European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T073512.20160608 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 Juni 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0735/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06700025.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61M 5/315 A61M 5/24 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERABREICHUNGSVORRICHTUNG MIT ANZEIGETROMMEL | ||||||||
Name des Anmelders: | TecPharma Licensing AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1. Haselmeier GmbH 2. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH |
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Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Zulässigkeit der Beschwerde (ja) Änderungen - geänderte Ansprüche mit Bezug auf nicht recherchierte Gegenstände Zwischenverallgemeinerung - Hauptantrag(ja), Hilfsantrag (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hilfsantrag (ja) Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag (ja) Neuheit - Hauptantrag (nein) Neuheit - Hilfsantrag (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja) Angemessene Würdigung des Standes der Technik (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 31. Januar 2012 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass das europäische Patent Nr. 1855741 in geänderter Fassung den Erfordernissen des EPÜ genügt.
II. Die Patentinhaberin legte hiergegen am 2. April 2012 Beschwerde ein und entrichtete am selben Tag die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 8. Juni 2012 eingereicht.
Die Einsprechende 1 legte am 5. April 2012 ebenfalls Beschwerde ein und entrichtete am selben Tag die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 9. Juni 2012 eingereicht.
Weiterhin legte die Einsprechende 2 am 29. März 2012 Beschwerde ein und entrichtete am selben Tag die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 24. Mai 2012 eingereicht.
III. Mit Bescheid vom 22. Januar 2016 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit.
IV. Am 8. Juni 2016 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Parteien die folgenden abschliessenden Anträge stellten:
Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, oder, hilfsweise, gemäß der während der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016 eingereichten Ansprüche 1 bis 20 (eingereicht als Hilfsantrag I vom 8. Juni 2016), der geänderten Spalten 1 bis 13 und Absätze [0006a], [0006b] und [0006c] der Beschreibung sowie der Figuren 1 bis 5 des erteilten Patents.
Die Beschwerdeführerinnen II und III (Einsprechenden 1 und 2) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 855 741.
V. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Verabreichungsvorrichtung mit Anzeigetrommel, umfassend:
a) ein Gehäuse (1, 2) mit einer Aufnahme für ein zu verabreichendes Produkt,
b) ein erstes Förderglied (11), das für die Förderung des Produkts relativ zu dem Gehäuse (1, 2) in eine Förderrichtung (V) bewegbar ist,
c) ein zweites Förderglied (12), das in einem ersten Gewindeeingriff mit dem ersten Förderglied (11) relativ zu dem Gehäuse (1, 2) in und gegen die Förderrichtung (V), relativ zu dem Gehäuse (1, 2) und dem ersten Förderglied (11) rotatorisch und relativ zu dem ersten Förderglied (11) gegen die Förderrichtung (V) translatorisch bewegbar ist,
d) eine Dosiereinrichtung, mittels der eine Produktdosis einstellbar ist und die für die Anzeige der Produktdosis die Anzeigetrommel (17) umfasst, die in einem zweiten Gewindeeingriff relativ zu dem Gehäuse (1, 2) rotatorisch und in und gegen die Förderrichtung (V) translatorisch bewegbar ist,
e) und eine Kupplung (20-22), die das zweite Förderglied (12) und die Anzeigetrommel (17) in einem Kupplungseingriff verdrehgesichert miteinander verbindet, wobei die Kupplung (20-22) ein erstes Kupplungsglied (21), ein zweites Kupplungsglied (22) und eine das zweite Kupp1unsglied (22) in den Kupplungseingriff mit dem ersten Kupplungsglied (21) spannende Feder umfasst, wobei der Kupplungseingriff durch Betätigung eines Betätigungselements (30) lösbar ist,
f) wobei die Gewindesteigung des zweiten Gewindeeingriffs größer ist als die Gewindesteigung des ersten Gewindeeingriffs,
g) wobei das Betätigungselement (30) einen Verbindungsabschnitt aufweist, mit dem es mit dem zweiten Kupplungsglied (22) verbunden ist, wobei der Verbindungsabschnitt in dem zweiten Kupplungsglied (22) verankert ist, so dass das zweite Kupplungsglied (22) und das Betätigungselement (30) in und gegen die Förderrichtung (V) relativ zueinander nicht beweglich sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
h) eine Kontaktfläche (31) des Betätigungselements (30) um den Verbindungsabschnitt des Betätigungselements (30) zentral als in die distale Richtung aufragende, erhabene Fläche gebildet ist und
i) zur Bildung einer Kontaktgegenfläche in das erste Kupplungsglied (21) komplementär zur Kontaktfläche (31) ein Kontaktelement (32) eingesetzt ist."
Anspruch 1 gemäss Hilfsantrag I entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags, wobei der Ausdruck "dadurch gekennzeichnet, dass" gestrichen wurde und in Merkmalsgruppe b) zusätzlich spezifiziert ist, dass das erste Förderglied ... in eine Förderrichtung (V) "entlang einer Förderachse (L)" bewegbar ist und Merkmal g) folgendermassen umformuliert ist:
" g) wobei das Betätigungselement (30) einen Verbindungsabschnitt aufweist, mit dem es mit dem zweiten Kupplungsglied (22) verbunden ist, wobei der Verbindungsabschnitt durch einen Boden des ersten Kupplungslieds (21) in das Innere der Dosiereinrichtung ragt und in dem zweiten Kupplungsglieds (22) verankert ist, so dass das zweite Kupplungsglied (22) und das Betätigungselement (30) in und gegen die Förderrichtung (V) relativ zueinander nicht beweglich sind, wobei das Betätigungselement (30) relativ zu dem ersten Kupplungsglied (21) um die Förderachse (L) drehbar ist, und wobei".
VI. Von den zitierten Dokumenten sind die folgenden für diese Entscheidung von Bedeutung:
D1: WO-A-2005/046770
D6: WO-A-99/38554
D10: US-A-5 626 566
D13: US-A-2002/0052578.
VII. Die von der Patentinhaberin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Bezüglich der Zulässigkeit ihrer Beschwerde trug die Patentinhaberin im Wesentlichen die Argumente vor, auf die sich die unten aufgeführten Entscheidungsgründe stützen.
Das angeblich in Anspruch 1 des Hauptantrags nicht aufgenommene Merkmal, wonach das Betätigungselement relativ zu dem ersten Kupplungsglied um die Förderachse drehbar ist, sei in der Merkmalsgruppe e) bereits enthalten. Dort werde nämlich eine Kupplung definiert, die das zweite Förderglied und die Anzeigetrommel in einem Kupplungseingriff verdrehgesichert miteinander verbindet [...], wobei der Kupplungseingriff durch Betätigung eines Betätigungselements lösbar ist. Damit sei es eine logische Folgerung, dass die verdrehsichere Verbindung zwischen Förderglied und Anzeigetrommel bei Betätigung gelöst ist. Ferner sei ein erstes Kupplungsglied und eine das zweite Kupplungsglied in den Kupplungseingriff mit dem ersten Kupplungsglied spannende Feder definiert, wodurch klar sei, dass bei unbetätigter Kupplung eine drehfeste Verbindung zwischen erstem und zweitem Kupplungsglied herrscht, wobei diese drehfeste Verbindung gelöst ist, wenn der Kupplungseingriff gelöst ist. Würde man entgegen der gesamten Lehre des Patents unterstellen, die drehfeste Verbindung bestünde auch bei betätigter Vorrichtung, bräuchte die Vorrichtung keine Kupplung. Aus diesen logischen Gesichtspunkten ergebe sich, unabhängig davon, ob das Betätigungselement 30 drehbar oder drehfest mit dem zweiten Kupplungsglied 22 verbunden ist (Seite 12, Absatz 2 der Beschreibung), dass das erste Kupplungsglied 21 oder/und die Anzeigetrommel 17 bei der Produktausschüttung relativ zu dem Betätigungselement 30 drehbar ist. Wenn die Kupplung gelöst ist, seien das erste Kupplungglied und das Betätigungselement relativ zueinander drehbar. Diese Drehbarkeit sei ausschliesslich vom Schaltzustand der Kupplung abhängig. Es sei egal, ob der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements drehbar oder drehfest in dem zweiten Kupplungsglied verankert ist (Seite 12, vorletzte und letzte Zeile). Die Textstelle in Zeile 3 bis 4 auf Seite 13 sei mehrdeutig, da nicht angegeben sei, ob die dort gegebene Lehre bei geöffneter oder geschlossener Kupplung zuträfe. Wenn das Betätigungse1emt bei geschlossener Kupplung relativ zu dem ersten Kupplungsglied drehbar wäre, dann müsste das Betätigungse1ement zwingend drehbar in dem zweiten Kupplungsglied verankert sein. Dieser Auslegung widerspräche aber die Lehre auf Seite 12, letzte und vorletzte Zeile, wonach ausdrücklich offenbart ist, dass das Betätigungselement und das zweite Kupplungsglied auch verdrehgesichert miteinander verbunden sein können, weil dann das Betätigungselement nicht relativ zu dem ersten Kupplungsglied drehbar sein könne.
Es sei weiterhin technisch unerheblich, dass der Verbindungsabschnitt durch den Boden des ersten Kupplungsglieds in das Innere des Dosierglieds hineinragt, da für den Fachmann ausdrücklich die axialfeste Verbindung zwischen Betätigungselement und dem zweiten Kupplungsglied technisch und an der Lehre des Patents orientiert im Vordergrund stehe (letzter Absatz von Seite 4 der Beschreibung). Die Verbindung zwischen Betätigungselement und zweitem Kupplungsglied diene lediglich dazu, die Betätigungsbewegung des Betätigungselements auf das zweite Kupplungsglied zu übertragen, wobei für den Fachmann klar und im Übrigen auch in der Merkmalsgruppe e) definiert sei, dass die Betätigung des Betätigungselements ein Lösen des Kupplungseingriffs bewirke. Für die zu erzielende Wirkung einer axialfesten Verbindung zwischen zweitem Kupplungsglied und Betätigungselement sei es lediglich notwendig, dass das Betätigungselement in und gegen eine Richtung, in die das betreffende Kupplungsglied aus dem Kupplungseingriff bewegt wird, nicht beweglich mit dem betreffenden Kupplungsglied verbunden ist. Offensichtlich liefere von der Offenbarung Seite 12, letzter Absatz lediglich die Verankerung des Verbindungsabschnitts in dem zweiten Kupplungsglied einen wesentlichen Beitrag zu der axialfesten Verbindung, nicht jedoch die übrigen dort genannten Merkmale.
Es sei daher zur Erfüllung der Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ nicht notwendig, die Merkmale, wonach das Betätigungselement relativ zu dem ersten Kupplungsglied um die Förderachse drehbar ist und der Verbindungsabschnitt durch den Boden des ersten Kupplungsglieds in das Innere des Dosierglieds hineinragt, in den Anspruch 1 des Hauptantrags aufzunehmen.
Die bezüglich der Gewährbarkeit des Hilfsantrags I vorgebrachten Argumente sind im Wesentlichen diejenigen, auf die sich die unten aufgeführten Entscheidungsgründe stützen.
VIII. Die von der Einsprechenden 1 vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Mit ihrem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent unverändert aufrechtzuerhalten, habe die Patentinhaberin unmissverständlich und eindeutig die Aufrechterhaltung im Umfang der Zwischenentscheidung (also dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 2) beantragt. Für diesen Antrag fehle der Patentinhaberin jedoch die Beschwer, weshalb ihre Beschwerde unzulässig sei. Insbesondere sei eine Beschwerde unzulässig, wenn der Beschwerdeführer versuche, nicht die Entscheidung, sondern nur ihre Begründung zu ändern.
Die zur Frage der Neuheit im Hinblick auf den Hauptantrag vorgebrachten Argumente sind im Wesentlichen diejenigen, auf die sich die unten aufgeführten Entscheidungsgründe stützen.
Die in den Anspruch 1 gemäss Hilfsantrag I aufgenommenen Merkmalsgruppen g), h) und i) stellten eine unerlaubte Zwischenverallgemeinerung der Lehre des Streitpatents und insbesondere der von der Patentinhaberin genannten Fundstellen in der Beschreibung dar. Im ersten und zweiten Absatz von Seite 11 sei erwähnt, dass das Dosierglied und die Anzeigetrommel jeweils Hülsenabschnitte eines Hülsenkörpers bildeten und dass das erste Kupplungsglied topfförmig mit einem Boden am proximalen Ende und einer vom Boden umlaufend in die distale Richtung aufragenden Wand geformt sei. Im zweiten Absatz von Seite 12 sei ausserdem erwähnt, dass das Betätigungselement einen tellerförmigen Abschluss der Vorrichtung bilde, wovon in Förderrichtung ein stiftförmiger Verbindungsabschnitt in das Innere des Dosiergliedes hineinrage und dort in einem Bodenabschnitt des ebenfalls topfförmigen zweiten Kupplungsglieds verankert sei. Die auf Seite 11 genannten Merkmale seien untrennbar mit denen der Merkmalsgruppen g), h) und i) verknüpft und strukturell erforderlich, um die Funktions- und Montagefähigkeit der Vorrichtung herzustellen. Die stiftförmige Ausbildung des Verbindungsabschnitts sei erforderlich, da das erste Kupplungsglied 21 ansonsten nicht am proximalen Ende abschließen könne. Da der Verbindungsabschnitt stiftförmig sei, müsse auch ein tellerförmiger Abschluss vorhanden sein, um eine Bedienung zu ermöglichen. Das genannte Dosierglied sei überhaupt nicht in den Anspruch aufgenommen worden. Weiterhin sei zur Realisierung des in Figur 5 gezeigten Leerhubs LH eine Ausgleichseinrichtung erforderlich. Aufgrund dieser Zwischenverallgemeinerungen verstosse der Anspruch gegen Artikel 123(2) EPÜ.
Das Merkmal "um den Verbindungsabschnitt des Betätigungselements (30) zentral" in Merkmalsgruppe h) sei in sich widersprüchlich. Zudem sei auch der Begriff "zentral" selbst mehrdeutig, da er sich auf die axiale Erstreckung und/oder auf die radiale Erstreckung des Betätigungselements beziehen könne. Der Begriff "erhabene Fläche" sei ein relativer Begriff, der nach üblichem Sprachgebrauch einen Bezug erfordere, nämlich gegenüber was die Fläche erhaben sein soll, was im Anspruchswortlaut fehle. Eine Kontaktgegenfläche, die gemäss Merkmalsgruppe i) "komplementär" zur Kontaktfläche 31 sein soll, wäre nach gängiger Definition eine in die distale Richtung zurückgesetzte, vertiefte Fläche, was nicht den Ausführungsbeispielen des Streitpatents entspreche. Der Anspruch sei aus diesen Gründen unklar.
Die Merkmalsgruppe h) sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements 30 befinde sich auf der Achse des Geräts und damit für den Fachmann an zentraler Stelle. Die Kontaktfläche 31 befinde sich um den Verbindungsabschnitt (herum) und damit nicht zentral, sondern dezentral bzw. peripher, was einen logischen Widerspruch darstelle. Das Ausführungsbeispiel aus Figur 5 fiele nicht unter den Anspruchswortlaut, weil die Kontaktfläche dort nicht zentral angeordnet ist. Es sei für die Frage der Ausführbarkeit nicht massgeblich, ob dieses Ausführungsbeispiel funktioniert und nacharbeitbar ist. Es liege somit ein Verstoss gegen Artikel 83 EPÜ vor.
Das Dokument D1 nehme alle Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags I vorweg. Insbesondere seien das im Ausführungsbeispiel von Figur 23 gezeigte Betätigungselement 132 und das zweite Kupplungsglied (128, 132) einstückig ausgebildet und damit gut aneinander befestigt. Der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements sei also gemäss Merkmalsgruppe g) in dem zweiten Kupplungsglied "verankert" (entsprechend der gängigen Definition dieses Begriffes). Durch die einstückige Ausführung werde überdies auch die in g) angegebene weitere Zweckangabe "so dass das zweite Kupplungsglied (22) und das Betätigungselement (30) in und gegen die Förderrichtung (V) relativ zueinander nicht beweglich sind" erfüllt.
Auch D13 sei neuheitsschädlich für den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags I. Dort seien die Elemente 19, 20 und 32 bzw. 119, 120 und 132 ebenfalls einstückig ausgebildet und damit das Merkmal einer Verankerung des Verbindungsabschnitts des Betätigungselements in dem zweiten Kupplungsglied gemäss Merkmalsgruppe g) vorweggenommen. Die Kontaktfläche gemäss Merkmalsgruppe h) werde durch die Unterseite des in den Figuren gezeigten Flansches gebildet, der auf seiner oberen bzw. proximalen Seite die Zähne (32, 132) trägt. Das Kontaktelement 118, das die Kontaktgegenfläche im Bereich des zweiten Kupplungsglieds (32, 132) bildet, sei in das erste Kupplungsglied 33 eingesetzt und damit auch Merkmalsgruppe i) vorweggenommen. Alternativ könne auch die untere bzw. distale Stirnfläche des Verbindungsabschnitts (20, 120) als Kontaktfläche angesehen werden. Die Kontaktgegenfläche werde dann durch den in das erste Kupplungsglied (33, 18, 17) eingesetzten Ring (25 bzw. 125) gebildet.
Wenn die Merkmalsgruppen g) bis i) als Unterscheidungsmerkmale gegenüber D13 anzusehen seien, würde hierdurch keine erfinderische Tätigkeit begründet. Es stelle für den Fachmann kein Problem dar, ein einstückig ausgebildetes Teil bei Bedarf in zwei Teile abzuändern und diese ineinander zu verankern. Der mit einer Flächenreduzierung in Form einer erhabenen Fläche gemäss Merkmalsgruppe h) zu erzielende Vorteil einer Reibungsverminderung sei dem Fachmann geläufig. In Zeile 5 bis 9 von Spalte 5 in Dokument D10 sei weiterhin der Hinweis gegeben, die bei Betätigung einander berührenden Kontaktflächen des Betätigungselements 30 und des "dose setting knob" 14 reibarm auszubilden, was ohne Weiteres auf die Vorrichtung von D13 zu übertragen sei.
Schliesslich sei das in Merkmalgruppe g) von Anspruch 1 des Hilfsantrags I enthaltene Merkmal, dass der Verbindungsabschnitt durch einen Boden des ersten Kupplungslieds in das Innere der Dosiereinrichtung ragt, in D13 eindeutig offenbart und hätte daher in der Würdigung dieses Dokuments in Absatz [0006a] der angepassten Beschreibung genannt werden müssen.
IX. Die von der Einsprechenden 2 zusätzlich vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Patentinhaberin habe im gesamten erstinstanzlichen Verfahren noch nicht einmal vorgetragen, dass der erteilte Anspruch 1 neu sei. Erst recht fehle jegliche Einlassung, welches Merkmal möglicherweise die Neuheit begründen könne. Dies komme einem Verzicht der Patentinhaberin auf den Hauptantrag gleich. Der einzige Antrag der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren sei inhaltlich auf einen Gegenstand gerichtet, auf den die Patentinhaberin in der Vorinstanz faktisch verzichtet habe. Es fehle der Patentinhaberin an einer materiellen Beschwerdeberechtigung im beantragten Umfang, da ihr Verhalten während der gesamten Vorinstanz zum Ausdruck gebracht habe, dass auch sie von der fehlenden Neuheit des erteilten Anspruchs 1 ausgeht. Die Einspruchsabteilung habe somit "antragsgemäß" auch im Sinne der Einlassungen der Patentinhaberin über die erteilte Fassung des Anspruchs entschieden. Die Patentinhaberin sei hierdurch nicht beschwert.
Die zur Frage der Neuheit im Hinblick auf den Hauptantrag vorgebrachten Argumente sind im Wesentlichen diejenigen, auf die sich die unten aufgeführten Entscheidungsgründe stützen.
Merkmalsgruppe f) in Anspruch 1 gemäss Hilfsantrag I sei nur zusammen mit dem im letzten Absatz von Seite 3 erwähnten durch das erste und zweite Förderglied gebildeten Spindeltrieb sowie der ebenfalls dort genannten Kopplung zwischen zweitem Förderglied und der Anzeigetrommel über einen lösbaren Kupplungseingriff offenbart. Weiterhin müsse eine Ausgleichseinrichtung vorhanden sein, da sich sonst bei Betätigung der Kupplung das zweite Förderglied und die Anzeigetrommel blockieren würden und die Verabreichungsvorrichtung daher nicht funktionieren könne. Überdies sei der in der ursprünglichen Fassung von Anspruch 1 genannte Begriff "Dosierglied 18" in "Dosiereinrichtung" abgeändert worden. Die Dosiereinrichtung sei jedoch gemäss Merkmalsgruppe d) ein Element, womit die Produktdosis einstellbar ist und das für die Anzeige die Anzeigetrommel umfasst. Das Dosierglied 18 komme in Anspruch 1 jedoch gar nicht mehr vor. Auch die im mittleren Absatz der Seite 11 enthaltenen näheren Definitionen des Dosierglieds fehlten in Anspruch 1, weshalb die Aufnahme der Merkmalsgruppen g) bis i) ohne diese Definitionen eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung darstellten.
Der Begriff "distale Richtung" in Merkmalsgruppe h) sei unklar, da nicht definiert sei, ob und ggfs. wie sich diese von der "Förderrichtung" unterscheide.
Da der unabhängige Anspruch 1 auch Verabreichungsvorrichtungen ohne Ausgleichseinrichtung umfasse, eine solche Verabreichungsvorrichtung aber nicht beschrieben sei, sei der Anspruch nicht über seine gesamte Breite ausführbar.
Die in Anspruch 1 enthaltenen Merkmalsgruppen h) und i) seien lediglich der Beschreibung entnommen und bezögen sich auf nicht recherchierte Gegenstände, die uneinheitlich mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung seien, was gegen Regel 137(5) EPÜ verstosse.
Aus den Absätzen [0012] und [0033] der Patentschrift sei zu entnehmen, dass der Begriff "verankert" auch eine einstückige Ausbildung umfasst. Dieses Merkmal aus der Merkmalsgruppe g) sei somit durch die Dokumente D1 und D13 vorweggenommen.
Bezüglich Anspruch 1 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags IV habe die Patentinhaberin angegeben, dass dieser gegen D13 abgegrenzt sei, wobei sich die Merkmalsgruppe g) im Oberbegriff befand und somit als durch D13 vorweggenommen angesehen wurde.
Durch die obere Fläche der Dosiseinstelltrommel 117 werde eine Kontaktgegenfläche gebildet, die in der Ausführungsform nach Figur 3 mittels einer Rastverbindung in den Dosiseinstellknopf 118 eingesetzt ist, womit die Merkmalsgruppe i) vorweggenommen sei. Der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements 119 rage entsprechend Merkmalsgruppe g) auch durch den Boden des ersten Kupplungsglieds, der durch den flanschartigen nach innen vorspringenden Bereich gebildet werde, an dem die Kupplungszähne 133 angeordnet sind.
Wenn die Merkmalsgruppen h) und i) als Unterscheidungsmerkmale gegenüber D13 anzusehen seien, so wären diese aufgrund ihrer fehlenden Technizität bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Die Figuren 15 und 16 von Dokument D6 zeigten, dass an dem Betätigungselement 88 um den Verbindungsabschnitt 94 eine Kontaktfläche als in die distale Richtung aufragende, erhabene Fläche ausgebildet ist. Diese Kontaktfläche sei die in den Figuren 15 bis 17 nach unten gewandte Stirnseite einer Verbreiterung, die den Stift 94 umgibt. Während des Abgebens der Dosis, wenn also das Betätigungselement 88 gedrückt wird, während die beiden Kupplungsglieder sich in das Gehäuse zurückschrauben, trete eine relative Drehbewegung zwischen dieser Kontaktfläche des Betätigungselements und der Gegenkontaktfläche der Hülse 82 auf. Wie die Figuren 15 bis 17 weiter zeigten, sei das die Gegenkontaktfläche bildende Kupplungsglied 82 in das andere Kupplungsglied 80 eingesetzt. Damit seien die Merkmalsgruppen h) und i) durch D6 nahegelegt.
Gleiches gelte für Dokument D10, wobei wiederum ein Betätigungselement 30 mit einem Verbindungsabschnitt in ein Kupplungselement 14 drehbar eingesetzt ist. An dem Betätigungselement sei eine zentral um einen stiftartigen Verbindungsabschnitt angeordnete Kontaktfläche vorgesehen, die bei einer Relativbewegung beim Abgeben einer Dosis mit einem reibarmen Kontaktelement in Berührung kommt (Spalte 5, Zeilen 5 bis 9). In Figur 2 sei zudem auch die Ausgestaltung des sich durch den Boden des Kupplungsglieds erstreckenden Verbindungsabschnitts und die Verankerung dargestellt.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerden
Die Beschwerden sind zulässig. Die von den Einsprechenden vorgebrachten Argumente gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin vermögen die Kammer nicht zu überzeugen. Mit ihrer Beschwerdeschrift hatte die Patentinhaberin beantragt, "die Entscheidung aufzuheben und das Patent unverändert aufrecht zu erhalten" [Hervorhebung hinzugefügt]. Wenn also die angefochtene Entscheidung aufgehoben werden soll, kann mit der Beantragung der "unveränderte[n]" Aufrechterhaltung nicht die Aufrechterhaltung in geänderter Fassung gemäss der angefochtenen Entscheidung gemeint sein, die ja aufgehoben werden soll. Vielmehr ist in der vorliegenden Situation der Antrag auf unveränderte Aufrechterhaltung bei vernünftiger Betrachtungsweise nur so zu verstehen, dass er sich auf diejenige Fassung des Patents bezieht, die im Einspruchsverfahren als Hauptantrag gestellt und in der angefochtenen Zwischenentscheidung als nicht gewährbar erachtet wurde.
Ausserdem ist es nach der in Abschnitt IV.E.2.5.2c) von "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA" (7. Auflage 2013) zitierten gefestigten Rechtsprechung gar nicht notwendig, dass die Beschwerdeschrift eines Patentinhabers einen Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents in einer bestimmten Form enthält. Dieser Sachverhalt bezieht sich darauf, "in welchem Umfang [die Entscheidung] abzuändern ist" und gehört deshalb zur Beschwerdebegründung gemäss Regel 99(2) EPÜ. Mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Patentinhaberin einen Hauptantrag sowie Hilfsanträge I bis V eingereicht, die diesen Umfang festlegen. Der Umfang des Hauptantrags (und der Hilfsanträge I bis III) geht über den des Hilfsantrags IV hinaus. Dessen Umfang entspricht dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 2, gemäss dem in der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents als den Erfordernissen des EPÜ genügend erachtet wurde.
Vor diesem Hintergrund können auch die weiteren gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin vorgebrachten Argumente nicht greifen. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Behauptung, dass die Patentinhaberin mit ihren Anträgen versuche, nicht die angefochtene Entscheidung, sondern lediglich ihre Begründung zu ändern. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, dass die Patentinhaberin aufgrund fehlender Einlassungen zur Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 des erteilten Patents im erstinstanzlichen Verfahren auf ihren damaligen Hauptantrag verzichtet oder diesen zurückgenommen haben sollte. Auch wenn die Patentinhaberin ihren Hauptantrag nicht verteidigt hat, so handelte es sich dennoch um einen förmlichen Antrag, über den die Einspruchsabteilung zu Recht entschieden hat. Ein Beharren auf einer Entscheidung in diesem Punkt kann auch nicht als verfahrensmissbräuchlich angesehen werden. Schliesslich trifft die Einsprechenden die Beweislast in Bezug auf die mangelnde Neuheit und die Entscheidungsinstanz hat die vorgelegten Beweismittel und Argumente zu würdigen, auch wenn sich die Patentinhaberin nicht aktiv diesem Einwand widersetzt.
2. Hauptantrag - Änderungen
Die in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale der Merkmalsgruppe g) wurden dem die Seiten 12 und 13 überspannenden Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung entnommen (es wird auf die veröffentlichte Fassung WO-A-2006/089436 Bezug genommen). Im letzten Satz dieser Passage ist erwähnt, dass das Betätigungselement 30 "zumindest relativ zu dem ersten Kupplungsglied 21 um die Förderachse L drehbar" ist, wobei dieses Merkmal nicht als fakultativ genannt ist. Vielmehr ist diese Drehbarkeit im Hinblick auf die mit den Merkmalsgruppen h) und i) (die dem nachfolgenden Absatz auf Seite 13 entnommen sind) zu erzielende Funktion einer möglichst reibarmen rotatorischen Bewegung des Betätigungselements 30 relativ zum ersten Kupplungsglied 21 von direkter Bedeutung und somit untrennbar hiermit verbunden. Es handelt sich somit nicht um ein unwesentliches Merkmal, das für die Funktionsweise der beanspruchten Vorrichtung nicht von Relevanz ist und deshalb aus dem offenbarten Zusammenhang herausgelöst werden kann.
Es ist auch nicht nachzuvollziehen, wieso das weggelassene Merkmal bereits aus der Merkmalsgruppe e) und den übrigen Merkmalen der Merkmalsgruppe g) folgen soll. Merkmalsgruppe e) definiert eine durch das Betätigungselement 30 lösbare Kupplung (mit den Kupplungsgliedern 21 und 22) der im gekuppelten Zustand verdrehsicher miteinander verbundenen Elemente "zweites Förderglied 12" und "Anzeigetrommel 17". Der Merkmalsgruppe g) ist lediglich eine axialfeste Verankerung des Betätigungselements 30 mit dem zweiten Kupplungselement 22 zu entnehmen. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass das Betätigungselement 30 notwendigerweise zum ersten Kupplungsglied 21 um die Förderachse V drehbar sein muss.
Auch vermag die Kammer dem Argument der Patentinhaberin nicht zu folgen, dass der das fehlende Merkmal enthaltende Satz in der Beschreibung mehrdeutig sei, da nicht angegeben sei, ob sich seine Lehre auf den Zustand bei geöffneter oder geschlossener Kupplung bezieht. Dieses Argument beruht auf einem angeblichen Widerspruch, der von der Annahme ausgeht, dass, wenn das Betätigungselement 30 bei geschlossener Kupplung relativ zu dem ersten Kupplungsglied 21 drehbar wäre, ersteres zwingend gegenüber dem zweiten Kupplungsglied 22 drehbar sein müsste. Diese Annahme ist jedoch nicht nachzuvollziehen, da der geschlossene Kupplungszustand gemäss Merkmalsgruppe e) lediglich die verdrehsichere Verbindung von zweitem Förderglied 12 und Anzeigetrommel 17 bewirkt.
In dem die Seiten 12 und 13 überspannenden Absatz ist weiterhin erwähnt, dass der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements 30 durch den Boden des ersten Kupplungsglieds 21 in das Innere des Dosierglieds 18 ragt, wiederum ohne einen Hinweis, dass dieses Merkmal optional sein könnte. Auch dieses Merkmal ist strukturell und funktional eng mit den übrigen Merkmalen der Merkmalsgruppen g), h) und i) verknüpft. Erst dadurch, dass das erste Kupplungsglied einen Boden besitzt, wird es möglich, dort ein Kontaktelement 32 gemäss Merkmalsgruppe i) so einzusetzen, dass es zu der zentral um den Verbindungsabschnitt angeordneten Kontaktfläche 31 gemäss Merkmalsgruppe h) komplementär ist und mit dieser zusammenwirken kann (wie auch in Figur 5 gezeigt). Die in Merkmalsgruppe g) geforderte Verbindung des Verbindungsabschnitts mit dem zweiten Kupplungsglied 22 erscheint auch nur dann möglich, wenn dieser durch den Boden des ersten Kupplungsglieds 21 in das Innere des Dosierglieds 18 und damit in das Innere der Dosiereinrichtung hineinragt.
Durch die Aufnahme der Merkmalsgruppen g) bis i) unter Weglassung der Tatsache, dass das Betätigungselement 30 zumindest zu dem ersten Kupplungsglied 21 um die Förderachse L drehbar ist und der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements 30 durch den Boden des ersten Kupplungsglieds 21 in das Innere des Dosierglieds 18 als Bestandteil der Dosiereinrichtung ragt, liegt demnach eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor.
Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt somit nicht die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
3. Hilfsantrag I
3.1 Änderungen
Anspruch 1 enthält die obengenannten weggelassenen Merkmale. Er basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 2 in Verbindung mit dem ersten Satz des letzten Absatzes von Seite 4, dem letzten Absatz von Seite 3 (Merkmal f)), dem die Seiten 4 und 5 überbrückenden Absatz sowie dem die Seiten 12 und 13 überbrückenden Absatz und dem nachfolgenden Absatz auf Seite 13 der ursprünglich eingereichten Beschreibung (Merkmalsgruppen g) bis i)).
Im Hinblick auf Merkmalsgruppe f) wurde vorgebracht, dass diese nur zusammen mit dem im letzten Absatz von Seite 3 erwähnten durch das erste und zweite Förderglied gebildeten Spindeltrieb offenbart sei. Auch wenn dieser Begriff in Merkmalsgruppe c) nicht explizit erwähnt ist, so wird die damit einhergehende Funktion dort klar definiert. Nach Ansicht der Kammer impliziert der in der Beschreibung verwendete Terminus "Spindeltrieb" nicht zwingend eine translatorische Bewegbarkeit in zwei Richtungen (in Merkmalsgruppe c) wird nur eine Bewegbarkeit gegen die Förderrichtung gefordert). Weiterhin sei in der genannten Passage auch erwähnt, dass das zweite Förderglied 12 während der Einstellung der Produktdosis über einen lösbaren Kupplungseingriff mit der Anzeigetrommel 17 gekoppelt ist. Genau dieser lösbare Kupplungseingriff ist aber in Merkmalsgruppe e) definiert - dass die Lösbarkeit während der Einstellung der Produktdosis erfolgt, bezieht sich lediglich auf die Benutzung der beanspruchten Vorrichtung. Die Aufnahme des Merkmals f) stellt demnach keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar.
Bezüglich der im ersten Satz des letzten Absatzes von Seite 4 erwähnten Lösung des Kupplungseingriffes durch das Betätigungselement 30 ist im nachfolgenden Satz erwähnt, dass die Anzeigetrommel 17 und/oder das zweite Förderglied 12 relativ zum Betätigungselement drehbar sind/ist. Es wurde vorgebracht, dass, wenn dies nicht der Fall wäre, das Drücken des Betätigungselements die erforderliche Drehung abbremsen würde und die Abgabe einer Dosis verhindert würde und dieses Merkmal daher unerlässlich für die Funktion der beanspruchten Vorrichtung sei. Dieses Argument bezieht sich wiederum auf die Benutzung der beanspruchten Vorrichtung. Ein reines Abbremsen führt auch nicht notwendigerweise zu einem Blockieren und einer Verhinderung der Dosisabgabe. Ausserdem können sich gemäss Merkmalsgruppe e) bei gelöster Kupplung das zweite Förderglied 12 und die Anzeigetrommel 17 zueinander drehen.
Weiterhin wurde mit Hinweis auf den die Seiten 11 und 12 überspannenden Absatz vorgetragen, dass für die Funktion der beanspruchten Vorrichtung eine Ausgleichsstruktur erforderlich sei. Insbesondere sei diese auch zur Realisierung des in Figur 5 gezeigten Leerhubs LH notwendig. Weiterhin sei in diesem Absatz sowie dem zweiten Absatz von Seite 11 erwähnt, dass das Dosierglied 18 und die Anzeigetrommel 17 Hülsenabschnitte eines Hülsenkörpers bilden und das topfförmige erste Kupplungsglied 21 hiermit in bestimmter Weise verbunden sei. In den oben im ersten Absatz von Punkt 3.1 genannten Beschreibungspassagen zur Stützung der Merkmalsgruppen g) bis i) sind eine Ausgleichsstruktur und ein Hülsenkörper jedoch überhaupt nicht erwähnt und insofern auch nicht zwingend in den Anspruch aufzunehmen. Auch in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 sind die Dosiereinrichtung und die Kupplungsglieder ohne diese Einschränkungen offenbart.
Im letzten Absatz von Seite 12 ist von einem "ebenfalls topfförmigen" zweiten Kupplungsglied 22 die Rede, was im Zusammenhang mit dem oben erwähnten topfförmigen ersten Kupplungsglied 21 zu verstehen ist. Auch diese Einschränkung ist im ursprünglichen Anspruch 2 nicht enthalten. Eine Topfform der Kupplungsglieder ist funktionell auch nicht erforderlich - im Hinblick hierauf ist es, wie oben bzgl. des Hauptantrags erwähnt, lediglich wichtig, dass das erste Kupplungsglied 21 einen Boden aufweist. Obwohl dieser Absatz weiterhin besagt, dass der Verbindungsabschnitt in einem Bodenabschnitt des zweiten Kupplungsglieds verankert ist, ist es nicht erforderlich, diese Einschränkung in den Anspruch aufzunehmen. Für die Funktion der Lösung des Kupplungseingriffes durch das Betätigungselement ist es ausreichend, wenn dieses über den Verbindungsabschnitt mit dem zweiten Kupplungsglied axialfest verbunden ist, wie dies auch in dem die Seiten 4 und 5 überbrückenden Absatz - ohne diesbezügliche Erwähnung eines Bodenabschnitts - beschrieben ist.
Im letzten Absatz von Seite 12 ist weiterhin davon die Rede, dass das Betätigungselement einen tellerförmigen Abschluss der Vorrichtung bildet und von dieser tellerförmigen Struktur ein stiftförmiger Verbindungsabschnitt herausragt. Diese geometrischen Merkmale spielen jedoch für die Funktion des Betätigungselements im Zusammenspiel mit den Kupplungsgliedern und dem mit den Merkmalsgruppen g) bis i) erzielten Effekt einer Reibungsverminderung keine Rolle. Hierfür ist es lediglich notwendig, dass festgelegt ist, dass das Betätigungselement eine Kontaktfläche und einen Verbindungsabschnitt enthält und wie diese angeordnet sein müssen. Diese Definition ist durch die Merkmalsgruppen g) bis h) gegeben. Eine tellerförmige Geometrie ist diesbezüglich nicht erforderlich. Eine ohne Beanspruchung dieses Merkmals theoretisch denkbare ringförmige Ausgestaltung des Betätigungselements erscheint technisch unrealistisch. Für die Funktion des Verbindungsabschnitts ist seine axialfeste Verankerung im zweiten Kupplungsglied gemäss Merkmalsgruppe g) wichtig, nicht aber unbedingt eine stiftförmige Geometrie und ein damit einhergehender kleiner Radius.
In der genannten Beschreibungspassage ist weiterhin erwähnt, dass der Verbindungsabschnitt in das Innere des Dosierglieds 18 hineinragt, während im Anspruch diesbezüglich von der Dosiereinrichtung die Rede ist. Letztere ist in Merkmal d) definiert und umfasst neben der Anzeigetrommel 17 auch, wie in den Figuren 3 bis 5 gezeigt, das distal hiervon befindliche Dosierglied 18. Somit ragt der Verbindungsabschnitt auch in das Innere der so gebildeten Dosiereinrichtung.
Die vorgebrachten Einwände unzulässiger Zwischenverallgemeinerungen greifen nach Ansicht der Kammer also nicht. Die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ sind somit erfüllt.
3.2 Klarheit
Die in Merkmalsgruppe h) enthaltene Formulierung "um den Verbindungsabschnitt des Betätigungselements (30) zentral als in die distale Richtung aufragende, erhabene Fläche gebildet" ist für den Fachmann klar und deutlich. Insbesondere ist der Begriff "zentral" nicht als widersprüchlich bezüglich des im Zentrum des Betätigungselements befindlichen Verbindungsabschnitts anzusehen, da klar definiert ist, dass die erhabene Fläche "um" diesen Verbindungsabschnitt [herum] angeordnet ist. Sie befindet sich aber dennoch im zentralen Bereich des Betätigungselements. Eine Interpretation des Begriffes "zentral" auf die axiale Erstreckung des Betätigungselements scheidet im Kontext des Anspruchs als technisch unrealistisch aus. Weiterhin ist der Begriff "erhaben" nicht relativ und ohne Bezug, da für den Leser der Merkmalsgruppe h) klar ist, dass die gebildete Fläche gegenüber dem Betätigungselement erhaben (und in die distale Richtung aufragend) sein muss. Der Begriff "distale Richtung" ist für den Fachmann auch angesichts des im Anspruch ansonsten verwendeten Begriffs "Förderrichtung" klar und eindeutig. Schliesslich ist auch der Begriff "komplementär" in Merkmalsgruppe i) bereits anhand des dort gewählten Wortlauts in dem Sinne zu verstehen, dass die durch das Kontaktelement 32 gebildete Kontaktgegenfläche gegenüber der Kontaktfläche 31 liegt und mit dieser zusammenwirkt, sodass beide Flächen zueinander "komplementär" sind.
Die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ sind somit erfüllt.
3.3 Ausführbarkeit
Aufgrund der oben unter Punkt 3.2 diskutierten angeblichen logischen Widerspruchs bzgl. des Begriffes "zentral" wurde das Ausführungsbeispiel gemäss Figur 5 als nicht unter den Wortlaut von Anspruch 1 fallend und das Merkmal h) nicht als so deutlich und vollständig offenbart angesehen, dass es für den Fachmann ausführbar ist. Mit der oben dargelegten Interpretationsweise des Anspruchswortlauts vermag die Kammer diese Einwände jedoch nicht zu teilen. Entgegen der Ansicht der Einsprechenden 1 ist für die Beurteilung der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung massgeblich, ob das beschriebene Ausführungsbeispiel funktioniert und nacharbeitbar ist, woran die Kammer keinen Zweifel hat. Dies ist auch im Hinblick auf die im beschriebenen Ausführungsbeispiel enthaltene Ausgleichseinrichtung der Fall, die Gegenstand des abhängigen Anspruchs 11, also eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, ist. Von der Einsprechenden 2 wurde der Einwand vorgebracht, dass der unabhängige Anspruch 1 auch Verabreichungsvorrichtungen ohne Ausgleichseinrichtung umfasse, eine solche Verabreichungsvorrichtung aber nicht beschrieben sei und der Anspruch somit nicht über seine gesamte Breite ausführbar sei. Dieser Einwand kann schon deshalb nicht greifen, weil er sich auf im Anspruch angeblich definierte Bereiche (die sich z.B. durch funktionelle Merkmale oder Parameterbereiche ergeben könnten) bezieht, die aber in Anspruch 1 gar nicht enthalten sind. Für das Erfordernis der Ausführbarkeit ist es ausreichend, dass mindestens ein Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart ist, was im vorliegenden Fall eindeutig gegeben ist. Es ist nicht erforderlich, dass explizit beschrieben ist, wie der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs ohne die in einem abhängigen Anspruch enthaltenen bevorzugten Merkmale ausgestaltet ist.
Die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ sind somit erfüllt.
3.4 Nicht recherchierte Gegenstände
Der von der Einsprechenden 2 unter Verweis auf Regel 137(5) EPÜ erhobene Einwand, dass der Anspruch 1 Merkmale enthalte, die lediglich der Beschreibung entnommen und daher nicht recherchiert worden seien, kann schon deshalb nicht greifen, da sich Regel 137 EPÜ lediglich auf "Änderungen der europäischen Patentanmeldung" [Hervorhebung hinzugefügt] bezieht und somit für das Einspruchs(beschwerde)verfahren nicht massgeblich ist, wie auch unter Punkt 3.4 der angegriffenen Entscheidung korrekt dargelegt.
Der unter Regel 137(5) EPÜ erhobene Einwand ist daher als unzulässig zu verwerfen.
3.5 Neuheit
3.5.1 Dokument D1
Wie Figur 23 von D1 zeigt, weist die in diesem Dokument offenbarte Verabreichungsvorrichtung ein Betätigungselement (in Form einer Betätigungsplatte 132) mit einem (von dieser Platte axial nach unten verlaufenden) "Verbindungsabschnitt", also das erste Merkmal der Merkmalsgruppe g), auf. Weiterhin offenbart ist eine Kupplung (84, 136). Als "zweites Kupplungsglied" im Sinne der Merkmalsgruppe e) kann die Verzahnung 136 des Mitnehmers 128 angesehen werden. Wie aus der Schraffur in Figur 23 (unstreitig) ersichtlich, sind die Elemente 128, 132 und 136 einstückig ausgebildet. Mit einer solchen einteiligen Ausbildung ist jedoch nicht das weitere Merkmal der Merkmalsgruppe g) offenbart, wonach der Verbindungsabschnitt des Betätigungselements in dem zweiten Kupplungsglied "verankert" ist. Der Begriff "Verankerung" beinhaltet nach Auffassung der Kammer eine sichere Verbindung zweier separater Teile und ist bei einer einstückigen Ausgestaltung somit nicht vorweggenommen. Aus den Absätzen [0012] und [0033] des Streitpatents lässt sich die von der Einsprechenden 2 hergeleitete Interpretation des Begriffes nach Auffassung der Kammer nicht entnehmen. Die Tatsache, dass bei der einstückigen Ausgestaltung auch das weitere (funktionelle) Merkmal der Merkmalsgruppe g) verwirklicht ist, nämlich dass das zweite Kupplungsglied und das Betätigungselement in und gegen die Förderrichtung relativ zueinander nicht beweglich sind (wie auch in den Absätzen [0012] und [0033] des Streitpatents erwähnt), ändert nichts an diesem Unterschied: ein und dieselbe Funktion können durchaus in Form unterschiedlicher Strukturen realisiert werden.
Dokument D1, das als Stand der Technik gemäss Artikel 54(3) EPÜ entgegengehalten wurde, nimmt also zumindest das o.g. Merkmal einer Verankerung des Betätigungselements in dem zweiten Kupplungsglied nicht vorweg.
3.5.2 Dokument D13
Die in diesem Dokument offenbarte Verabreichungsvorrichtung weist ebenfalls ein Betätigungselement 19 bzw. 119 mit einem (rohrförmigen) Verbindungsabschnitt 20 bzw. 120 in einstückiger (Ausführungsbeispiel gemäss den Figuren 1 und 2) oder zweistückiger Ausgestaltung (Ausführungsbeispiel gemäss den Figuren 3 bis 5) auf. Das zweite Kupplungsglied wird (unstreitig) durch die Delta-förmigen Vorsprünge 32 bzw. Zähne 132 gebildet. Auch hier sind jedoch die Elemente 19, 20 und 32 bzw. 119, 120 und 132 einstückig ausgebildet und damit das Merkmal einer Verankerung des Verbindungsabschnitts des Betätigungselements in dem zweiten Kupplungsglied gemäss Merkmalsgruppe g) aus dem gleichen Grund wie oben unter Punkt 3.5.1 bezüglich D1 dargelegt nicht vorweggenommen. Weiterhin ist D13 auch nicht das in der Merkmalsgruppe g) enthaltene Merkmal zu entnehmen, dass der Verbindungsabschnitt durch einen Boden des ersten Kupplungsglieds (in Form der in die Zähne 132 eingreifenden Zähne 133) in das Innere der Dosiereinrichtung ragt, da der flanschartige, nur geringfügig nach innen vorspringende Bereich, an dem die Kupplungszähne 133 angeordnet sind, nicht als "Boden" dieses Kupplungsglieds angesehen werden kann. Die Tatsache, dass diese Merkmale im Obergriff von Anspruch 1 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags IV enthalten waren, impliziert nicht, dass diese tatsächlich durch D13 vorweggenommen sind.
Ebenfalls nicht offenbart sind die Merkmalsgruppen h) und i). Die von beiden Einsprechenden als Kontaktfläche angesehene Unterseite des in den Figuren gezeigten Flansches, der auf seiner oberen bzw. proximalen Seite die Zähne (32, 132) trägt, ist keine zentral in die distale Richtung aufragende, erhabene Fläche des Betätigungselements im Sinne des Merkmals h). Als das die Kontaktgegenfläche bildende Element sieht die Einsprechende 1 das in die Trommel 117 ("dose setting drum") eingesetzte Dosierglied 118 ("dose setting button") an. Dieses ist jedoch der Dosiereinrichtung gemäss Merkmalsgruppe d) zuzuordnen und nicht, wie in Merkmalsgruppe i) gefordert, dem in Merkmalsgruppe e) definierten ersten Kupplungsglied. Das Dosierglied 118 enthält auch keine zu der Kontaktfläche (in Form der erwähnten Flanschunterseite) komplementäre Kontaktgegenfläche, geschweige denn ein in das erste Kupplungsglied eingesetztes Kontaktelement. Bei dem Begriff "eingesetzt" handelt es sich im Übrigen auch nicht um ein reines Herstellungsmerkmal, das nicht zur Abgrenzung des Gegenstandes eines Vorrichtungsanspruchs herangezogen werden kann.
Von der Einsprechenden 2 wurde die obere Fläche der Dosiereinstelltrommel 117 als Kontaktgegenfläche zur Kontaktfläche in Form der Flanschunterseite angesehen, die in das Dosierglied 118 eingesetzt ist. Obwohl diese Fläche tatsächlich als komplementäre Kontaktgegenfläche im Sinne der Merkmalsgruppe i) angesehen werden kann, greift diese Argumentationslinie aus den übrigen obengenannten Gründen bezüglich der weiteren Unterscheidungsmerkmale nicht.
Alternativ wurde von der Einsprechenden 1 argumentiert, dass die untere bzw. distale Stirnfläche des Verbindungsabschnitts 20 bzw. 120 die Kontaktfläche darstelle und die Kontaktgegenfläche durch den in das erste Kupplungsglied (33, 18, 17) eingesetzten Ring (25 bzw. 125) gebildet werde. Diese Stirnfläche des Verbindungsabschnittes (20 bzw. 120) ist jedoch nicht gemäss Merkmalsgruppe h) zentral und um den Verbindungsabschnitt (20 bzw. 120) herum angeordnet. Wenn weiterhin die Zähne 32, wie oben erwähnt, als das zweite Kupplungsglied angesehen werden, so wird das erste Kupplungsglied nur durch die hiermit in Eingriff stehenden Zähne 33 gebildet (letzter Satz von Absatz [0029]) und nicht auch durch die zur Dosiereinrichtung gemäss Merkmalsgruppe d) gehörenden Komponenten 17 und 18. Der erwähnte Ring 25 ist jedoch in keiner Weise gemäss Merkmalsgruppe i) in das erste Kupplungsglied 33 eingesetzt.
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich somit von D13 durch die Merkmalsgruppen h) und i) sowie die Tatsache, dass gemäss Merkmalsgruppe g) der Verbindungsabschnitt durch einen Boden des ersten Kupplungsglieds [in das Innere der Dosiereinrichtung] ragt und in dem zweiten Kupplungsglied verankert ist.
3.5.3 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist somit neu gegenüber D1 und D13 im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
3.6 Erfinderische Tätigkeit
3.6.1 Das Ausführungsbeispiel gemäss der Figuren 3 bis 5 von Dokument D13 ist nächstliegender Stand der Technik, von dem sich der Gegenstand von Anspruch 1 durch die oben unter Punkt 3.5.2 genannten Merkmale unterscheidet.
Diese Merkmale sind physische Bestandteile der beanspruchten Vorrichtung und damit technisch. Sie haben, wie im Folgenden dargelegt wird, auch eine technische Wirkung und sind damit - entgegen der Ansicht der Einsprechenden 2 - bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit mit in Betracht zu ziehen.
3.6.2 Der durch die Merkmalsgruppen h) und i) erzielte technische Effekt ist, wie auch in Absatz [0012] des Streitpatents erwähnt, eine Verringerung der bei Betätigung des Betätigungselements auftretenden Reibungskräfte. Dieser Effekt kommt schon dadurch zustande, dass durch die zentral in die distale Richtung aufragende, erhabene Fläche die Kontaktfläche des Betätigungselements, an der bei einer Relativdrehung gegenüber der Kontaktgegenfläche Reibungskräfte auftreten können, verringert wird. Entgegen der Ansicht der Einsprechenden 2 ist es nicht erforderlich, dass dieser Effekt im Anspruch erwähnt ist, etwa dadurch dass die Kontaktflächen als "reibarm" charakterisiert sind. Dies ist gemäss Absatz [0012] und [0034] lediglich eine bevorzugte Ausführungsform. Auch muss im Anspruch nicht definiert sein, dass sich die Kontaktflächen notwendigerweise berühren - bezüglich des technischen Effekts ist es ausreichend, wenn eine solche Berührung und ein damit einhergehender Reibungswiderstand bei Betätigung der Vorrichtung auftritt.
3.6.3 Die der Erfindung zugrundeliegende objektive technische Aufgabe besteht darin, den Kraftaufwand für den Benutzer bei der Verwendung der Verabreichungsvorrichtung zur Vornahme einer Injektion zu verringern.
3.6.4 Dokument D10 zeigt ein Betätigungselement 30 mit einer Kontaktfläche gemäss Merkmalsgruppe h) und eine aus den Gliedern 20 und 21 bestehende Kupplung. In keines dieser Glieder ist jedoch eine Kontaktgegenfläche entsprechend Merkmalsgruppe i) eingesetzt. Im ersten Absatz von Spalte 5 ist erwähnt, dass die Reibung zwischen dem Betätigungselement 30 und dem Dosiereinstellglied ("dose setting knob" 14) dadurch verringert werden soll, dass die Berührungsflächen aus reibungsarmem Material bestehen. Der obengenannte Vorteil einer Reibungsverminderung durch eine reine Flächenreduzierung ist jedoch nicht erwähnt. Zudem entspricht das Dosiereinstellglied 14 nicht dem ersten Kupplungsglied. Eine Kombination der Lehre von D13 mit D10 führt also nicht zum beanspruchten Gegenstand.
3.6.5 Dokument D6 zeigt im Ausführungsbeispiel der Figuren 15 bis 17 ebenfalls ein Betätigungselement 88 mit einer Kontaktfläche gemäss Merkmalsgruppe h), ohne allerdings den damit verbundenen Vorteil der Reduzierung von Reibungskräften zu erwähnen. Weiterhin offenbart ist eine Kupplung, die aber genau entgegengesetzt zur beanspruchten Kupplung gemäss Merkmalgruppe e) arbeitet: wie im die Seiten 17 und 18 überbrückenden Absatz erwähnt, wird bei der Betätigung des Betätigungselements 88 eine drehfeste Verbindung zwischen den Kupplungsgliedern hergestellt, statt den Kupplungseingriff zu lösen. Es ist bereits deshalb zu verneinen, dass der Fachmann dieses Betätigungselement auf D13 überträgt. Eine komplementäre Gegenkontaktfläche ist in den Figuren 15 und 16 an der oberen bzw. proximalen inneren Stirnfläche der Hülse 82 zu erkennen. Von der Einsprechenden 2 werden diese Hülse und die Anzeigetrommel 80 als Kupplungsglieder angesehen, die ineinander eingesetzt sind. Dem ersten Kupplungsglied würde dann aber die Hülse 82 entsprechen, durch deren Boden der Verbindungsabschnitt 94 in das Innere der Dosiereinrichtung ragt (Merkmalsgruppe g)), und dem zweiten Kupplungsglied die Anzeigetrommel 80. Merkmalsgruppe i) erfordert jedoch, dass das die Kontaktgegenfläche bildende Kontaktelement in das erste Kupplungsglied (dem die Hülse 82 entspricht) eingesetzt ist, was in D6 nicht der Fall ist.
Es besteht somit für den von D13 ausgehenden Fachmann keine Veranlassung, die Lehre von D6 zur Lösung der objektiven Aufgabe heranzuziehen. Selbst wenn er dies täte, würde er nicht zum beanspruchten Gegenstand gelangen.
3.6.6 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist somit angesichts des zitierten Standes der Technik erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
3.7 Inhalt der angepassten Beschreibung
Gemäss Regel 42(1)(b) EPÜ ist in der Beschreibung der Stand der Technik anzugeben, soweit er (u.a.) für das Verständnis der Erfindung "als nützlich angesehen werden kann". Die Würdigung der aus D13 bekannten Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags I in Absatz [0006a] erfüllt dieses Erfordernis. Es ist in diesem Zusammenhang ausreichend, dass diejenigen Merkmale angegeben sind, die unzweifelhaft im entsprechenden Stand der Technik offenbart sind.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Ange1egenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche: Nr. 1 bis 20 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016 als Hilfsantrag I;
- Beschreibung: Spalten 1 bis 13 und Absätze [0006a], [0006b]und [0006c], eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016;
- Zeichnungen: Figuren 1 bis 5 des erteilten Patents.