teilnehmer ("cordless base station" 180 oder "community cordless base station" 188 mit Antennen 182 bzw. 189, siehe Figur 1) aufgebaut. Figur 9 zeigt einen in dem bekannten Funkgerät zur Anwendung kommenden Audioschalter, der im "three-way linking"-Modus so geschaltet ist, dass das Mikrophon 164 des ersten Teilnehmers zu den Audioschaltkreisen (116 und 126) für den zweiten und dritten Teilnehmer durchgeschaltet ist und auch der Lautsprecher 162 des ersten Teilnehmers zu den Audioschaltkreisen zum Hören des zweiten und des dritten Teilnehmers durchgeschaltet ist.

Da die erste Kommunikationsverbindung den ersten mit dem zweiten Teilnehmer über die erste Funkschnittstelle zum Zwecke einer Kommunikation verbindet, nimmt der dritte Teilnehmer an der ersten Kommunikations­verbindung zumindest insoweit teil, als er die von dem ersten Teilnehmer über das Mikrophon 164 an den zweiten Teilnehmer gerichteten Sprachdaten empfängt. Somit sind die über die erste Kommunikationsverbindung übertragenen Daten von allen Teilnehmern empfangbar. Außerdem nimmt der dritte Teilnehmer an der ersten Kommunikationsverbindung insoweit teil, als seine Sprachdaten in der ersten Kommunikationsverbindung durch den Summier-Verstärker 159, der mit dem Lautsprecher 162 verbunden ist, zu den Sprachdaten des zweiten Teilnehmers summiert werden (siehe Figur 9).

Die Kammer versteht das Merkmal, dass über die erste Kommunikationsverbindung übertragene Daten von allen Teilnehmern veränderbar sind, nicht als ein Merkmal, das eine Eigenschaft des beanspruchten Funkgeräts angibt, da die Veränderbarkeit übertragener Daten durch alle Teilnehmer bei den Teilnehmern selbst vor Ort stattfinden kann. Dies ist aber ohne Weiteres auch in E14 gegeben, da über die erste Kommunikationsverbindung übertragene Daten, wie gezeigt, von allen Teilnehmern empfangbar sind.

1.2 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments E14 (Artikel 52 (1) EPÜ und 54 EPÜ 1973).

1.3 Die Beschwerdeführerin hat dazu Folgendes vorgebracht:

Das beanspruchte Funkgerät gestatte im Gegensatz zu dem aus E14 bekannten Funkgerät eine echte Konferenzschaltung, bei der jeder mit jedem Daten austauschen könne. Dies ergebe sich aus der Annahme, dass der Begriff "übertragene Daten" als "zu übertragende Daten" zu verstehen sei, so dass die Veränderung dieser Daten im Funkgerät selbst und nicht erst bei den Teilnehmern erfolgen würde. Dies wurde unter Hinweis auf die Beschreibung des Streitpatents (u.a. Absatz [0015]) begründet.

Die Kammer kann dieses Argument nicht akzeptieren, denn der Anspruch 1 und insbesondere der Begriff "übertragene Daten" sind ausreichend klar und lassen keinen Spielraum für die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Interpretation zu, so dass ein Rückgriff auf die Beschreibung zur Interpretation des Anspruchs nicht erforderlich ist. Eine "echte Konferenzschaltung" ist demzufolge durch die Definition des Funkgeräts gemäß Anspruch 1 nicht zwingend vorhanden.

Ferner wurde argumentiert, dass das aus E14 bekannte Funkgerät ein Analoggerät sei, das somit keine Daten im Sinne von digitalen Daten übertragen könne.

Auch dieses Argument kann die Kammer nicht akzeptieren, da der Gegenstand des Anspruchs 1 in keiner Weise auf ein digitales Funkgerät beschränkt ist. Insbesondere umfasst der Begriff "Daten" nach allgemeinem Verständnis analoge und digitale Daten.

Schließlich wurde vorgebracht, dass die Basisstationen 180 und 188 keine dritten Teilnehmer im Sinne des Anspruches seien und insbesondere keine Daten verändern könnten.

Auch dieses Argument akzeptiert die Kammer nicht, denn der vorliegende Anspruch legt lediglich fest, dass die zweite Kommunikationsverbindung zwischen dem dritten Teilnehmer und dem ersten Teilnehmer aufbaubar ist und dass der dritte Teilnehmer an der ersten Kommunikationsverbindung teilnimmt, wobei er über diese Kommunikationsverbindung übertragene Daten empfangen und verändern kann. Das ist aber, wie schon oben ausgeführt, auch in E14 der Fall. Insbesondere wird eine Veränderung von Daten in Basisstationen regelmäßig vorgenommen, um, wie in E14, das Signal zur Weiterleitung über ein Telefonsystem (TELCO) 184 zum kabelgebundenen Telefonnetz aufzubereiten (Spalte 2, Zeilen 17-25).

1.4 Somit ist der Hauptantrag nicht gewährbar (Artikel 52 (1) EPÜ und 54 EPÜ 1973).

2. Hilfsantrag 1: erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ und 56 EPÜ 1973)

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 weist im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags folgende weitere Merkmale auf:

"wobei die erste Funkschnittstelle (13) der Kommunikation mit einem Mobilfunknetz gemäß einem Standard zur Funkkommunikation dient,

wobei die erste Funkschnittstelle (13) der Kommunikation gemäß dem GSM und/oder UMTS-Standard dient, und

die zweite Funkschnittstelle (14) der Kommunikation gemäß dem Bluetooth-Standard dient,

wobei das Funkgerät (10) umfasst:

eine erste Antenne (11), die mit einer ersten Sende-/Empfangseinheit (15) verbunden ist, wobei die erste Antenne (11) und die erste Sende-/Empfangseinheit (15) zusammen die erste Funkschnittstelle (13) bilden;

eine zweite Antenne (12) und eine zweite Sende-/Empfangseinheit (16), wobei die zweite Antenne (12) und die zweite Sende-/Empfangseinheit (16) zusammen die zweite Funkschnittstelle (14) bilden;

eine Steuerungseinheit (17), die sowohl mit der ersten Sende-Empfangseinheit (15) als auch mit der zweiten Sende-/Empfangseinheit (16) verbunden ist;

wobei die Steuerungseinheit (17) den Datenfluss zwischen Komponenten des Funkgerätes (10) und den Funkschnittstellen (13, 14) und auch den Datenfluss von der ersten Funkschnittstelle (13) zur zweiten Funkschnittstelle (14) und umgekehrt steuert".

Außerdem ist das Funkgerät 10 ein Mobiltelefon oder ein Schnurlostelefon.

2.2 Von diesen weiteren Merkmalen sind die die Funkschnittstelle betreffenden Merkmale und die Ausbildung des Funkgeräts als Mobiltelefon oder Schnurlostelefon ohne Weiteres aus E14 bekannt. Dies wurde auch nicht weiter bestritten.

Ebenfalls aus E14 bekannt ist eine Steuerungseinheit in der Form des in Figur 2 gezeigten Mikrocomputers 130 in Verbindung mit dem Audioschalter 150, der in der Figur 9 im Detail gezeigt ist und der, wie in Figur 2 zu sehen ist, sowohl mit einer ersten Sende-/Empfangseinheit 120 als auch mit einer zweiten Sende-/Empfangseinheit 110 verbunden ist.

Diese Steuerungseinheit steuert, wie in Figur 2 zu sehen ist, den Datenfluss zwischen Komponenten des Funkgerätes, wie zum Beispiel zwischen dem Audioschalter 150 und den jeweiligen Funkschnittstellen, die die erste Sende-/Empfangseinheit 120 bzw. die zweite Sende-/Empfangseinheit 110 umfassen (vgl. auch Spalte 3, Zeile 41 bis Spalte 4, Zeile 2).

2.3 Nicht aus E14 bekannt sind die Merkmale, dass die erste Funkschnittstelle der Kommunikation gemäß dem GSM und/oder UMTS-Standard dient, dass die zweite Funkschnittstelle der Kommunikation gemäß dem Bluetooth-Standard dient und dass die Steuerungseinheit den Datenfluss von der ersten Funkschnittstelle zur zweiten Funkschnittstelle und umgekehrt steuert.

Das aus E14 bekannte Funkgerät weist in seiner bevorzugten Ausführungsform (Spalte 2, Zeilen 29-49) allem Anschein nach analoge Funkschnittstellen auf, die keinem der beanspruchten Standards dienen. Eine Steuerung des Datenflusses zwischen den beiden Funkschnittstellen durch die Steuerungseinheit ist ebenfalls nicht erkennbar.

2.4 Diese nicht aus E14 bekannten Merkmale lösen für den von E14 ausgehenden Fachmann zwei unterschiedliche Aufgaben, nämlich das aus E14 bekannte Funkgerät mit alternativen Funkschnittstellen zu den dort als bevorzugt angegebenen auszustatten und, davon unabhängig, eine direkte Kommunikation zwischen dem zweiten und dritten Teilnehmer zu ermöglichen. Eine Verbindung dieser beiden Aufgaben und ein möglicher Synergieeffekt der beanspruchten Lösungen ist nicht gegeben, da die beanspruchte Steuerung des Datenflusses unabhängig von dem bzw. den für die Funkschnittstellen vorgesehenen Standard bzw. Standards ist. Des Weiteren trägt die Formulierung dieser beiden Aufgaben nicht zur erfinderischen Tätigkeit bei. Die Aufgabe, eine alternative Implementierung zu bestehenden Komponenten zu finden, gehört zum üblichen fachmännischen Handeln. Der Umstand, dass sich bei der Verwendung des Systems im aus E14 bekannten "three-way"-Modus der zweite und der dritte Teilnehmer nicht hören können, ist in der Praxis ein für den Fachmann offensichtlicher Nachteil.

2.5 Zum Lösen der ersten Aufgabe würde der Fachmann ohne Weiteres für die dem zellulären Teil der Verbindung dienende Funkschnittstelle eine Funkschnittstelle, die dem GSM-Standard dient, vorsehen, da dieser Standard zum relevanten Zeitpunkt, nämlich dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents (18. März 2000), zu den am weitesten verbreiteten Kommunikationsstandards gehörte. Für die dem schnurlosen Teil der Verbindung dienende Funkschnittstelle mag der Fachmann zwar in erster Linie den für schnurlose Verbindungen der in E14 vorgeschlagenen Art ebenfalls weit verbreiteten DECT-Standard vorgesehen haben. Jedoch war es auch bekannt, Basisstationen alternativ über den Bluetooth-Standard mit Mobiltelefonen zu verbinden (E6, rechte Spalte, die letzten beiden vollständigen Absätze), so dass der Fachmann auch diese Möglichkeit als Alternative ohne Weiteres zur Ausgestaltung dieser Funkschnittstelle in Betracht gezogen hätte. Der Umstand, dass die in E14 gezeigten, bevorzugten Ausführungsbeispiele analoge Funkschnittstellen verwenden, stellt für den von E14 ausgehenden Fachmann kein Hindernis da, denn die in Figur 2 gezeigte allgemeine Struktur erlaubt ohne Weiteres eine digitale Implementierung der Funkschnittstellen. Auch die in Figur 9 gezeigte analoge Ausführung des Audioschalters 150 ändert daran nichts, da der Fachmann bei Verwendung digitaler Funkschnittstellen die in Figur 2 gezeigte "audio circuitry" 116 und 126 ohne Weiteres mit einem D/A-Wandler ausstatten würde.

2.6 Bezüglich der zweiten Aufgabe war es, wie oben erwähnt, für den von dem "three-way-linking"-Modus der E14 ausgehenden Fachmann naheliegend, um neben der gleichzeitigen Sprech- und Hörmöglichkeit zwischen dem ersten Teilnehmer auf der einen und dem zweiten und dritten Teilnehmer auf der anderen Seite auch eine direkte Verbindung zwischen dem zweiten und dritten Teilnehmer zu ermöglichen und so ein Gespräch zu ermöglichen, bei dem nicht immer nur mittels des ersten Teilnehmers kommuniziert werden kann. Dazu sei angemerkt, dass das Konzept einer Konferenzschaltung zum Prioritätszeitpunkt zum allgemeinen Fachwissen gehörte. Die technische Lösung dieser Aufgabe ist für den von E14 ausgehenden Fachmann trivial, da in dem Audioschalter der Figur 9 dazu lediglich entsprechende Verbindungen zwischen A1 und B2 auf der einen und zwischen A2 und B1 auf der anderen Seite vorzusehen sind.

2.7 Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen dahingehend, dass die Ausführung der zweiten Funkschnittstelle gemäß des Bluetooth-Standards die Aufgabe löse, dass der dritte Teilnehmer ohne weitere Infrastruktur und Gesprächskosten mit dem ersten und zweiten Teilnehmer in Verbindung treten könne.

Die Kammer akzeptiert eine solche Aufgabenstellung nicht, da sie eine bestimmte Ausführung des dritten Teilnehmers voraussetzt, die nicht Teil des Anspruchs ist. In der Tat umfasst der Anspruch auch die Möglichkeit, dass der dritte Teilnehmer eine über den Bluetooth-Standard mit dem ersten Teilnehmer verbundene Basisstation oder ein mit einer solchen Basisstation über Kabel verbundener Teilnehmer ist. Für diesen Fall wird die von der Beschwerdeführerin angegebene Aufgabe nicht gelöst.

2.8 Folglich beruht der beanspruchte Gegenstand für den von E14 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung der Lehre der E6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ und 56 EPÜ 1973). Der Hilfsantrag 1 ist daher nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag 2: erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ und 56 EPÜ 1973)

3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 (siehe Punkt IX oben) umfasst im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags die zusätzlichen Merkmale, dass

"der dritte Teilnehmer aktiv in die bestehende erste Kommunikationsverbindung eingebunden wird, und

die erste Kommunikationsverbindung und die zweite Kommunikationsverbindung zur Übertragung von Sprachdaten und Bilddaten dienen".

3.2 Das erste dieser beiden Merkmale ist schon aus E14 bekannt, da, wie in Figur 9 gezeigt, Audiosignale A2, die vom dritten Teilnehmer kommen, mit Audiosignalen A1, die vom zweiten Teilnehmer kommen und die somit über die erste Kommunikationsverbindung übertragen werden, diesen im Verstärker 159 überlagert werden. Somit wird der dritte Teilnehmer in die bestehende erste Kommunikationsverbindung eingebunden. Er wird auch aktiv darin eingebunden, da die von ihm erzeugten Audiosignale selbstbestimmt, also aktiv, erzeugt werden.

3.3 Das zweite dieser beiden Merkmale löst die Aufgabe, das aus E14 bekannte Funkgerät in seinen technischen Möglichkeiten zu erweitern.

3.4 Diese Aufgabe wird jedoch als Nebenprodukt schon gelöst, wenn der Fachmann das aus E14 bekannte Funkgerät mit alternativen Funkschnittstellen zu den dort als bevorzugt angegebenen ausstattet, und zwar mit den schon zuvor (Punkt 2.5) als naheliegend erachteten Funkschnittstellen gemäß dem GSM- bzw. dem Bluetooth-Standard. Diese beiden Standards ermöglichen, wie allgemein bekannt, die Übertragung von Sprach- und Bilddaten.

3.5 Somit ergibt sich der beanspruchte Gegenstand für den von E14 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung der Lehre der E6 als ein Nebeneffekt durch die naheliegende Ausführung der Funkschnittstellen gemäß dem GSM- bzw. Bluetooth-Standard.

3.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ und 56 EPÜ 1973). Der Hilfsantrag 2 ist somit nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag 3: erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ und 56 EPÜ 1973)

4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 fasst die Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 und des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 zusammen.

4.2 Somit bestehen im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 folgende weitere Unterschiede zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 und der Offenbarung gemäß E14 (siehe Punkte 2.3 oben), dass nämlich die erste Funkschnittstelle der Kommunikation gemäß dem GSM und/oder UMTS-Standard dient, die zweite Funkschnittstelle der Kommunikation gemäß dem Bluetooth-Standard dient und die Steuerungseinheit den Datenfluss von der ersten Funkschnittstelle zur zweiten Funkschnittstelle und umgekehrt steuert.

4.3 Die Kammer hat schon oben unter den Punkten 2.5 und 3.4 berücksichtigt, dass der von E14 ausgehende Fachmann unter Berücksichtigung der Lehre der E6 in naheliegender Weise die ersten und zweiten Funkschnittstellen gemäß dem GSM bzw. dem Bluetooth-Standard ausbilden würde und dann als Nebeneffekt die Übertragung von Sprachdaten und Bilddaten über die erste und zweite Kommunikationsverbindung erhalten würde.

Die Steuerung des Datenflusses durch die Steuerungseinheit von der ersten Funkschnittstelle zur zweiten Funkschnittstelle und umgekehrt ist ein davon unabhängiges Merkmal und löst auch eine unabhängige Aufgabe (siehe Punkt 2.4 oben). Aus den unter Punkt 2.6 ausgeführten Gründen begründet auch dieses Merkmal keine erfinderische Tätigkeit.

4.4 Aus den oben genannten Gründen beruht somit auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 für den von E14 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung der Lehre von E6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) EPÜ und 56 EPÜ 1973). Somit ist der Hilfsantrag 3 nicht gewährbar.

5. Da keiner der Anträge gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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